Schweitzer Fachinformationen
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Ein regnerischer Abend in Bristol. Der 5-jährige Jacob ist mit seiner Mutter auf dem Weg nach Hause, plötzlich reißt er sich los und stürmt auf die Straße. Das Auto, das wie aus dem Nichts erscheint und ihn erfasst, ist ebenso schnell wieder verschwunden. Für den kleinen Jungen kommt jede Hilfe zu spät.
Jenna Gray flieht vor den Ereignissen in die Einsamkeit eines walisischen Dorfes. Aber die Trauer um ihr Kind und die Erinnerungen lassen sie selbst dort nicht los. Schon bald ist sie sich sicher, dass nicht nur die Vergangenheit sie erbarmungslos verfolgt ...
Detective Inspector Ray Stevens stand am Fenster und schaute nachdenklich auf seinen Bürostuhl, an dem schon seit mindestens einem Jahr die Lehne gebrochen war. Bis jetzt hatte er das Ganze eher pragmatisch gesehen und sich einfach nicht nach links gelehnt, doch während er in der Mittagspause gewesen war, hatte irgendjemand mit einem dicken schwarzen Filzstift »defective« auf die Rückenlehne gekritzelt, »defekt«. Ray fragte sich, ob der neu gefundene Enthusiasmus der Verwaltung wohl so weit gehen würde, dass man ihm auch ein Ersatzmöbel zuteilte, oder ob er das CID, die Kriminalpolizei von Bristol, bis ans Ende seiner Tage von einem Stuhl aus würde leiten müssen, der ernste Zweifel an seiner Professionalität weckte.
Ray beugte sich vor, um im Chaos seiner Schreibtischschublade nach einem Marker zu suchen. Dann hockte er sich hinter die Lehne und änderte die Aufschrift in »detective«. Im selben Augenblick öffnete sich die Tür zu seinem Büro. Rasch stand er auf und steckte die Kappe auf den Stift.
»Ah . Kate . Ich habe nur .« Ray hielt inne. Er wusste sofort, was Kates Blick bedeutete, noch bevor er den Ausdruck der Notrufzentrale in ihrer Hand sah. »Was gibt's?«
»Ein Unfall mit Fahrerflucht in Fishponds. Einen fünfjährigen Junge hat's erwischt.«
Ray streckte die Hand nach dem Blatt Papier aus und überflog es, während Kate verlegen in der Tür stand. Sie war erst vor ein paar Monaten vom Streifendienst zur Kriminalpolizei versetzt worden und hatte sich noch nicht so recht eingelebt. Aber sie war gut, besser sogar, als sie glaubte.
»Kein Kennzeichen?«
»Nicht, soweit wir wissen. Der Tatort ist abgesperrt, und der Skipper nimmt gerade die Aussage der Mutter auf. Wie du dir denken kannst, steht sie unter Schock.«
»Ist es okay für dich, wenn wir ein paar Überstunden machen?«, fragte Ray, doch Kate nickte bereits, bevor er die Frage beendet hatte. In freudiger Erwartung lächelten sie einander an, während das Adrenalin durch ihre Körper strömte. Das war immer so, wenn etwas Schreckliches geschah, auch wenn es sich falsch anfühlte.
»Nun denn . Auf geht's.«
*
Sie nickte den Rauchern zu, die sich unter dem kleinen Vordach am Hintereingang versammelt hatten.
»Alles klar, Stumpy?«, sagte Ray. »Ich fahre mit Kate zu der Fahrerflucht in Fishponds. Kannst du mal bei der Verkehrsüberwachung nachfragen, ob schon was reingekommen ist?«
»Klar.« Der ältere Mann nahm einen letzten Zug von seiner selbstgedrehten Kippe. Detective Sergeant Jake Owen wurde schon so lange Stumpy genannt, dass es jedes Mal komisch wirkte, wenn bei Gericht seinen richtiger Name verlesen wurde. Stumpy war ein Mann weniger Worte, auch wenn er mehr Kriegsgeschichten zu erzählen hatte, als er teilen wollte; ohne Zweifel war er einer von Rays besten Sergeants. Die beiden Männer waren mehrere Jahre lang zusammen Streife gefahren, und da Stumpy über eine Kraft verfügte, die seine kleine Statur Lügen strafte, war Ray mehr als einmal froh gewesen, ihn an seiner Seite zu haben.
Neben Kate bestand Stumpys Team noch aus dem zuverlässigen Malcolm Johnson und dem jungen Dave Hillsdon, einem zwar engagierten, aber bisweilen unberechenbaren Detective Constable. Dessen kaum zu bremsendes Verlangen, Täter hinter Gitter zu bringen, ging Ray häufig ein wenig zu weit. Zusammen jedoch bildeten sie ein gutes Team, und Kate lernte rasch von ihnen. Sie war mit einem leidenschaftlichen Eifer bei der Sache, der Ray wehmütig an seine Zeit als DC zurückdenken ließ, bevor siebzehn Jahre Bürokratie ihn auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt hatten.
Kate lenkte den unauffälligen Corsa durch den zunehmenden Rushhour-Verkehr in Richtung Fishponds. Sie war eine ungeduldige Fahrerin. Vor jeder roten Ampel schüttelte sie missbilligend den Kopf und reckte den Hals, um an den wartenden Autos vorbeischauen zu können. Ständig war sie in Bewegung: Sie trommelte mit den Fingern auf dem Lenkrad, rümpfte die Nase und rutschte auf ihrem Sitz herum. Und wenn der Verkehr sich dann wieder in Bewegung setzte, beugte sie sich vor, als könne sie den Wagen auf diese Weise beschleunigen.
»Du vermisst wohl Blaulicht und Sirene«, bemerkte Ray.
Kate grinste. »Manchmal vielleicht.« Abgesehen von ein wenig Kajal hatte sie auf Make-up verzichtet, und dunkelbraune Locken fielen unfrisiert auf ihre Schultern, obwohl sie versucht hatte, sie mit einer Haarklammer zu bändigen.
Ray kramte nach seinem Handy, um die notwendigen Anrufe zu tätigen. Er wollte sich vergewissern, dass die Spurensicherung auf dem Weg war, dass man den diensthabenden Superintendent informiert hatte und dass irgendjemand den Unfalldienst gerufen hatte, einen riesigen Wagen voller Zelte, Notfallscheinwerfer und heißer Getränke. Alles war erledigt. Das war eigentlich immer so, dachte Ray. Dennoch musste er sichergehen, denn als DI trug am Ende er allein die Verantwortung für den Einsatz. Zwar machten die Streifenbeamten jedes Mal einen kleinen Aufstand, wenn die Kriminalpolizei eintraf, um einen ihrer Fälle zu übernehmen, aber so war das nun einmal. Alle hatten sie das so gemacht, selbst Ray, der auf dem Weg nach oben nur so wenig Zeit wie möglich in Uniform verbracht hatte.
Ray telefonierte mit der Leitstelle, um sie zu informieren, dass sie in fünf Minuten da sein würden. Bei sich zu Hause rief er dagegen nicht an. Er hatte sich angewöhnt, Mags nur dann anzurufen, wenn er ausnahmsweise mal pünktlich sein würde. Bei den vielen Überstunden war das praktischer.
Als sie um die Ecke bogen, bremste Kate den Wagen auf Schritttempo ab. Ein halbes Dutzend Streifenwagen stand willkürlich verteilt auf der Straße. Sie hatten die Signallichter eingeschaltet, und alle paar Sekunden fiel blaues Licht auf die Szenerie. Scheinwerfer auf Dreibeinen machten den Regen sichtbar, der in den letzten Stunden Gott sei Dank zu einem Nieseln abgeebbt war.
Kate hatte sich beim Verlassen des Reviers einen Mantel geschnappt und ihre High Heels gegen Gummistiefel getauscht. »Praktisch geht vor elegant«, hatte sie gelacht, ihre Schuhe in den Spind geworfen und die Stiefel angezogen. Ray dachte über so etwas nur selten nach, doch jetzt wünschte er, er hätte sich zumindest einen Mantel mitgenommen.
Sie stellten den Wagen gut hundert Meter von einem großen weißen Zelt entfernt ab, das errichtet worden war, um mögliche Beweise vor dem Regen zu schützen. Eine Seite des Zeltes stand offen, und im Inneren konnten Neuankömmlinge eine Kriminaltechnikerin sehen, die auf allen vieren irgendetwas vom Boden abtupfte. Weiter die Straße hinunter untersuchte eine Gestalt im Papieranzug einen der großen Ahornbäume.
Noch während Ray und Kate sich dem Tatort näherten, wurden sie von einem jungen Beamten aufgehalten, der seine Leuchtweste so hoch geschlossen hatte, dass Ray das Gesicht zwischen Kragen und Mütze kaum erkennen konnte.
»Guten Abend, Sir«, sagte der Mann. »Wollen Sie ins Zelt? Dann muss ich Sie erst eintragen.«
»Nein, danke«, erwiderte Ray. »Aber Sie könnten mir sagen, wo Ihr Sergeant ist.«
»Er ist im Haus der Mutter«, antwortete der Beamte und deutete zu ein paar kleinen Reihenhäusern hinüber. »Nummer vier«, fügte er hinzu.
»Gott, was für ein mieser Job«, sagte Ray, als er und Kate sich von dem Mann entfernten. »Ich erinnere mich noch daran, wie ich als blutiger Anfänger einmal zwölf Stunden lang einen Tatort bewachen musste. Im strömenden Regen. Und dann hat mich der DCI angemacht, weil ich ihn nicht angelächelt habe, als er um acht Uhr am nächsten Morgen endlich aufgekreuzt ist.«
Kate lachte. »Bist du deshalb zur Kriminalpolizei gegangen?«
»Nicht nur deswegen«, antwortete Ray, »aber das war sicher ein Grund. Der Hauptgrund war jedoch ein anderer: Ich war es schlicht leid, alle großen Fälle an die Spezialisten abgeben zu müssen. Ich konnte nie einen Fall zu Ende bringen. Was ist mit dir?«
»Ähnlich.«
Sie erreichten die Häuser, auf die der Beamte gedeutet hatte. Kate sprach weiter, während sie nach Nummer vier suchten.
»Es gefällt mir einfach, mich um die härteren Fälle zu kümmern. Ich langweile mich leicht. Ich mag komplizierte Ermittlungen, die mir wirklich Kopfzerbrechen bereiten. Kryptische Kreuzworträtsel statt der ganz einfachen. Ergibt das Sinn?«
»Vollkommen«, antwortete Ray. »Kreuzworträtsel waren allerdings nie mein Ding.«
»Es gibt da einen Trick«, sagte Kate. »Bei Gelegenheit bringe ich ihn dir bei. So . Da wären wir . Nummer vier.«
Die Eingangstür war sauber lackiert und stand einen Spaltbreit offen. Ray schob sie auf und rief hinein: »CID! Dürfen wir reinkommen?«
»Im Wohnzimmer«, kam die Antwort.
Ray und Kate traten sich die Füße ab und gingen durch den schmalen Flur, vorbei an einer überladenen Garderobe, unter der die roten Gummistiefel eines Kindes neben denen einer Erwachsenen standen.
Die Mutter des Kindes saß auf einem kleinen Sofa und starrte auf den blauen Schulranzen in ihrem Schoß.
»Ich bin Detective Inspector Ray Stevens. Das mit Ihrem Sohn tut mir sehr leid.«
Die Frau hob den Kopf, schaute ihn an und wickelte sich den Riemen des Schulranzens so fest um die Hand, dass sich das Blut staute. »Jacob«, sagte sie. »Sein Name war Jacob.«
Auf einem Küchenstuhl neben dem Sofa balancierte ein uniformierter Sergeant den Papierkram auf seinem Schoß. Ray hatte ihn schon einmal auf dem Revier gesehen, wusste aber nicht, wie er hieß. Er schaute auf das Namensschild.
»Brian, würde es Ihnen etwas ausmachen, Kate in die Küche zu begleiten und sie darüber zu informieren, was Sie bis jetzt herausgefunden haben? Ich würde der Zeugin gerne ein paar Fragen...
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