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Komm mit, Anya!« Sarah sah mich mit großen Augen an, aber das würde nicht helfen.
Ich würde standhaft bleiben, auch wenn das Grau ihrer Augen verlockend funkelte und mich einen Moment lang dazu verleitete nachzugeben. Wenn ich einer ihrer zahlreichen Verehrer gewesen wäre, hätte ich jetzt schon kapituliert, doch ich war ihre beste Freundin und somit immun gegen ihren Venusblick.
»Nein«, sagte ich entschlossen. »Ich hatte einen verdammt anstrengenden und verdammt langen Tag. Heute habe ich definitiv keine Lust mehr auf einen neuen Club.« Sarah wechselte ihre Strategie - nun war der Schmollmund dran, erdbeerrot und zuckersüß.
»Aber der Club 5 ist zurzeit der Club überhaupt in der Stadt. Alle wollen dahin, und ich will wissen, warum. Los, komm mit!«, bettelte sie.
»Wenn alle dahin wollen, ist es sicherlich voll«, erwiderte ich und musste grinsen. Sarah sah zu süß aus. »Du weißt, ich hasse es, wenn es voll ist. Außerdem habe ich nichts Passendes zum Anziehen, und morgen früh muss ich zeitig ins Büro. Wenn ich nicht genug Schlaf abbekomme, bin ich nicht zu gebrauchen, und Trevor macht mir wieder die Hölle heiß«, setzte ich noch entschuldigend hinzu.
Ich hatte alle Ausreden zusammengesucht, die mir auf die Schnelle einfielen, und zog zufrieden die warme Wolldecke über meine Beine. Niemand würde mich dazu bringen, dieses Sofa heute Abend noch einmal zu verlassen, außer um ins Bett zu gehen, nicht einmal Sarah Green - die Königin der Verführung. Zugegeben, die Sache mit Trevor war keine Ausrede. Trevor Miles war mein Chef und würde mir morgen so oder so den Tag verderben, da spielte es eigentlich keine Rolle, ob ich müde war oder nicht.
Sarah zog ihre perfekt gezupften Augenbrauen in die Höhe und fuhr sich angestrengt durch die rotbraune Lockenmähne. Letzte Woche waren ihre Haare noch so glatt und schwarz gewesen wie meine, überlegte ich, aber Sarah hielt es mit einer Haarfarbe ja selten länger als zwei Wochen aus. Sie seufzte und gab endlich auf.
»Na, dann bleib eben daheim, aber lass dir gesagt sein, dass du so niemals einen Mann finden wirst«, murrte sie und stand auf. Dabei strich sie mit einer leichten Geste ihr neues Designerkleid glatt, das nur mit Mühe ihren Po bedeckte.
Bücken sollte sie sich damit nicht, dachte ich und betrachtete sie. Sarah war eine von den Frauen, die eine angeborene Eleganz hatten, die sie selbst bei den langweiligsten Tätigkeiten interessant erscheinen ließ.
Selbst ich konnte ihr dabei zusehen, wie sie den Abwasch machte, ohne mich zu langweilen. Obwohl sie nie Sport trieb, hatte sie diese unglaubliche Figur; das musste genetisch bedingt sein.
»Du weißt, dass ich nicht auf der Suche nach meinem Traummann bin, nicht hier in New York. Das hebe ich mir für später auf«, gähnte ich und sah ihr wieder in die Augen. »Das ist nicht mein Markt. Am Wochenende gehen wir aus, versprochen, aber nicht heute. Ich bin so erschöpft, als wäre ich einen Marathon gelaufen.« Behaglich ließ ich mich in die weiche Lehne meines Sofas sinken. Es war das Schmuckstück meines gemütlichen Apartments, das ich in warmen Orangetönen gestrichen hatte. Es war genau dasselbe Orange, in dem auch die Küche meiner Eltern leuchtete, seitdem ich denken konnte. Ich ließ meinen Blick durch das Zimmer schweifen, über die vertraute Farbe, die mich schon von Kindesbeinen an begleitet hatte; strahlend wie ein Sonnenuntergang über den endlosen Maisfeldern meines Vaters. Warum sollte ich hier weggehen?
»Anya, du bist erst vierundzwanzig und warst heute nur im Büro. Es kann doch nicht sein, dass du total erschöpft bist«, stöhnte Sarah genervt. »Dieser Job laugt dich aus. Ich weiß nicht, was du an dieser Firma findest.« Ihr vorwurfsvoller Ton traf mich, obwohl ich genau wusste, dass sie sich nur um mich sorgte.
»Es kann ja nicht jeder in einer Männermodelagentur arbeiten.« Ich blinzelte Sarah zu. »Ich mag meinen Job übrigens sehr. Ich verdiene eine Menge Geld und kann mir dieses wahnsinnig teure Apartment in Manhattan leisten und jeden Morgen im Central Park joggen gehen. Außerdem hätte ich sonst nie meine Lieblingsnachbarin kennengelernt, die mir im Moment allerdings ziemlich auf die Nerven geht.«
Sarah ignorierte ganz geflissentlich meinen Kommentar. »Was ist das ganze Geld schon wert, wenn du keinen Spaß mehr im Leben hast?« Sie sah mich nun ernsthaft besorgt an, und ich fühlte mich genötigt, mich wieder aufzusetzen.
»Mir geht es gut, Sarah, wirklich!«, beteuerte ich. Ich musste nicht lügen, ich fühlte mich wirklich gut, dort wo ich jetzt war, mit der Gewissheit, dass ich den Abend in Ruhe mit Musik oder einem schönen Buch ausklingen lassen konnte. Was war denn falsch daran?
»Ich brauche diese ruhigen Abende auf dem Sofa«, erklärte ich geduldig. Mein Job verlangte mir ziemlich viel ab, da musste ich Sarah schon recht geben. »Nun geh schon und morgen erzählst du mir, wie es im Club 5 war! Am Wochenende komme ich mit. Dieses Mal halte ich mein Versprechen.«
»Wirklich?« Sarah blinzelte mich mit schief gelegtem Kopf an. Sie sah aus wie eine Katze, elegant, weich und klug. Kein Wunder, dass ihr die Männer zu Füßen lagen.
»Versprochen«, erwiderte ich mit festem Blick. Hoffentlich hatte Sarah bis dahin etwas Neues gefunden. Auf das Gedränge in einem angesagten Club hatte ich beim besten Willen keine Lust.
»Gut, Anya, wie du willst«, seufzte sie und ging zur Tür. »Schlaf gut!«
»Viel Spaß!« Ich winkte noch einmal, und Sarah schloss die Tür hinter sich. Endlich war Ruhe. Danke, Sarah! Auch wenn es mir leidtat, dass sie wieder einmal allein losziehen musste. Doch lange würde Sarah nicht allein bleiben, da war ich mir sicher. Ich nahm die Fernbedienung vom Tisch und leiser Jazz füllte den Raum. Mit geschlossenen Augen und schweren Gliedern versuchte ich in den Tiefschlaf zu dösen.
Eine halbe Stunde später stand ich genervt wieder auf. Sarahs Drohung ließ mir keine Ruhe. Ich war nicht auf der Suche nach einem Mann, nicht in dieser Stadt. Ich hatte keine Zeit für einen Mann und erst recht nicht für eine zeit- und schlafraubende Affäre, die nichts einbrachte außer der Erfahrung, dass es wieder einmal nicht geklappt hatte mit dem großen Glück.
Ich wollte echte Liebe, echte Gefühle, Kinder und ein Haus mit weißem Gartenzaun. Aber ich war nicht nach New York gekommen, um all das hier zu finden. Im Gegenteil: Ich war hier, um einen Mann zu vergessen, mit dem ich genau das geplant hatte. Wenn ich mich wieder bereit für eine ernsthafte Beziehung fühlen würde, wäre es an der Zeit, New York zu verlassen und neu anzufangen.
Vor langer Zeit war ich schon einmal der Meinung gewesen, dass ich die große Liebe getroffen hatte. Doch George hatte mir das Herz gebrochen, und das auch noch am Abend unseres Highschool-Abschlussballs. Ich verzog das Gesicht. Der Moment hatte sich mir schmerzhaft eingebrannt und mein Leben komplett verändert. Dass George mich verlassen hatte, war eine Sache, die mir immer so unmöglich erschienen war, dass ich eher an eine Invasion von Aliens geglaubt hätte.
Ich musste nur die Augen schließen und schon sah ich sein Bild vor mir: kurze blonde Haare, ein verwegenes Lächeln auf den Lippen und dazu strahlend grüne Augen, mit denen er mich so ansehen konnte, dass ich ihm jeden Wunsch erfüllen wollte. Das hätte ich sicherlich auch getan, aber vermutlich war ich mir meiner Sache und unserer gemeinsamen Zukunft zu sicher gewesen.
Vielleicht hätte ich unseren gemeinsamen Lebensweg auch nicht bis ins letzte Detail planen sollen. Vermutlich hatte ich ihn selbst in die Arme dieses Flittchens getrieben, mit dem er noch am selben Abend nach Europa aufgebrochen war, nur mit einem Rucksack und ein wenig Geld in der Tasche. Leslie war Abenteuer pur, zumindest war George dieser Meinung. Ich konnte ihm nur meine bedingungslose Liebe geben, doch das war offenbar nicht genug.
Nach diesem Abend hatte ich alle meine Pläne geändert. Ich konnte nicht mehr nach Minneapolis ans College gehen, denn dieser Plan war für George und mich reserviert gewesen.
Ich war so weit weg geflüchtet wie nur möglich . nach New York. Ich brauchte den größtmöglichen Kontrast zu meinem bisherigen Leben und meiner Lebensplanung.
In ein paar Jahren wollte ich zurück auf die Farm und zurück zu meiner Familie. Ich sehnte mich nach Liebe, das leugnete ich nicht, aber hier in New York war das Leben schnell, und Schnelligkeit war kein Tempo für Liebe. Liebe brauchte Zeit und Raum, um sich zu entwickeln.
Mein Leben war rasant genug, gefüllt mit meinen eigenen Bedürfnissen und meinem Job. Ich brauchte keinen Herzschmerz, davon hatte ich genug gehabt für ein ganzes Leben.
Während meiner Collegezeit hier in New York hatte ich manchmal einen alkoholmotivierten Versuch unternommen, einen Mann näher kennenzulernen. Ich schmunzelte. War »Mann« das richtige Wort für die unreifen Kerle, mit denen ich mich meist nur einmal getroffen hatte? Wohl eher nicht. Ich war auf der Suche gewesen nach etwas anderem, etwas Außergewöhnlichem, aber gefunden hatte ich weder das eine noch das andere.
Es blieben leere Begegnungen, die mir nichts gegeben hatten außer schlechten Sex und Enttäuschung. Nach einem Fehlgriff in die Männerschublade verkroch ich mich daheim mit dem festen Vorsatz, so etwas nie wieder zu tun. Ich leckte meine Wunden und aß Schokoladeneis in ungesunden Mengen.
Sarah war da komplett anders. Sie stürzte sich zur Ablenkung gleich ins nächste Abenteuer, denn sie war ein Stehaufmännchen und suchte mit Feuereifer nach dem Mann ihrer Träume. Diese Leidenschaft betrieb sie fast schon als Sport, und zwar seitdem wir uns auf...
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