Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Kapitel 1
Die Kutsche wurde langsamer und blieb vor einem Stadthaus in einer typischen Straße des noblen Stadtteils Mayfair stehen. Royd warf einen Blick aus dem Fenster. Er musste gar nicht nach der Hausnummer schauen - die Tür stand bereits offen, und schon im nächsten Augenblick traten Robert und Declan aus dem Haus.
Sie hatten nicht gewusst, dass er hierher unterwegs war. Er fragte sich, warum sie ausgerechnet jetzt am Fenster auftauchten. Und das mit, wie ihm auffiel, einigen Unterlagen in den Händen. Er erhaschte einen Blick auf Edwina, die an Declans Seite stand, und auf eine weitere Frau. Ihr Haar, das einen kupferfarbenen Ton hatte, ließ vermuten, dass sie eine Hopkins war. Er kannte ihre Brüder, sie hatten alle diese Haarfarbe. Sie stand hinter Robert und blickte ihm über die Schulter.
»Es scheint, dass wir in einem günstigen Moment angekommen sind. Aus irgendeinem Grund erwartet uns ein ganzes Begrüßungskomitee.«
Er beugte sich vor, öffnete die Tür der Kutsche und trat auf den Gehweg. Dann wandte er sich um und reichte Isobel die Hand. Sie legte ihre Hand in die seine - eine so banale Geste, und doch spürte er, wie das Gefühl, sie besitzen zu wollen, ihn durchströmte, als er nun ihre schlanken Finger ergriff und ihr die Stufen der Kutsche hinunterhalf.
Als sie auf dem Gehsteig stand, straffte sie die Schultern. Die Hand immer noch in seiner, blickte sie zum Haus, die kleine Gruppe hatte sich mittlerweile an der geöffneten Tür versammelt. Dann entzog sie ihm elegant die Hand, drehte sich zu dem jungen Mann um, der die Postkutsche begleitete, und bat ihn, ihr die Hutschachtel zu reichen.
Als der Junge die Hutschachtel heruntergeholt hatte, waren bereits drei Diener aus dem Haus gekommen. Isobel übergab dem jüngsten der Diener die Hutschachtel, und Royd reichte ihm seine Reisetasche. Die beiden älteren mussten sich mit ihrem riesigen Koffer abplagen. Royd gab dem Kutscher und dem Jungen, der mitgefahren war, Trinkgeld und wandte sich ihr wieder zu.
Ihre Blicke trafen sich. Royd reichte ihr den Arm und zog eine Augenbraue hoch. »Sollen wir?«
Sollen wir als Paar auftreten? Sollen wir es noch einmal versuchen und uns daran erinnern, wie es sich anfühlt?
Sie sah in seine grauen Augen und bemerkte den herausfordernden Ausdruck. Es war vielleicht gar nicht so unklug, die Chance zu ergreifen und zu schauen, wie gut sie in gesellschaftlichen Kreisen zurechtkamen. Auch sie zog eine Augenbraue hoch, unterdrückte energisch die Gefühle, die in ihr aufkamen, und legte ruhig ihre Hand auf seinen Arm.
Seite an Seite machten sie sich bereit, seiner Familie gegenüberzutreten.
Mit einem kurzen Blick nahm sie das »Begrüßungskomitee« in sich auf, das vor der Tür auf der Veranda stand. Sie wahrte einen gelassenen, selbstsicheren Gesichtsausdruck und ließ sich nichts anmerken, aber innerlich konnte sie sich ein Grinsen nicht verkneifen. Während Declan und Robert sich freuten, Royd zu sehen, wussten sie offensichtlich nicht genau, wie sie ihre Anwesenheit zu deuten hatten. Sie waren die meiste Zeit von ihrer und Royds Verlobung auf See gewesen. Sie hatte keine Ahnung, was die beiden für den Grund des Scheiterns der Beziehung hielten. Royd scheiterte nämlich niemals. Doch wie sie ihn kannte, bezweifelte sie, dass er ihnen irgendetwas, was sie betraf, erklärt hatte. In den paar Sekunden, die es dauerte, die Veranda zu erreichen, beschloss sie, einfach davon auszugehen, dass Robert und Declan nur die nackten Tatsachen kannten und darüber hinaus nichts wussten.
Im Gegensatz zu den Männern, denen ihre Skepsis deutlich anzusehen war, wirkten die feenhafte blonde Schönheit, die an Declan vorbeisah, und die rötlich-braun gelockte junge Frau, die an Roberts Seite stand, fasziniert und begierig, sie kennenzulernen.
»Royd.« Declan streckte die Hand aus.
Royd lächelte, und die Brüder schüttelten einander die Hände und boxten sich liebevoll gegen die Schultern.
»Robert.« Royd und Robert wiederholten das Spielchen.
Isobel bemühte sich, ein Lächeln zu unterdrücken. Lady Edwina und Miss Hopkins konnten es vor Ungeduld kaum noch aushalten - nicht Royd zu treffen, sondern sie kennenzulernen.
Declan wandte sich ihr zu. »Isobel.«
Sie lächelte und streckte die Hand aus. »Declan. Schön, dich wiederzusehen.«
Er verbeugte sich leicht und drehte sich dann zu seiner Frau um. »Meine Liebe, das ist Isobel Carmichael, von der Carmichael-Werft in Aberdeen. Isobel, das ist meine Frau, Lady Edwina.«
Lady Edwinas Augen weiteten sich, als sie die Verbindung herstellte. Sie hatte mit Sicherheit schon von der Werft ihrer Familie gehört, sie strahlte und streckte die Hand aus.
»Miss Carmichael. Willkommen in London und in unserem Haus.«
Isobel schüttelte Edwinas Hand und erwiderte das Lächeln. »Lady Edwina. Es ist mir eine Freude, Sie kennenzulernen. Und bitte, nennen Sie mich doch Isobel. Wenn ich richtig verstehe, dürfen wir hier Ihre Gastfreundschaft genießen - zumindest, bis Royd herausgefunden hat, was Caleb weiß, und seine Befehle bekommen hat.«
Declan blinzelte und wandte sich Royd und Robert zu, die schon Neuigkeiten austauschten.
Statt Isobel loszulassen, zog Edwina sie ins Haus. »Kommen Sie doch herein, Sie müssen auch Aileen kennenlernen.«
Sie betraten die elegante Eingangshalle.
Aileen Hopkins war einen Schritt zurückgewichen und wartete darauf, ihr die Hand reichen zu können. »Ich bin Aileen Hopkins. Ich habe Robert in Freetown kennengelernt und bin mit ihm auf seinem Schiff nach London zurückgekehrt.«
Isobel ergriff Aileens Hand. »Ich bin erfreut, Sie kennenzulernen, Miss Hopkins.«
»Aileen, bitte. Es scheint, wir haben alle ein Interesse daran herauszufinden, was in Freetown passiert ist.«
Die Bemerkung war eine schlecht getarnte Frage, eine ziemlich durchschaubare Einladung an Isobel, ihre Geschichte mit ihnen zu teilen.
Anscheinend waren Edwina und auch Aileen geübt darin, zu beobachten und Schlüsse zu ziehen. Isobel wurde ernst. »Das stimmt. Ich werde mit Royd nach Freetown reisen, um eine meiner Cousinen zu suchen. Wenn ich recht verstanden habe, waren Sie beide in der Siedlung. Ich würde mich daher sehr gern mit Ihnen unterhalten.« Sie sah von Aileens braunen in Edwinas blaue Augen, in denen ein ermutigender Ausdruck stand. »Ich muss alles wissen, was Sie mir über Katherine Fortescue sagen können.«
»Miss Fortescue!« Edwinas Miene wirkte besorgt. Sie legte eine Hand auf Isobels Arm. »Ich fürchte, Isobel, dass Miss Fortescue von den Sklavenhändlern entführt worden ist. Vielleicht ist sie dazu gezwungen worden, in einer Mine zu arbeiten.«
Isobel presste die Lippen aufeinander und nickte. »Royd und ich stimmen überein, dass zwischen ihrem Verschwinden und seiner Mission ein Zusammenhang besteht.«
Edwina und Aileen blickten zu den Männern, die noch auf der Veranda standen.
Isobel sah ebenfalls hin. Die drei Brüder hielten verschiedene Papiere und Notizen in den Händen, tauschten sie aus, lasen sie und unterhielten sich darüber.
»Sie sind im richtigen Moment gekommen«, sagte Edwina. »Hornby, einer von Calebs Männern, ist vor nicht einmal fünf Minuten mit der Tasche hier aufgetaucht, die Robert in der Hand hält. Sie ist voller Berichte und Karten.« Edwina sah Isobel an. »Es scheint, dass Caleb die Mine gefunden hat und vor Ort geblieben ist, um ein Auge auf die Gefangenen zu haben.«
»Er hat vielleicht eine Liste dieser Gefangenen geschickt.« Aileen verengte die Augen zu schmalen Schlitzen und funkelte die drei Männer an. »Wir hatten noch nicht die Möglichkeit nachzuschauen.«
Edwina wechselte einen entschlossenen Blick mit Aileen und sah dann zu Isobel. »Müssen Sie auf Ihr Zimmer gehen und sich frisch machen und ausruhen oder .« Mit einer Handbewegung wies sie auf die Männer.
Isobel erwiderte Edwinas Blick. »Ich bin nicht so zimperlich. Lassen Sie uns schauen, was Caleb geschickt hat.«
Edwina nickte knapp. Das Kinn leicht nach vorn gereckt, rauschte sie los. Aileen folgte ihr als moralische Unterstützung.
Isobel nickte dem Butler zu, der die Diener beaufsichtigt hatte, die ihr und Royds Gepäck ins Haus getragen hatten. Sie nahm ihren Hut ab, legte ihn auf einen Beistelltisch und zog ihre Handschuhe aus. Glücklicherweise war sie auf Frauen getroffen, die ähnlich dachten wie sie. Edwina sah vielleicht zerbrechlich aus - eine zarte, bildhübsche junge Frau mit leuchtend blauen Augen - , aber sie besaß unglaublich viel Energie und schien ein Rückgrat aus Stahl zu haben. Wie sagte man doch: Gleich und gleich gesellt sich gern. Und Aileen Hopkins hatte anscheinend einen ähnlichen Charakter. Isobel sah mit Genugtuung, wie Edwina und Aileen die Frobisher-Brüder mit einer Bestimmtheit, der die drei nichts entgegenzusetzen hatten, von der Veranda in die Eingangshalle und weiter in einen gemütlichen Salon schoben.
Sie schob ihre Handschuhe in ihre Rocktaschen und stieß zu den Frauen, die die Nachhut bildeten. Edwina blieb kurz auf der Schwelle stehen, um den Butler Humphrey anzuweisen, Zimmer für Isobel und Royd herzurichten. Isobel nutzte den Moment, um auch Robert zu begrüßen. Robert sah sie genau wie Declan argwöhnisch an, konnte es allerdings besser verbergen. Isobel ließ sich neben Aileen auf das Sofa sinken.
Royd nahm auf dem Sessel zu ihrer Linken Platz. Edwina unternahm einen beherzten Versuch, die Tasche an sich zu bringen, aber damit hatte sie keinen Erfolg. Royd hielt sie bereits in den...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.