Lernen leicht gemacht: Für einen schnelleren Spracherwerb und leichtere Sprachentwicklung bei Kindern

4 Über "Neuronen", "Dendriten" und "Novizen" - wie unser Gehirn
Verbindungen herstellt

In diesem Abschnitt erfährt man etwas über die Verknüpfung von Nervenzellen ("Neuronen") im Gehirn miteinander und wie hierdurch das menschliche Gehirn arbeiten kann. Des Weiteren wird erklärt, unter welchen Voraussetzungen sich neue Gehirnzellen ("Novizen") bilden können.

Das nachfolgende direkte Zitat von Frau Carla Hannaford ist für den Verfasser dieser Bachelorarbeit an dieser Stelle von großer Wichtigkeit, da es die Arbeitsweise des menschlichen Gehirns näher erläutert:

"Um diese Geschichte des Lernens fortzuführen, müssen wir uns einige Hauptdarsteller näher betrachten, nämlich unsere Neuronen. Diese Nervenzellen sind spezialisierte Zellen, die für die Übermittlung elektrischer Botschaften durch den ganzen Körper speziell angepasst sind. Man glaubt, dass das menschliche Nervensystem aus 1011 Neuronen besteht; das sind etwa genauso viele; wie es Sterne in der Milchstraße gibt. Keine zwei Neuronen sind identisch, aber entsprechend ihren Funktionen lassen sie sich grob in einige Kategorien unterteilen.15

Es gibt drei Haupttypen von Neuronen: sensorische, intermediäre und motorische. Das Zentralnervensystem (Gehirn und Rückenmark) erhält sensorische Informationen aus dem ganzen Körper durch die sensorischen Neuronen: von der Haut, den Augen, den Ohren, der Zunge, der Nase und den Propriorezeptoren. Propriorezeptoren sind Sinnesorgane, die Informationen über die Stellung von Muskeln oder über die Muskelspannung, über die Aktivität von Gelenken und das Gleichgewicht liefern. Die Propriorezeptoren befinden sich in Muskeln, Sehnen, Gelenken und im Innenohr.

Intermediäre Neuronen haben Netzwerkfunktion. Im Rückenmark und im Gehirn übermitteln intermediäre und Assoziations-Neuronen über ihre Dendriten Informationen an Netzwerke anderer intermediärer Neuronen im ganzen Gehirn.16 Das große intermediäre Netz von Assoziationsneuronen umfasst 99,98 Prozent aller Neuronen im Zentralnervensystem (ZNS). Sie tragen alle Informationen zusammen, verarbeiten sie und animieren dann den Körper, die Muskeln und die Drüsen, mithilfe motorischer Neuronen zu reagieren.17 Das große intermediäre Netz kann als Kommandozentrale betrachtet werden, da es direkt mit dem gesamten Informationsnetz des Gehirns verbunden ist.

Sind die Informationen verarbeitet, leitet das große intermediäre Netz eine Aktion ein, indem es Botschaften an die entsprechenden motorischen Neuronen sendet, die sich im Gehirn befinden. Motorische Neuronen tragen die Botschaften vom ZNS zu den Muskeln und Drüsen, um deren Funktionen zu aktivieren. Für jede Tätigkeit müssen motorische Neuronen aktiviert werden. Für grobmotorische Bewegungen, zum Beispiel das Vor- und Zurückschwingen des Arms, stimuliert ein einziges motorisches Neuron vielleicht 150 bis 2000 Muskelfasern und bringt diese zu gleichzeitiger Kontraktion. Bei kleinen, präzisen Bewegungen werden durch ein Neuron weniger als zehn Muskelfasern angeregt. Diese stärker konzentrierte Verteilung erlaubt eine genauere Muskelkontrolle bei höherwertigen Fähigkeiten, wie zum Beispiel bei Konzertpianisten oder Gehirnchirurgen.18 Neuronenbündel bilden Nerven, etwa den Ischiasnerv, der eine "Leitung" aus Millionen sensorischer und motorischer Neuronen darstellt und die Weiterleitung von Reizen zu Beinen und Füßen und wieder zurück gewährleistet.

Alle Strukturen in einem Neuron bestimmen und programmieren gemeinsam das Verhalten eines Organismus. Die Zellkörper enthalten den Kern und andere wichtige Organellen der Zelle. Die Zellkörper sind gewöhnlich von den Knochen der Wirbelsäule und des Schädels geschützt, da sie die genetische und regenerative "Hardware" der gesamten Zelle enthalten.

Dendriten sind die stark verzweigten, dicken Verlängerungen des Zellkörpers, die Informationen sammeln

und Impulse an den Zellkörper weitergeben. Das Axon ist meist eine lange, dünne Faser, die die Impulse vom Zellkörper weg zu einem anderen Neuron, einem Muskel oder einer Drüse führt. Wenn Neuronen wieder und wieder benutzt werden, legen sie über das Axon eine vielschichtige, weiße Segmentschicht aus Phospholipid (fetthaltig) mit der Bezeichnung Myelin. Das Myelin vergrößert die Geschwindigkeit der Übermittlung der Nervenimpulse und isoliert, schützt und unterstützt die Regeneration beschädigter Nerven.

Wenn wir etwas neu lernen, geht das so langsam, als müssten wir uns erst einen Pfad durch unwegsames Gelände bahnen. Werden aber die Neuronen wiederholt aktiviert, wächst mehr Myelin nach: je mehr Myelin, desto schneller die Übermittlung. In Neuronen mit einer starken Myelinschicht werden die Impulse mit einer Geschwindigkeit von 100 m pro Sekunde weitergeleitet. Deshalb gilt also: Je mehr Übung und je mehr Myelin, umso schneller geschieht die Verarbeitung - bis sie schließlich so leicht und vertraut wird, als fahre man schnell über eine extra breite Straße. [.] An den Enden der Axone befinden sich Telodendren (vgl. Abb. S. 24) mit Endplatten. In diesen

befinden sich synaptische Bläschen, die bestimmte chemische Stoffe enthalten, die Neurotransmitter. Bei der Aktivierung überbrücken die Neurotransmitter die Lücke (Synapse) zwischen dem Neuron und der Zellmembran des Zielneurons, des Muskels oder der Drüse, um die Aktivierung der Membran anzuregen oder zu verhindern. An diesen spezialisierten Kontaktstellen werden Informationen von einer Zelle zur anderen übertragen. Die Nerven sind von einer Flut chemischer Botenstoffe umgeben (Transmitter, Peptide, Hormone, Faktoren und Proteinligasen/Enzyme). Sie verbinden sich mit den Rezeptoren der Nervenzellen und regen die Nervenfunktionen an.22 " (Hannaford, 2008, S. 20 f.)

Dieses vorstehende Zitat verdeutlicht die Komplexität aller Vorgänge im menschlichen Körper miteinander. Sämtliche Sinneswahrnehmungen; alles "Erleben" wird im menschlichen Gehirn registriert, bewertet und in einem Sekundenbruchteil darauf reagiert. Dies geschieht für uns Menschen unbewusst und "im Hintergrund", scheinbar ganz automatisch. So kann unser Gehirn gar nicht "nichts" wahrnehmen, da es ständig von irgendwoher eine Meldung erhält und darauf eingehen muss. Selbst im vermeintlichen "Ausruhen" oder im Schlaf erhält das Zentralnervensystem uns zum Beispiel durch die ständig "automatisch" erfolgende Atmung am Leben.

Laut Frau Carla Hannaford besitzen wir Menschen, trotz genetischer Ausstattungsunterschiede, alle das gleiche Potenzial um ein sehr komplexes Nervensystem aufzubauen und zu erneuern, sofern wir die notwendige Menge von Nahrung, Sauerstoff, Reizen und Bewegungsfreiheit erhalten. (Vgl. Hannaford, 2008, S. 19)

Aus dieser Feststellung heraus und der Verschiedenheit aller Menschen auf der Welt, kann man ableiten, dass jeder einzelne Mensch selbst dafür sorgen kann, welche geistigen und

körperlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten er erwirbt und danach auch dauerhaft erhält. Da Babys und Kleinkinder zuallererst einmal ein anregendes und stimulierendes Umfeld benötigen, sind die Bezugspersonen der Kinder gefragt, hierfür zu sorgen. Mit steigendem Alter der Kinder sollte dies dann ebenso eine Aufgabe des Fachpersonals in der Kindertages-betreuung sein, dafür Sorge zu tragen, dass Kindern es ermöglicht wird, in allen Bereichen Erfahrungen zu sammeln. Nur hierdurch wird es ihnen ermöglicht, ihr in die Wiege gelegtes Potenzial zu nutzen und sich somit entsprechende Fähigkeiten und Fertigkeiten anzueignen.

"Lernen findet statt, indem wir mit der Welt interagieren. Wenn wir sensorische Reize erhalten und Bewegungen einleiten, bilden unsere Neuronen Verlängerungen aus, die sogenannten Dendriten, hin zu anderen Neuronen. Diese Dendriten bringen die Kommunikation einer Nervenzelle mit anderen Nervenzellen zustande. Neuronale Gruppen bilden Kommunikationsmuster, die zu Pfaden und bei häufigem Gebrauch zu extra breiten Straßen werden, mit deren Hilfe wir leicht Zugang zu unserer Welt finden und auf sie einwirken.

Dieser Prozess, in dem die Nervenzellen Verbindungen und Netzwerke schaffen, heißt - in unserer Alltagswelt übersetzt - Lernen und Denken. Wenn Assoziationen zustande kommen und Informationen zusammengefasst werden, erweitern sich die Pfade zu komplexen Netzwerken." (Hannaford, 2008, S. 19)

Diese Feststellungen von Carla Hannaford zeigen auf, dass Nervenzellen, die häufig genutzt und damit immer wieder stimuliert werden, in der Folge schneller reagieren, sobald sie angesprochen werden. Andere Nervenzellen, die kaum oder überhaupt nicht genutzt werden, bilden sich hingegen zurück. Hierdurch kommt es somit zu einem schnelleren Austausch zwischen den sodann aktiven Nervenzellen - ähnlich wie bei einer "Autobahn".

Bricht man die zuvor beschriebenen Erkenntnisse von Hannaford auf den Erwerb von Sprache herunter, so ist das nachfolgende Zitat von Rosemary Tracy für den Autor als Bedeutsam anzusehen: "Das Gehirn des Menschen...