Schweitzer Fachinformationen
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Etwas stimmte nicht. Das Ding war entweder zu lang oder zu . breit. Remi Drysdale legte den Kopf schief und blickte skeptisch. »Ich glaube, es geht nicht.«
»Das sagen alle.« Der Mann schenkte ihr ein strahlendes Lächeln, das durch seinen Zweitagebart noch attraktiver wirkte.
Remi verdrehte die Augen. Sie wusste ja, dass dreiste Typen gerne angaben. Aber eines hatte sie beim Online-Dating dazugelernt: Männer neigten generell dazu, sich selbst stark zu überschätzen.
Als sie sich wenig beeindruckt zeigte, fügte er hinzu: »Es wird gehen. Ganz bestimmt.«
»Hm, ich weiß nicht recht.« Sie beugte sich vor und verengte die Lider. »Ich nehme an, es ist nicht das erste Mal?«
Er hörte auf zu lächeln. »Natürlich nicht.« Plötzlich wirkte er nicht mehr ganz so selbstsicher.
Remi trat auf ihn zu und berührte seinen Arm, dabei lächelte sie zuckersüß, damit er nicht etwa auf den Gedanken kam, einen Rückzieher zu machen. »Nicht, dass etwas kaputtgeht. Einfach . vorsichtig vorgehen. Immer schön langsam, okay?«
»Alles klar. Das wird schon hinhauen, wie ein Finger im Handschuh.«
»Wenn Sie meinen.«
Sie trat zurück, als der Mann und sein Partner die lange Holzstange durch das Ballettstudio trugen und in den glänzend polierten Halterungen befestigten, die sie kurz zuvor montiert hatten. Die Ballettstange passte . haargenau. Das abgerundete Ende stieß fast an die Wand, und Remis Chefin hatte ausdrücklich darauf bestanden, dass die frischgestrichenen Wände des Studios auf keinen Fall einen Kratzer abbekommen durften.
»Sehen Sie.« Der Mann zwinkerte ihr zu. »Hab ich's doch gesagt.«
»Es war ganz schön knapp.« Sie inspizierte die Stange und strich mit der Hand über die glatte, polierte Oberfläche. »Aber ich gebe zu, Sie hatten recht.«
»Wir bringen jetzt die andere rein, zusammen mit den Beweglichen«, erklärte er. »Und dann brauche ich eine Unterschrift. Wenn Ihre Chefin nicht da ist, von Ihnen. Ich muss danach noch etwas ausliefern.«
Remi nickte. »Ich rufe sie noch mal an.«
Sie wartete, bis die Männer draußen waren, bevor sie sich gestattete, breit zu grinsen. Sie drückte ihre Freude aus, indem sie eine Pirouette drehte, bei der die Gummisohlen ihrer Sneakers auf dem glatten Boden quietschten.
Das Studio war einfach perfekt. Die Räume hatten früher eine Buchhaltungsfirma beherbergt und waren so heruntergekommen gewesen, dass sie als Kulisse für einen Endzeit-Zombie-Film getaugt hätten. Aber Remis Chefin Mish hatte Fenster und Böden erneuern, die Wände streichen und an zwei Seiten - hinter der Ballettstange und an der Frontseite, wo die Kursleiterin stehen würde - deckenhohe Spiegel installieren lassen. Die Spiegel ließen den Raum riesengroß wirken und sorgten für eine helle, luftige Atmosphäre.
Das Beste war, dass das Studio nur zehn Gehminuten von Remis Apartment in Park Slope entfernt lag, und das bedeutete, sich nie mehr in der Morgendämmerung aus dem Bett quälen und quer durch Manhattan zur Upper East Side schleppen zu müssen.
Remi holte ihr Handy aus der Tasche und wischte mit dem Daumen über das Display. Sie wollte gerade auf die »Anrufen«-Taste tippen, als Mish hereinstürmte.
»Tut mir leid, tut mir leid, tut mir leid!«
Remi lachte. »Ich weiß ja, du bist Kanadierin, aber drei Entschuldigungen sind ein bisschen viel. Sogar für dich.«
»Klappe, Aussie.« Mish zog ein Haargummi von ihrem Handgelenk und versuchte, ihre wilde blonde Mähne in einem Pferdeschwanz zu bändigen. »Das sieht ja toll aus hier.«
»Ja, das tut es. Die Männer bringen jetzt noch die zweite Stange herein, die beweglichen Ballettstangen haben sie auch dabei. Wo wolltest du die haben?«
»Wahrscheinlich im Abstellraum. Bevor wir öffnen, weiß ich ja nicht, wie voll die Kurse sein werden. Vielleicht brauchen wir die erst, wenn das Geschäft richtig anzieht.«
Mish hatte ihr erstes winziges Studio unter dem Namen Allongé Barre Fitness an der Upper East Side eröffnet. Als Remi vor vier Jahren dort angefangen hatte zu arbeiten, hatte sie nur zwei Kurse pro Woche zu unterrichten gehabt. Aber im Lauf der Jahre hatten sie und Mish sich angefreundet und Remis Stundenplan war immer umfangreicher geworden. Jetzt war Mish dabei, ihr drittes Studio zu eröffnen - das erste in Brooklyn - und Remi sollte hier die Hauptkursleiterin werden.
Eine kleine Stimme in ihrem Hinterkopf hörte nicht auf zu nerven, wie ein winziger Nadelstich. Nicht stark genug, um wirklich schmerzhaft zu sein, aber nichtsdestotrotz spürbar. Es ist nicht das, was du eigentlich tun solltest.
Remi verscheuchte den Gedanken, schlang die Arme um Mish und drückte sie fest an sich. »Ich kann es noch nicht fassen, dass du Studio Nummer drei eröffnest. Ich bin ja so stolz auf dich.«
»Das könnte ich nicht ohne dich«, erwiderte Mish. »Im Ernst. Man hat es nicht leicht als kleines Unternehmen. Es gibt mir so viel Sicherheit, zu wissen, dass du zu mir stehst.«
»Immer. Das hier wird ein großer Erfolg, das weiß ich.«
Die Männer kehrten mit der zweiten Ballettstange zurück und befestigten sie etwa dreißig Zentimeter unterhalb der ersten. Remi stellte sich ihre kleinen Schützlinge vor - die Eltern-Kind-Kurse mochte sie am liebsten. Sie sah zu gerne das Staunen und die großen Augen der Kinder, wenn sie etwas Neues lernten; die Art, wie sie etwas in Angriff nahmen, ohne Angst vor Blamage oder Versagen zu haben wie die Älteren.
Nein, das hier war nicht wirklich Ballett. Aber vielleicht war es ja genau deshalb das Richtige für sie.
»Die Stellage für die Handgewichte stellen wir dorthin.« Mish deutete zur hinteren Ecke des Studios. »Und die Yogamatten können zusammengerollt in Container gesteckt werden. Wenn man sie einfach nur aufeinanderstapelt, werden sie mit der Zeit schmuddelig.«
»Stimmt.«
Mish ging zu den Lieferanten und entschuldigte sich für ihre Verspätung. Sie dirigierte sie hinaus in den Empfangsbereich und Remi blieb allein.
Dieser Trainingsraum war genau das, wovon sie schon als junges Mädchen geträumt hatte - hell und geräumig, mit einer langen Stange. Ein Raum voller Möglichkeiten. Mit einem Boden, der nur auf ihr Frappé zu warten schien, auf das anmutige Sssst, wenn ihre Zehen sich zu einem Grand Battement vom Boden erhoben. Die geräuschlose Landung in einem perfekten Pas de Chat. Und dann waren da die Spiegel, die das alles bewundern würden. Um Remis Enthusiasmus und Kreativität und das Glücksgefühl, das sie empfand, wenn der Luftzug ihren Pferdeschwanz wippen ließ - sodass sogar das Haarband ein wenig verrutschte - während sie sich drehte und drehte, in sich aufzunehmen.
»Remi?«
Sie zuckte zusammen, als Mishs Stimme sie aus ihren Gedanken herausriss. »Alles fertig?«
»Ja.« Mish lächelte bedauernd. »Vielen Dank, dass du in letzter Minute gekommen bist, um die Lieferung in Empfang zu nehmen. Das war die Rettung.«
»Kein Problem.« Remi schob den Schulterriemen ihrer Tasche ein Stück höher. »Hoffentlich hat das Kätzchen jetzt keine Magenprobleme mehr.«
»Wer weiß. Das hat man wohl davon, wenn man Streuner bei sich aufnimmt, oder?« Mish schüttelte den Kopf. »Wir haben heute noch einen Termin beim Tierarzt, dann wird es richtig untersucht.«
»Du hast so ein gutes Herz.«
»Aber nicht für meinen Teppichboden.«
Remi lachte und sah auf ihre Armbanduhr. »Ich muss los. Ich habe Darcy versprochen, mich heute Nachmittag mit ihr auf einen Kaffee zu treffen und ich möchte zu Fuß gehen, so schön wie das Wetter heute ist.«
»Nur zu.« Mish wedelte mit der Hand, wie um sie zu verscheuchen. »Ich rufe dich morgen an, dann können wir den Stundenplan besprechen.«
Remi winkte im Hinausgehen. Es war ein perfekter Frühherbsttag - sonnig und mild, aber auch schon ein klein wenig frisch - vielleicht schon kühl genug für eine Jacke. Nach dem langen, schwülen Sommer sehnte sich Remi nach dieser Art von Klima. Ganz zu schweigen davon, dass der Herbst in New York immer schön war - mit den vielen goldenen Braun- und satten Rottönen. Das gab es in Australien so gut wie nicht. Dort waren zu viele immergrüne Pflanzen heimisch.
»Apropos Australien«, murmelte sie, als sie in die Flatbush Avenue einbog. Demnächst war wieder ein Skype-Gespräch mit ihren Eltern angesagt. Diese würden bald aus ihrem »Urlaub« zurückkehren. Für die meisten Paare in ihrem Alter bedeutete ein Entspannungsurlaub wahrscheinlich so etwas wie eine Kreuzfahrt oder einen Hotelaufenthalt. Oder eine Sightseeing-Reise durch ein fremdes Land. Oder wenigstens eine Tour mit dem Wohnwagen beziehungsweise- wie zum Teufel nannte man das hier . Winnebago? Wohnmobil?
Wie auch immer, ihre Eltern waren nicht wie die meisten Paare in ihrem Alter. O nein. Für Opal und Dan...
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