Schweitzer Fachinformationen
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Der Geruch ist sauer und süß zugleich, wie von verschimmelndem Obst. Ffion atmet durch den Mund ein, aber es stinkt so übel, dass sie es beinahe schmecken kann.
»Warst du das?«, fragt DC Alun Whitaker, ohne von seinen Papieren aufzusehen.
»Nein, war ich verdammt noch mal nicht.« Ffion klappt die Mappe mit der Zeugenaussage zu und öffnet Rightmove. Sie braucht die beruhigende Wirkung, die nur fünf Minuten Immobilienporno bringen können.
»Frauen sollen nicht furzen.« Alun blickt zu der Reihe von Schreibtischen und wird lauter. »Ich wette, Georgina tut es nicht.«
Georgina zuckt mit den Schultern und zeigt auf die Kopfhörer, die sie über ihrem dunklen, kurzen Haar trägt, um alle Geräusche auszuschalten. Nur einen Podcast, antwortet sie immer, wenn jemand fragt, was sie hört. Ffion hegt schon lange den Verdacht, dass Georgina sich gar nichts anhört. Schließlich kommt ihr »Ja« stets sehr prompt, fragt man, ob jemand einen Paned - das walisische Wort für »Tee« - möchte. Überhaupt entscheidet sie sehr selektiv, was sie hören will.
»Ich könnte mit keiner Frau zusammen sein, die furzt«, sagt Alun, als hätte er diesbezüglich eine Wahl. Aluns letzter Ausflug in die Welt des Datings endete mit einer Überweisung an ein nicht zurückverfolgbares Konto und einem Computervirus, der die zehn neuesten Fotos von Aluns Handykamera per E-Mail an all seine Kontakte verschickte; bei den letzten dreien wollte Ffion sich hinterher die Augen mit Bleiche auswaschen.
»Furzen ist was für Kerle«, fährt Alun fort. »Es ist nicht damenhaft.« Ffion überlegt, ob sie einen Furz herbeizwingen soll, nur um ihm zu widersprechen.
Alun dreht sich auf seinem Stuhl zu ihr um. Er hat lange, dünne Gliedmaßen, weshalb er Ffion an ein Insekt erinnert, wenn er die Hände so wie jetzt auf die Knie stützt. »Weißt du, wo die Akten zur Proctor-GefKV sind? Ich finde die nicht auf dem zentralen Speicher.«
»Weil sie auf meinem Laptop sind.«
»Deinem privaten Laptop?« Alun zieht eine Augenbraue hoch und verschränkt die Arme vor der Brust. Ffion versucht sich zu erinnern, ob es Grillen oder Grashüpfer sind, die ihre Beine aneinanderreiben. »Du sollst die doch direkt auf dem zentralen Laufwerk speichern.«
Ffion weiß nicht, was für Geräusche Aluns Arme machen würden, sollte er sie aneinanderreiben, aber es wäre garantiert verdammt nervig. Stirnrunzelnd sieht sie zu ihrem Bildschirm, als wollte sie eine komplizierte Formel lösen, statt den Suchradius bei Rightmove um weitere zehn Meilen auszuweiten. »Da speichere ich sie, wenn alles abgeschlossen ist.«
»Stell dir vor, alle meine Akten wären auf meinem privaten Laptop. Was würdest du machen, wenn ich von einem Bus überfahren werde?«
»Eine Party schmeißen?« Ffion klickt eine Dreizimmerwohnung fünf Meilen von Cwm Coed an. Ihr gemietetes Cottage ist ideal - und eine sagenhafte Wohltat nach einem Jahr Zusammenleben mit ihrer Mam und Seren -, aber jetzt will ihr Vermieter es zurück. Tut mir leid, Ffion, aber wenn ich es als Ferienhaus vermiete, bekomme ich das Doppelte, und es sind harte Zeiten .
Ja, ohne Scheiß, dachte Ffion, als sie nach einer neuen Bleibe zu suchen begann und feststellen musste, dass sich die Preise im letzten Jahr praktisch verdoppelt hatten.
Diese Wohnung sieht aber super aus. Nigelnagelneu, bezahlbar .
. und nur für Mieter über sechzig.
»Oh Mist.« Ffion klickt den Schlafzimmerbalkon mit Blick auf den Fluss weg. Sie rümpft die Nase, als ihr der fiese Gestank in neuer Frische entgegenweht.
»Und wenn du von einem Bus überfahren wirst, wissen wir nicht, was in dem Fall passiert.« Alun weigert sich aufzugeben. »Wir könnten entscheidende Beweise verlieren.«
»Wenn du es zum Sergeant bringst«, entgegnet Ffion, »darfst du mir sagen, was ich zu tun habe. Bis dahin hältst du die Klappe. Du bist nicht mein Chef.«
»Ganz richtig«, erklingt eine muntere Stimme von der Tür. »Der bin ich.« Detective Inspector Malik ist stets jovial. Sogar wenn er Mitarbeiter zusammenstaucht - was er bei Ffion schon mehrmals getan hat -, schlägt er einen onkelhaften Ton an, als wäre das Objekt seiner Standpauke beim Äpfelklauen erwischt worden, nicht dabei, wie es einen gepanzerten Mannschaftswagen »auslieh«, um ein IKEA-Sofa zu transportieren.
Malik tritt einen Schritt vor und schnuppert. »Hier riecht's, als wäre jemand gestorben.«
»Das ist Ffion«, sagt Alun.
»Entsetzlich. Macht ein Fenster auf.« DI Malik trägt seine Lieblingsweste mit einem aufgedruckten Schachbrett und einer aktuellen Partie. Ohne Frage ist in diesem Schachmatt oder Patt, oder was auch immer da am obersten Knopf passiert, eine Botschaft versteckt.
Georgina ist schon aufgesprungen, um dem Wunsch ihres DIs nachzukommen. Ffion verengt die Augen. Das hat sie also gehört, ja? Georgina Kent ist das, was Chefs als dienstbeflissen bezeichnen und Ffion kriecherisch nennen würde. Als Erste da, als Letzte weg, und private Einladungen behandelt sie, als wäre sie aufs Absagen programmiert. Weder Georgina noch Ffion sind geschminkt, allerdings denkt Ffion, dass es bei Georgina eine bewusste Entscheidung ist, nicht - wie in Ffions Fall - pure Lustlosigkeit. Georgina hat die Art Haut, die binnen fünf Minuten in der Sonne braun wird; Ffions hat durchgängig die Farbe von entrahmter Milch.
Malik hält einen Computerausdruck in die Höhe. »Jemand muss sich Knochen in Cwm Coed ansehen. Könnte schwierig werden.«
»Klingt nach jemandem, den ich kenne.« Alun grinst Ffion an. Sie will etwas nach ihm werfen, als ein lauter Furz aus ihrer Büroecke ertönt.
Malik sieht sie wütend an. »Ist es das, was ich denke?«
Ffion weist mit erhobener Hand jede Verantwortung von sich. »Das passiert, wenn Sie mich jeden Tag ins Büro zwingen.«
»Wollen Sie mir erzählen, dieser Gestank wäre meine Schuld?«
Ffion ist rundum glücklich gewesen in ihrem winzigen Büro in Cwm Coed oder in ihrem Auto am Seeufer sitzend, von wo aus sie so selten wie möglich Bericht erstattete. Doch eine Mordermittlung in dem Luxusresort The Shore vor anderthalb Jahren hatte Cwm Coed und leider auch Ffion ins Scheinwerferlicht gerückt. Und ihre letzte Bewertung - keine Teamplayerin; tut sich schwer mit Autoritäten - hatte ihr eine Pendelstrecke von fünfzig Minuten nach Bryndare und Stirnfalten eingebracht, für die es mehr als Botox bräuchte, sie wieder zu glätten.
»So ungern ich es Ihnen auch sage, Ffion, aber tatsächlich werden Sie dafür bezahlt, zur Arbeit zu kommen.« Malik schreitet quer durchs Büro. »Und es ist kein Freifahrtschein für Sie, das zu tun.« Er zieht Ffions Stuhl nach hinten, sodass unter ihrem Schreibtisch ein großes, behaartes Maul zum Vorschein kommt.
Dave einen Hund zu nennen, wäre grob vereinfachend. Da er mit den Neurosen der Prozac-Generation belastet ist, zuckt er bei lauten Geräuschen sofort heftig zusammen, bellt los, wenn es zu lange still ist, und ist eigentlich nur froh, wenn er an Ffions Beine gepresst oder - noch lieber - auf ihr ist. Da Dave genauso groß ist wie ein sitzender Mensch, kann das an roten Ampeln schon mal zur Herausforderung werden, weil er den kurzen Halt als Signal nimmt, dass sie angekommen sind und er wie eine Vierzig-Kilo-Katze auf Ffions Schoß steigen darf.
»Wie oft habe ich das schon gesagt?«
Ffion fragt sich, ob Malik mit ihr oder Dave spricht, aber dann dreht sich der DI zu ihr, und ihr wird klar, dass er eine Antwort erwartet. Daves Schwanz peitscht den Teppichboden.
»Mindestens sechsmal«, springt Alun ein. Arschloch.
»Ich kann ihn nicht alleine zu Hause lassen. Er heult dann. Und die Nachbarn beschweren sich.«
»Dann besorgen Sie sich einen Hundesitter, oder lassen Sie ihn bei Ihrer Mum. Verkaufen Sie ihn an einen bekloppten Zirkus. Ist mir egal, Ffion - aber bringen Sie ihn nicht mehr mit zur Arbeit!«
»Und was, wenn er ein ESA-Hund ist?« Dave kommt unter dem Schreibtisch vor, und Ffion packt sein Halsband. »Mit Tieren zusammen zu sein, hat sich als stresslindernd erwiesen.«
»Das Einzige, was hier gelindert wird, sind die Blähungen des Hunds. Bringen Sie ihn nach Hause. Sofort.«
Widerwillig steht Ffion auf. »Dann kann ich mir ja gleich mal die Knochen ansehen. Wenn ich sowieso in die Richtung fahre.«
»Oh nein.« Malik schwenkt einen Finger. »Sie forschen zu Hause nicht rum, ohne dass jemand auf Sie aufpasst. Alun oder Georgina übernehmen das.« Er wendet sich ihnen zu. »Da wird irgendeine Reality-Fernsehserie auf dem Berg bei Cwm Coed gedreht.«
»Exposure.« Ffion zieht ihren Mantel an. Es...
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