Schweitzer Fachinformationen
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Nicht einmal um den Heiligen Gral, den Tod von Elvis Presley oder die Mondlandung existieren auch nur annähernd so viele Mythen und Gerüchte wie um das menschliche Körpergewicht. Ernährungsgurus finden fast im Monatsabstand den Stein der Weisen, benennen Diäten nach sich und stellen gleichzeitig klar, dass es sich um gar keine Diät handelt, da Diäten ja ungesund sind.
Sie fühlen sich rundherum wohl, leistungsfähig, fröhlich und genießen heiter und unbeschwert Ihr Dasein? Gegen diese Lebensqualität haben wir ein einfaches Mittel parat: eine Waage und eine Formel für das Idealgewicht.
Diese Sache ist natürlich modischen Strömungen unterworfen. Bei unseren Vorfahren mag ein ordentliches Übergewicht um den Bauch herum noch als ein Zeichen besonderen wirtschaftlichen Erfolges gegolten haben. Schließlich konnte man damit den sichtbaren Beweis zur Schau tragen, die anderen vom Futtertrog weggestoßen und sich selbst Reserven angegessen zu haben. Viel essen zu können galt als Zeichen von Überlegenheit, was natürlich für den Übergewichtigen ideal war.
In den letzten Jahrzehnten hat dieses Idealbild - bildlich gesprochen - zunehmend abgenommen und musste einem anderen Ideal Platz machen, das haarscharf an der Magersucht angesiedelt war: Barbie wurde, trotz unphysiologischer Körpermaße, jene Latte, an der sich die Frauen zu messen versuchten, während die Männer sich abmühten, annähernd wie Ken auszusehen. Tatsächlich hätten die beiden (übrigens nie verheirateten) Modepüppchen ein Idealgewicht - so sie sich gemeinsam auf die Waage stellten.
Die beiden Extreme - wuchtiger Steinzeitmensch und zerbrechliche Plastikfigur - zeigen, dass es nicht weit her ist mit der Beständigkeit des Idealgewichts. Auch wenn man uns weismachen möchte, dass das derzeit Geltende eine immerwährende Weisheit ist.
Knüpfen Sie Ihr Wohlfühlgewicht stets an das aktuell gültige Schönheitsideal.
Schuld an der heute weit verbreiteten Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper ist also nicht zuletzt Barbara Millicent Roberts, auch unter dem Namen Barbie bekannt. Die kleine Puppe ist zwar mit ihren mittlerweile mehr als 55 Jahren wahrscheinlich schon jenseits der Wechseljahre, doch auf dem Plastik finden sich weder Orangenhaut noch Falten. Auch das Modell »Burnout-Barbie mit Hängebrüsten« wird man vergeblich suchen. Eine reale Frau Roberts wäre übrigens kaum lebensfähig: Fast 2,20 Meter müsste sie groß sein. Aufgrund des fehlenden Fettgewebes hätte sie weder Menstruation noch Eisprung, sodass sie sich nicht fortpflanzen könnte, auch wenn sie sich mit Ken zusammen noch so sehr bemüht. Bei den umgerechneten Maßen 99-46-84 wären die inneren Organe zusammengequetscht. Barbie litte unter Fehlstellungen in Knie und Hüfte, Bandscheibenproblemen und hätte ein Überbein dank der High Heels, die sie ständig trägt.
Übrigens hatte Barbie im Jahr 2003 kurz mal zugenommen. Die »Curvy Barbie« erweiterte das Sortiment und sah erstmals ein wenig realistischer aus. Rumpf und Beine waren kürzer, die Hüften breiter. Aber da er sah, dass es für den Umsatz nicht gut war, schuf der Schöpfer Mattel am sechsten Tage aus einem Haufen Plastik wieder eine Barbie nach dem Ebenbilde essgestörter Models. Denn vor die Wahl gestellt, entscheiden sich die jungen Kundinnen immer noch für die klassisch verbaute Barbie im Bikini. Auch wenn Eltern ein wertvolles Ich-bin-ich-Stoffwesen als geschlechtsneutrale Identifikationsfigur bevorzugen: Unsere Kinder machen eh, was sie wollen. Und das ist auch gut so.
Übrigens hat das Magazin »Brigitte« 2010 die Initiative »Ohne Models« ins Leben gerufen, um, wie es hieß, der Schönheit die Natürlichkeit zurückzugeben. So lichtete man eine Zeitlang statt überaus schlanker Models Menschen wie du und ich ab. An sich ein lobenswerter Versuch, der jedoch zum einen vermutlich den Anzeigenkunden sauer aufgestoßen ist, die ihre Produkte nun mal an stereotypische Schönheitsideale geknüpft haben wollten, zum anderen überraschenderweise von der Leserschaft nicht goutiert wurde. Eine Begründung: »Wenn schon die Frau von der Straße auf den Fotos in der >Brigitte< so schön aussieht, bekommt man ja Minderwertigkeitskomplexe.« Wer hätte gedacht, dass die Sache mit den Komplexen derart komplex ist.
Man schätzt, dass bis zu 5 Prozent aller Jugendlichen von einer Essstörung betroffen sind: Magersucht (Anorexie), Bulimie oder Binge-Eating. Das Wort Bulimie klingt blumiger als der deutsche Ausdruck »Ess-Brech-Sucht«, doch wie bei der Magersucht steht auch hier ein verzerrtes Körper-Idealbild Pate und die Überzeugung, diesem Bild nicht zu entsprechen. Und dreimal dürfen Sie raten, was der beste Weg in diese Essstörung ist: Erraten! In 90 Prozent beginnt sie mit einer Diät. Oder auch mit Spielarten davon - auf dem Weg in die Anorexie lässt man mal Kohlenhydrate weg, dann Fette, zu guter Letzt den Rest.
Als Alarmsignale gelten die dauernde Beschäftigung mit dem Essen bzw. eher mit dem Nicht-Essen, das Studieren von Nährwert- und vor allem Kalorientabellen und die Einteilung von Lebensmitteln in »erlaubt« und »verboten«. Das kommt Ihnen bekannt vor? Bei der klassischen Anorexie wird dies ergänzt durch ein massiv verzerrtes Körperbild, sodass sich die - meist weiblichen - Personen selbst bei massivem Untergewicht im Spiegel als zu dick wahrnehmen.
Natürlich spielen eine ganze Reihe von Auslösern eine Rolle, wenn Jugendliche eine Essstörung entwickeln. Die Pubertät gilt schließlich nicht als die allereinfachste Zeit im Leben, der Körper beginnt sich zu verändern, und das nicht immer zur Freude des Körperbesitzers. Hinzu kommen der soziale Druck der Peergroup, aktuelle Schönheitsideale und sicher auch der Versuch, sich von den Eltern loszulösen. Etwa die Verweigerung der elterlichen Verordnung »Wenn du das brav aufisst, scheint morgen die Sonne«.
Die Anorexie als Extremform hat viele derartige Ursachen, gepaart mit hohen Ansprüchen an sich selbst und dem Versuch, Autonomie zu erlangen, indem man das Gefühl hat, Macht und Kontrolle über den eigenen Körper zu haben.
Eine weitere Spielart ist das Binge-Eating, jene Essstörung, die mit Heißhungerattacken ohne Erbrechen einhergeht und damit zwangsläufig zum Übergewicht führt.
Auch wenn Sie weder erbrechen noch von besorgten Ärzten an den Tropf gehängt werden, erkennen Sie wahrscheinlich den einen oder anderen Zug einer Sucht in Ihrem eigenen Essverhalten. Das ist ein guter Anknüpfungspunkt, um genau dort weiterzumachen. Übung macht den Meister und Sie wären nicht die erste Person, die von einer Diät in eine handfeste Essstörung rutscht.
Mehr als die Hälfte der erwachsenen Europäer gilt als übergewichtig. Davon sind etwa 36 Prozent ein bisschen zu dick und rund 16 Prozent zu dick zu dick. Eine ziemlich beunruhigende Zahl abnormaler, kranker, behandlungsbedürftiger und gesellschaftlich bemitleideter Personen also. Sie alle werden Essens-Umschulungs-Programmen unterzogen, müssen sich in Diätcamps und Kuranstalten einfinden oder als Autodidakt durch das Selbststudium von Boulevardzeitschriften zu Diätprofis mutieren, um wieder in den Kreis der gewichtsmäßig unbescholtenen Bürger aufgenommen zu werden. Dass hier möglicherweise eher mit dem Grenzwert etwas nicht ganz stimmt, steht auf einem anderen Blatt (siehe Kapitel »Ideale Rechenbeispiele« >).
Wir haben es die letzten Jahrzehnte immer wieder zu hören bekommen: Essen ist ein Bilanzproblem! Klar, das Ganze lässt sich in Studien wunderbar kontrollieren. Allerdings nur in Extrembereichen! Gibt man einer Gruppe sehr viel zu essen und lässt sie keine Bewegung machen, der anderen Gruppe jedoch eine Menge Auslauf, ohne sie zu füttern, dann macht das schon einen Unterschied. Gibt man jedoch einer Gruppe über ein halbes Jahr 300 Kalorien weniger pro Tag zu essen, so werden einige wenig abnehmen, einige viel, bei einigen wird sich gar nichts tun und einige Unglückliche werden möglicherweise sogar zunehmen. Im Einzelfall stimmen die Bilanzen plötzlich ganz und gar nicht mehr.
Das Bilanzproblem ist ein Denkfehler, der so logisch klingt, dass man ihn gerne glaubt. Und darum hat er sich so lange gehalten.
Bernhard Ludwig
In unseren Erbanlagen ist ziemlich sicher schon ein bestimmtes Gewicht vorgegeben. Wir haben hier einen Setpoint, der ebenso individuell ist wie die Augenfarbe, die Nasenlänge oder der Körpergeruch. All das lässt sich verändern: mit Deodorants, plastischen Chirurgen oder einer permanenten Essstörung.
Denn etwa durch konsequentes Überessen lässt sich dieser Setpoint, der uns eine spargeldünne oder eher kuschelige Ausgangsposition liefert, langsam höher setzen. Jetzt wird dieses neue Gewicht verteidigt.
Einige Male sollten Sie das Hinaufschieben des Setpoints schon schaffen. Und: Dank der Epigenetik (also der Modifikation unseres Erbmaterials durch Umweltfaktoren und eigenes Zutun) können Sie diesen höhergestellten Wert möglicherweise auch an Ihre Nachkommen weitergeben. Mit lieben Grüßen von den Ahnen.
Selbst spektakuläre Sprünge nach oben im Bereich von 5 bis 10 Kilo sind möglich. Erfolgreich werden Sie allerdings nur durch einseitige Diätmaßnahmen, die unserem seit der Steinzeit an sich ziemlich gut funktionierenden Stoffwechsel Defizite und Hungerkatastrophen vorspielen.
Das Gewicht...
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