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Schluss mit der (Selbst)-Täuschung der katholischen Laien!
Wie kann es sein, dass die katholische Kirche in einer Zeit von Missbrauchsskandalen und massenhaften Kirchenaustritten so wenig Reformwillen zeigt? Der Kirchenrechtler und Theologe Norbert Lüdecke deckt mit seiner scharfen Analyse auf, dass die deutschen Bischöfe ihre ganz eigene Art der Krisenbewältigung perfektioniert haben. Ihr Ziel ist es offensichtlich, echte Kirchenreformen zu verhindern. Doch warum lassen sich die Katholiken darauf ein?
Was muss jetzt geschehen, damit die katholische Kirche eine Zukunft hat?
Priesterzölibat, Frauenrechte, und Geschiedene, die wieder heiraten möchten: Nicht erst seit der Aufdeckung der Missbrauchsskandale wenden die deutschen Bischöfe eine Hinhaltetaktik an. Wenn es zu bedrohlichen Situationen kommt, wecken sie mit Gesprächsangeboten Hoffnung. Das Laienengagement des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) und der Synodale Weg sind zwei Beispiele dafür.
Der zeitgeschichtlich und kirchenrechtlich informierte Blick des profilierten Bonner Professors Norbert Lüdecke zeigt, dass das zwar Druck aus dem innerkirchlichen Kessel nimmt. Aber es verändert nichts an den hierarchischen Strukturen, die dringend benötigte Kirchenreformen blockieren statt befördern. Sein Buch ist ein Aufruf an alle Katholiken, aktiv zu werden für eine Kirche, die wieder Zukunft hat!
"Daher ist der Synodale Weg eine doppelte Täuschung: Die Täuschung der Hierarchen ist es, einen Dialog vorzugaukeln; die der Laien ist eine Selbsttäuschung darüber, dass sie sich wieder auf diesen Weg begeben." Norbert Lüdecke im Interview mit der Süddeutschen Zeitung
"Der Synodale Weg hat mit Sicherheit kein Machtpotenzial. Es gibt nur zwei Macht-Ressourcen: Katholikinnen und Katholiken können dem System Kirche das Geld und den persönlichen Einsatz entziehen." Norbert Lüdecke im Interview mit Publik-Forum
"Die Geschichte der letzten 50 Jahre zeigt vielmehr: Es gab immer wieder Gesprächsformate, die dem Synodalen Weg auf so frappierende Weise ähneln, dass ich mich an den Film 'Und ewig grüßt das Murmeltier' erinnert fühle: immer wieder dieselben Dialog-Attrappen, die gleichen Partizipations-Gaukeleien, die zu nichts geführt haben." Norbert Lüdecke im Interview mit der Frankfurter Rundschau
"Wenn man sich mit dem Synodalen Weg befasst und mit der Zeitgeschichte des deutschen Katholizismus in der Nachkriegszeit, hat man ein Déjà-vu nach dem anderen." Norbert Lüdecke im Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur
"Decision-making (ist) für Laien offen, also die Vorbereitung von Beschlüssen. Das Decision-taking (bleibt) aber den Bischöfen vorbehalten." Norbert Lüdecke im Interview mit deutschlandfunk kultur
"Wenn es einen Appell in meinem Buch gibt, dann nur den, die Augen aufzumachen, sich der Realität zu stellen, sich nichts vormachen zu lassen oder sich selbst etwas vorzumachen und sich der Analyse zu stellen, auch wenn einem deren Ergebnis nicht gefällt. Jede anschließende Entscheidung verdient Respekt." Norbert Lüdecke im Interview mit Die Eule
"[Immer dann, wenn] der Laienunmut für Hierarchen doch bedrohliche Stärke und Intensität annahm, [griffen] die Hierarchen [der katholischen Kirche] [.] auf [.] dasselbe Skript zurück[.] und[.] [legten] Gesprächsarrangements auf[.] und inszenierten [diese], die im Effekt dazu führten, dass der enorme Druck zunächst einmal ein Ventil fand und daher abgelassen werden konnte und sich verringerte." Norbert Lüdecke im Interview mit dem deutschlandfunk
"Ein Augenöffner sollte das Buch schon sein. Denn die kirchliche Autorität erklärt ja offen, dass Laien beim Synodalen Weg mitreden, aber keinesfalls entscheiden dürfen." Katholisches Medienzentrum kath.ch
"Nobert Lüdecke belegt das bischöfliche Gebaren mit zahlreichen spannenden Details aus Sitzungsprotokollen und Statements verschiedener Dialogprozesse der letzten Jahrzehnte. Seine These: Beim Synodalen Weg, der aufgrund der Missbrauchsfälle gestartet wurde, wird es nicht anders sein." Diözese Rottenburg-Stuttgart Mediencheck
"Mit solchen steilen Wörtern wie Täuschung oder Selbsttäuschung werde ich umso vorsichtiger, je mehr sich die gesamte öffentliche Debatte auf solche Skandalisierungen reduziert." Katholisch.de
Und täglich grüßt der "Dialog" 71952 Hierarchische Einhegung des Laienengagements: die Gründung des "Zentralkomitees der deutschen Katholiken" 151972-1975 Druckablass und Beruhigung: die Würzburger Synode 272011-2015 Schön, darüber gesprochen zu haben: der Gesprächsprozess der deutschen Bischöfe 75Seit 2020 Lasst sie doch (wieder) reden .: der Synodale Weg 151Warum? Sehschwäche und Regression - Geduld und Komplizenschaft 209Schluss? Letzte Ausfahrt "Trotzdem!" 247Anhang . 251Abkürzungsverzeichnis 251Anmerkungen 255Quellen 283Literatur 287
Hierarchische Einhegung des Laienengagements: die Gründung des "Zentralkomitees der deutschen Katholiken"Dem Staat übergeordnet, aber auf die Laien angewiesen
Im Nachkriegsdeutschland wollten die deutschen Bischöfe den Neuaufbau für eine politische Einflussnahme zur Verchristlichung von Staat und Gesellschaft nutzen.1 Als Exponenten einer nach ihrem Selbstverständnis von Christus gestifteten, in ihrer Ordnung eigenberechtigten höchsten Gesellschaft zur Vermittlung des Seelenheils sahen sie sich dem Staat als Einrichtung der Schöpfungsordnung zum irdischen Wohl übergeordnet. Denn beide Ordnungen unterstehen dem göttlichen Gesetz, das vom kirchlichen Lehramt verbindlich festgestellt, ausgelegt und konkretisiert wird. Entsprechend schrieb Erzbischof Frings schon im Februar 1946 an seine Dechanten zur Neuordnung des öffentlichen Lebens nach dem Zusammenbruch: "In der allgemeinen Gärung und Bewegung, die dadurch Platz gegriffen hat, besitzen wir Katholiken den einzigartigen Vorteil, dass uns dabei zwei Lichter voranleuchten, die uns vor Irrwegen bewahren und auf den rechten Weg bringen können"2 - gemeint waren die Offenbarung und die christliche Naturrechtslehre, nach denen sich auch das staatliche Recht zu richten hat.3
Entsprechend erwarteten sie das Grundgesetz des neuen Staates als "eine öffentliche Anerkennung der 'schon in der Natur gegebenen, ewig gültigen, durch Christus neu gefestigten und vollendeten Gottesordnung' ., ohne die für ein Volk auf die Dauer ein glückliches und gesundes Leben unmöglich ist"4.
Ebenso bewusst war den Bischöfen aber, dass der kirchliche Vorranganspruch sich schon lange an der Souveränität der neuzeitlichen und schließlich demokratischen Staaten brach. Effektiv zur Geltung gebracht werden konnte er nur noch über die kirchlich gehorsamspflichtigen katholischen Gläubigen als "innerstaatlichem Vollstreckungsorgan"5. Diese faktische Angewiesenheit ist für die Hierarchie hinnehmbar, solange die Laien ihre innerkirchliche Ungleichheit und Gehorsamspflicht nicht als problematisch empfinden. So nutzten katholische Vereine seit Mitte des 19. Jahrhunderts die staatlich frisch gewährte Vereins- und Pressefreiheit als "kirchen- und vatikantreue Garde"6, um für die Rechte und öffentliche Stellung eben jener Kirche zu streiten, die sich gegen die Menschenrechte sperrte.7 Für ihre Gesamtorganisation "Katholischer Verein Deutschlands" bedeutete das Selbstverständnis als katholisch, sich "der Autorität und der rechtlichen Befugnis unserer Pfarrer, unserer Bischöfe sowie des Päpstlichen Stuhles pflichtgemäß zu unterwerfen"8.
Die Vereine kämpften für die Freiheit der Kirche im Staat, nicht für die Freiheit der Gläubigen in der Kirche. Als der Theologe Johann Baptist Hirscher (1788-1865) öffentlich forderte, Laien sollten auch an Synoden mit vollem Stimmrecht teilnehmen9, protestierte der Laienverein und verwahrte sich "auf das Entschiedenste und Nachdrücklichste gegen allen und jeden Anspruch auf Beteiligung an der Führung oder auf Controle des Kirchenregiments", weil "die Führung und Handhabung des Kirchenregiments dem Episkopat Deutschlands zukomme"10. Das galt auch für die jährlichen "Generalversammlungen der katholischen Vereine", später "der Katholiken Deutschlands" ("Katholikentage"). Organisatorisch getragen von einem gewählten Zentralkomitee (seit 1868 und nach einem langen Zwischenspiel mit einem einzelnen Zentralkommissar wieder seit 189811) gaben sich diese Katholikentage stolz papsttreu-ultramontan12 und antimodern.13 In Sachen Schule etwa betonten sie, der Pfarrer stehe als eigentlicher Erzieher über dem Schullehrer als seinem Gehilfen wie die Kirche über dem Staat.14 Die vom Staat verfügten Kirchenvorstände aus Laien sahen sie nur in vorübergehender Mitverantwortung für die ihnen eigentlich nicht zustehende Verwaltung von Kirchenvermögen, denn: "Wir sind nicht zu Meistern berufen, sondern zu Helfern"15. Die Einigkeit war allerdings eine auch durch Ausgrenzung aufgebaute "Konsensfassade"16: Andersmeinende oder gar Reformkatholiken ließ man außen vor oder nicht zu Wort kommen17, Kontroversen sollten gar nicht erst in die Beratung gelangen, Beschlüsse hatten die Zustimmung der Bischöfe zu finden.18
Zum allgemeinpolitischen Arm der Katholikentage19 entwickelte sich über viele Querverbindungen die Zentrums-Fraktion20, die gar nicht aus der katholischen Vereinsbewegung, sondern von preußischen Abgeordneten gegründet worden war. Das "Zentrum" galt als das "stehende Heer", das Kirchenvolk als "Reserve, über die wir auf den General-Versammlungen Heerschau halten"21. Querverbindungen gab es auch zur 1890 gegründeten zentralen Dachorganisation der Laieninitiativen, dem "Volksverein für das katholische Deutschland", der als Träger politischer, sozialer wie religiöskultureller Bildung und Aktionsspitze des Katholizismus zugleich zu einer außerparlamentarischen politischen Kraft mit zeitweilig enormer Massenbasis und einer starken Zentrale in Mönchengladbach avancierte.22
Das Prinzip der Meinungs- und Willensbildung von unten blieb eine Anomalie im hierarchischen System und bot trotz aller Unterwerfungsbekundungen der aktivierten Laien Grund für Argwohn der Bischöfe, die sich ihrerseits erst später als die Laien organisierten.23
Laien werden selbstbewusster
Grundlegende Rechte im Staat erfolgreich für die Kirche in Anspruch zu nehmen, ließ die Laien selbstbewusster und eigenständiger werden.24 Der "Volksverein" setzte sich für interkonfessionelle christliche Gewerkschaften und gleiches Wahlrecht im Staat ein und forderte damit bischöflichen Widerstand heraus.25 Der Präsident des Münchener Katholikentages von 1922, Konrad Adenauer, wagte es, der pauschalen Demokratieverdammung durch Kardinal Faulhaber öffentlich zu widersprechen.26 Gegen den selbstbewussten und auf Unabhängigkeit bedachten deutschen Vereinskatholizismus wurde die von Papst Pius XI. seit 1922 favorisierte "Katholische Aktion" in Stellung gebracht, ein Laienapostolat "in Unterordnung unter euch [die Bischöfe, N. L.] und eure Priester"27: Zurück zu "Pfarrei und Diözese, endlich ein Abrücken von dem ewigen Organisieren über alle Diözesangrenzen hinweg"28. Allerdings drängte erst die Zerschlagung des katholischen Verbandswesens durch die Nationalsozialisten die Laienaktivität wirklich effektiv zurück in Pfarrei und Diözese.29
Nach dem Zweiten Weltkrieg sahen sich auch die katholischen Laien vor der Herausforderung, die sich neu formierende Gesellschaft im christlichen Sinn zu prägen.30 Die demografische und konfessionelle Umschichtung ließ als politische Partei einzig die Gründung einer interkonfessionellen Union schlüssig erscheinen. Für die darüber hinaus erforderliche Verfolgung spezifisch katholischer Interessen und das innerkirchliche Gestaltungsbedürfnis kam es zu einem Boom an Neu- und Wiedergründungen verschiedenster Laieninitiativen. So engagierten sich viele Laien in sehr unterschiedlichen, oft von kleinen Kerngruppen getragenen und gerade nicht verbandlich organisierten Werken und freien Initiativen. Solche informellen Gruppen ließen sich durchaus im Sinne der Katholischen Aktion hierarchisch führen und unter bischöflichen Hauptarbeitsstellen oder in eng kirchlich angebundenen Katholikenausschüssen auf Pfarr- und Diözesanebene zusammenfassen. Bald lebten auch verbandliche Organisationsformen wieder auf31, bis hin zu den von Kreisen um Konrad Adenauer befürworteten Plänen zur Wiedergründung des "Volksvereins" für eine von den Bischöfen weitgehend unabhängige gesellschaftspolitische Laienaktivität.32 Die ersten Nachkriegs-Katholikentage 1948 in Mainz und 1949 in Bochum verabschiedeten selbstbewusste Entschließungen.33
Kontrollbedürfnis, Konkurrenzängste und Parlamentsphobie
Schon in Mainz hatte der gastgebende Bischof Albert Stohr34 die Laien an ihre Grenzen erinnert. Katholische Aktion bedeute "Laienapostolat, aber nicht Laienregiment"35, es gehe nicht darum, Machtgelüste zu äußern, sondern um den Willen zum Dienen. In Bochum forderten die Laien die betriebliche Mitbestimmung als "natürliches Recht in gottgewollter Ordnung"36. Darauf reagierten die Bischöfe erst recht verärgert, denn die Auslegung des Naturrechts komme allein dem kirchlichen Lehramt zu.37 Offenbar - so hieß es - sei das "Aufsichts- und Ordnungsrecht der Bischöfe"38 nicht zum Zuge gekommen. Die Eigendynamik des freien Gesprächs auf diesen katholischen Generalversammlungen erschien dem Episkopat riskant. In einem Memorandum über die "Koordinierung der Laienarbeit unter hierarchischer Führung" überlegten die westdeutschen...
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