Schweitzer Fachinformationen
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Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.
Die Beratungspraxis ist durch ein vielfältiges, sich zunehmend ausdifferenzierendes und in Folge unübersichtlicher werdendes Dienstleistungsangebot gekennzeichnet. Ebenso wie in nahezu allen Bereichen der Gesellschaft ist auch der Differenzierungsdruck in der Beraterbranche dauerhaft intensiv. Und entsprechend der gesamten Beratungszene präsentiert sich auch der Markt für Organisationsberatung als zunehmend heterogen und umfasst unterschiedlichste Themen, Inhalte und Schwerpunkte sowie divergente Vorgehensweisen der Beratenden - z.B. hinsichtlich der zum Einsatz kommenden Analyse- und Interventionsmethoden sowie der von ihnen im Beratungsprozess eingenommenen Beraterrollen (242, S. 68; 206, S. 181; 70, S. 160 u. 209; 19, S. 22).
Die von den Beratungsunternehmen angebotenen Dienstleistungen und die von ihnen in der Regel zeitlich begrenzt übernommenen Aufgaben sind daher ebenso umfassend und komplex wie die in der Organisations- und Managementpraxis erwarteten, befürchteten oder wahrgenommenen Probleme. In Abhängigkeit von historisch unterschiedlichen Problemsituationen und/oder Management- bzw. Organisationsmoden - so beispielsweise die Debatten um Lean Production, Business Process Reengineering oder aktuell um resiliente und/oder agile Organisationen - haben sich wechselnde Nachfrageakzente gebildet, die die Beratungsinhalte ebenso wie die Vorgehensweise(n) der Berater - mithin die Ausgestaltung eines Beratungsprozesses - maßgeblich beeinflussen. Rückblickend verlief die Entwicklung - sehr verkürzt zusammengefasst - von stärker technisch und ingenieurwissenschaftlich orientierten, in der Tradition des Scientific Management stehenden Ansätzen der Produktions- und Betriebsberatung über betriebswirtschaftliche Beratungen bei Umsatz- und Ertrags-, Finanzierungs- und Bilanzierungsproblemen bis zu - damit eng verknüpften - Fragen der Beschaffung, des Absatzes und des Personals. Aktuell liegen die Beratungsschwerpunkte - in übereinstimmender Einschätzung von Beratern und Klienten - bei der ganzheitlichen Führungs- und (Re-) Organisationsberatung (Strategie- und Kulturberatung, Organisationsentwicklung, Netzwerkberatung) sowie - vor dem Hintergrund der aktuell stattfindenden 4. Industriellen Revolution - im Bereich der Digitalisierung und des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz (38, S. 46; 133, 0510 S. 2; 206, S. 182f.; 269, S. 15f.). Hinter dieser unübersichtlichen Vielfalt der vorhandenen Angebote an Beratungsdienstleistungen steht zudem das zusätzlich verunsichernde, ebenfalls sehr unterschiedliche und mehr oder weniger verlässliche, vertrauenswürdige, methodisch angeleitete, theoretisch abgesicherte, praktisch erprobte und schwer zu beurteilende - Vorgehen der ratgebenden Personen im konkreten Einzelfall. Die hier angedeutete Variationsbreite und die damit einhergehende Komplexität des Beratungsangebots wie auch diejenige der konkreten Vorgehensweisen im Beratungsprozess führt zu erheblichen Unwägbarkeiten bei ratsuchenden Klienten und wird immer wieder ebenso treffend wie hilflos beklagt.
Einfalt in der Vielfalt Im Gegensatz zu der - aufgrund der vorhandenen Angebotsvielfalt erwartbaren - Pluralität und kundenbezogenen Individualität von Beratungsprozessen sowie im Widerspruch zu der hier vorherrschenden "Rhetorik des Neuen" (348, S. 5) und den immer wieder betonten Verlautbarungen der Beratenden, dass sie als Geburtshelfer und Begleiter beim Erkennen und Umsetzen von (organisationalen) Innovationen agieren, ist die Beratungspraxis eher durch einen Konservatismus gekennzeichnet, der oftmals - trotz gegenteiliger Bekundungen und durchaus mit guten Gründen - an etablierten Ideen, bewährten Konzepten und routinisierten Vorgehensweisen des (Re-) Organisierens festhält.1 Die Beratungsprojekte und die hierbei von den Beratern eingesetzten Analyse- und Interventionsmethoden zielen oftmals mehr auf eine gewollte Bewahrung und Konservierung bestehender Organisationsroutinen, Sichtweisen, Leitbilder und (Macht-) Verhältnisse als auf grundlegende organisatorische Erneuerungsprozesse (289, S. 19). Viele der angebotenen Beratungsleistungen sind daher nur bei einer flüchtigen Betrachtung und in der Rhetorik der Berater vielfältig und innovativ. Denn selten soll in Beratungsprojekten die theoretisch mögliche Variationsbreite, Flexibilität und Kreativität externer Beratung praktisch realisiert bzw. ausgereizt werden. Zwar existieren am Beratungsmarkt fundamental unterschiedliche Ansätze, die - wie wir noch genauer sehen werden - auf unterschiedlichen Leitbildern, Metaphern sowie Theorien der Organisation bzw. des (Re-) Organisierens aufbauen, aber diese können sich - schaut man genauer - in der (Beratungs-) Praxis nach wie vor nicht gleichberechtigt durchsetzen. Nach einer Einschätzung von Staehle (289, S. 4) beruhten zum damaligen Zeitpunkt etwa 95% aller Beratungsaufträge und -projekte auf einem eher konservativ-traditionellen Beratungsansatz.2
Vergleichbar und immer noch zutreffend äußern sich Ibielski/Küster/Sebode (133, 0510, S. 2; 1300, S. 2) in dem von ihnen herausgegebenen Handbuch zur Unternehmensberatung: "Bei einer Analyse verschiedener Erhebungsergebnisse überrascht jedoch die Tendenz, dass sich die Praxis überwiegend in herkömmlichen Problemkategorien beraten lässt [...]". Die Ratsuchenden "sind nicht nur in konventionellen Grenzen gefangen, ihnen fehlen Orientierungshilfen anhand externer Daten, die mutige Entscheidungen zur Neuordnung dessen auslösen, was wirklich zur Zukunftssicherung unabdingbar ist. [...] In vielfacher Hinsicht äußert sich das Beratungsangebot in ähnlich konservativer Weise. Und dort, wo ein revolutionärer Berater auftritt [...] erleidet dieser Schiffbruch, weil seine Management-Philosophien zu hochgestochen sind. Die Modelle [...] finden [...] nicht den tragfähigen Ansatz zur Umsetzung und Anwendung im praktischen Geschehen." Und ebenso betonen Gabele/Hirsch (86, S. 494) in ihrer empirischen Untersuchung zur Qualität betriebswirtschaftlicher Beratungsleistungen, dass es nur einem guten Berater gelingt "aus traditionellen betriebswirtschaftlich und/oder praktischen Denkschemen herauszutreten bzw. sich von diesen zu lösen". Daher plädieren sie für die - auch gegenwärtig noch nicht realisierten - Einführung einer Weiterbildungspflicht für Berater, die diesen die Teilnahme an entsprechenden Schulungsmaßnahmen auferlegt und ihnen "Basiswissen neuesten Stands vermittelt" (86, S. 497).
Diese Qualifizierungsoffensive wird vermutlich in der Erwartung eingefordert, dass die Berater - wenn sie erst einmal mit dem aktuellen, notwendigen und richtigen Wissen ausgestattet sind - problemlos als externe Innovatoren in Organisationen tätig werden können. Dabei unterliegen die Qualifizierungsbefürworter aber gelegentlich der Fehleinschätzung, die Gründe für den Konservatismus der Beratung überwiegend in der Person des Beraters, das heißt in seinem mangelhaften Ausbildungsstand und/oder seinen veralteten Analyse- und Interventionsmethoden zu verorten. So vernachlässigen sie bei ihrer Einschätzung den oftmals konservierenden Einfluss des Handlungs- und Beratungskontextes, das Beharrungsvermögen organisationaler Routinen bzw. den strukturell bedingten Konservatismus von Organisationen. Sie übersehen zudem die Bedeutung der eher bremsenden machtdurch-tränkten Interaktionen zwischen den Organisationsmitgliedern einerseits, zwischen Beratern und Klienten andererseits. Diese aber müssen bei einer genaueren Untersuchung der Ursachen dieses Konservatismus berücksichtigt werden und lassen dann einseitig personifizierende Zuschreibungen als unzureichend deutlich werden. Grundsätzlich sind Organisationen, ist organisationale (soziale!) Wirklichkeit fast immer widerständig, lastend und bedrängend. Diese "ist träge auch dort, wo sie begrifflich verfasst ist - und wir haben mit ihr [auch bzw. gerade in Organisationen, A.L.] nicht nur in ihrer begrifflichen Verfasstheit zu tun" (29, S. 34).
Mit Blick auf das ratsuchende Management stellen Ortmann et al. (227, S. 455) als ein Ergebnis ihrer mikropolitischen Analysen zur Einführung und Nutzung computergestützter Informations- und Planungssysteme fest: "Es zeigt sich nämlich, dass der Innovationsbereitschaft des oberen Managements auf technologischem Gebiet ein ausgeprägter Konservatismus bei der Umsetzung organisatorischer Innovationen gegenübersteht. Reorganisationen im Bereich der Arbeitsabläufe oder gar der Abteilungs- und Hierarchiestrukturen werden eher gemieden als gesucht und gefördert."3
Verständlicher wird dieser Widerspruch zwischen dem oft und lautstark kommunizierten Anspruch der Beratung und der tatsächlichen Beratungspraxis dann, wenn man die Einschätzung der Ratsuchenden, was Unternehmensberatung für sie ist bzw. sein sollte sowie ihre Erwartungen an Berater und...
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