Schweitzer Fachinformationen
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Rautgundis führte Garibald zum Badehaus und befahl mehreren Mägden, den Zuber zu füllen. »Macht rasch!«, setzte sie hinzu. »Der König wartet nicht gerne. Das gilt auch für dich!« Sie versetzte Garibald einen leichten Klaps und forderte ihn auf, sich auszuziehen.
Garibald hatte seine Pflegemutter noch nie so aufgeregt erlebt wie an diesem Tag. Alles ging ihr zu langsam. Sie schalt die Mägde, die den Zuber füllten, als saumselig und scheuchte ihn in den Bottich, während dieser noch gefüllt wurde. Die Mägde kicherten, und eine machte hinter dem Rücken ihrer Herrin eine anzügliche Geste.
Rautgundis entging das jedoch nicht, und sie fuhr sie an: »Kümmere dich um deine Arbeit! Wenn du genug Wasser herbeigeschafft hast, gehst du zum Vorratshaus und bringst Brot und Schinken zu den Männern des Königs. Sie werden hungrig sein.«
Während die gescholtene Magd nach ihrem Wasserschaff griff und eilig verschwand, schrubbte Rautgundis Garibald wie einen kleinen Jungen ab. Zuletzt löste sie seinen Zopf, wusch ihm die Haare und kämmte sie ausgiebig durch. Dann trocknete sie sie mit einem Tuch und flocht sie wieder.
Danach befahl sie ihm, aus der Wanne zu steigen. Garibald rubbelte sich ab und zog die bereitgelegte Kleidung an. Das Hemd war aus bestem Leinen, Hosen und Tunika aus guter Wolle. Ein breiter Ledergürtel mit silberner Schnalle, wadenhohe Stiefel und ein grauer Filzmantel vervollständigten die Tracht eines fränkischen Edelings, die er an diesem Tag zum ersten Mal tragen durfte.
Rautgundis steckte seinen Haarknoten fest und zupfte noch ein paar Falten zurecht. Dann trat sie ein paar Schritte zurück und musterte ihn. »Nun siehst du so aus, wie es sich für einen Sohn Chlothars und Enkel des großen Chlodwigs gehört. Beeile dich gefälligst! Oder willst du den König noch länger warten lassen?«
»Ich bin schon weg!«, erwiderte Garibald lächelnd.
Am Eingang des Haupthauses hielt einer der Gardisten des Königs ihn auf und reichte ihm ein Schwert, das in einer schmucklosen, aber gut verarbeiteten Scheide steckte. »Der König wünscht, dass du diese Waffe trägst. Es ist eine gute Klinge, die dich in der Schlacht nicht im Stich lassen wird.«
Garibald wunderte sich über die Gabe. Da er jedoch den König nicht warten lassen wollte, legte er rasch den Schwertriemen um und trat ein.
Chlothar war in eine blaue Tunika und einen roten Umhang gekleidet und saß auf dem Ehrenplatz, den sonst Garibalds Ziehvater Heimo einnahm, während dieser zur Linken des Königs hockte und eine Miene zog, als wisse er nicht, ob er sich freuen oder ärgern sollte.
Mit einem zufriedenen Blick musterte Chlothar seinen Sohn. »Du bist groß geworden, seit ich dich das letzte Mal gesehen habe. Das kommt von deiner Mutter, die mir bis an die Nasenwurzel gereicht hat. Meinst du nicht auch, Maurus?« Mit dieser Frage wandte Chlothar sich an einen Mönch, der den Platz rechts von ihm eingenommen hatte.
Dieser hüstelte verlegen. »Ich hatte nicht die Ehre, die Dame Hroswantha kennengelernt zu haben, mein König.«
Chlothar schwelgte lächelnd in Erinnerungen. »Sie war eine wunderschöne Frau! Es ist bedauerlich, dass sie so jung sterben musste. Ich hätte sie sonst doch noch geheiratet. Dann wärst du einer meiner legitimen Söhne, Garibald, mit einem Anrecht auf ein Erbteil. Was meinst du, Maurus? Stell dir diesen jungen Wolf neben Gunthar, Guntchram und Sigibert vor.«
»Ein Wolf unter Wölfen«, erwiderte der Mönch nachdenklich.
Chlothar nahm ihm diese Bemerkung nicht übel, sondern klopfte ihm mit einem schallenden Lachen auf die Schulter. Dann erhob er sich, ging auf Garibald zu und schloss ihn in die Arme. »Mein Sohn Garibald, du weißt gar nicht, wie sehr es mich freut, dich wiederzusehen.« Er sah ihm in die Augen. »Ich hörte, du warst auf der Jagd?«
»Ein Wolf hatte etwas zu viel für unsere Schafe übrig. Das musste ich ihm abgewöhnen.«
»Prächtig!«, rief der König aus. »Du bist nicht nur mutig, sondern auch schlagfertig, Bursche. Hast du übrigens den Bären erlegt, der mir vor zwei Jahren entkommen ist?«
»Im letzten Herbst. Ich hatte im Sommer seine Höhle ausfindig gemacht und dort auf ihn gelauert. Er trug deine Speerspitze noch in der Hüfte.«
»Wenn er diese Verletzung überstanden hat, muss er ein verdammt zäher Bursche gewesen sein. Aber wie kräftig der Bär auch gewesen sein mag - mein Sohn hat ihn erlegt! Komm, Garibald, setz dich her! Ich muss mit dir reden. Heimo, du hast gewiss etwas zu tun.«
Garibalds Ziehvater gefiel es wenig, von dem Gespräch ausgeschlossen zu werden, doch er verließ nach einer knappen Verbeugung die Halle. Der König sandte ihm einen verächtlichen Blick nach und wandte sich Garibald zu. »Ich will nicht, dass jemand hört, was wir drei jetzt besprechen. Es gibt Leute, die alles daransetzen würden, uns Steine in den Weg zu legen. Was weißt du über die Schwierigkeiten, die mir mein Neffe Theudebert bereitet?«
»Ich habe dies oder jenes gehört, weiß aber nicht, worum es im Wesentlichen geht«, antwortete Garibald zögernd.
»Mein Vater Chlodwig einte das Volk der Franken zu einem Reich und teilte dieses später unter meinen Brüdern Theuderich, Childebert und mir auf. Seinem Willen zufolge sollen wir untereinander Frieden halten und gegen jeden Feind zusammenstehen. Ich habe mich daran gehalten und Theuderichs Sohn Theudebert, als dieser seinem Vater nachfolgte, gegen die Thüringer unterstützt. Zum Dank hat er mich um meinen Anteil an der Beute gebracht und giert jetzt nach meinem Land. Um nicht von ihm vernichtet zu werden, muss ich rasch und klug handeln - und du wirst mir dabei eine große Hilfe sein!«, erklärte Chlothar mit einem Lachen, das zu hart klang, um fröhlich zu sein.
»Daher«, fuhr er fast ansatzlos fort, »wirst du als mein Gesandter zu den Goten nach Italien reisen. Sprich mit ihren Edlen, kämpfe an ihrer Seite und gewinne ihr Vertrauen. Vor allem aber halte die Augen offen. Ich muss wissen, ob sich König Totila gegen Ostrom halten kann und sich als möglicher Verbündeter gegen Theudebert eignet.«
Garibald schluckte. »Ich soll nach Italien reisen? Dabei weiß ich nicht einmal .«
Sein Vater unterbrach ihn unwirsch. »Derzeit sind die Goten noch in Kämpfe gegen die Truppen des oströmischen Heermeisters Belisar verwickelt. Wenn es ihnen gelingt, diesen aus Italien zu vertreiben, werden sie sich gegen meinen Neffen Theudebert wenden. Dieser hat Totilas Vorgänger Witigis einiges an Land abgepresst, aber Totila wird nicht auf diese Gebiete verzichten wollen. Immerhin hat er den Gaugrafen Rekkaswinth nach Rätien geschickt, um dort Theudeberts weiterem Vordringen einen Riegel vorzuschieben. Davon hast du gewiss gehört.«
Garibald schüttelte den Kopf. »Nein, das habe ich nicht.«
»Dabei habe ich Heimo befohlen, dass du über alles unterrichtet wirst, was in unserem Reich und darüber hinaus vor sich geht!« Der König klang zornig, beruhigte sich aber rasch. »Gehe nach Italien und versuche, so viel zu erfahren, wie es dir möglich ist. In Rom wirst du dich mit dem griechischen Händler Chrysostes in Verbindung setzen. Er wird dafür sorgen, dass deine Nachrichten in meine Hände gelangen.«
»Wird Rom denn nicht von den Oströmern gehalten?«, fragte Garibald überrascht.
Chlothar lächelte zufrieden. »Ein wenig weißt du also doch über Italien.«
Bislang hatte Maurus dem König das Wort überlassen, nun brach er sein Schweigen. »Wohl hält Ostrom noch die Heilige Stadt des Petrus. Dennoch wird es dir nicht schwerfallen, nach Rom zu gelangen, Garibald.«
»Das ist richtig!«, stimmte Chlothar ihm zu. »Wenn du dich wie ein fränkischer Pilger kleidest, wird kein Oströmer es wagen, dich aufzuhalten. Maurus wird dir später erklären, wie du zu Chrysostes kommst. Ich gebe dir eine kleine Schar Gefährten mit, zu denen der Gallorömer Claudius Fagana gehört. Der Mann kann lesen und schreiben und soll dir beim Abfassen deiner Berichte behilflich sein. Außerdem wird er deine Reisekasse verwalten.«
Chlothar ließ sich von Maurus zwei Becher Wein füllen. Einen reichte er Garibald, den zweiten nahm er selbst und trank seinem Sohn zu. »Auf deinen Erfolg in Italien, mein Sohn!«
Die Miene seines Vaters verriet Garibald deutlich, dass dieser nur eine Antwort hören wollte. »Ich werde alles tun, um dich nicht zu enttäuschen.«
»Das wirst du auch nicht«, antwortete Chlothar lächelnd. »Doch nun hole Heimo und meine Gefolgsleute, damit wir essen können.«
Da hob Maurus hüstelnd die Hand. »Verzeiht, mein König! Wolltet Ihr Garibald nicht auch noch den zweiten Teil Eures Plans mitteilen?«
Chlothar stutzte und nickte dann lachend. »Du hast recht, Maurus! Garibald, weißt du, woher deine Mutter kam?«
»Soviel ich von Rautgundis gehört habe, soll sie eine langobardische oder ostgotische Geisel gewesen sein«, antwortete dieser.
»Das ist falsch!«, belehrte ihn Maurus. »Deine Mutter entstammte dem Volk der Boier, das nördlich des Danuvius an den Grenzen Rätiens lebt.«
»Laut Maurus sollen die Boier ebenso wie er gallischer Herkunft sein«, warf Chlothar mit skeptischer Miene ein.
»In den Annalen steht geschrieben, dass die Boier bereits zu Cäsars Zeiten in jenen Wäldern lebten, in denen sie noch heute zu finden sind«, erwiderte der Mönch in belehrendem Tonfall.
Chlothar machte eine wegwerfende Handbewegung. »Für...
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