Schweitzer Fachinformationen
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Am nächsten Morgen fuhren Dan und ich zurück zu unserer Wohnung in Bristol. Bis wir aufbrachen, hatte ich immer noch nichts von Max gehört. Ich hatte ihm gemailt, dass wir wieder nach Bristol zurückkehrten, aber er hatte nicht geantwortet. Sein Schweigen nagte an mir, ebenso wie ein fieser kleiner Kater.
Die Heimreise fühlte sich wie der Beginn eines neuen Kapitels an. Ansichten von glitzerndem Wasser und sturmgebeugten Bäumen verschwanden im Rückspiegel, als wir schrittweise in die Zivilisation zurückkehrten und bald die Autobahn erreichten. Drei Spuren mit dichtem Verkehr zwischen Städten. Wir fuhren nach Norden. Dan beschleunigte und drehte die Musik lauter, und ich blickte aus dem Fenster und freute mich auf mein Zuhause. Ich hatte erwogen, ihm auf der Fahrt von Eliza zu erzählen, aber zuerst wollte ich wissen, was seine Überraschung war.
Einen ersten Hinweis bekam ich, als Dan nicht unsere übliche Abfahrt nahm. Ich sah zu ihm, und er blickte zu mir, die Augenbrauen hochgezogen. Er lächelte. Ich konnte das Lächeln nicht erwidern, weil ich diese Strecke kannte. Wir fuhren auf meine Kindheit zu, die Straße, in der ich aufgewachsen war. Charlotte Close.
Ich fixierte die Fahrbahnmarkierung und schaute nicht auf. In dieser Gegend kannte ich jede Wegmarke, und ich wusste, dass es hier nichts gab, was ich sehen wollte. Als wir uns der Kreuzung mit der Charlotte Close näherten, bekam ich ein Engegefühl in der Brust. Hier hatten Reporter kampiert, als ich Kind war, unaufhörlich meinen Namen gerufen, weil sie dringend mit mir reden wollten, selbst nachdem mein Dad sie angefleht hatte, uns in Ruhe zu lassen.
Als wir beinahe da waren, sagte Dan: »Es ist okay. Alles gut. Keine Panik.«
»Ja«, sagte ich. Mehr brachte ich nicht heraus.
»Atme«, flüsterte Eliza. Ich hörte auf sie und zwang mich, ruhig in ihrem Rhythmus zu atmen, bis wir das Ende der Charlotte Close hinter uns gelassen hatten und Dan weitergefahren war, vorbei an Stoke Woods, dem Wald direkt hinter den Gärten auf der einen Straßenseite.
Diesen Wald hatte ich von meinem Kinderzimmerfenster aus gesehen. Die alten Eichen gaben den Sauerstoff in die Luft ab, den ich atmete, und bezauberten mich.
Ich fühlte, wie sich meine Anspannung löste, als wir den Wald hinter uns ließen, doch die Erleichterung kam zu früh. Dan blinkte und drosselte den Motor, um in einen Weg auf der Rückseite des Waldes einzubiegen. An der Abzweigung stand ein Schild mit der Aufschrift »Privatweg«.
Als Kind war ich durch diesen Wald gestreift, aber nie so weit. Ich erinnerte mich vage, dass meine Eltern mit uns einmal hergefahren waren, um sich neugierig die großen Häuser anzusehen; ansonsten war diese Gegend bedeutungslos für uns. Ein anderes Land. Bis zu den Ermittlungen zu Teddys Verschwinden, als die Polizei die Anwohner befragt hatte. Es war nichts dabei herausgekommen, und wir hatten es wieder vergessen.
»Warum sind wir hier?«, fragte ich.
»Vertrau mir, ja?«, sagte Dan. »Entspann dich. Hab noch ein paar Sekunden Geduld.«
Nur auf einer Seite des Weges standen Häuser, auf der zum Wald hin. Auf der anderen Seite befand sich ein Grasstreifen mit einer imposanten Reihe von Blutbuchen, die gepflanzt worden sein musste, kurz nachdem die Häuser fertig waren. Dahinter war Ackerland.
Ich schaute die erste Einfahrt hinunter, die wir passierten, und sah ein eindrucksvolles viktorianisches Herrenhaus. Das Grundstück musste sehr groß sein, dennoch wirkte es, als stünde das Haus im Wald. Ich erschauderte.
Am Ende der nächsten Einfahrt standen zwei Häuser. Das eine war so prächtig wie das vorherige, wenn nicht noch prächtiger. Es teilte sich die Zufahrt mit einem moderneren, sichtlich von einem Architekten entworfenen Haus, das nicht älter als zehn Jahre sein konnte. Wie es aussah, war das moderne Haus auf einem Stück Land gebaut worden, das die Besitzer des größeren verkauft hatten. Und obwohl sie sich die Einfahrt teilten, standen die Häuser weit genug auseinander, um den Bewohnern Privatsphäre zu bieten. Auch diese Bauten waren von Wald umgeben.
»Mir gefällt es hier nicht«, sagte ich. Klaustrophobie packte mich. Meine Hände zitterten, und meine Handflächen waren feucht.
»Es ist okay«, entgegnete Dan. »Du wirst schon sehen.«
»Dreh bitte um«, sagte ich, doch er fuhr weiter, als hätte ich nichts gesagt.
Der Weg machte eine Biegung, hinter der er abrupt endete. Pfosten, zwischen denen Stacheldraht gespannt war, signalisierten, dass man nicht weiterkam. Hinter der Absperrung ging das Waldgebiet weiter. Links von uns gab es noch eine letzte Einfahrt, flankiert von verzierten Steinsäulen. Auf der einen stand ein Name: Cossley House. Dan bog in die Einfahrt. Sie war voller Schlaglöcher und von Unkraut überwuchert.
»Bitte«, sagte ich. »Ich möchte einfach nach Hause.«
Auf halber Strecke hielt Dan an. »Du musst mir vertrauen.« Sein Lächeln war verschwunden, und er legte mir die Hände an die Wangen. »Sieh mich an. Reiß dich zusammen, für mich.«
Ich nickte, und er ließ mich los. Seine Beharrlichkeit verstörte mich, und ich fühlte mich um nichts besser.
Das letzte Stück schwiegen wir. Am Ende der Zufahrt tauchte das eleganteste Haus von allen auf, ein echtes Herrenhaus, das jedoch seit Längerem vernachlässigt worden war. In der Einfahrt stand schon ein Wagen, und als wir uns näherten, ging die Haustür auf, und ein Mann kam heraus. Er war ungefähr in unserem Alter, hatte aber bereits schütteres Haar, und seine geröteten Wangen deuteten auf viele üppige Mahlzeiten hin. Ein Makler, wurde mir klar. So musste es sein, auch wenn an der Einfahrt kein »Zu verkaufen«- oder »Zu vermieten«-Schild gewesen war.
Eliza gelangte zu demselben Schluss. »Das ist ein Hinterhalt«, sagte sie. »Dan will dieses Haus kaufen.«
Dan stieg wortlos aus, und ehe ich erfasste, was vor sich ging, war er schon die Eingangsstufen hinauf und schüttelte dem Makler die Hand. Langsam folgte ich ihm.
»Sie müssen Mrs. Harper sein«, sagte der Makler, kam die Stufen herunter und reichte mir die Hand. »Willkommen! Ich bin Henry. Wie schön, Sie kennenzulernen!«
Ich ertrug Henrys prankengleichen Händedruck und wusste, dass ich diese Besichtigung über mich ergehen lassen musste, weil es beschämend für Dan wäre, würde ich mich weigern. Ich musste dies hier so schnell wie möglich hinter mich bringen und verschwinden, denn nicht in einer Million Jahre würde ich dem Kauf dieses Hauses zustimmen. Henry hielt uns die große Haustür auf. Ich wollte nicht mal hineingehen, doch Dan schob mich, nicht sonderlich sanft, nach drinnen. Ich betrat eine Diele mit hellen, von kleinen schwarzen Rauten unterbrochenen Sandsteinfliesen. Dominiert wurde die Diele von der Treppe, die zwar verstaubt, aber eleganter als jede war, die ich bisher gesehen hatte. Filigrane Spindeln und dunkle Holzstufen bildeten einen gewundenen Aufstieg bis zu einem Oberlicht drei Stockwerke über uns. Ich trat in den matten Sonnenlichtkreis auf dem Boden, blickte nach oben und sah mich um. Ein oder zwei Zimmer waren renoviert worden, der Rest aber offensichtlich nicht.
Das ist viel zu groß für uns, dachte ich. Und viel zu protzig. Ganz falsch. Wir würden uns hier verlaufen. Außerdem ist es total heruntergekommen. Ein Groschengrab. Ich hasse es. Und ich kann niemals nahe Stoke Woods oder der Charlotte Close leben. Nie.
Das Geräusch einer Tür, die ins Schloss fiel, erschreckte mich, und ich drehte mich um. Der Makler war gegangen.
Dan legte die Arme um mich. »Es ist eines der edelsten Herrenhäuser von Bristol und eines der geschichtsträchtigsten. Häuser wie dieses kommen nur einmal im Leben auf den Markt.«
»Ich kann hier nicht wohnen«, antwortete ich. »Und du weißt, warum.«
»Gib dem Ganzen eine Chance, für mich, bitte. Stell dir vor, wie schön wir es haben, wenn die Renovierung fertig ist. Ich könnte das Projekt managen, vielleicht sogar einige Arbeiten übernehmen, wenn wir dir eine richtige Assistentin besorgen. Wir könnten ihm unsere Note verleihen.«
»Er liebt es wirklich«, sagte Eliza. Sie klang entsetzt, aber auch fasziniert, und ich wusste, dass sie recht hatte. Es würde uns schaden, sollte ich darauf bestehen, dass wir sofort gingen.
Und ich musste noch etwas einsehen: Die Lücke, die Dans gescheiterte Autorenkarriere in sein Leben gerissen hatte, war eindeutig nicht gefüllt, indem er mein Assistent wurde, und ebenso wenig von seinen neuen Vorhaben. Ich hatte es bereits vermutet, wollte mich dem aber nicht stellen. Wenn ich schrieb, war für nichts anderes Platz in meinem Kopf. Wie auch immer, dies war der Beweis.
Allerdings müsste Dan sich ein anderes Projekt suchen, wenn er dringend eines wollte.
»Sieh dich wenigstens um«, sagte Eliza. »Vermittle ihm das Gefühl, dass du der Sache eine Chance gibst.«
»Dann lass mich mal sehen«, sagte ich zu Dan und bemühte mich, Interesse zu heucheln. Dan strahlte. Er nahm meine Hand und führte mich in eine renovierte Küche, in der ein Großteil der Außenwand herausgebrochen und durch Glas ersetzt war. Der Blick ging zum seitlichen Garten, der aus verwildertem Gras und dichten Hecken bestand. Blitzblanke Geräte und Utensilien waren in sämtliche Winkel eingebaut oder gestellt, und die Kochinsel war so groß wie die Küche in unserer Wohnung. Diese Küche hatte überhaupt keinen Charme, nichts Anheimelndes.
»Wir könnten das ganze Haus so klasse wie das hier machen«, sagte Dan. Er schnurrte beinahe.
»Ja, es hat was.«
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