Schweitzer Fachinformationen
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"Caramba! Dir zahl ich's heim!" Zugleich mit der gezischten Drohung zuckt die Rechte des Gitarrenspielers hoch und schlägt zu.
Am Tisch fahren die beiden vor sich hindösenden Burschen zusammen, richten sich auf und beobachten, wie ihr Freund Luciano Rodil ein zerquetschtes Insekt, dessen blutsaugender Stich das einschläfernde Geklimper unterbrochen hat, von der Hand wischt. Sie grinsen, werden aber erst richtig munter durch ein Gepolter nebenan. Dem dort eingenickten Fremden ist der Kopf aus den stützenden Fäusten gerutscht und hart auf die Bohlenplatte geschlagen.
"Hell and damnation!", flucht er und reibt sich die geprellte Stirn und die leicht vorstehenden katzengrünen Augen. Gähnend zieht er den Becher heran. "Leer! Hm." Er lacht. "Verdammte Hitze! Und das Ende - Ende Ap-April. Nette Aus-Aus-sichten! Mist, ver-verdammter! Hee, hee Wirt! Gießt noch einen Mez-Mezcal ein, da's bei Euch neunmal keinen an-anständigen Whiskey gibt!"
Oswaldo Ponte, Händler und Kneipenwirt in Janos in der mexikanischen Provinz Chihuahua, brummelt etwas, das wie "Paciencia" klingt.
"Pa-Paci-encia? Ge-Geduld?" Der Betrunkene kratzt sich den verwilderten Bart. "Geduld? Soll das heißen...? Damn'd! Ich kann zahlen! Euren ganzen Trödel da be-bezahlen!"
Schwankend dreht er sich auf seinem Hocker um und blickt zum Verkaufstisch. Plötzlich weiten sich seine Augen, schließen sich, öffnen sich wieder. Er schüttelt sich, streicht sich über die Stirn. Doch das Bild, das er auslöschen will, bleibt, wird aber von einem anderen überdeckt: vom Anblick eines Lagers mit einem verkohlten Zelt, vier ermordeten und skalpierten Pima-Indianern, ihrem grässlich verstümmelten, aber noch lebenden Häuptling, der ihn, den Goldsucher James Johnson, mit verlöschender Stimme bittet, die Untat an den Feinden seines Stammes, den Apatschen zu rächen. Er wusste Besseres zu tun, als dem Sterbenden ein solch wahnwitziges Versprechen zu geben: nämlich das unter dem fragwürdigen Schutz der Pimas gesammelte Gold aus der Asche zu klauben und sich davonzumachen. Es war eine vergebliche Mühe gewesen. Die Apatschen hatten ihn, den Weißen, beraubt, den Ledersack mit der Ausbeute langer Wochen Arbeit entführt. Geblieben war ihm nur ein Beutelchen Goldkörner, das er gerade bei sich hatte. Und dort steht ein Apatsche! Ein Mimbreño!
"Ge-duld?", faucht er wie ein beim Fressen gestörter Puma. "Ich soll mich wegen - wegen einer Rothaut gedulden? Hell and damnation! Gilt hier ein Roter mehr als ein Caballero? Hee!"
"So schweigt doch, Señor!", bittet Ponte, aber mit einem Unterton von Warnung, und schielt zu dem Indianer, der mit den Fransen einer bunten Baumwolldecke spielt. Sein jugendlicher Begleiter, ein Junge von vielleicht dreizehn oder vierzehn Jahren, prüft die Festigkeit eines Riemens.
"Seid Ihr verrückt, einem Gentleman das Wort ver-verbieten zu wollen?" Schwerfällig stemmt er sich hoch, um hinüberzugehen.
"Lasst es bleiben, Señor!", mischt sich der Gitarrenspieler ein. "Seht Ihr nicht, dass Don Oswaldo mit einem Mimbreñohäuptling beschäftigt ist?"
Langsam wendet sich der Angesprochene um und mustert Rodil so durchdringend, dass es diesem heiß unter dem stechenden Blick wird. Wie geduckt der Fremde dasteht, wie die Mundwinkel spöttisch zucken, das linke Lid über dem katzengrünen Auge flattert, sich Fältchen zur schmalen, spitzen, gekrümmten Nase und zu den buschigen Brauen hinziehen. Der Mann hat etwas Raubvogelartiges an sich. Er ist betrunken, doch nicht stockbesoffen, kann von einem Augenblick zum anderen nüchtern werden.
"Habe Augen im Kopf!", raunzt er zurück. "Aber es schert mich einen Deut, ob die Rothaut Häuptling oder sonst was ist. Seid nicht gefragt, deshalb haltet's Maul! Klar so? Bin James Johnson, Amerikaner, und nicht gewillt, wegen eines dreckigen Indio wie ein Aasfresser behandelt zu werden."
"Ihr kennt anscheinend die Verhältnisse nicht, die unseren Freund zwingen..."
"Will sie auch gar nicht kennen, kümmern mich nicht", unterbricht der Amerikaner hartköpfig. "Mir geht's darum... He, he! Was ist denn das? Das Pack wühlt im Mais wie die Schweine im Trog und der Händler lässt's zu."
Der Indianer, der seinen Arm tief in den Maissack geschoben hatte, bringt eben eine Handvoll Maiskörner herauf. Der Junge zerbeißt ein Korn, spuckt die Hälften in die Hand und hält sie dem Häuptling hin.
"Einwandfreie Ware, Ka-tscho[1]!", lobt Ponte den Mais.
"Sí", bestätigt es der Mimbreño.
"Wie immer zehn Sack?"
Aufgestanden von seinem Hocker ist er, nur warum? Wegen der Rothaut! Na klar! Und weil der Wirt so um sie herumscharwenzelt. Wie eben jetzt. Ein Hundsfott ist der!
"Oh! Ah!" Er reibt sich die Augen. Blickt über den feisten Ponte hoch an die Wand. Hoch zum Bord! Auf dem stehen neben Bechern und Krügen Flaschen. Richtige Flaschen. Nur ohne Beschriftung drauf. "Was ist drin?" Er zeigt zu den Flaschen.
"Mezcal und Pulque!", brummt der Kaufmann, der mit Ka-tscho verhandelt.
"Gesöff! Trotzdem langt eine mit Mezcal runter!"
Ponte tut's und stellt sie vor sich auf den Verkaufstisch.
"Aufmachen! Und das schnell! Oder zwingen Euch die Verhältnisse, erst den da zu bedienen?" Johnson deutet mit einer Kopfbewegung an, dass er den Apatschen meint. "Will heraus aus dieser Bruchbude, diesem Stinkloch!"
Ponte öffnet die Flasche und stellt sie wieder hin. Dann wendet er sich erneut an den Häuptling. "Was noch, Ka-tscho?"
"Polvora."
"Fünf Fässchen?"
"Ja."
"Polvora - Pulver", murmelt der Amerikaner, als habe er sich verhört.
"Sie stehen zur Abholung bereit."
Also hat sich Johnson nicht verhört. "Ihr verkauft den Indios bravos Pulver!", brüllt er Ponte an. "Ihr - Ihr..." Vor Erregung versagt ihm die Stimme.
"Ich handle mit allem. Auch mit Pulver. Im Übrigen ist es meine Sache, was ich tue und was nicht. Euch hat's nicht zu kümmern."
"Ihr seid ein Schuft, ein Hundsfott, ein erbärmlicher Feigling, der aus Angst vor den roten Hunden ihnen Pulver verkauft!"
Der Händler ballt die Fäuste, hält aber an sich. "Mir scheint, Ihr legt's drauf an, rausgeworfen zu werden, Señor. Könnt Ihr haben! Meine Freunde dort..." - Ponte winkt sie herüber - "...werden Euch den Weg weisen, doch erst, wenn Ihr die Zeche bezahlt habt."
Luciano Rodil und die anderen kommen herüber.
"Oho! Irgendwas scheint Euch in die falsche Kehle geraten zu sein, Ponte. War's Schuft, Hundsfott oder Feigling? Na, 's ist egal! Geht mich nichts an. Aber da ich allein gegen sechs bin, falls der Rote es wagt, sich einzumischen, gestatten die ehrenwerten Caballeros doch, dass ich..."
Rodil und seine beiden Freunde weichen vor der so plötzlich in Johnsons Hand liegenden Pistole zurück.
"Nettes Ding das!" Er lacht hämisch. "Kann aber auch verdammt gefährlich werden, amigos mios!" Die Wirkungen des Mezcal sind wie von Zauberhand weggewischt.
Ka-tschos Augen verengen sich für den Bruchteil einer Sekunde. Dann schnellt er vor, schlägt den Arm des Weißen nieder, packt ihn, dreht ihn. Polternd fällt die Pistole zu Boden. Der Häuptling setzt seinen Fuß darauf.
"Dein Mezcal hat seinen Geist verwirrt", meint er zu Ponte. "Pack ein, Wiesel! Meine Ohren lieben das Klappern einer Klapperschlange nicht. Wir kommen wieder."
Der Junge tut, wie ihm geheißen. Er schiebt die eingehandelten Kleinigkeiten zusammen, um sie in die Decke zu packen, mit deren Fransen der Häuptling gespielt hatte, als er sieht, dass die Finger des wie versteinert dastehenden, entwaffneten Weißen zur Flasche tasten.
"Gefahr! Gefahr!", warnt er in der Muttersprache.
Unnötig. Denn Ka-tscho hat das Tasten nach der Flasche ebenfalls bemerkt, sein Messer herausgerissen und holt zum Stoß aus.
Johnson, die tödliche Gefahr erkennend, wirft sich zur Seite. Der Stoß geht ins Leere. Der Mimbreño taumelt und prallt gegen den Verkaufstisch. Er ist auf die Pistole getreten und auf ihr weggerutscht.
"Mordversuch!", brüllt der Amerikaner und versetzt dem im Augenblick gehemmten Indianer einen Tritt gegen das Schienbein, reißt die Flasche an sich und schlägt sie ihm auf den Kopf. Röchelnd sinkt der Mimbreñohäuptling zusammen.
Wiesel greift James Johnson an, doch dessen Faustschlag schleudert ihn ein Stück zur Seite. Geschehen ist dem Jungen dabei nichts weiter. Er springt auf - und gibt auf, denn die Feuerwaffe ist wieder in der Hand des Weißen. Sie bedroht erneut ihn, Oswaldo Ponte sowie Rodil und seine Freunde.
Keiner der Bedrohten rührt sich, alle haben die Lippen fest zusammengepresst, um nur ja keinen Laut von sich zu geben, der der letzte sein könnte, sollte er mit einem Schuss beantwortet werden. Totenstille herrscht, die nur vom Schwirren eines Insekts und jetzt von Sporenklingeln unterbrochen wird.
"Buenos días, Señores! Warum so...? Ah! Oh!" Der Sporenträger hat den am Boden liegenden Indianer entdeckt. "Kleiner Zwischenfall! Na ja!" Trotz der auch ihn bedrohenden Waffe kommt er näher.
Johnson beobachtet ihn. Der Mann ist kostbar gekleidet. Die schwere Silberkordel mit den großen Troddeln am Sombrero dürfte ihre gute...
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