Wissensvermittlung heute
Die Wertigkeit eines Haustiers hat sich verändert. Ob das gut oder schlecht ist - wir lassen es offen. Oftmals ist es ein »mehr Wollen« und »weniger Geben«. Wir Menschen werden zunehmend konsumlastig und das schließt auch den Hund mit ein.
Nun hat der Mensch, aus welchen Gründen auch immer, einen Hund. Er ist so stolz und so glücklich und will die Welt teilhaben lassen, denn man hat ja den tollsten, klügsten und schönsten Hund auf der ganzen Welt. Natürlich, wie sollte es auch anders sein und nur so ist es richtig. Wer von seinem Hund nicht glaubt, dass er etwas ganz Besonderes ist, etwas Einzigartiges, der braucht ganz dringend die rosarote Hundehalterbrille.
Jeder Hund ist doch für seinen Menschen wertvoll. Niemand sonst muss ihn mögen oder besitzen wollen - das alles ist unwichtig. Bedingungslose Zuneigung ist ein guter Start ins Hundehalterdasein. Das muss an dieser Stelle ganz deutlich gesagt werden.
Schwierig wird es erst, wenn der Hundehalter Euphorie gesteuert über den eigenen Hund erwartet, dass die Welt über diesen genauso glücklich ist, wie er selbst. Die eigene Wahrnehmung und die nackte Realität gehen nicht immer konform, aber was soll's - es ist und bleibt der schönste, tollste Hund für den Besitzer. Die rosarote Hundehalterbrille gibt es jetzt übrigens noch in dezent bleu, für den Herrn! Zurück zum Inhalt:
Moderne Hundeschulen
Die Welt wird immer kleiner, es ist voll geworden und somit wächst das Konfliktpotenzial. Wir müssen achtsam sein, sollten sehr vorausschauend handeln, wenn wir uns mit unserem Hund durch die Umwelt bewegen. Leichter gesagt als getan.
Ja, die wackelige Komponente Hund bringt Schwung in die Bude. Wenn der Hund vom Bauern Huber früher mal zwei Tage unterwegs war, wurde das nicht thematisiert. Wenn der Herkules zum zehnten Mal das Revier leer gejagt hatte und er dann aus dem Bestand befördert wurde - war's halt so. Heute nicht mehr vorstellbar. Heute schaut die Welt genauer hin und das ist gut so. Verantwortung tragen für das, was man sich anschafft, sollte doch eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein!? Vielleicht finden sich die Unterschiede zum Thema »Verantwortung tragen« ja in der guten alten Erziehung?
Das Leben ist kein Ponyhof
Wenn beispielsweise die kleine Pferdeprinzessin nicht mehr nur Black Beauty mit dem Schaukelpferd spielen wollte und im Glitzerfeenkostüm den Eltern erklärt hat, sie sei jetzt reif für ein richtiges Pferd. Na, wie war dann die Reaktion der Eltern?
Die einen sind direkt los zum Ponymarkt, um der zukünftigen Olympionikin die Frühförderung und die Stärkung ihrer Entscheidungsfreudigkeit nicht zu verwehren. Die anderen haben einfach NEIN zum Pony gesagt.
So bekam die eine Pferdeprinzessin ihren Herzenswunsch direkt und ohne Gegenleistung erfüllt. Sie durfte ohne große Widrigkeiten ihr Hobby ausleben. Zumindest, so lange es schön und sauber zuging im Stall. Mutti und Vati haben gerne applaudiert, wenn das Kind hoch zu Ross durch die Halle geschaukelt wurde. Doch als das Pony vom Im-Kreis-Laufen genug hatte und bockig wurde, war Reiten überhaupt nicht mehr prickelnd. Es wurde anstrengend, das Pony wollte zudem noch eine Gegenleistung in Form von korrektem Umgang und Zuneigung, und sich auch mal auf der Koppel wälzen und dann super dreckig zur Reitstunde antraben. So war das nicht geplant, also musste das Pony weg. Die Prinzessin hat jetzt einen Papageien, der ist bunt und plappert alles nach, leider auch die Schimpfworte der Haushälterin. Fraglich, wie lange der Ara noch im Rennen bleibt.
Die andere Prinzessin ist bis heute zwar noch ohne eigenes Pony, hat aber eine super Reitbeteiligung ergattert und so haben alle etwas von der Liebe zum Pferd. Verantwortung wird geteilt, man kann in Ruhe schauen, ob man der Sache langfristig gewachsen ist und lernt täglich etwas dazu. Bis dahin gibt es Reitstunden vom Taschengeld, das stockt Madame noch fleißig durch Einkaufen für Oma und Zeitungsaustragen auf. Das ist es ihr wert. Jeder Cent geht fürs Reitenlernen drauf und so wächst der Traum vom eigenen Pferd. Und auch das Verständnis, dass man nicht immer gleich alles haben kann und muss. Anfangs war sie schon etwas enttäuscht, aber im Grunde hatten ihre Eltern recht, und Kompromisse finden ist nicht die schlechteste Lösung. Ganz nebenbei lernt man auch noch Frust zu ertragen - eine wichtige Erfahrung für das (Zusammen-)Leben.
Es gibt auch die Ponyelfen, die sofort ihr eigenes Pferdchen bekommen und dann alles richtig machen. Wenn die Möglichkeit besteht und die Einstellung stimmt - alles gut. Die Wertschätzung wird eben ganz unterschiedlich weitergegeben. Der eine ist emphatischer als der andere. Der eine gibt lieber als zu nehmen, so sind wir Menschen! Gut nur, wenn man den einen Menschen hat, der einem hilft zu erkennen, wenn man sich vergaloppiert - mit Pony oder ohne!
Zurück in die Welt der Hunde. Wer weiß schon, wer als Kind alles ein »Ponytrauma« durchleben musste? Könnte aber einiges erklären.
Hundehaltung ist genauso wie schmutzige Ponys striegeln: irgendwie gar nicht so blumig und romantisch, wie man sich das im Fachbuch schönlesen kann. Egal, wie gut das Leben mit Hund durchgetaktet ist, es kommt irgendwann die eine Situation - und sei es der eine Nachbar, dem Waldi einmal zu oft das mit Nadelstreifen verhüllte Beinkleid angeschleimt hat. Und kaum, dass man sich versieht, wird es holprig mit dem Hund. Waldi ist ein schleimfabrizierender Albtraum, wenngleich auch der schönste Hund der Welt. Hier kommt er nun, der Einstieg in die Welt der Erziehung. Ja, ja, wir müssen ran an den Speck und somit selbstkritisch vorwärts zum Thema »Hundeschule«. Was genau tragen Trainer, Berater, Verhaltenstherapeuten, Coaches - und wie man sie heutzutage noch chic benennen mag - dazu bei, um Mensch und Hund zu unterstützen? Dröseln wir einmal auf, was uns da so einfällt oder vielmehr auffällt.
Vom Verein zur Hundeschule
Da wir oftmals nicht über die Menge Freizeit verfügen, die uns und unserem Hund ausreichend Raum für gemeinsame Aktivitäten gibt, ist Quality-Time ein Muss. Die Antwort auf die Frage: »Und, in welcher Hundeschule bist Du?«, ist mindestens genauso wichtig wie »Mallorca oder Madeira?«
Bevor wir nun tiefer in die unzähligen Anekdoten rund um unsere humanen Erziehungsversuche eintauchen, sollten wir uns zuerst einmal auf die Rolle von Hundeschulen konzentrieren.
Sind Hundetrainer Mitverursacher von handlungsunfähigen Haltern, oder eher die Lösungsfinder für verpasste Chancen?
Früher, als das Wort Hundeschule noch »exotisch« klang und Hundeerziehung im Verein nebenan stattfand, waren wir Hundetrainer froh über jeden Menschen, der mehr von seinem Hund wollte: nicht nur Hundeplatz-Gehorsam und Schema F, sondern einen detaillierten Einblick ins Hundeverhalten. Aussagen wie »Lernen fürs Leben« gehörten höchstens in die Menschenschule, aber sicher nicht auf den Hundeplatz. Prüfungsordnungen wurden stoisch abgearbeitet, die Frage nach dem Sinn wurde nicht gestellt. Chaos im Alltag, aber Zeugnisse im »Sitz, Platz, Fuß« an der Wand, so war es wohl. Heute gibt es diese Fraktion Prüfungsjunkie zwar immer noch, doch der Trend zum Rundum-Sorglos-Hund hat sich durchgesetzt. Sehr erfreulich für die Hunde und auch sicher nicht zum Nachteil der unbehundeten Restgesellschaft.
Heute sind viele Vereine besser aufgestellt als manch eine Hundeschule. Wie die Zeiten sich verändern. Der Vorteil, dass die Freiwilligen ambitionierten Mitgliedern gerne ohne wirtschaftlichen Nutzen Unterricht geben, ist einfach nicht von der Hand zu weisen. Ein passendes Gelände von der Gemeinde für einen gemeinnützigen Verein zu erhalten, ist sicher auch etwas unkomplizierter, als für einen Gewerbetreibenden einen Standort mit Auflagen zu errichten. So können wir Hundehalter heute froh sein, dass es so viele, auch wirklich gute Angebote gibt. Für jedes Portemonnaie scheint etwas dabei zu sein. Wer hätte das vor Jahren ahnen können.
Als Trainer der ersten Stunde beginnen wir langsam mental zur Seite zu rutschen. Runter vom Rasen, rauf auf die Tribüne, mal neutral schauen, was die Hundeschulbewegung in den letzten 25 Jahren so ausgelöst hat. Es war eine Menge Umdenken rund um das Thema »Hundeerziehung« am Start, das ist sicher. Dann lassen wir mal den Blick schweifen.
Die Menschen haben ein Maß an Sensibilität für ihre Hunde bekommen, bei dem es anfängt, schwierig zu werden. Bauchgefühl ist Retro, Wissen und Methode Trend. Und ja, wir Hundetrainer haben einen großen Anteil an dieser »Überfürsorglichkeit«. Wir haben wachgerüttelt, auf Themen hingewiesen, die früher nicht einmal bekannt waren und das war auch wichtig. Tierschutz, Euthanasie und Kastration sind nur einige Punkte, die heute durchaus anders betrachtet werden als noch vor zehn Jahren. Wo wären wir, hätte man nicht begonnen, um die Ecke zu denken? Und ja, es gibt noch immer viel zu tun, aber die Fahrtrichtung hat sich leicht verändert.
Optimierung ist alles
Was hat all unser Zutun eigentlich mit dem Hund gemacht? Wie hat sich das Verhältnis zu unseren Hunden durch »mehr Wissen« verändert? Ist es besser oder schlechter geworden, jetzt wo die Medien voll sind mit »Ich sag Dir, wie Dein Hund sein soll«-Formaten?
Als kleine Randnotiz möchten wir hier noch anmerken, dass man seinen Hund auch glücklich und zufrieden durchs Leben führen kann, ohne das Zutun einer Hundeschule. Du brauchst also kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn Dich jemand fragt: »Und in welche Hundeschule gehst Du?« Und Du...