1 - Impressum [Seite 5]
2 - Vorwort [Seite 6]
3 - Inhalt [Seite 8]
4 - Einführung [Seite 14]
4.1 - Was ist ein Fachwerkhaus? [Seite 14]
4.2 - Zur Geschichte des Fachwerkhauses [Seite 15]
4.3 - Verloren gegangenes Wissen und Nachschulung [Seite 16]
4.4 - Das typische Fachwerkhaus [Seite 17]
4.5 - Schäden und Ursachen [Seite 19]
4.6 - Verdeckte Schäden erkennen [Seite 22]
4.6.1 - Deutliche Anzeichen für Schäden [Seite 23]
5 - 1Die Kellersanierung [Seite 28]
5.1 - Die Bauweise des Kellers [Seite 28]
5.2 - Eindringende Feuchtigkeit [Seite 29]
5.2.1 - Die Kellerwände [Seite 29]
5.2.2 - Der Kellerfußboden [Seite 30]
5.3 - Welcher Qualitätsstandard soll bei der Kellersanierung erreicht werden? [Seite 31]
5.4 - Höchster Standard (Wohnraumqualität) [Seite 31]
5.5 - Hoher Standard (Hobbyraumqualität) [Seite 31]
5.5.1 - Sanierung des Kellerfußbodens [Seite 32]
5.5.2 - Sanierung der Kellerwände [Seite 33]
5.5.3 - Vertikalabdichtung der Kelleraußenwände [Seite 36]
5.5.4 - Behandlung der Kellerinnenwandseiten [Seite 37]
5.5.5 - Innenwandanstrich des Kellers [Seite 38]
5.6 - Normaler Standard (Lagerraum-Qualität) [Seite 38]
5.7 - Niedriger Standard (Abstellraumqualität) [Seite 39]
5.7.1 - Verbesserung des Kellerfußbodens [Seite 40]
5.8 - Was Sie unbedingt vermeiden sollten [Seite 41]
5.8.1 - Verputzen der Wandinnenflächen mit dichten Putzen [Seite 41]
5.8.2 - Dichte Innenwandanstriche [Seite 41]
6 - 2Der Fußbodenaufbau [Seite 42]
6.1 - Erneuerung des Fußbodenaufbaus [Seite 42]
6.1.1 - Dokumentieren und Konservieren [Seite 42]
6.1.2 - Erneuerung des Untergrunds [Seite 46]
6.1.3 - Wärmedämmung und Estrich [Seite 47]
6.2 - Einbau der Oberbodenbeläge [Seite 48]
6.2.1 - Einbau historischer Bodenbeläge [Seite 48]
6.3 - Der Anschluss von Bodenaufbau und Innenwandfundament [Seite 51]
6.4 - Was Sie unbedingt vermeiden sollten [Seite 52]
6.4.1 - Schwelle unter OKFF (Fäulnisgefahr) [Seite 53]
6.4.2 - Aushub tiefer als UK Fundament (Grundbruchgefahr) [Seite 53]
6.4.3 - Alter Sockel über OKFF (Feuchtegefahr) [Seite 53]
6.4.4 - Betonplatte auf Sand (Kapillarität bleibt erhalten) [Seite 54]
7 - 3Der Fundamentsockel [Seite 56]
7.1 - Feuchtesanierung des Fundaments in Verbindung mit dem Schwellbalken [Seite 56]
7.1.1 - 1. Problem: Fundamente sind nicht frostfrei [Seite 56]
7.1.2 - 2. Problem: Fundamente sind mürbe und brüchig [Seite 60]
7.1.3 - 3. Problem: Wasser saugende Fundamente [Seite 61]
7.2 - Was Sie unbedingt vermeiden sollten [Seite 64]
7.2.1 - Die Oberkante des Sockels ist uneben [Seite 65]
7.2.2 - Die Schwelle wird eingeputzt [Seite 65]
7.2.3 - Die Schwelle liegt mittig auf dem Sockel [Seite 66]
7.2.4 - Die Schwelle liegt tiefer als OK-Gelände [Seite 67]
8 - 4Die Fachwerkkonstruktion [Seite 68]
8.1 - Das Holz - Material und Funktion [Seite 71]
8.1.1 - Eigenschaften und Eignung [Seite 71]
8.1.2 - Die Holzfeuchte [Seite 71]
8.1.3 - Die Fachwerkbalken [Seite 71]
8.1.4 - Die Funktion der Fachwerkbalken [Seite 73]
8.1.5 - Balkentypen und ihre Aufgabe [Seite 74]
8.2 - Die Auftragsvergabe [Seite 76]
8.2.1 - Auswahl des richtigen Zimmereibetriebs [Seite 76]
8.2.2 - Beurteilung des Kosten- und Arbeitsaufwands [Seite 76]
8.3 - Holzverbindungen für die Sanierung [Seite 77]
8.3.1 - Riegelaustausch mit dem »falschen« Zapfen [Seite 78]
8.3.2 - Riegelaustausch mit dem »Jagdzapfen« [Seite 78]
8.3.3 - Die offene Riegel-Brüstung [Seite 78]
8.3.4 - Die Längsaufblattung von Schwelle und Rähm [Seite 83]
8.3.5 - Die Anschluss- und die Ecküberblattung von Schwelle und Rähm [Seite 86]
8.3.6 - Die Verlängerung von Ständer und Pfosten [Seite 86]
8.4 - Reparaturvorschläge für begrenzte Maßnahmen [Seite 91]
8.4.1 - Der Zapfenanschluss am Ständer ist offen, die Riegelverbindung ist lose [Seite 92]
8.4.2 - Die Ständervorderseite weist mehrere tief gehende Faulstellen auf [Seite 92]
8.4.3 - Ein Ständerunterteil mit dem darunter liegenden Schwellenbereich ist angefault [Seite 92]
8.4.4 - Übergroße Holznagellöcher [Seite 94]
8.4.5 - Die Ständerfüße und die gesamte Schwelle einer Wand sind schadhaft [Seite 95]
8.5 - Was Sie unbedingt vermeiden sollten [Seite 99]
8.5.1 - Mörtel als Holzersatz [Seite 99]
8.5.2 - Versiegeln von Ritzen und Fugen [Seite 101]
8.5.3 - Brettvorsätze vor verfaulten Balken [Seite 101]
8.5.4 - Aufspleißen des Holzes [Seite 101]
8.5.5 - Überstehende Querhölzer [Seite 102]
8.5.6 - Stumpfstöße und Montagewinkel [Seite 102]
9 - 5Die Ausfachungen [Seite 104]
9.1 - Geeignete Materialien [Seite 104]
9.1.1 - Lehm [Seite 106]
9.1.2 - Ziegel [Seite 107]
9.1.3 - Naturstein [Seite 109]
9.1.4 - Stakung mit Lehmbewurf [Seite 110]
9.2 - Einbau der Ausfachungen [Seite 112]
9.2.1 - Ausbau mit Leichtlehmsteinen [Seite 113]
9.2.2 - Ausbau mit Vollziegelsteinen [Seite 114]
9.2.3 - Ausbau mit Natursteinen [Seite 115]
9.2.4 - Ausbau mit Stakung [Seite 116]
9.3 - Was Sie unbedingt vermeiden sollten [Seite 116]
9.3.1 - Gitter- und Lochsteine [Seite 117]
9.3.2 - Platten mit Klebemörtel [Seite 117]
9.3.3 - Harte Klinker [Seite 117]
9.3.4 - Zementhaltige Ausfüllungen [Seite 117]
9.3.5 - Volldämmstoffe im Gefach [Seite 117]
9.3.6 - Außenüberstand der Ausfachung [Seite 118]
10 - 6Die Wärmedämmung [Seite 120]
10.1 - Die Außendämmung [Seite 121]
10.2 - Die Innendämmung [Seite 122]
10.2.1 - Die Leichtlehmdämmung [Seite 125]
10.2.2 - Die CELLCO-Dämmung [Seite 126]
10.2.3 - Die Tektalan-Dämmung [Seite 129]
10.2.4 - Dämmen mit Faserdämmplatten [Seite 132]
10.2.5 - Dämmung mit Strohleichtlehmsteinen [Seite 134]
10.2.6 - Die Wandheizung [Seite 137]
10.2.7 - Allgemeine Hinweise zu den beschriebenen Dämmmethoden [Seite 139]
10.3 - Die Dämmung der Dachbodendecke [Seite 140]
10.4 - Was Sie unbedingt vermeiden sollten [Seite 142]
10.4.1 - Trockenes Füllgut, Gipskarton und Dampfsperre [Seite 142]
10.4.2 - Dämmwolle, Gipskarton und Dampfsperre [Seite 142]
10.4.3 - Hintermauerung mit Dämmung und Luftschicht [Seite 142]
10.4.4 - Hintermauerung mit Füllgut [Seite 143]
11 - 7Die Verputzarbeiten [Seite 146]
11.1 - Zusammensetzung und Zubereitung des Putzes [Seite 147]
11.1.1 - Putzmaterialien [Seite 147]
11.1.2 - Bindemittel [Seite 148]
11.1.3 - Zuschlagstoffe [Seite 150]
11.2 - Der Außenputz [Seite 150]
11.2.1 - Gefache aus Leichtlehmsteinen oder mit Stakung [Seite 151]
11.2.2 - Ziegel- und Natursteine [Seite 153]
11.2.3 - Verputzen balkenbündiger Ausfachungen [Seite 154]
11.2.4 - Auftragen eines Rappputzes (Schlämmputzes) [Seite 155]
11.2.5 - Im Randbereich abgeschrägter Putz [Seite 156]
11.3 - Der Innenputz [Seite 156]
11.3.1 - Das Verputzen der Außenwandinnenseiten [Seite 157]
11.3.2 - Verputzen reiner Innenwände [Seite 159]
11.4 - Was Sie unbedingt vermeiden sollten [Seite 160]
12 - 8Der Dachstuhl [Seite 162]
12.1 - Die Dachstuhlkonstruktionen [Seite 163]
12.1.1 - Der Kehlbalkendachstuhl [Seite 163]
12.1.2 - Der Pfettendachstuhl [Seite 165]
12.2 - Die Dachstuhlsanierung [Seite 167]
12.2.1 - Schaden am Verbindungsknoten im Fußbereich [Seite 169]
12.2.2 - Schäden an den Dachdeckenbalken eines Kehlbalkendachstuhls [Seite 170]
12.2.3 - Verrottete oder abgeschnittene Balkenköpfe der Dachdeckenbalken [Seite 171]
12.2.4 - Sparren sind stark durchgebogen und in Teilbereichen nicht mehr tragfähig [Seite 172]
12.3 - Die Giebelverbretterung [Seite 173]
12.4 - Der Windfang [Seite 176]
12.5 - Was Sie unbedingt vermeiden sollten [Seite 178]
12.5.1 - Entfernen der Balkenköpfe [Seite 178]
12.5.2 - Durchtrennen der Dachdeckenbalken [Seite 178]
12.5.3 - Dachundichtigkeiten im Traufbereich [Seite 178]
12.5.4 - Fehlender >konstruktiver Holzschutz< am Windfang [Seite 179]
13 - 9Der Dachausbau [Seite 180]
13.1 - Die technische Durchführung [Seite 181]
13.1.1 - Die Baugenehmigung [Seite 181]
13.1.2 - Der Brandschutz [Seite 182]
13.1.3 - Der statische Nachweis [Seite 182]
13.1.4 - Die Lichtöffnungen [Seite 183]
13.1.5 - Der Treppenaufstieg [Seite 183]
13.1.6 - Ausbaulösungen [Seite 183]
13.1.6.1 - Das Leichtbauverfahren [Seite 184]
13.1.6.2 - Das Lehmbauverfahren [Seite 186]
13.1.6.3 - Das Dämmverfahren in zwei Schritten [Seite 188]
13.1.7 - Die Schalldämmung [Seite 189]
13.1.8 - Die Hausinstallationen [Seite 191]
13.1.9 - Der Einbau von Nassräumen [Seite 191]
13.2 - Was Sie unbedingt vermeiden sollten [Seite 194]
13.2.1 - Dampfsperre statt Dampfbremse [Seite 194]
13.2.2 - Beschädigung der Dampfbremsfolien [Seite 194]
13.2.3 - Unvollständig aufgefüllte Wärmedämmung zwischen den Sparren [Seite 194]
13.2.4 - Zu große Fensterflächen und Gauben [Seite 194]
13.2.5 - Verzicht auf die Feuchtigkeitssperre des Rohfußbodens in Nassräumen [Seite 194]
14 - 10Die Fenster [Seite 196]
14.1 - Historischer Rückblick [Seite 196]
14.2 - Die Verbindung zwischen Gestern und Heute [Seite 198]
14.3 - Die Elemente des historischen Fensters [Seite 200]
14.4 - Hinweise zur Fensterausschreibung [Seite 200]
14.5 - Einbauvarianten [Seite 202]
14.6 - Die Fenstermaterialien [Seite 205]
14.7 - Die Fenstersysteme [Seite 207]
14.8 - Das historische Einfachfenster aufarbeiten [Seite 208]
14.8.1 - Reparaturmaßnahmen-Katalog [Seite 208]
14.8.2 - Erläuterungen zum Reparaturmaßnahmen-Katalog [Seite 210]
14.9 - Das Verbundfenster [Seite 214]
14.10 - Das Einfachfenster mit Isolierverglasung [Seite 214]
14.11 - Das Kastenfenster [Seite 221]
14.12 - Das Stockrahmenfenster [Seite 224]
14.13 - Die Verkleidung der äußeren Fensterlaibung [Seite 228]
14.14 - Fenster-Tür-Element für die Deelentoröffnung [Seite 230]
14.14.1 - Grundsätzliches [Seite 233]
14.15 - Was Sie unbedingt vermeiden sollten [Seite 234]
14.15.1 - Unpassende Maßnahmen [Seite 234]
14.15.2 - Schädigende Maßnahmen [Seite 236]
15 - 11Maler- und Anstricharbeiten [Seite 238]
15.1 - Die Anstrichmaterialien [Seite 238]
15.2 - Produktsysteme, Eigenschaften und die Verarbeitung geeigneter Materialien [Seite 241]
15.2.1 - Mineralfarben (Silikatfarben) [Seite 241]
15.2.2 - Silikonharz-Fassaden- und Wandfarben [Seite 242]
15.2.3 - Kasein-Wandfarben [Seite 242]
15.2.4 - Leimfarben [Seite 244]
15.3 - Anwendungshinweise [Seite 245]
15.3.1 - Mineralfarben [Seite 245]
15.3.2 - Silikonharzfarben [Seite 245]
15.3.3 - Kaseinfarbe [Seite 245]
15.3.4 - Leimfarbe [Seite 246]
15.3.5 - Anstrich von Fachwerkbalken [Seite 246]
15.4 - Was Sie unbedingt vermeiden sollten [Seite 247]
16 - 12Fliesenbeläge auf Lehmputzuntergrund [Seite 250]
16.1 - Historischer Rückblick [Seite 250]
16.2 - Die Fliesenprodukte [Seite 252]
16.3 - Verlegen der Wandfliesen auf Lehmputzuntergrund [Seite 252]
16.3.1 - Erforderliche Arbeitsschritte [Seite 252]
16.4 - Was Sie unbedingt vermeiden sollten [Seite 253]
16.4.1 - Nicht alle Wandflächen verfliesen [Seite 253]
16.4.2 - Nicht mit Zementmörtel auf Lehmuntergrund [Seite 253]
16.4.3 - Fliesen nicht direkt auf Holzuntergrund verlegen [Seite 253]
17 - 13Das Haus steht unter Denkmalschutz [Seite 256]
17.1 - Denkmalschutz gemäß dem Denkmalschutzgesetz (DSchG) [Seite 256]
17.1.1 - Die »Untere Denkmalbehörde (UD)« [Seite 257]
17.1.2 - Die »Obere Denkmalbehörde (OD)« [Seite 257]
17.1.3 - Die »Oberste Denkmalbehörde« [Seite 258]
17.1.4 - »Der Landeskonservator« oder auch »Das Landesdenkmalamt« [Seite 258]
17.2 - Schlussbemerkung [Seite 258]
18 - Nachwort [Seite 260]
19 - Anhang [Seite 262]
19.1 - Adressen, die weiterhelfen [Seite 262]
19.2 - Weiterführende Literatur [Seite 265]
Einführung
Was ist ein Fachwerkhaus?
Für Fachwerkhäuser hatte ich schon immer eine Vorliebe. An ihnen ist nichts genormt, gerade oder übertrieben exakt. In ihnen steckt das Wissen, die Erfahrung und die Handwerkskunst der Zimmerleute von mehr als 1?000 Jahren. Fachwerkhäuser sind sozusagen die Individualisten unter den Häusern. Sie sind elastisch und äußerst widerstandsfähig. Sie können Jahrhunderte überdauern.
Eine Fachwerkkonstruktion ist ein äußerst stabiles, langlebiges und konsequent errichtetes Holzständerwerk, welches im Wesentlichen durch reine Holzverbindungen zusammengehalten wird. Die Wandfelder (Gefache) sind mit weichen Materialien ausgefüllt, die dem elastischen Holzgefüge angepasst, wetterbeständig, winddicht und hoch atmungsaktiv sind. In der Regel handelt es sich bei den Baumaterialien um organische Stoffe oder um solche organischen Ursprungs. Ein Fachwerkhaus ist also ein wirkliches Ökohaus.
Fachwerkhäuser wurden in nahezu grenzenloser Zahl erbaut, seit mehr als 1?000 Jahren. Die ältesten, die heute noch erhalten sind, stammen aus dem 13. und 14. Jahrhundert.
Zu den Bauten, die als Fachwerkkonstruktionen errichtet wurden, gehören
- Burgen und Schlösser,
- Rathäuser und prunkvolle, vielgeschossige Patrizierhäuser,
- große, prächtige Schulzenhöfe und einfache Pachthöfe,
- Scheunen, Remisen und Werkstätten,
- Handwerker-, Tagelöhner- und Ackerbürgerhäuser,
- Kirchen, Klöster und viele mehr.
Die Fachwerkkonstruktion war für jeden Haustyp geeignet. Sie war solide und langlebig. Fähige Handwerker und die notwendigen Baumaterialien gab es in unseren Regionen überall.
Im Norden Deutschlands wurde vornehmlich Eiche verwendet, in anderen Regionen dagegen seit dem späten Mittelalter häufig auch Nadelholz, dann jedoch mit größeren Balkenquerschnitten. In diesen Fachwerkkonstruktionen wurden Riegelverbindungen mit kurzen Zapfen oft nur gesteckt und nicht durch Holznägel gesichert. Diese Konstruktionen sind durch aufwändige Strebenverbände so versteift, dass auf die Riegelanschlüsse keine Zugkräfte einwirken. Dadurch konnte dort auf Holznagelung verzichtet werden (Abb. 1). Obwohl ich mich in diesem Buch auf Eiche als Fachwerk-Baumaterial beschränke, treffen meine Anregungen bei Nadelholzkonstruktionen in gleicher Weise zu.
Zur Geschichte des Fachwerkhauses
Das Fachwerkhaus hat eine lange Geschichte, die in Deutschland und fast allen anderen Ländern des nördlichen Europas vermutlich bis ins 5. und 6. Jh. n. Chr. zurückgeht. Kleine Pfahl- und Pfostenhäuser mit Weidengeflecht und Lehmbewurf waren seine Vorgänger.
Die Entwicklung schritt schnell voran. Bereits im frühen Mittelalter entstanden mehrgeschossige Fachwerkbauten. Neben den massiven Bruchsteinburgen der Bischöfe, Fürsten und Ritter war das Fachwerkhaus die übliche und am weitesten verbreitete Hausform.
Zu seiner höchsten Blüte gelangte der Fachwerkbau im 13. Jh. Sie währte bis ins 16. Jh. hinein. Überall entstanden kunstvoll verzierte Patrizierhäuser mit profilierten und mit feinem Schnitzwerk überzogenen Balken, mit wunderbaren Flecht- und Schmuckfachwerken. Häuser, die mitunter 7 bis 8 Stockwerke hoch waren. Eine Blütezeit erlebten auch der Handel und das Handwerk. - Es war die Zeit der Hanse. Damals wurde auch mit dem Bau der großen Kathedralen begonnen, wie z.B. mit dem Kölner Dom.
Foto: Manfred Christ
Abb. 1: Die Fachwerkfassaden prachtvoller Bürgerhäuser prägen auch heute noch das Stadtbild vieler historischer Innenstädte.
Mit Beginn des 30-jährigen Krieges, im Jahre 1618, war diese Epoche endgültig vorbei. Nach diesem Krieg, in den fast ganz Nordeuropa verwickelt war, begann eine zögerliche Aufbauphase. Die Fachwerkkonstruktionen wurden einfacher und sachlicher. Man baute mit geringeren Balkenquerschnitten. Die Ständer, Pfosten und Riegel lagen weiter auseinander, Verzierungen gab es nur wenige. Man musste sparen, vor allem beim Bauholz.
Im 18. und 19. Jh. wurden die Balkenquerschnitte weiter reduziert. Die Konstruktionen blieben dennoch stabil und dauerhaft. Die meisten der bis heute erhaltenen Fachwerkbauten stammen aus dieser Zeit. Erst zum Ende des 19. Jh. und mit dem beginnenden 20. Jh. wurde auch in Norddeutschland neben der Eiche, dem eigentlichen Fachwerk-Baumaterial, Nadelholz mit sehr geringen Balkenquerschnitten verwendet. Zuerst nur für die Innenwände, bald aber auch für die Außenwände.
Die Zeit der Fachwerkkonstruktionen war um 1925 im Großen und Ganzen zu Ende. Eiche war zu teuer, die späten Nadelholzkonstruktionen nicht dauerhaft genug. Andere Bauweisen wurden bevorzugt. Sie waren preiswerter, stabiler und boten mehr Wohnqualität.
Die Kunst der Zimmerleute, eine hochwertige Fachwerkkonstruktion zu entwerfen und zu errichten, ging nach und nach verloren. Nicht zuletzt auch wegen der zunehmenden Flut von immer neuen Bauvorschriften, in denen für das Fachwerkhaus kein Platz mehr war.
Verloren gegangenes Wissen und Nachschulung
Die alte Tradition des Zimmererhandwerks, das seine Konstruktionen ausschließlich mit reinen Holzverbindungen fertigte, geriet mit den letzten alten Zimmerleuten in den 50er- und 60er-Jahren des 20. Jh. endgültig in Vergessenheit. In den 70er- und 80er-Jahren erkannte man diesen Verlust.
Auf Anregung der Landesdenkmalämter, aber auch aufgrund von Eigeninitiative organisierten Fachinstitute, Handwerksverbände und Akademien Schulungen für Ingenieure, Architekten, Meister, Handwerker und interessierte Laien.
Das verschüttete Wissen von den alten Handwerkstechniken, über Verfahren und Materialien für den richtigen Umgang mit dem historischen Kulturerbe sollte wieder belebt werden. Denn welcher Architekt oder Ingenieur wusste, wie ein Fachwerkhaus sach- und fachgerecht zu sanieren und zu modernisieren war? Welcher Zimmermann kannte noch die alten Holzverbindungen? Welcher Maurer konnte noch einen Bogen, geschweige denn ein Kreuzgewölbe mauern? Welcher Stuckateur konnte noch Schablonen fertigen, Stuckprofile ziehen und anbringen? Welcher Maler konnte noch Deckenornamente und Wandfriese anfertigen, vergolden und Schriften malen? Welcher Steinmetz konnte noch eine einfache Vierung einpassen oder gar eine Kreuzblume anfertigen? So wurden also interessierte Fachleute zum Denkmalpfleger oder zum >Restaurator im Handwerk< weitergebildet.
Langsam kam etwas in Bewegung, denn die dramatische Zunahme der Schäden an den historischen Bauten verlangte dringend nach geeigneten Sanierungsmethoden. Die für die Ausbildung eigentlich zuständigen Institutionen wie Berufsschulen, Ausbildungsbetriebe und Lehrbauhöfe, aber auch Ingenieurschulen und Universitäten, konnten die Wissenslücken nicht mehr füllen. Seit Mitte der 80er-Jahre ist aber auch hier ein Wandel eingetreten. Es werden, wenn auch noch zögerlich, Lehrgänge, Seminare und Ausbildungslehrgänge für die praktische Denkmalpflege und zur Nachschulung der Handwerker angeboten.
Heute kann der Eigentümer eines historischen Fachwerkhauses wieder Fachleute und Handwerker finden, die wissen, worum es geht, wie man es machen darf und wie nicht. Es ist aber immer noch mühsam und leider oft auch ein Glücksspiel, die richtigen Partner für die Sanierung seines Hauses zu bekommen. Mit der Zeit wird sich diese Situation jedoch verbessern, denn man hat das Problem erkannt und arbeitet an einer Lösung.
Das typische Fachwerkhaus
In diesem Buch beziehe ich mich auf ein westfälisches Fachwerk-Bauernhaus aus dem späten 18. Jh., wie es in dieser oder ähnlicher Form heute recht oft anzutreffen ist - mit allen Veränderungen und Spuren, die im Laufe von rund 250 Jahren hinzugekommen sind.
Foto: Gerda Jucho, Archiv Almuth Platte, Hamm
Abb. 2: Westfälischen Fachwerk-Bauernhaus
Abb. 3: Bestandteile eines typischen westfälischen Fachwerkhauses
Ganz bewusst habe ich ein Bauernhaus als Beispiel gewählt, weil infolge der gravierenden Veränderungen in der Landwirtschaft Häuser dieser Art mehr und mehr völlig umgenutzt und umgebaut werden. Wohn- oder auch Büronutzung erstreckt sich oft über das gesamte Haus mit dem ehemaligen Wirtschaftstrakt, mit Deele und Stallungen.
Meine Lösungsvorschläge beziehen also diesen besonderen Problembereich mit ein, ohne damit höherwertige Fachwerkhäuser auszuschließen. Ganz im Gegenteil, ich bemühe mich um Allgemeingültigkeit. So treffen meine Vorschläge zur Feuchtesanierung, zur Wiederherstellung der Fachwerkkonstruktion, zum Erneuern der Ausfachungen, zum Einbau einer Wärmedämmung, zur Erneuerung der Hausinstallationen, zum Dachausbau und zu anderen Themen in gleicher Weise auf alle Fachwerkbauten zu.
Schäden und Ursachen
Obwohl das Fachwerkhaus im Grunde sehr stabil und langlebig ist, weist es häufig ganz erhebliche Schäden auf.
- Das Holz ist angefault, Balkenteile fehlen.
- Verbindungen sind locker oder nicht mehr vorhanden.
- Gefache sind lose oder fallen ganz heraus.
- Wände sind schief und haben sich gesetzt.
- Decken hängen nach außen.
- Fenster und Türen klemmen
- und vieles andere mehr.
Wie kann es dazu kommen? Wo liegen die Ursachen? Eigenartigerweise trifft...