Schweitzer Fachinformationen
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Wenn du heute jemanden fragst, der mich aus meiner Teenagerzeit kennt, wirst du ganz unterschiedliche Einschätzungen über mich hören. In meinem inneren Kreis war ich selbstbewusst und frech. Dort fühlte ich mich sicher. Ich war der Klassenclown, der Punk mit bunten Haaren, schwarzen Klamotten und Nietengürtel. Während des Unterrichts hatte ich demonstrativ meine Füße auf dem Tisch, las Zeitung oder strickte. Auf der Schulfahrt nach Berlin liefen wir abends in Unterwäsche durch den Brunnen vorm Kanzleramt (da wir auf einem christlichen Gymnasium waren, wurde die Fahrt von Nonnen begleitet, die uns ziemlich durchnässt in der Unterkunft antrafen). Was haben wir uns mit 13 oder 14 cool gefühlt.
Gleichzeitig war ich das Mädchen, das stundenlang bei melancholischer Musik geheult hat. Jeder negative Kommentar über mich blieb an mir kleben wie Kaugummi an einem Turnschuh. Da konnte meine Mutter noch so stolz sein und mich bestärken, mein negatives Selbstbild lies nichts anderes zu. In Situationen mit fremden Menschen brachte ich kaum ein Wort heraus. Noch in der Uni konnte man mit mir kaum ein anständiges Gespräch führen, da ich nur mit knappen Sätzen antwortete, um dann auf die nächste Frage zu warten. Ich war einfach überzeugt, dass sich niemand für etwas aus meinem Mund interessieren würde.
Selbstverständlich fand ich mich auch zu dick und nicht attraktiv genug. Irgendjemand hatte mir ja einmal gesagt, dass irgendein Teenieschwarm Mädchen XY toller fand als mich, weil sie schlanker war und ich immer moppelig in meinen T-Shirts rumrennen würde. Das hat gesessen. Natürlich habe ich den Spott abgeschüttelt und bin erhobenen Hauptes voller Stolz weitergegangen und habe mir selbstbewusst gedacht, »der wird schon noch sehen, was er verpasst hat«. Quatsch. Natürlich habe ich das nicht gedacht. Ich war überzeugt, dass das meine Schuld sei - und das nicht nur in dieser, sondern in allen folgenden Situationen, bis in meine Zwanziger. Jede Zurückweisung konnte nur damit zusammenhängen, dass ich falsch war. Wenn ich endlich schlank, schön, interessant und perfekt werden würde, dann würde mein Leben endlich so sein, wie ich es mir erträumte. Ist doch logisch. Oder?
Daraufhin suchte ich mein Glück in 800-kcal-Diäten, die ich natürlich nie durchhielt. Brav aß ich meinen Hüttenkäse und meine Reiswaffel, um der Perfektion und meinem Wunschleben ein bisschen näher zu kommen. Das drastische Kaloriendefizit senkte mein Selbstbewusstsein weiter. Umso sicherer war ich mir, dass ich es nur wert bin, geliebt zu werden, wenn einfach alles an mir perfekt war.
Glücklicherweise hielt ich Hunger nie lange aus und aß abends Bananenquark, Sandwiches und Schokolade. Damit schluckte ich den Frust darüber herunter, dass ich schon wieder meinen Ansprüchen nicht genügte. Meine gesamte Jugend hatte ich dasselbe Gewicht (2 kg hin oder her) und rückblickend war ich schlank und sportlich. Aber ich schaffte es, mir das Leben so richtig zu vermiesen und viel zu viel Zeit mit negativen Selbstgesprächen in meinem Kopf zu verbringen.
Fast jedes junge Mädchen hat solche Unsicherheiten und nicht wenige nehmen sie noch weit in das Erwachsenenalter mit. Man kann das als ganz normale »Teenieprobleme« abstempeln, wenn uns dieser negative Blick auf uns selbst nicht so sehr einschränken würde. Ein geringes Selbstwertgefühl zieht reelle Nachteile im Beruf und Privatleben nach sich und kann langfristig krank machen.
Das Leben mit ständigen Selbstzweifeln habe ich noch gut in Erinnerung und nun kann ich einen direkten Vergleich zu einem selbstbestimmten und selbstbewussten Leben ziehen. Ersteres fühlt sich an wie eine Fahrt mit angezogener Handbremse. Du kommst nicht wirklich voran, der Weg ist beschwerlich und mühsam. Immer wieder musst du pausieren, weil etwas schleift, überhitzt ist, raucht und stinkt. Die genaue Ursache kennst du nicht, aber du spürst instinktiv, dass etwas nicht stimmt und du doch eigentlich besser vom Fleck kommen müsstest. Die Schuld gibst du dann wieder dir selbst. Du beobachtest all die anderen Menschen und fragst dich, wie sie so leicht und beschwingt vorankommen. Unfair! Oder doch fair? Wahrscheinlich strengst du dich einfach nicht genug an, wahrscheinlich hast du es nicht anders verdient.
Lass uns diese Handbremse lösen. Denn du hast es verdient und dein Talent wird zweifelsohne belohnt werden. Wenn du es zulässt. Ich habe meine Handbremse(n) gelöst und möchte dir nun die Strategien aufzeigen, die du in deinem Alltag anwenden kannst, um Stück für Stück immer reibungsloser voranzukommen. Äußere Herausforderungen wird es stets geben, lass uns einfach dafür sorgen, dass du nicht zusätzlich mit inneren Stolpersteinen zu kämpfen hast.
Unsicherheit und ein geringes Selbstwertgefühl halten besonders Frauen häufig davon ab, Chancen zu ergreifen und sichtbar nach Erfolg zu streben. Studien zeigen, dass Frauen weniger selbstbewusst handeln als Männer. Wir wollen durch Kompetenz weit kommen und neigen dazu, unser eigenes Licht unter den Scheffel zu stellen. Dabei ist eine selbstbewusste Verhaltensweise ebenso relevant wie die fachliche Qualifikation, um auf der Karriereleiter nach oben zu steigen oder auch im Privatleben die eigenen Interessen durchzusetzen.
Hast du nicht auch diesen einen Kollegen, der immer nur darüber redet, wie großartig er ist und eigentlich nur heiße Luft von sich gibt? Hast du dich schon einmal darüber geärgert, dass genau dieser Kollege eine Beförderung erhalten hat, obwohl du vielleicht fachlich viel versierter bist? Der Kollege mag vielleicht nicht genauso gute Arbeit leisten wie du, aber er hat sein Ziel erreicht. Denn vielleicht wusste niemand, dass du diese Stelle willst und fachlich absolut geeignet dafür bist. Du hast nicht so laut darüber gesprochen.
In der Schule war ich im Theaterkurs. Im ersten Jahr hatte ich eine klitzekleine Nebenrolle und durfte genau einen Satz sagen. Während der Proben las ich mir die Texte der anderen Rollen durch und träumte davon, auch mehr Verantwortung zu bekommen. Ich gab mein Bestes und ging davon aus, dass die Gruppenleiterin schon »erkennen würde«, dass sie mir eine größere Rolle anvertrauen kann. Andere Teilnehmerinnen des Theaterkurses sagten einfach direkt, welche Rolle sie haben wollten und so war mein Hoffen natürlich vergebens. Solange niemand wusste, dass ich mich dafür interessierte, wieso sollte man mich beachten?
Erst im dritten Theaterjahr ging mein Prinzip auf: Ich lief während der Rollenvergabe zur Hochform auf und erhielt die Hauptrolle in Shakespeares »Wie es euch gefällt«, ohne danach fragen zu müssen. »Endlich wird mein Talent erkannt«, dachte ich mir. Das bestärkte mich in der Ansicht, dass ich mir »nur genug Mühe geben müsse«, um erfolgreich zu sein.
Ein Jahr später war ich wieder im Theaterkurs. Ich gab mir Mühe und ging davon aus, dass ich diejenige Rolle erhalten würde, die ich mir in den Kopf gesetzt hatte: Francisco Pizarro in Peter Shaffers Jagd nach der Sonne. Dieser ambivalente Charakter voller Stärke und Zweifel faszinierte mich ganz besonders. Die Kursleiterin sah mich aufgrund meiner etwas tieferen Stimme aber eher als Erzähler, der das Stück begleitete. Mein ganzer Körper sträubte sich dagegen. Wer will einen monotonen Erzähler spielen, wenn er schreien, weinen, grübeln, anführen, verzweifeln und in Schlachten ziehen kann? So besessen war ich von der Rolle des spanischen Eroberers, dass ich zum ersten Mal etwas anders machte: Ich sagte, dass ich diese Rolle haben wollte.
Fortan mussten zwei von uns sich beweisen. Ich sah mir jedes Material zu diesem Stück an, alles, was ich bekommen konnte. Nächtelang übte ich daheim die verschiedenen Charakterzüge. Und während des Unterrichts lernte ich Theatertext (super Idee im Abi-Jahrgang übrigens). Aber am Ende erhielt ich die Rolle.
In diesem Jahr hätte ich mir so viel Mühe geben können, wie ich wollte. Hätte ich nicht ausgesprochen, was ich wollte, wäre ich als Erzähler am Rand gestanden.
Allerdings verstehe ich das erst rückblickend. Im damaligen Moment konnte ich einfach nicht anders, als meinen Wunsch zu artikulieren. Es war mir so wichtig und die Emotion machte mich mutig. Aber ich war noch weit davon entfernt, meinen Glaubenssatz abzuändern und meine Interessen in Worte zu fassen. Das war ein Einzelfall. Nach wie vor war ich davon überzeugt, dass ich nur hart genug arbeiten müsse, um beachtet zu werden. Das änderte sich auch bis in die Mittzwanziger nicht.
Ein Faktor verbindet mich in dieser Geschichte mit vielen anderen Frauen: Wenn ich nicht zu 100 % überzeugt gewesen wäre, dass ich qualifiziert bin, so hätte ich mich nie aktiv für diese Rolle ins Rennen gebracht.
Im Jahr 2019 betrug der Frauenanteil in Vorständen und Geschäftsführungen von DAX-Unternehmen nur 14,7 % (Quelle: Statista). Das ist bereits eine Steigerung zu den Vorjahren (2011 waren es 3,7 %), aber Frauen sind in Führungspositionen nach wie vor unterrepräsentiert. Der Gender Pay Gap (der Einkommensunterschied zwischen Frauen und Männern) liegt seit Jahren relativ konstant bei ca. 20 % (Quelle: Statistisches Bundesamt). Wir Frauen verdienen bei gleicher Leistung 80 Cent, dort wo Männer einen Euro verdienen.
Selbstverständlich ist ein gesellschaftlicher Wandel nötig, um eine vollkommene Gleichberechtigung zu realisieren. Aber ich möchte in diesem Buch nicht die äußeren Umstände besprechen, die uns zurückhalten (die man zweifelsohne nicht negieren darf), sondern die inneren Umstände....
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