Schweitzer Fachinformationen
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Erster Teil
Klara sah ihre Freundin Martha erfreut, aber auch mit leichtem Zweifel an. »Stimmt es wirklich?«, fragte sie. »Bist du tatsächlich guter Hoffnung?«
»Die Hebamme behauptet es. Mein Mond ist schon drei Mal ausgeblieben, und so alt, in die Wechseljahre zu kommen, bin ich nun doch noch nicht«, antwortete Martha burschikos.
»Natürlich nicht. Du bist jung genug, um noch ein Dutzend Kinder zu bekommen.« Klara zog sie an sich und umarmte sie. »Ich freue mich so für dich.«
»Ich bin auch froh, denn es zeigt, dass ich kein dürrer Weidenbaum bin, wie die Verwandten meines ersten Mannes immer behauptet haben.«
Nun klang Martha bissig, denn die beiden Vettern und die Base ihres ermordeten Ehemanns hatten alles getan, um ihr möglichst wenig für das Land, das mit ihrem Geld gekauft worden war, zahlen zu müssen. Es hatte eines länger als zwei Jahre dauernden Gerichtsprozesses bedurft, um die unberechtigten Forderungen der Kircher-Verwandtschaft abzuwehren.
»Ohne dich, deinen Mann Tobias und meinen Rumold wäre es diesem Gesindel gelungen, mich um alles zu bringen und aus dem Land verweisen zu lassen«, setzte Martha leise hinzu.
Klara gab ihrer Freundin einen leichten Nasenstüber. »Du sollst nicht an schlechte Dinge denken, sondern an das Leben, das in dir wächst.«
»Das tu ich ja auch. Und ich freue mich so sehr!«, erwiderte Martha in einem Tonfall, der nicht so recht zu diesen Worten passte. Sie fasste Klaras Hand. »Was, meinst du, wird Tobias dazu sagen, wenn er, der doch vor kurzem die dreißig überschritten hat, noch einmal ein Brüderchen oder ein Schwesterchen bekommt?«
Klara lachte hellauf. »Wenn das deine einzige Sorge ist, kann ich dich beruhigen. Freuen wird er sich, denn er hat sich immer ein Geschwisterchen gewünscht, doch Gott hat dies seinem Vater und seiner Mutter verwehrt.«
Ihre Worte waren nicht geeignet, die Schwangere zu beruhigen. Magdalena Just war bereits vor geraumer Zeit verstorben, und Rumold Just hatte sie erst Jahre später zur zweiten Frau genommen. Doch Magdalenas Verwandte hetzten gegen sie, und sie fühlte sich in diesem wohlhabenden Haushalt immer noch beklommen. Sie hatte sogar zu kämpfen, um nicht unter die Fuchtel ihres Hausmädchens zu geraten.
»Ich weiß nicht so recht .«, begann sie, wurde aber von Klara unterbrochen.
»Lass dir dein Herz doch nicht schwer werden! Dich hat nur eine Laune befallen, wie schwangere Frauen sie gelegentlich überkommt. Ich war während meiner drei Schwangerschaften auch immer wieder den Tränen nahe und musste mir hinterher sagen, dass es nur eine Grille war, die ich besser hätte verscheuchen sollen.«
»Ich bin so froh, dich zu haben!«, rief Martha seufzend und ließ Klaras Hand los, um ihre Hände gegen die eigene Brust zu pressen. »Es ist mein erstes Kind, und ich weiß nicht, was ich damit machen soll.«
Es klang so drollig, dass Klara erneut auflachte. »Erst einmal lässt du es in deinem Bauch, bis es beschließt, herauszukommen.«
Nun musste auch Martha lachen, schüttelte dann aber den Kopf. »Dir kann wohl nichts die Laune verderben?«
»Oh doch, da gibt es schon so einiges«, antwortete Klara mit einem Blick auf das Rathaus, das durch eine Lücke der gegenüberliegenden Häuserreihen zu sehen war.
»Was meinst du?«, wollte Martha wissen.
»Als unsere Buckelapotheker heute Morgen ihre Pässe abholen wollten, hieß es, die Stempelsteuer dafür sei erhöht worden, und da sie sich weigerten, den Aufpreis zu zahlen, wurden sie wieder nach Hause geschickt. Jetzt bin ich auf dem Weg zu Frahm, um ihm die Leviten zu lesen!« Trotz ihrer kämpferischen Bemerkung klang Klara nicht gerade zuversichtlich. »Es ist eine Schande, wie Fürst Friedrich Anton immer wieder die Steuern und Abgaben erhöhen lässt. Selbst wir spüren es in unserem Beutel, obwohl wir hart arbeiten und wirklich gut verdienen«, setzte sie erregt hinzu.
Martha nickte bedrückt. »Rumold schimpft auch darüber, wenn auch nur im stillen Kämmerlein. Er sagte, die Beamten in Rudolstadt hätten ihre Zuträger, die ihre Nachbarn denun. denun.«
»Denunzieren«, half Klara ihr aus.
»Ja, ich glaube, so heißt es«, erklärte Martha. »Rumold sagt, er würde diesen Leuten gerne einmal in der Nacht begegnen, aber mit einem Knüppel in der Hand.«
»Das sollte er nicht zu laut sagen«, warnte Klara ihre Freundin.
Tatsächlich presste der Fürst seine Untertanen für seine stattliche Hofhaltung aus, und doch gab es immer noch Menschen, die dies nicht nur hinnahmen, sondern ihre Nachbarn, die darüber schimpften, sogar an die Behörden verrieten. Wer einmal ins Visier der Hofschranzen und ihrer Kreaturen geraten war, wurde seines Lebens nicht mehr froh. Doch auch das durfte man nicht offen sagen, denn die Herrschaften waren rasch dabei, jemanden einzusperren und nur gegen die Bezahlung einer saftigen Geldstrafe wieder freizulassen.
»Ich muss jetzt weiter zu Frahm, komme jedoch später noch mal bei euch vorbei, dann können wir in Ruhe darüber reden.«
Klara umarmte Martha noch einmal und setzte ihren Weg fort. Dieser führte nicht direkt zum Rathaus, sondern zu einem Gebäude dahinter. Als sie darauf zuging, sah sie mehrere Buckelapotheker vor der Tür stehen, die für andere Laboranten auf die Reise gingen. Die Männer waren aufgebracht und schimpften. Einer drohte in Richtung des Gebäudes mit der Faust.
»Sollen wir uns alles gefallen lassen?«, fragte er zornig. »Schon im letzten Jahr mussten wir für unsere Pässe mehr bezahlen als im Jahr zuvor, und jetzt will der Fürst noch mehr haben. Wo sollen wir es denn hernehmen? Uns etwa aus den Rippen schneiden? Der Verdienst wird nicht größer, und unsere Familien wollen auch leben!«
»Jetzt beruhige dich, Zacharias!«, mahnte ihn ein Zweiter. »Wir können doch nichts machen. Wenn wir die Stempelsteuer nicht bezahlen, bekommen wir keine Pässe und können nicht auf unsere Strecken gehen. Dann haben wir gar nichts mehr!«
Ein weiterer Buckelapotheker schüttelte den Kopf. »Das mag schon sein, dennoch finde ich, Zacharias hat recht. Warum sollen ausgerechnet wir bluten, nur damit die Herrschaften in Rudolstadt es sich noch besser gehen lassen können?«
»Leut, das ist Aufruhr!«, rief jener Buckelapotheker, der zur Ruhe aufgerufen hatte. »Seine Gnaden, Friedrich Anton, ist nun einmal unser Fürst, und wir sind seine Untertanen. Das heißt, er befiehlt, und wir tun, was er sagt.«
»Das ist feige!«, schnauzte Zacharias ihn an. »Der Fürst kann nicht alles machen, was er will. Wir haben auch Rechte, die es zu verteidigen gilt.«
»Wenn du im Karzer sitzt, kannst du diese Rechte ja einfordern«, höhnte der andere.
»Du, wenn du meinst, dann .« Zacharias kam auf den Mann zu und packte ihn bei den Schultern.
Eine Rauferei war das Letzte, in das Klara hineingeraten wollte. Sie drückte sich daher an den streitenden Männern vorbei und betrat das Gebäude, in dem die Pässe für die Buckelapotheker ausgegeben wurden.
Brüser, der Amtsdiener, sah sie hereinkommen, blieb aber sitzen, ohne sie nach ihrem Begehr zu fragen. Dabei wusste sie nur zu gut, dass er alles, was er in der Stadt aufschnappte, an seinen Vorgesetzten Frahm weitertrug.
Elender Speichellecker, dachte sie, während sie auf die Tür der Amtsstube zutrat.
»Du kannst nicht einfach in Herrn Assessor Frahms Zimmer hineinplatzen, sondern musst dich anmelden lassen«, rief der Amtsdiener empört.
»Und warum sitzt du dann noch auf deinem Stuhl? Schließlich ist das deine Aufgabe!«
Brüser hob mahnend den rechten Zeigefinger. »Das heißt Euren Stuhl und Eure Aufgabe! Immerhin bin ich ein Beamter Seiner Gnaden, des Fürsten, und du hast mich ehrerbietig anzusprechen.«
Klara warf ihm einen empörten Blick zu. Im Grunde war der Amtsdiener nicht mehr als ein Knecht, der rennen musste, wenn sein Vorgesetzter es so wollte. Brüser hatte im Winter Holz in den Öfen nachzulegen, wurde geschickt, um vom Wirt Bier zu holen, damit die Beamten ihren Durst löschen konnten, und verdiente dabei weniger als die meisten Buckelapotheker. Nur Bauernknechte wurden noch kärglicher entlohnt, es sei denn, sie waren für die Pferde verantwortlich.
»Hast du nicht gehört, was ich gesagt habe?«, fragte Brüser scharf, als Klara erneut auf die Tür zutrat, hinter der die Amtsstube Waldemar Frahms lag.
»Doch, Euer Gnaden, und nun meldet mich endlich an! Sonst platze ich direkt in die Kammer des hohen Herrn.«
Es lag genug Spott in Klaras Stimme, dass Brüser ihn auch wahrnahm. Auch deswegen wollte er die Laborantenfrau noch länger warten lassen. Doch dann fiel sein Blick durch das Fenster auf die wütenden Buckelapotheker, die noch immer draußen standen. Es würde Klara Just nur einen Ruf kosten, und die Kerle kämen herein. Der Erste, an dem sie ihren Ärger auslassen würden, war er, während Frahm und die anderen Beamten in ihren Stuben mit den festen Türen bleiben und diese versperren konnten.
»Einmal wirst du an den Falschen geraten!«, drohte er Klara, erhob sich schwerfällig und klopfte an die Tür des für die Pässe der Buckelapotheker zuständigen Assessors Frahm.
»Herein!«, klang es schneidig zurück.
Brüser öffnete die Tür einen Spalt weit und steckte den Kopf hinein. »Klara Just, Weib des Tobias Just, wünscht Euch zu sprechen, Herr Assessor.«
Klara spürte förmlich den Schleim, der dem Amtsdiener nun von den Lippen troff. Mit einer verächtlichen Geste schob sie ihn beiseite und trat ein.
Der Mann hinter dem großen Schreibtisch war noch jung und hatte ihres Wissens diesen Posten nur aufgrund der Protektion...
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