Schweitzer Fachinformationen
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Die Liebe schreibt die schönsten Geschichten. Als Anna sieben ist, macht sich ihre Gabe zum ersten Mal bemerkbar: Sie kann sehen, wer füreinander bestimmt ist. Seitdem verhilft sie Menschen zu ihrem Glück. In ihrer Schicksalsagentur in Berlin sucht und findet sie die wahre Liebe. Für jeden, nur nicht für sich selbst, denn ausgerechnet bei ihr versagt die Gabe. Doch eines Tages stolpert sie einem ehemals sehr guten Freund in die Arme. Ist das ein Wink des Schicksals?
1
27 Jahre später
»Das ist sie also.« Mit zusammengekniffenen Augen betrachtete Richard van Eyk das Foto, das ich vor ihn auf den Schreibtisch gelegt hatte. Als er wieder aufsah, war seine Stirn gerunzelt. »Um ehrlich zu sein, Frau Kronenberg, hatte ich mir die Frau meines Lebens anders vorgestellt. Wesentlich jünger und irgendwie . appetitlicher. Mit langen Haaren und ein paar hübschen Rundungen.«
Seine Hände, die groß wie Schaufelräder waren, zeichneten die Silhouette einer Sanduhr in die Luft.
»Und zwar an den richtigen Stellen.«
»Herr van Eyk.« Ich sah demonstrativ auf meine Armbanduhr. »Wollen Sie nun ihren Namen haben oder nicht?«
»Ich weiß nicht so recht«, murmelte er und kratzte sich am Hinterkopf. Er nahm das Bild, musterte es erneut und legte es wieder hin. »Wen haben Sie denn noch im Angebot?«
Ich spürte, wie sich mein Körper instinktiv anspannte. Meinte er das etwa ernst? Ich warf ihm einen prüfenden Blick zu, doch der erwartungsvolle Ausdruck in seinen grauen Augen ließ keinen Zweifel. Kopfschüttelnd beugte ich mich ein Stück vor und drückte auf den Knopf der Freisprechanlage. »Sabine, seien Sie bitte so lieb und bringen Sie Herrn van Eyk seinen Mantel. Er möchte gehen.«
»Was? Nein!« Mein Klient schnappte erschrocken nach Luft. »Ich wollte doch nur wissen, wer die Alternativen sind.«
Die Alternativen zur wahren Liebe? »Einen Moment noch, Sabine.« Ich ließ den Knopf los, lehnte mich zurück in meinen Sessel und musterte sein quadratisches Gesicht mit dem sorgfältig gestutzten Vollbart, in dem die grauen Haare längst die Oberhand gewonnen hatten.
»Herr van Eyk«, sagte ich so betont deutlich, als würde ich zu einem Dreijährigen sprechen. »Ich habe es Ihnen doch erklärt. Sie bekommen von mir ein Foto und den einen Namen. Die Alternativen«, ich machte eine kurze Pause, »sind Ja oder Nein. Entweder Sie lernen die Frau kennen, oder Sie lassen es bleiben. Einen anderen Partnervorschlag werden Sie von mir nicht erhalten.«
Herr van Eyk starrte mich an, als hätte ich ihm einen Eimer Eiswasser über den Kopf geschüttet. »Ich dachte, das sei ein Scherz«, sagte er, nachdem er sich wieder gefangen hatte. »Ich meine, wo gibt es denn so etwas?«
Ich schluckte die harsche Bemerkung hinunter, die mir auf der Zunge lag, und griff nach dem Foto der Frau, die dazu bestimmt war, sein Leben zu teilen. Sie wirkte sympathisch, wie sie in dem kleinen Café in Kreuzberg saß und einen Roman las. Das Buch schien ihr zu gefallen, ein amüsiertes Lächeln spielte um ihre Lippen.
Doch was war das? Ich sah genauer hin und registrierte den fettigen Abdruck, den sein Daumen auf ihren Brüsten hinterlassen hatte. Auch der achtlose Knick, der ihr Lächeln in zwei Hälften teilte, war neu. Mein Puls beschleunigte sich. War das der Respekt, den er der Frau entgegenbrachte, nach der ich monatelang gesucht hatte? Was, wenn er sie wirklich traf und mit derselben Geringschätzung behandelte, die er ihrem Foto zuteilwerden ließ? In meinen Ohren begann es zu rauschen. Der Ärger, den ich mühsam zurückgehalten hatte, spülte wie eine Welle über mich hinweg, und ehe ich wusste, wie mir geschah, hatte ich das Foto zerrissen und die Schnipsel in die Luft geworfen. Mit grimmiger Genugtuung sah ich zu, wie sie zu Boden segelten.
»Was machen Sie denn da?« Die fassungslose Stimme von Herrn van Eyk holte mich in die Realität zurück. Sämtliche Farbe war aus seinem Gesicht gewichen. »Sind Sie verrückt geworden?« Er ließ sich aus seinem Besucherstuhl auf die Knie fallen und begann mit hektischen Bewegungen, die Überreste einzusammeln. Wie ein verwöhnter kleiner Junge, der sich erst dann für ein Spielzeug zu interessieren begann, wenn es zerbrochen vor ihm lag. Nur, dass der kleine Junge ein Mann von Mitte fünfzig war und das Spielzeug eine erwachsene Frau, die lebte und atmete, die Wünsche hatte und Träume.
Auf einmal hatte ich das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. Ich sprang auf und lief um den Schreibtisch herum. Herr van Eyk hielt inne, die Fotoschnipsel an seine Brust gepresst.
»Wieso haben Sie das getan?«, schimpfte er. Sein massiger Körper zitterte vor Empörung. »Das Bild hat mich ein Vermögen gekostet!«
Ich blieb stehen und sah zu ihm herunter. »Dann«, stieß ich hervor, »sollten Sie lernen, besser damit umzugehen.«
Ich lief in die Küche und schloss die Tür hinter mir. Ein lauter Donnerknall aus dem Flur verriet mir, dass mein Klient gegangen war. Schwer atmend nahm ich einen Becher aus dem Schrank und goss mir von dem Rooibostee ein, den meine Assistentin Sabine aufgebrüht und in eine Thermoskanne gefüllt hatte. Mit der Tasse in der Hand ging ich zurück in mein Büro und setzte mich in die lederne Sitzecke.
Die alte Standuhr neben der Tür hatte gerade achtzehn Uhr geschlagen, und in der Dunkelheit vor den Fenstern tanzten silberne Schneeflocken. Es waren noch gut drei Wochen bis Weihnachten, und Berlin war nahezu vollständig unter einer glitzernden Decke aus Eis und Schnee verschwunden. Doch ich hatte keinen Blick für den winterlichen Zauber, der sich außerhalb meiner Agentur abspielte. Meine Gedanken kreisten um Richard van Eyk. Ich konnte nicht fassen, wie dumm er war. Wie ignorant. Wusste er nicht, dass andere Menschen alles dafür geben würden, zu erfahren, wer ihre wahre Liebe war? Erst jetzt bemerkte ich, dass ich meinen Becher zu fest hielt. Ich lockerte den Griff und blies hinein, um die dampfende Flüssigkeit abzukühlen. Ein zaghaftes Klopfen ließ mich aufschauen.
»Ja bitte?«, fragte ich. Die Tür öffnete sich, und Sabine schlüpfte herein, ihren weinroten Terminkalender unter den Arm geklemmt.
Als ich meine Agentur vor sechs Jahren in der Villa am Steinplatz eröffnet hatte, war ich von dem Ansturm einsamer Herzen vollkommen überrascht worden. Es war so, als hätte ich einen Nerv getroffen in einer Welt, in der es zunehmend normal schien, seinen Partner mittels Computeralgorithmen zu bestimmen. Ich hielt noch ein paar Wochen durch, indem ich bis tief in die Nacht hinein arbeitete, doch dann wurde mir klar, dass ich eine Assistentin brauchte. Also schaltete ich eine Annonce in der Zeitung. In den nächsten Tagen stellten sich etliche Bewerberinnen vor, aber keine von ihnen passte zu meiner Arbeitsweise. Sie waren zu laut, zu aufgesetzt, zu bemüht, mir zu gefallen. Ich wollte schon die Hoffnung aufgeben, als plötzlich Sabine vor mir stand. Sie war Anfang zwanzig, hatte einen lustig wippenden Pferdeschwanz und große blaue Kinderaugen, die aufgeweckt und fröhlich und ohne jeden Argwohn in die Welt blickten. Noch während wir uns unterhielten, bot ich ihr die Stelle an. Eine spontane Entscheidung, die mir nicht ähnlich sah, die ich aber bis heute nicht bereut hatte.
Sabine lächelte mir zu und trat zu der kleinen, etwas windschiefen Tanne, die sie am Morgen ins Büro getragen und anschließend mit allerlei Kugeln und Glassternen geschmückt hatte. Und mit pausbäckigen Engeln, die in ihre winzigen Trompeten bliesen und dabei so kitschig aussahen, dass meine Mutter bei ihrem Anblick sicherlich in Ohnmacht gefallen wäre. Ein Umstand, der mich augenblicklich für sie eingenommen hatte.
Sabine hantierte an der Lichterkette herum. Sekunden später erstrahlte der Weihnachtsbaum in einem warmen, goldenen Glanz, der dem Raum mit dem antiken Schreibtisch, den holzgetäfelten Wänden und den unzähligen Büchern ringsherum etwas Geheimnisvolles, Nostalgisches verlieh. Während ich die feinen Staubpartikel beobachtete, die aufgescheucht durch die Luft flirrten, ließ meine Anspannung nach. Ich trank noch einen Schluck Tee und stellte meinen Becher auf dem Sofatisch ab. Sabine setzte sich neben mich, streckte ihre schlanken Beine aus, die in engen, rosafarbenen Jeans steckten, und musterte mich besorgt. »Geht es Ihnen gut?«, erkundigte sie sich. »Mir war, als hätte ich Türenschlagen gehört.«
Ich nickte und setzte ein Lächeln auf, von dem ich hoffte, dass es einigermaßen echt aussah. »Nicht der Rede wert. Herr van Eyk hatte sich die Liebe seines Lebens nur etwas anders vorgestellt. Zwanzig Jahre jünger und mit den Maßen eines Models. Ihr Foto hat er trotzdem mitgenommen. Wenn auch in Einzelteilen .« Ich schob die Erinnerung an den unangenehmen Vorfall beiseite und räusperte mich. »Kommen Sie, meine Liebe, es ist schon spät, lassen Sie uns bitte die Agenda für morgen durchgehen.«
Meine Assistentin sah mich an, als wollte sie etwas entgegnen. Dann überlegte sie es sich anders und begann in ihrem Kalender zu blättern. »Ihre erste Klientin morgen ist Nora Rittbach«, informierte sie mich. »Die arme Frau . Erinnern Sie sich an sie?«
»Natürlich«, antwortete ich und zog unwillkürlich meine Strickjacke enger um mich. Das Schicksal der steinreichen Industriellenwitwe war durch sämtliche Boulevardblätter gegangen.
»Die arme Frau«, wiederholte Sabine mitleidsvoll. »Sie wäre besser gleich zu Ihnen gekommen. Da wäre ihr einiges erspart geblieben.« Ihr Finger verharrte auf dem Namen Rittbach und glitt dann zum nächsten Eintrag. »Im Anschluss«, sagte sie und räusperte sich, »treffen Sie sich mit den Steinhoffs zum Mittagessen.«
Ich blinzelte überrascht. Sabine hob den Kopf. »Ich weiß, was Sie jetzt denken«, sagte sie schnell. »Wir haben auch so schon viel mehr Aufträge, als wir bewältigen können, da bleibt keine Zeit für ehemalige Klienten. Aber die beiden wollten Sie unbedingt wiedersehen. Sie haben keine Ruhe gegeben.« Sie hielt inne und sah auf ihre Hände. »Sie bekommen nämlich ein Baby.«
Ich schluckte, fühlte die vertraute Enge in...
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