Schweitzer Fachinformationen
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Versteckt in einem Hinterhaus in der Silkegade, gleich hinter Illum, einen Katzensprung vom Højbro Plads entfernt, liegt der Adonis Sauna Spa & Men's Health Club. Man geht bis ans hinterste Ende des Hofs, läuft ein paar Stufen hoch, und dort hängt neben einer Türklingel ein kleines, diskretes Schild.
Man klingelt, wird eingelassen und zahlt hundert Kronen für einen Spindschlüssel, ein Handtuch und ein Kondom. Der Schlüssel hängt an einem Gummiband, den man ums Fuß- oder Handgelenk tragen kann, wie im Schwimmbad, und drinnen ist es vorgeschrieben, nackt zu sein.
Hierher kommen Männer, um miteinander Sex zu haben, und ohne es so richtig in Worte fassen zu können, hatte ich schon lange den Wunsch gehabt, diese Art von Kontakten neu zu entdecken. Ich hatte nach einem Ort gesucht, an dem man frei war von jener Angst und Unehrlichkeit, die in der realen Welt Beziehungen vergiftet, und im Adonis war der Umgang mit Sex ein völlig unmittelbarer.
Man ging einfach zu dem Typen, den man wollte, und wenn man ein Nein kassierte, ging man weiter zum nächsten. Es war genug für alle da, also gab es keinen Grund, sauer oder verletzt zu sein, und ich träumte davon, dass hier etwas entstehen konnte, das echter war als das, was ich aus meinem bisherigen Leben kannte.
Ich arbeitete am Einlass. Zweiundzwanzig Jahre alt. Mein Job bestand darin, anderen diesen Traum zu ermöglichen, und darüber hinaus Kaffee und Cowboy-Toasts zu machen, in den VHS-Geräten die Pornofilme zu wechseln und Sperma, Scheiße und manchmal Blut aus den benutzten Handtüchern zu waschen. Ich wurde im Februar 2011 eingestellt.
Meine Mutter rief an und erkundigte sich nach meinem neuen Job. Im Hintergrund konnte ich Erik hören, und die Stimme meiner Mutter verschwand, als er ihr den Hörer aus der Hand nahm.
«Na, Chef! Sind wir fertig eingezogen?»
Fast schrie er.
«Ja», antwortete ich.
«Neue Wohnung, neuer Job! Hast du dir auch schon einen Mann geangelt?»
Immer dieses aufgesetzte , warum konnte er nicht einfach sagen. Ich sei immer noch Single, antwortete ich, und wenn sich das ändern sollte, würde ich rechtzeitig Bescheid geben. Dann kam wieder meine Mutter an den Hörer. Sie wollte wissen, wann ich meinen Job antreten würde, und ich erzählte ihr, meine erste Nachtschicht sei noch am selben Abend.
«Ist das Nachtarbeit?»
«Ja, aber vielleicht kriege ich später Tagesschichten.»
«Wie heißt das, wo du arbeitest? Damit ich es googeln kann.»
«Adonis Sauna Spa & Men's Health Club.»
«Warte kurz, ich schreib mir das schnell auf . Spa-Klub, und dann?»
Es war Benjamin, der mir den Job besorgt hatte. Er arbeitete ebenfalls dort, und nachdem ich mein Studium abgebrochen hatte, hatte er mich ins Adonis mitgenommen und seinen Chef gefragt, ob ich ein paar Schichten übernehmen könne. Der Chef war ein großer Deutscher mit blauen Jeans, kurzrasierten Haaren und einem kleinen Silberring im rechten Ohr. «Wann kannst du anfangen?», fragte er.
«Ich kann sofort anfangen.»
Er warf einen Blick hinauf zur Wanduhr.
«Na, das wird nicht nötig sein. In fünf Minuten kommt wer anders. Ich kann dich auf die Springerliste setzen, und wenn eine Schicht frei wird, melde ich mich.»
Er fragte, ob ich meinen Lohn schwarz oder legal haben wolle, und ich entschied mich selbstverständlich für Ersteres. Wir vereinbarten, dass mir Benjamin in meiner ersten Schicht alles erklären würde, dann streckte der Chef die Hand aus, um meine Einstellung zu besiegeln und sich vorzustellen.
«Rolf,» sagte er. Es klang wie ein bellender Hund.
Am Abend meiner ersten Nachtschicht holte ich Benjamin von zu Hause ab. Als ich hereinkam, war seine Mutter gerade auf dem Sprung. Während sie die Reißverschlüsse ihrer Stiefel hochzog, hieß sie mich im Viertel willkommen. Meine neue Wohnung lag nicht weit von ihrer und Benjamins entfernt.
Ohne anzuklopfen, ging ich in Benjamins Zimmer. Er lag in seiner Hängematte und las. Ein süßlicher Geruch von Skunk hing in der Luft. Überall lagen Bücher herum. Mir fiel eins über Astronomie ins Auge, und ein kleines mit Tipps zum Knacken von Schlössern. Als er mich sah, machte er augenblicklich ein Eselsohr in die Seite, die er gerade aufgeschlagen hatte, stieg aus der Hängematte und umarmte mich lange und fest.
«Hast du tagsüber ein bisschen schlafen können?», fragte er.
Ich schüttelte den Kopf.
«Dann wird das 'ne lange Nacht für dich.»
Als wir gegen halb zehn Uhr abends die Silkegade hinunterradelten, hing der Himmel bereits wie ein pechschwarzes Band zwischen den Gebäuden. Wir stellten unsere Fahrräder im Hinterhof ab. Die Luft im Treppenhaus roch nach einer Mischung aus Schweiß und einem mir unbekannten Reinigungsmittel.
Im Hinterzimmer saß ein junger Typ, den ich ablösen sollte, sobald ich meine Einführung hinter mir hatte. Benjamin erklärte, eine Nachtschicht beginne immer mit einer Runde durch das ganze Gebäude. Wir überprüften, ob Sauna und Dampfbad eingeschaltet waren und nicht unangenehm rochen. Warfen einen kurzen Blick in die Toiletten.
Dann gingen wir in den Keller. Das war die Hauptattraktion und der eigentliche Grund für die Leute, hierherzukommen. Benjamin öffnete eine schwarz gestrichene Tür, und eine stickige Wolke aus Körpergerüchen schlug mir entgegen.
«Nach dir», grinste Benjamin. Ich lachte nervös.
Im Keller war es warm und dunkel. Die etwa sechshundert Quadratmeter waren in ein unübersichtliches Labyrinth aus schwarz laminierten Trennwänden unterteilt. Decke und Boden waren ebenfalls schwarz gestrichen, und als einzige Lichtquelle dienten kleine Spots, deren Lichtkegel auf Gemälde von Knaben gerichtet waren, die auf umgestürzten Baumstämmen saßen, Flöte spielten oder Schafe hüteten. Ich hörte mehrere Pornofilme zugleich laufen, dazu ein konstantes Klirren, das vermutlich von den Schlüsselbändern herrührte, die die Leute um ihre Hand- und Fußgelenke trugen. Fürs Erste war keiner der nackten Männer zu sehen, aber ich hörte, dass sie da waren.
Wir überprüften, ob in den kleinen Kabinen die Fernsehgeräte eingeschaltet waren, dann gelangten wir in eine Ecke mit einer Sitzgruppe aus schwarzem Leder, wo auf einem großen Fernseher ein junger Mann zu sehen war, der sich in einem Wohnmobil einen runterholte. Auf dem Oberarm hatte er ein selbstgestochenes Herztattoo. Wir sahen uns den Film für eine Weile an, als mir ein dicklicher Mann auffiel, der zwischen den beiden Sofas auf dem Boden saß. Er hatte einen buschigen Vollbart und langes, fettiges Haar, und er starrte auf Benjamin, während er sich den Schwanz rieb. Ich stupste Benjamin an, und er richtete die große, gelbe Taschenlampe, die wir dabeihatten, auf den Mann.
«Und, kommt was?», fragte Benjamin.
Der Mann kämpfte ein wenig, dann spritzte er ab.
«Gut gemacht», sagte Benjamin.
Ich sollte Abfall aufsammeln, wenn irgendwo welcher herumlag. Mich versichern, dass niemand auf den Boden gepinkelt oder gekackt hatte. Benjamin bewegte sich routiniert durch die Räume, während er mit mir redete. Aus einer Kabine kam ein Zischen, und mir fiel auf, dass hier unten außer uns niemand redete.
Wir gingen wieder hinauf ins Hinterzimmer, wo ich eine Geldkassette mit Wechselgeld überreicht bekam, das ich zählen sollte. Dann gingen wir an die Kasse und Benjamin drückte auf ein paar Knöpfe, worauf eine Papierschlange herauskam, die wir gut aufbewahren mussten. Das Geld in der Kasse musste gezählt, in einen Umschlag gesteckt und in einen Tresor im Hinterzimmer gebracht werden. Der junge Typ, den wir ablösen sollten, nahm sich einen kleinen Stapel Geldscheine aus dem Tagesumsatz, steckte sie in die Tasche und ging nach Hause. Nun waren nur noch Benjamin und ich im Hinterzimmer. Auf einmal fühlte ich mich unglaublich wohl.
Schon in meiner zweiten Nachtschicht war ich ganz allein. Ich machte meine Runde und überprüfte alles. Passte die Lautstärke der Fernsehgeräte im Keller an. Zählte das Wechselgeld. Wie Benjamin es mir gezeigt hatte, legte ich drei Handtücher auf den Empfangstresen, und darauf jeweils einen Schlüssel und ein Kondom, damit ich für die ersten drei Gäste vorbereitet war. Der erste Mann, den ich hereinließ, war betrunken und sagte, ich sähe aus wie einer, der gern gegen die Wand gefickt werden möchte.
Entsprechend der Türklingel im Treppenhaus, die man benutzte, wenn man reinwollte, gab es in der Umkleide eine Klingel, die man betätigen musste, wenn man rauswollte. Und dann gab es noch eine dritte Klingel an der Bar, für den Fall, dass jemand etwas trinken oder essen wollte. Solange ich nicht auf die Klingeln reagieren musste, durfte ich im Hinterzimmer sitzen und auf meinem Computer Filme schauen.
Als es an der Bar läutete, ging ich hin und sah den betrunkenen Mann von vorhin schwankend am Tresen stehen. Er hielt sein Handtuch in der Hand, und ich sah, dass er am gesamten Körper rasiert war. Er bestellte eine Tasse Kaffee, und ich nahm einen Plastikbecher und befüllte ihn aus der Pumpkanne.
«Willst du mal ein Pferd wiehern sehen?», fragte er, während er wartete.
Ich schaute ihn fragend an, bis ich bemerkte, dass er versuchte, seinen Brustmuskel spielen zu lassen, auf dem er ein Pferdetattoo hatte.
«Ist wohl schon etwas müde», sagte er.
«Was ist deine Nummer?», fragte ich.
Er brummte etwas.
«Deine Nummer?», wiederholte ich. «Für den Kaffee.»
Er lehnte sich über die Theke, nahm den kleinen Block und meinen Kugelschreiber und schrieb eine Sieben und das Wort «Kaffee« darauf....
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