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Wurden Sie schon einmal über die Maßen gelobt? Wenn ja, teilen Sie mir bitte mit, wie sich das anfühlt. Ich muss das immer selbst tun. Eine Runde Mitleid bitte! Ja, Sie dürfen mir ruhig ein wenig den Bauch pinseln, ich halte das schon aus!
Ob man jemandes Bauch pinselt, oder ihn (sie) bauchpinselt, oder gar dieser Person den Bauch pinselt, sind bedeutungsmäßig äquivalente Ausdrücke. Sie unterscheiden sich nur im Casus, also dem grammatikalischen Fall. Nun bin ich zwar zeitlebens ein Freund des Genitivs, aber der Akkusativ ist auch akzeptabel. Nur dem Dativ hängt irgendwie immer etwas Triviales an, finde ich. Also bleiben wir hier beim "bauchpinseln".
Die Herkunft ist hier nicht mit letzter Sicherheit zu klären, aber es gibt einen Konsens darüber, dass dieser Ausdruck erst im 20. Jahrhundert entstanden sein dürfte2, vermutlich in einer Schweizer Studentenvereinigung. Weil die Schweizer ein ganz eigenes Verhältnis zum Diphthong haben, hieß es dort ursprünglich wohl "buchpinslet".
Dass sich das vom Streicheln einer Katze herleitet, wie manche behaupten, darf durchaus angezweifelt werden. Wenn ich meinen Kater an einer anderen Stelle als unter dem Kinn kraule, kratzt er mich jedenfalls fast immer augenblicklich, obwohl er an und für sich ein äußerst friedfertiges Exemplar der Spezies Felis catus ist. Was uns nun doch ein paar Jahrhunderte in der Zeit zurück versetzt, denn in der frühen Neuzeit kannte man den Ausdruck wohl als "den Kauzen streichen", und damit war vielleicht das Kraulen unter dem (Doppel-)Kinn gemeint. So genau lässt sich das nicht mehr feststellen. Leider entwickelt der Mensch das Doppelkinn oft erst in einem Lebensalter, in dem niemand mehr das Bedürfnis hat, ihn dort zu kraulen.
Wenn das Bauchpinseln wirklich bei den Studenten erfunden wurde, könnte man mutmaßen, dass es eine sexuelle oder eine alkoholische Komponente hat. Was bei ersterem der Pinsel ist, muss nicht erklärt werden, oder? Und das medizinische Wort für das betreffende Organ des männlichen Körpers ist sprachlich tatsächlich mit dem Pinsel verwandt.
Ich jedenfalls möchte jetzt die Kurve zur Anständigkeit erwischen, und postuliere einmal, dass der Ursprung in einem nach lukullischen Genüssen vollen Bauch liegen mag, über den man sich dann zufrieden strich. Damit schmeichelte man sich gleichsam selbst, und "jemandem schmeicheln" ist ja auch die Bedeutung von "bauchpinseln".
Der Pinsel selbst geht übrigens auf die alten Römer zurück. Dort war "peniculus" das lateinische Wort für Bürste, Pinsel oder auch Schwamm. Haben Sie sich übrigens einmal gefragt, wie die Römer aufs Klo gingen? Und vor allem, wie sie sich danach reinigten?
Der Toilettenbesuch war bei den Römern ein gesellschaftliches Ereignis. Man saß aufgereiht wie die Hühner nebeneinander auf einem Donnerbalken, um sich nach erledigtem Geschäft mit einem Schwamm zu reinigen, der zwischendurch in einen Eimer mit Wasser getaucht wurde. Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen damit geht, aber ich lebe ganz gern in unserer Zeit, vor allem, wenn ich mir das dort herrschende Odeur vorstelle, ganz zu schweigen vom gemeinsamen Schwamm.
Das Odeur kommt natürlich aus dem Französischen, wobei der Ursprung, wie bei so vielen Wörtern der romanischen Sprachen, im Lateinischen liegt, wo das Wort "odor" so ziemlich alle Bereiche zwischen "Wohlgeruch" und "Gestank" abdeckt. Dabei sind die olfaktorischen Wahrnehmungsmöglichkeiten des Menschen deutlich besser, als die meisten glauben: Angeblich kann unser Geruchssinn bis zu einer Billion (also tausend Milliarden, außer Sie sind österreichischer Finanzminister; dann ist es eine Million mit sechs vergessenen Nullen hintendran) verschiedene Nuancen wahrnehmen. Das hat die Evolution somit recht gut hinbekommen. Wir können deutlich mehr Gerüche unterscheiden als zum Beispiel Farben.
Beim Riechvorgang kommen die Moleküle der Geruchsstoffe an die Riechschleimhaut in der oberen Nasenhöhle. Dort werden sie gelöst, und sind erst dann für die Zellen der Rezeptoren chemisch existent. Da wir etwa 350 Rezeptorgruppen besitzen, jede für eine bestimmte Geruchsgruppe, ergibt sich erst aus der Mischung die Möglichkeit, die oben genannte hohe Zahl an unterschiedlichen Geruchsnuancen wahrzunehmen. Dabei ist für jeden Menschen natürlich die genetische Veranlagung am wichtigsten, aber auch das Training spielt eine große Rolle, fragen Sie einmal einen Somelier! Das Gehirn kann das Riechvermögen tatsächlich durch Übung "erlernen" - oder zumindest verfeinern.
Da es nichts gibt, was die EU nicht normt, gibt es auch für die Olfaktometrie eine Norm: Die europäische Norm EN 13725:2003 standardisiert tatsächlich das Messen von Gerüchen. Man untersucht dabei einfach, wie stark man eine Probe verdünnen kann, bis die Hälfte der Prüferinnen nichts mehr riecht. Diese Verdünnung ist dann der Zahlenwert der Geruchsstoffkonzentration. Die Einheit lautet GEE/m3 ("Europäische Geruchseinheit pro Kubikmeter"). Schon irgendwie krass, oder? Eine Frage, die mir dabei nicht aus dem Kopf geht: Ändern sich die Werte, wenn die Prüferinnen einen Schnupfen haben?
Der Odem hingegen ist der "Atem des Lebens". Das kommt nicht aus dem Lateinischen und ist mit dem Odeur auch nicht verwandt, außer Sie haben gerade eine wohlschmeckende und hintendrein weniger wohlriechende Knoblauchsuppe gegessen. Ich meinte hier aber ohnehin die sprachliche Verwandtschaft, und nicht die olfaktorische. Vermutlich kommt das Wort "Odem" aus dem Indogermanischen, aber den betreffenden indogermanischen Begriff kennen wir nicht. Was wir allerdings wissen, ist, dass im Althochdeutschen "atum", und im Mittelhochdeutschen "atem" oder "aten" genau das bezeichnet, was wir heute noch darunter verstehen: den Atem, den (Luft-)Hauch. Der "Odem" ist eher bei Dichtern gebräuchlich, weil das Wort irgendwie weicher, edler und schöner klingt; und natürlich in Martin Luthers Bibelübersetzung, wohl aus ganz ähnlichen Gründen. Was nach so viel Schönheit beinahe danach verlangt, durch einen harten Kontrast in die Innereien der deutschen Sprache einzudringen. Gleichsam ins linguistische Gekröse. Oder, wie der berühmte deutsche Dramatiker und Lyriker des 19. Jahrhunderts, Friedrich Hebbel es so plakativ auszudrücken pflegte:
Menschen, worin Gottes Odem sitzt
wie in einem aufgeblasenen Darm.
Wenn Sie einen Jäger fragten, würde er unter Gekröse den "Aufbruch", also die inneren Organe eines erlegten Tiers verstehen. Tatsächlich kommt das Wort auch davon, denn spätmittelhochdeutsch war "gekroese" eben das Gedärm von Kalb und Lamm. Vermutlich kommt unser Adjektiv "kraus" (wie in "krauses Haar") davon, weil ja die Gedärme gleichsam in Locken im Bauchraum liegen. Nein, ich scherze hier nicht.
Mediziner verstehen darunter allerdings etwas anderes. Das Gekröse (Fachbegriff: Mesenterium) besteht aus Gewebebändern, die verschiedene Darmabschnitte im Körper befestigen. Also die Darmaufhängevorrichtung, wenn Sie so wollen. Das hatte übrigens schon der Universalgelehrte Leonardo da Vinci, der selbst ja nie eine Universität besucht hatte, entdeckt. 2018 gab es dann eine Menge Getöse ums Gekröse, als zwei irische Wissenschaftler entdeckten, was so ziemlich jede Medizinstudentin3 in der Anatomievorlesung schon seit Jahrzehnten gelernt hatte: Das Gekröse sei ein Organ! Keine einzelnen Bänder, nein ein richtiges Organ! Das publizierten die beiden auch gleich im Fachjournal "The Lancet" - und ernteten Kopfschütteln, Spott und Hohn. Warum? Dazu müssen wir uns ansehen, wie ein "Organ" definiert ist:
"Ein Organ ist eine funktionelle Einheit verschiedener Zellen in einem Lebewesen. Es entwickelt sich aus demselben Stamm an Zellen (Organogenese)."
Und genau daran hatte beim Mesenterium in der Medizin auch nie jemand gezweifelt. Bevor das alles jetzt aber allzu medizinisch wird, folgen wir wieder schwungvoll einer Darmwindung in Richtung eines etwas profaneren Wissens zum Gekröse, wobei ich meine Leserinnen für den nächsten Absatz entschuldige. Er betrifft sie kaum:
Das Gekröse ist nämlich der verantwortliche Bösewicht, der Männern den Bierbauch beschert. Neben Blutgefäßen, die den Darm versorgen, besteht es vor allem aus einem: aus Fett! Warum der Bierbauch dann nicht Fettbauch heißt, weiß ich allerdings nicht. Was ich aber (vom Hörensagen) weiß:
Wenn diese Wampe allzu umfangreich wird, verlängert das für Männer aus Sichtgründen den Suchvorgang nach dem Gemächt. Diese (zumeist bereits älteren) Männer müssen dann häufiger zur Toilette, weil eben nicht mehr jeder Gang von Erfolg gekrönt ist. Habe ich gehört. Es könnte aber auch nur ein bösartiges Gerücht ums Gemächt...
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