Schweitzer Fachinformationen
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Veni, vidi, vici.
«Ich kam, ich sah, ich siegte.»
JULIUS CAESAR
Ein Legionär im roten Umhang stand unter der Aquila, dem goldenen Adler Roms, der als Feldzeichen hoch oben auf der Spitze einer Stange prangte. Der Legionär blies in sein Horn und rief: «Bahn frei für General Gaius Julius Caesar!»
Das Forum Romanum war der Mittelpunkt des politischen, wirtschaftlichen und religiösen Lebens der Stadt Rom. Selbst an einem ruhigen Tag konnte dort ein hektisches Gedränge herrschen, da vom Senator in seiner besten weißen Toga bis zum Sklaven in abgenutzten Sandalen jeder erdenkliche Mensch hier alles Mögliche zu tun hatte.
Heute war kein ruhiger Tag. Es war vielmehr ein historischer Tag. Es war der Tag, an dem die Volksmassen zum ersten Mal einen guten Blick auf den neuen Diktator werfen konnten. Dieser schritt, von der Curia - dem Sitz des römischen Senats - kommend, langsam über die Via Sacra zum Tempel der Vesta, hinter sich das Panorama vielfarbiger Marmortempel, vor sich die große, zweigeschossige Basilica Aemilia, deren lange Arkade mit ihren vielen Geschäften die Straße säumte.
Die Menschen waren in Scharen gekommen, um zuzuschauen, wie Caesar unter dem Adler über die gepflasterten Straßen des Forums schlenderte, als gehörte ihm die Welt. Tatsächlich gehörte sie ihm ja. Die Macht, die ihm als Diktator in die Hand gegeben war, besagte genau das.
Geführt von seiner Leibwache, den Liktoren, und umgeben von einer kleinen Armee von Legionären in voller Rüstung, winkte Caesar denen in der Menge zu, die ihm Blumen zu Füßen warfen, und übersah die, die es unterließen.
Manche liebten ihn. Andere hassten ihn. Den meisten war er gleichgültig. Solange sie einen vollen Bauch und einen Krug Wein in Reichweite hatten, solange die verdammten zotteligen Gallier nicht vor den Toren Roms standen und Kriegsgeschrei ausstießen, war das Leben gut.
Als Caesars eindrucksvoller Zug an der Basilica Aemilia vorbeischritt, entrollten mehrere Soldaten, die auf den Bögen und Säulen der Arkade postiert waren, scharlachrote Fahnen. Wie Theatervorhänge fielen sie herab, in der Mitte mit einem großen Medaillon der Venus geschmückt, der Göttin, auf die Caesar sich als Ahnherrin berief.
«Caesar setzt sich ganz schön in Szene», sagte eine Frau beeindruckt.
Ihre Freundin beugte sich zu ihr vor. «Hast du schon das Lied gehört, das seine Soldaten über ihn singen?»
«Nein, aber ich kann es mir vorstellen.»
«Den Weiberhelden bringen wir heim», setzte die Freundin an, «Römer, lasst eure Frauen nicht laufen! All das Gold, das ihr ihm gabt, nimmt er, um sich Flittchen zu kaufen.»
Lachend rafften die Frauen ihre Stolen, um sie nicht auf dem Pflaster zu beschmutzen, und schlängelten sich durch die plappernde Menge. Immer wieder stießen sie mit anderen Menschen zusammen, aber schließlich kamen sie vor dem runden, weißen Marmortempel der Vesta an. Von jeder der zwanzig kannelierten Säulen, die ihn umschlossen, hingen grüne Lorbeerkränze herab.
Im Allerheiligsten des Tempels, das nur die Vestalinnen betreten durften, brannte die heilige Flamme der Vesta, der Göttin des Heims und des Herdes. Die Ewige Flamme, die die Ewige Stadt beschützte, war ihre. Solange sie brannte, würde Rom nicht erlöschen, und so hüteten die Vestalinnen das Feuer Tag und Nacht. Entlang der kurvenreichen Via Sacra standen mit Steinmetzarbeiten verzierte Postamente rund um den heiligen Bezirk des gut bewachten Tempels. Oben auf jedem Postament ruhte eine schimmernde Bronzeschale, in der ein Feuer brannte, das an der ewigen Flamme im Allerheiligsten entzündet worden war.
Die beiden Freundinnen schoben sich durch die Menge, bis sie zu einer der Feuerschalen gelangten. Es war ein schöner Februartag, aber wenn die Wolken die Sonne verdeckten, wurde es kalt. Die Göttin hatte gewiss nichts dagegen, dass sie ihre sterblichen Hände an ihrer unsterblichen Flamme wärmten.
Die Frau, die das Lied angestimmt hatte, setzte erneut an: «Julius Caesar macht es ihr .» Sie brach ab. Eine der Bronzetüren des Tempels öffnete sich, und eine Frau schritt hoheitsvoll die Stufen herunter. Gekleidet war sie in eine weiße Stola, ihr Gesicht war verschleiert. Die Oberpriesterin Fabiana. Jeder kannte sie. Seit Jahrzehnten schon tat sie Dienst als Vestalis Maxima, als Leiterin des Vestalinnenordens. Gemeinsam mit allen um sie herum knieten die beiden Frauen sich nieder.
Als die Vestalin auf der untersten Marmorstufe angekommen war, traten zwei bewaffnete Centurionen zu ihr. Ihre scharlachroten Umhänge rahmten die weiße Stola ein.
Der ranghöhere der beiden Soldaten nahm seinen mit einem Federkamm versehenen Helm ab und neigte den Kopf. «Hohe Dame», sagte er. «Sollen wir dich begleiten?»
«Ja», antwortete die Vestalin. Ihre Stimme klang jünger als ihre sechsundsiebzig Jahre. «Danke.»
Das glanzvolle Trio begab sich zum Säulenvorbau des benachbarten Hauses der Vestalinnen. In diesem großen, luxuriösen Bau, der nur wenige Schritte vom Tempel entfernt lag, lebten die Priesterinnen während der Jahre, die sie Dienst für Rom taten.
Als die Vestalin vorbeischritt, sanken Männer und Frauen vor ihr auf dem Pflaster in die Knie, die Hände mit den Handflächen nach oben erhoben.
Ein Chor leiser Stimmen stieg auf:
Bitte Mutter Vesta, meinen Sohn zu beschützen. Er tut in Gallien Dienst .
Schütze meine Familie, Hohe Priesterin .
Segne die Ehe meiner Tochter .
Mein kleiner Sohn ist krank. Bitte die Göttin, ihn zu retten .
Die Vestalin zog die palla aus Leinen zurück, die sie über die Schultern gebreitet hatte, und brachte eine Handvoll heiliger Salz-Mehl-Oblaten zum Vorschein, die übliche Opfergabe für die Göttin. Noch immer von den Centurionen in ihren schimmernden Rüstungen begleitet, legte sie beim Passieren den knienden Bittstellern die Oblaten in die Hände.
«Opfere dies der viva flamma.» Der lebenden Flamme.
Die Bittsteller erhoben sich und gingen zu den Feuerschalen, um ihr Opfer darzubringen.
Erneut blies ein Horn, als Caesars eindrucksvoller Zug gleichzeitig mit der Priesterin vor dem Säulenvorbau des Hauses der Vestalinnen eintraf.
Die beiden Freundinnen hatten sich ebenfalls erhoben und kämpften um einen guten Aussichtsplatz im Gedränge.
«Bahn frei für General Gaius Julius Caesar!», rief ein Soldat. Die Vestalin allerdings verdrehte nur die Augen, als wollte sie sagen: Ja, er ist nicht zu übersehen.
Weitere Soldaten drängten die Menschenmenge zurück, während Caesar, bekleidet mit einer weißen Toga, deren breiter, purpurroter Saum seine Stellung und Macht demonstrierte, die Arme nach der alten Vestalin ausstreckte. Nun lächelte sie und umarmte ihn.
Für sie war er kein Diktator. Sondern ein Verwandter.
Die reich verzierten Holztüren des Hauses der Vestalinnen - tiefrot mit weißen und blauen Rosetten - öffneten sich, und die Centurionen blieben als Wächter zurück, während Caesar und die Vestalin in die Eingangshalle traten.
Einer der Offiziere zwinkerte den beiden Frauen zu. Sein eiserner Muskelpanzer schimmerte in der Sonne, und er wölbte die Brust.
«Mea Dea», seufzte die eine. «Vergiss diese schweißbedeckten Gladiatoren im Sand der Arena.» Sie stieß ihre Freundin mit dem Ellbogen an. «Heute Nacht werde ich mir diese beiden schimmernden Centurionen vorstellen, wenn mein Mann sich auf mich wälzt.»
Julius Caesar ruhte in dem üppig ausgestatteten, rechteckigen Innenhof des mehrstöckigen Hauses der Vestalinnen auf einer gepolsterten Marmorbank. Er lächelte über die eindrucksvolle Versammlung von Senatoren, hochrangigen Priestern und anderen Patriziern, die seiner Einladung gefolgt waren, sich hier, im großen Garten der Vestalinnen, mit ihm zu treffen, um seine neue Machtstellung zu feiern.
«Also sag mir, Julius», begann Fabiana, «soll ich dich jetzt König nennen?»
Caesar grinste die Vestalis Maxima an, die neben ihm saß. «Willst du, dass man mich umbringt, Großtante?»
«Wenn ich deinen Tod wünschte, wärest du tot. Jetzt gib mir einen Becher Wein.»
Caesar nahm einen goldenen Becher vom Tablett einer Sklavin und reichte ihn weiter. «Priesterin Fabiana, ich brauche deine Hilfe.»
«Ich weiß», antwortete Fabiana nüchtern und führte den Becher zum Mund. «Du bist zum dictator in perpetuum ernannt worden, oder hast du dich vielmehr selbst zum Diktator auf Lebenszeit ausgerufen?» Sie sah ihn über den Rand ihres Bechers hinweg an, in den schwarzen Augen ein Funke jener Unverfrorenheit, für die sie bekannt war.
So war es immer mit der Oberpriesterin. Sie war freundlich, aber nach all den Jahren, in denen der Umgang mit allzu vielen Menschen und Persönlichkeiten ihre Pflicht war, hatte sie auch etwas Ungeduldiges und sehr Freimütiges an sich.
«Das ist zum Besten Roms», sagte Caesar. «Du hast doch selbst mit dem Senat zu tun gehabt.» Er sprach so, dass nur sie ihn hören konnte. «Ein Haufen reicher alter Männer, die geradezu lyrisch von den Vorzügen der Republik schwärmen, aber wozu? Doch nur, damit sie noch mehr Münzen einsacken und noch mehr Land vergeuden können. Unter meiner Herrschaft wird Rom mehr Republik sein als seit Jahrzehnten.»
«Einige sind sich da nicht so sicher. Manche behaupten, du seist ein neuer König Tarquinius.»
Der...
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