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Der Begriff, mit dem der Artikel übertitelt war, gefiel ihm. Peter von Sybar las ihn mit Genugtuung. Als >Printenprinz< hatte ihn ein Journalist bezeichnet, der für ein Wirtschaftsmagazin eine Reportage über ihn verfasst hatte. Es schmeichelte ihm sogar, dass der Journalist ihn fast genauso titulierte wie sein großes Vorbild, die Nummer eins in der Aachener Süßwarenbranche, den in einem Nachrichten-Magazin gewürdigten >Printenkönig<. Außerdem umfasste der für ihn gefundene Name >Printenprinz< zusätzlich eine Funktion, die der >Printenkönig<, der stärkste Mitbewerber seines Schwiegervaters Heinrich von Sybar, auf dem Markt nicht innehatte. Er hatte sich immer gerne mit Printen beschäftigt und daher fühlte er sich gleich in doppelter Hinsicht wohl in seiner Rolle als Prinz.
Nach seiner Heirat mit Elisabeth vor rund 20 Jahren war er in das Imperium des Aachener Printenproduzenten Heinrich von Sybar eingestiegen. Er hatte sogar den Familiennamen seiner Frau angenommen. Sein Schwiegervater galt weltweit neben dem >Printen-König<, ebenfalls aus Aachen, als einer der Herrscher in der Branche, geradezu zwangsläufig fiel dessen Schwiegersohn die Rolle des Prinzen zu: Peter von Sybar, geborener Hommelsheim, würde, so war es ausgemacht, die Führung des Unternehmens übernehmen, wenn der Senior irgendwann einmal abdankte.
Eine fast schon unabdingbare Folge seines Mitwirkens im Aachener Geldadel war die Übernahme einer anderen Prinzenrolle, die des Karnevalsprinzen. Wie sein Schwiegervater gehörte er einer der renommierten Karnevalsgesellschaften in Aachen an, bekleidete dort als dessen Nachfolger das Amt des Kassenprüfers und war vor ein paar Jahren in das närrische Gewand der Öcher Tollität geschlüpft. Als Prinz Peter der Zweite hatte er, mit Elisabeth als Ihre Lieblichkeit Lissi die Erste an seiner Seite, die im Rheinland so gerne gefeierte Fünfte Jahreszeit bestritten, war am 11.11. als Prinz Karneval in das Kostüm geschlüpft und hatte am Aschermittwoch dieses Kapitel als erledigt abgehakt. Die nicht unerheblichen finanziellen Aufwendungen für Spenden, für den Unterhalt seiner Begleitmannschaft, für Orden und für die überall verteilten Printen waren in einen sechsstelligen Bereich geklettert. Es war eine gute Investition gewesen, wie er nachher an den Bilanzzahlen feststellte. Der Werbewert und die Umsatzsteigerung während und nach der Session zeigten ihm, dass seine Zeit als Narrenherrscher eine lang anhaltende wirtschaftliche Wirkung erzielt hatte. Auch diesen Aspekt hatte der Journalist mit anerkennender Hochachtung vermittelt.
Er wusste um seine Wirkung auf die Mitmenschen, er konnte sie mit seinem Charme einfangen, sie mit seiner Begeisterung für seine Ziele gewinnen. Schon während des Betriebswirtschaftsstudiums an der RWTH Aachen, bei dem er Elisabeth kennen gelernt hatte, war es so gewesen, das blieb nach dem Diplom so, als er auf Anhieb das Wohlwollen seines Schwiegervaters gewann, das war im Unternehmen so, in dem ihm alle blindlings vertrauten; kurzum, er war allseits beliebt.
Glaubte er jedenfalls.
Elisabeth von Sybar verachtete ihren Mann. Als Hass würde sie ihr Gefühl nicht bezeichnen. Hass war für sie das Gegenteil von Liebe, und da sie Peter im Prinzip nie geliebt hatte, konnte sie ihn auch nicht hassen. Aber sie verachtete ihn, wie sie inzwischen auch ihren Vater verachtete. Sie hatte stets das getan, was er ihr vorgeschlagen hatte. Sie hatte das Abitur gemacht, weil er es wollte. Sie hatte an der RWTH studiert, weil er meinte, ein Abschluss in BWL könne nicht schaden, wenn sie in die Leitung des Unternehmens einsteigen würde. Und sie hatte auf ihn gehört, als sie zugeben musste, dass sie für das Studium nicht geeignet war und sie zugleich Peter kennenlernte. Peter war groß, sportlich, schlank, mit einem soliden Selbstbewusstsein und einer charismatischen Ausstrahlung ausgestattet; kurzum ein Mann, für den nicht nur sie schwärmte. Ihr Vater hatte ihn sofort als geeigneten Schwiegersohn und Firmenleiter anerkannt und ihr die Heirat vorgeschlagen. Also hatte sie Peter geheiratet. Nicht unbedingt aus Liebe, eher aus Gefälligkeit ihrem Vater gegenüber.
In den ersten Jahren ihrer Ehe hatte sie sich noch von Peter blenden lassen, zum einem wegen ihrer finanziellen Unabhängigkeit, zum anderen wegen ihres gesellschaftlichen Lebens, der sozialen Anerkennung und der ständigen Hilfsbereitschaft, mit der ihr Vater und ihr Mann sie umgaben. Elisabeth bemerkte erst spät, dass die Männer aus reinem Selbstzweck handelten. Ihr Vater spielte immer noch die Rolle des zu früh verwitweten Mannes, der sich nach außen hin trotz aller unternehmerischen Tätigkeiten liebevoll um seine Tochter kümmerte. Für Peter war sie schmückendes Beiwerk, wenn er mit ihr auf Empfängen zu Gast war, im Unternehmen ein Fest veranstaltete oder sie zu wichtigen Ereignissen eingeladen waren. Als sie als Prinzenpaar fungierten und Elisabeth dabei duldsam in ihre Rolle geschlüpft war, erkannte sie, welches berechnende Spiel er trieb. Es waren ausschließlich das Geschäft und der wirtschaftliche Erfolg, weswegen sich Peter als Narrenherrscher ausgab. Als er ihr selbstzufrieden ein Jahr später die Bilanzen und die Ergebnisse eines Gutachtens über ihre Zeit als Tollitäten präsentierte, durchschaute sie ihn und seine ursprüngliche Absicht vollkommen.
Sie führten keine Ehe, sie lebten in einer Zweckgemeinschaft, in der weder für Kinder noch für Liebe, Sentimentalität oder Zärtlichkeit Platz war.
Elisabeth empfand es als Wohltat, als Wolfgang in ihr Leben trat; erst als Prokurist und Stellvertreter im Printenimperium, dann als zärtlicher und mitfühlsamer Platzhalter in ihrem Ehebett. Peter bekam nichts davon mit, dass sie ihn hinterging und betrog. Als sie einmal bei einem Streit am Frühstückstisch das Gespräch darauf brachte, was er von einer Scheidung hielte, hatte er nur hämisch gelacht und bemerkt, sie sei ohne ihn und ihren Vater ein Nichts. Und auf wessen Seite ihr Vater stehen würde, darüber gebe es ja wohl keine Zweifel.
Deutlicher hätte er ihr nicht sagen können, was er von ihr hielt. Seit diesem Zeitpunkt wuchs in ihr ein Gedanke: Sie musste Peter loswerden. Irgendwie.
Wolfgang Landmann hatte niemals damit gerechnet, einmal an Stelle seines Chefs das Bett mit dessen Gattin zu teilen. Elisabeth war zwar zehn Jahre älter als er, aber von einer Besessenheit, die ihn atemlos machte. Es schien ihm, als habe sie ihr sexuelles Verlangen so lange aufgestaut, um es schließlich mit ihm zu befriedigen. Sollte sie, dachte er sich. Er kam nicht zu kurz bei ihren wilden Spielchen, bei denen Elisabeth nicht einmal Hemmungen hatte, sie im eigenen Ehebett zu treiben. Kaum hatte der eigene Mann eine Reise zu einer Messe oder zu einem Lieferanten angetreten, sprang Landmann quasi in die noch warmen Federn.
Lange Zeit hatte er geschwiegen, wenn Elisabeth von Liebe anfing. Für ihn waren es eher die Triebe, dem sie sich gemeinsam hingaben. Nach und nach war er zusehends dieser Frau verfallen, für die er zum Mittelpunkt des Lebens geworden war, und er musste sich eingestehen, dass er nicht mehr ohne sie sein wollte.
Wenn sie dieses Gefühl Liebe nannte, so war es wohl Liebe, die er für sie empfand.
An einen Job mit Familienanschluss hatte er im Traum nicht gedacht, als er vor rund fünf Jahren die Stelle angenommen hatte. Peter von Sybar hatte ihn nicht nur mit einem üppigen Gehalt im sechsstelligen Bereich von einem Aachener Großfabrikanten und Mitbewerber weggelockt, sondern auch mit der Aussicht, nach dem Ausscheiden des Seniorchefs als Stellvertreter des Printenprinzen zu fungieren.
Nun war die Zeit reif für einen Wechsel an der Spitze. Der Alte machte es nicht mehr lange, so hatte es jedenfalls den Anschein. Immer häufiger kam er nicht ins Büro. Es machte auf den Fluren das Gerücht die Runde, der Alte wäre zum wiederholten Male im Klinikum von einem Herzspezialisten untersucht worden.
Landmann wähnte sich fast schon am Ziel, wenn da nicht in den letzten Monaten Differenzen zwischen ihm und von Sybar zu Tage getreten wären. Ob der Kerl etwa ahnte, mit wem ihn seine Gattin betrog? Oder hatte er festgestellt, dass Landmann sich nicht hundertprozentig für das Unternehmen einsetzte, sondern gelegentlich seine eigenen Wege ging?
Sie hatten nie über Privates gesprochen. Bei von Sybar gab es nur ein einziges Thema: Herstellung und Verkauf von Printen. Koste es, was es wolle. Diesem Streben hatten sich alle Mitarbeiter zu widmen. Wer nicht in dieselbe Richtung mit ihm marschierte, der war fehl am Platze. Und es kam Landmann vor, als mache er diesen Marsch nicht mehr im Gleichschritt mit. Es war ihm klar, wenn sein Chef herausbekam, dass er Elisabeths Liebhaber war, war seine Karriere vorbei. Von Sybar würde ihn abservieren, mit einer horrenden Abfindung aus dem Unternehmen hinauskomplimentieren.
Würde Elisabeth bei ihm bleiben? Sie musste es. Er brauchte sie wie der Fisch das Wasser. Vor allem wegen ihres Geldes. Alle seine Probleme ließen sich mit einem Schlag lösen. Er würde von Sybars Platz an Elisabeths Seite auch offiziell einnehmen und die Firma leiten.
Wenn der Printenprinz dauerhaft von der Bildfläche verschwand. Aber wie?
Franz-Josef Mandelhartz hatte Angst vor Peter von Sybar. Und das nicht ohne Grund. Jahrelang war Mandelhartz als Kassenwart der traditionsreichen Karnevalsgesellschaft unumstritten und über alle Zweifel erhaben gewesen. Die jährliche Kassenprüfung fand nur pro forma statt. Der alte von Sybar hatte gewissermaßen an einem Nachmittag zwischen Kaffee und Kuchen den Rechenschaftsbericht abgezeichnet, ohne auf die Rechnungen, Quittungen oder...
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