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Christian Schramm
Wer literarische Ausflüge in die Bibel plant, muss für sich das genaue Ziel klären. Das ist gar nicht so einfach, denn die Bibel ist nicht nur ein dickes, sondern auch ein äußerst vielfältiges Buch - besser gesagt: eine umfängliche Büchersammlung. Da ist guter Rat teuer: Was lohnt sich? Was muss ich gesehen, sprich: gelesen haben?
Unabhängig davon, dass favorisierte Reiseziele zu einem Gutteil immer subjektiv und Geschmackssache sind - das gilt sowohl für literarische als auch für reale -, gibt es in der Bibel selbst durchaus eine (auch wertende) Gewichtung zwischen einzelnen Teilen. Einzelne Kanonteile sind so grundlegend, so elementar im biblisch-kanonischen Selbstverständnis, dass sie bei keiner Bibelreise fehlen sollten - idealerweise starte ich hier.
Im Alten Testament sind dies die ersten fünf Bücher, die zu den unverzichtbaren Basics zählen: die Tora, der Pentateuch oder die fünf Bücher Mose genannt. Damit beginnt nicht nur die Bibel, sondern mit dem Beginn der Tora beginnt schlechterdings alles - wird hier doch von der Schöpfung erzählt (s. Genesis).
Auch die Anfänge des Volkes Israel finden sich in der Tora, weshalb die Tora die zentrale Gründungsurkunde für die jüdische Religion, ja für das jüdische Volk darstellt und folgerichtig im Synagogengottesdienst (heute) eine wichtige Rolle spielt. Die Tora wird als Bahnlesung von vorne bis hinten gelesen. Es gibt sogar ein eigenes Fest im jüdischen Festkalender, an dem ausgelassen mit den Tora-Rollen in der Hand gefeiert wird: Simchat Tora, das "Fest der Torafreude". An diesem Tag wird der letzte Toraabschnitt im Synagogengottesdienst gelesen - und unmittelbar danach wieder der erste. Das soll versinnbildlichen: Die Tora ist ewig wie Gott; die Toralesung endet nie.
Doch mag der eine oder die andere Bedenken gegenüber einer Reise in die Tora haben, da es hier so gesetzlich zugehen würde. Dieses verbreitete Vorurteil hängt damit zusammen, dass der hebräische Begriff "Tora" im Griechischen mit "Nomos" (so die Septuaginta) und im Lateinischen mit "Lex" (so in der Vulgata zu finden) wiedergegeben wird.
Für "Lex" und "Nomos" ist die hauptsächliche Übersetzung "Gesetz". Sind also die fünf Bücher Mose quasi "Gesetzesbücher"? Und ein "Fest der Gesetzesfreude" klingt eher nicht nach einer reizvollen Partyeinladung.
Allen Zweiflern und Skeptikerinnen sei zum einen ein persönlicher Besuch in der Tora empfohlen. Zum anderen kann ein Hinweis ermutigend mit auf den Weg gegeben werden: Tora kann zwar auch mit "Gesetz" übersetzt werden, doch ist das Bedeutungsspektrum viel weiter. Tora meint ebenso "Lehre", "(An-/Unter-) Weisung" - und mit Blick auf die vorrangige Verwendung in der Bibel lässt sich das noch zuspitzen: Tora ist die "Weg-Weisung Gottes" - Zielperspektive: ein gelingendes Leben, Heil und Segen in Fülle, Wohlergehen, Schalom. Ps 1,1-3 bringt dies treffend auf den Punkt.
Logbucheintrag: "Selig der Mensch, der . sein Gefallen hat an der Weisung des HERRN, bei Tag und bei Nacht über seine Weisung nachsinnt. Er ist wie ein Baum, gepflanzt an Bächen voll Wasser, der zur rechten Zeit seine Frucht bringt und dessen Blätter nicht welken. Alles, was er tut, es wird ihm gelingen." (Ps 1,1-3)
So gesehen: Ein "Fest der Freude über die Lebensweisung Gottes" ist eine äußerst attraktive Feiergelegenheit.
Fünf Bücher umfasst die Tora (Genesis = Gen, Exodus = Ex, Levitikus = Lev, Numeri = Num, Deuteronomium = Dtn) und siedelt sich damit zahlenmäßig zwischen Bestsellern wie "Herr der Ringe" (3 Bände) und "Harry Potter" (7 Bände) an. Alle, die sich eine komplette Durchreise vorgenommen haben, können dies unter verschiedenen Blickwinkeln tun. Zwei finde ich besonders ergiebig.
Die Tora kann als Erzählung vom Volk Israel auf dem Weg gelesen werden - und zwar auf dem langen Weg in die Freiheit. Während im Buch Gen die Vor- und Entstehungsgeschichte präsentiert wird, geht es diesbezüglich in Ex (s. Exodus) richtig los. Ex, Lev, Num und Dtn nehmen uns mit auf einen spannend-spannungsreichen Weg mit vielen Höhen und Tiefen, mit Freud und Leid, mit Murren und Jubel. Ein Lernweg - für das Volk Israel ebenso wie für Gott.
40 Jahre, so die biblische Überlieferung, ist das Volk unterwegs: aus dem Sklavenhaus Ägypten - durch die Wüste - Richtung Gelobtes Land - Sackgassen und Umwege inklusive. Also: Wanderfreund*innen werden hier auf ihre Kosten kommen. Wobei auch längere Zeit pausiert wird. Hier sind Bergsteiger*innen gefragt: Ein (textlich) längerer Stopp wird mittendrin am Gottesberg Sinai (manchmal als Berg Horeb bezeichnet) eingelegt.
Der - vielleicht geniale, vielleicht frustrierende - Clou: Das Volk Israel kommt nur bis an die Grenze des verheißenen Landes. Man erhascht einen ersten Blick, schnuppert ein wenig Luft von Freiheit, Milch und Honig - und dann endet die Tora mit dem Tod des Mose (Dtn 34), quasi auf der Schwelle. Ein Cliffhanger, der zur nächsten Bibelreise motivieren kann - das sich anschließende Buch Josua ist allen zu empfehlen, die nicht mit dieser Grenzerfahrung aufhören wollen.
Was Frodo im "Herrn der Ringe" und Harry Potter in den gleichnamigen Romanen das ist Mose in der Tora: der zentrale Held, den wir bei seinen Abenteuern und Prüfungen, bei Höhenflügen und Abstürzen begleiten. Die fünf Bücher werden in der Tradition nicht nur auf Mose zurückgeführt, sie lassen sich wie eine Biographie von Mose lesen. Von seiner Geburt inklusive dramatischer Rettungsaktion (Stichwort "Binsenkörbchen") über seine Erfolge und Misserfolge als großer Volksanführer, Befreier und Gottes Sprachrohr bis hin zu seinem Tod - dieser Bogen wird erzählerisch von Ex 1-2 bis Dtn 34 nachvollzogen. Von daher eignet sich die Tora gerade auch für all diejenigen gut, die eine Bildungsreise auf den Spuren des Mose unternehmen wollen.
Logbucheintrag: "Niemals wieder ist in Israel ein Prophet wie Mose aufgetreten. Ihn hat der HERR von Angesicht zu Angesicht erkannt" (Dtn 34,10).
Die Tora kann eine gute und erhellende Vorbereitung für weitere Bibelexkursionen sein, da in vielen anderen biblischen Texten auf sie Bezug genommen, daraus zitiert, darauf verwiesen wird. Das gilt im Übrigen auch für das Neue Testament (s. Matthäus). Doch schadet ein wenig Vorbereitung auf die Tora selbst nicht. Wer in die fünf Bücher Mose hineinreist, der muss sich bewusst machen, dass wir es hier z. T. mit den ältesten Traditionen der Bibel zu tun haben. Manche Texte sind sicherlich mehrere tausend Jahre alt.
Logbucheintrag: "Mirjam sang ihnen vor: Singt dem HERRN ein Lied, denn er ist hoch und erhaben! Ross und Reiter warf er ins Meer." (Ex 15,21)
Alte Texte einerseits, Tradierung, Weitergabe und Wachstum über einen langen Zeitraum andererseits - das führt, trotz Endredaktion (oft um 400 v. Chr. angenommen), dazu, dass das Endprodukt so manche Auffälligkeit und Stolperstelle in sich trägt. Brüche, Spannungen, Ungereimtheiten, ja auch Widersprüche sind in einem derart umfänglichen literarischen Werk mit derart komplex-komplizierter Entstehungs- und Wachstumsgeschichte nicht nur erwartbar, sondern quasi unumgänglich. Das sollte man wissen, damit man beim Stolpern nicht zu Fall kommt.
In literarischer Hinsicht bietet die Reise durch die Tora sowohl leicht gängiges Gelände (besonders in Gen und Ex finden sich viele spannende Erzähltexte) als auch steinig-steilere Passagen. Das Buch Lev mit seinen zahlreichen Kult- und Opfervorschriften beispielsweise dürfte von vielen eher als herausfordernd und...
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