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Ein terroristischer Anschlag, ein Nervengift und kein Gegenmittel
Terroristische Anschläge mit dem Nervengift London Black haben die Menschen in Angst versetzt. 90% der Bevölkerung hat zwar überlebt. Für die anderen 10%, die »Vulnerablen«, beginnt jedoch ein qualvolles Ringen mit dem Tod. Zwei Jahre später wird der Forscher Flinders Cox, der offenbar an einem Heilmittel gearbeitet hat, ermordet. DI Lucy Stone nimmt sich des Falles an. Sie selbst ist eine der Vulnerablen und von den Ereignissen stark traumatisiert. Könnte ein Mitglied der dubiosen Sekte Hand Gottes Cox ermordet haben, um die Fertigstellung des Gegenmittels zu verhindern? Und was führt Cox' CEO Geoffrey Hurst im Schilde? Lucy und ihrem neuen Kollegen King rennt die Zeit davon: Sie muss sich beeilen, nicht nur ihr eigenes Leben zu retten, sondern das unzähliger Menschen ...
London, 2029
Ich habe gerade einen verdammten Stuhl durch Wilkes' Fenster geworfen.
Lucy blickte auf ihre zitternden Hände. Die roten Schlieren lösten sich allmählich auf. Atme. Sie schaute wieder auf, sah sich im Einsatzraum um. Noch sechs weitere Polizisten, nur Männer: billige Anzüge, Dreitagebärte. Alle starrten sie an. Sie sah sechs, wusste aber, dass da noch mehr waren, verborgen in den dunklen Rändern ihres Tunnelblicks.
Ihre Gedanken entluden sich einzeln.
Ich hab gerade, was? Einen scheiß Stuhl? Durch Wilkes' Fenster geworfen?
Ja, hatte sie. Sie konnte den Stuhl sehen. Dort lag er, verdreht im Flur, überzogen von Splittern aus Milchglas. Schwarze Buchstaben hoben sich von dem Fußbodenbelag ab, und für den Bruchteil einer Sekunde überlegte sie, das zu reparieren, alles wieder zusammenzukleben wie ein riesiges Puzzle. Zuerst die Großbuchstaben: LONDON METROPOLITAN POLICE - MORDDEZERNAT - MIT 19, das Murder Investigation Team. Danach die kleinen Buchstaben: Diensthabender Officer, Detective Chief Inspector Marie Wilkes.
Wilkes.
Wilkes' nagelneues Fenster.
Ach du Scheiße.
Sie versuchte nachzudenken, nachzuvollziehen, was sie getan hatte. Warum? Warum sollte ich .
Hinter ihr ein Rascheln. Sie wirbelte herum, sah Detective Sergeant Andy Sykes.
Oh.
Sykes.
Sie konnte sich nicht mehr erinnern, was er getan hatte, welchen Knopf er gedrückt hatte. Hat er mich am Bauch berührt? Nein. Mich in die Enge getrieben? Wohl kaum. Es war weg, war verschwunden in all dem Rot. Aber er hatte irgendetwas gemacht, um einen ihrer Anfälle zu provozieren. Es konnte nicht anders sein. Sykes wusste, wie man sie triggerte. Tat zwar so, als wüsste er das nicht, aber er wusste es, verdammt. Und jetzt stand er da, achselzuckend, tat erschrocken. Spielte das Opfer.
Der Bastard.
Ein junger Deputy Constable streckte die Hand nach ihr aus - ist schon okay, Lucy -, aber Lucy war zu schnell. Sie schlug die Hand fort, floh. Raus aus dem Raum, der ihr wie eine Arrestzelle vorkam, fort von all den Blicken, hinaus auf den Flur. Sie schlug die Metalltür hinter sich zu.
Detective Inspector Lucy Stone, jüngster Detective des Morddezernats der Met, stand in Flammen.
Ihre Hände zitterten, als sie den Korridor hinunterlief. Sie stopfte die Hände in die Taschen ihres weiten Kapuzenpullis und konzentrierte sich auf die Atmung.
Einatmen, ausatmen. Einatmen, ausatmen.
Scheiße, verdammte.
Lucy hatte das Ende des Korridors erreicht, bog um die Ecke. Jetzt konnte sie die glänzende Lobby von New Scotland Yard sehen. Es war spät, schon seit Stunden dunkel, aber in der Lobby war noch was los. Zwei uniformierte Beamte schlenderten in der Halle in ihre Richtung. Sie rannte einfach weiter, stieß beide zur Seite, sodass Kaffeebecher flogen.
Konzentrier dich. Atmen.
Nur ein Anfall. Es ist jetzt. Jetzt, nicht damals, bleib im Jetzt .
Bildfetzen von vor zwei Jahren flammten in ihrem Kopf auf, rasend schnell. Leichenberge, verbrannte Haut, die sich in Streifen löste. Grüne Schutzanzüge. Ein schreiendes Kind, das nackt umherlief. Drohnen.
Die Geißel.
Und dann sah sie - es.
Das, was damals geschehen war.
Sie unterdrückte einen Schrei und zwang sich, weiterzulaufen, in Richtung des Ausgangs.
Einatmen, ausatmen.
Lucy wischte eine Träne fort, als sie in die Nacht hinausschoss.
Draußen fühlte sich die kühle Novemberluft angenehm im Gesicht an.
Die Panikattacke ließ nach, als Lucy am Schild von New Scotland Yard vorbeilief und in Richtung Embankment abbog. In einiger Entfernung ragte Big Ben auf, eine riesige Injektionsspritze, die in den Nachthimmel stach. Im Gehen zog sie eine Hand aus der Tasche ihres Hoodies. Schon besser. Sie zitterte zwar noch, aber immerhin konnte sie die Buchstaben wieder lesen, die an der Innenseite ihres rechten Handgelenks eintätowiert waren: JACK. Sie rieb darüber und dachte an ihren älteren Bruder.
Oh, Jack, hilf mir. Ich hab's versaut.
Würde Wilkes das persönlich nehmen? Konnte kaum anders sein. Fünfundzwanzig Jahre im Dienst, keine Kinder, das ganze Leben dem Job verschrieben. Letzten Endes bis zum DCI hochgearbeitet, endlich ihr Name auf dem Milchglasfenster im Flur. Ihr Fenster. Und dann, von jetzt auf gleich: klirr.
Lucys Magen krampfte sich zusammen.
Das wollte ich nicht, Ma'am. Wirklich nicht.
Es war nur so, Sykes hat was gemacht, hat mich getriggert, mich provoziert, ein Anfall. Der verfluchte Sykes .
Der Eingang zur U-Bahn kam in Sichtweite, daneben die gelben Lampen des Carpenter's Arms: Stammkneipe des MIT19. Lucy verlangsamte die Schritte, atmete tief durch. Schaute auf ihr Handy. Elf. Eine Stunde noch. Gut so. Zeit genug, noch schnell einen zu heben. Sie zwängte sich an den Gästen vorbei, die auf dem Gehweg rauchten, und schlüpfte durch die Tür.
Das Carpenter's war eigentlich ein scheiß Pub. Düster, verschlissene Teppiche. Muffig. Einige Touristen in roten Anoraks standen dicht am Eingang. Sie wühlte sich durch die Gruppe, kräftige Arme, trainiert vom Boxen. Vorbei an den blinkenden Spielautomaten, direkt in den leeren hinteren Bereich der Bar. Sie setzte sich auf einen Hocker.
Harry, der Barkeeper, sprach sie an.
»Wie immer, Lady?«
Sie sagte nichts, atmete noch einmal tief aus.
»Okay.« Er zapfte ein Glas Coca-Cola, hantierte an der Kaffeemaschine herum und gab noch zwei Schuss Espresso ins Glas. Schob es rüber zu Lucy. »Also wie immer.«
Sie nahm das Glas, ohne aufzuschauen.
Harry ist ein guter Barkeeper. Hätte einen besseren Pub verdient.
Die Touristen weiter vorn lachten über irgendetwas. Lucy schaute auf und sah, dass die Leute die Schachtel mit den künstlichen Ansteckblumen entdeckt hatten. Direkt neben der Kasse stand der kleine Karton mit den Poppies aus schwarzem Papier, und die Touristen warfen nacheinander ein Pfund ein und hefteten sich die Mohnblumen an ihre Goretex-Jacken. Lucy schnappte einige Fetzen auf, als der Reiseleiter auf die Ansteckblumen Bezug nahm: ». zweiter Gedenktag . schlimmster Terrorangriff seit . Drohnen, und alle haben London Black freigesetzt. Ja, ja, genau, ein Nervengas, kein Gegenmittel .«
Einer der Touristen fischte sich ein schwarzes Gummiarmband aus der Schachtel.
Sie kniff die Augen zusammen. Auf einer Seite des Armbändchens stand in weißen Lettern London Strong, auf der anderen eine Zahl. Die Person stand zu weit von ihr entfernt, um die Ziffern zu erkennen, aber sie wusste trotzdem genau, was da stand: 32956. Jeder Londoner kannte diese Zahl.
Verflucht. Ein scheiß Armband mit der Zahl der Toten. Was für eine kranke Schei.
Ihr Handy begann zu vibrieren. Sie zog es aus der Tasche ihrer verwaschenen schwarzen Jeans und schaute auf das Display: Eingehender Anruf, DCI Marie Wilkes. Lucy drückte auf den roten Button und donnerte das Handy auf den Tresen. Bin jetzt nicht in der Stimmung, mir eine Standpauke anzuhören, Ma'am. Sie nahm einen Schluck aus dem Glas. Kurz darauf kamen Textnachrichten rein.
Suspendiert.
Pause.
Inoffiziell.
Längere Pause.
Lucy . bitte. Für mich. Wende dich an den Counselor. Nur einmal.
Weitere SMS kamen rein, doch Lucy ignorierte sie. Sie steckte das Handy wieder in ihre Hosentasche und stützte sich mit dem Kopf auf dem Unterarm ab. Holte tief Luft. Verdammter Mist. Verdammt, verdammt! Suspendiert. Sie hatte das Gefühl, sich übergeben zu müssen. Das kann Wilkes nicht machen. Ich muss arbeiten. Sie weiß doch, dass ich arbeiten muss. Was bleibt mir sonst? Wenn ich nicht arbeiten kann, wenn ich kein Bulle bin, wie soll ich dann je die Schuld begleichen? Wie soll ich .
Ein knarzendes Geräusch, als sich jemand neben ihr auf einen Hocker setzte.
»Langen Tag gehabt?«
Die Stimme eines Mannes. Nicht vertraut. Sie machte sich nicht mal die Mühe aufzuschauen.
»Ist viel los im Moment«, sagte sie in die Armbeuge.
Seh ich so aus, als hätte ich Bock auf so was? Wirklich?
Er wartete einen Moment, versuchte es noch einmal.
»Hab vorhin gesehen, wie Sie reingekommen sind. Sind wir uns nicht schon einmal irgendwo begegnet?«
Verflucht. Ausgerechnet diese Masche. Also gut, Romeo, dann wollen wir mal sehen. Sie hob den Kopf, seufzte, sah dem Mann ins Gesicht. Kniff die Augen leicht zusammen. Spürte, wie die kleinen Rädchen zu arbeiten begannen. Ihr kleiner Partytrick wirkte.
Und . nein.
»Nein«, sagte sie. »Wir sind uns noch nicht begegnet.«
Aus dem Augenwinkel sah sie, dass Harry grinste. Moment. Harry weiß, dass ich ein Super Recognizer bin? Sie merkte sich das. Das sollte nicht nach außen dringen, so eine...
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