Schweitzer Fachinformationen
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Von oben betrachtet, leuchtet die Erde wie eine blaue Murmel. Je näher man ihr kommt, desto mehr Farbnuancen zeichnen sich ab. Neben Blau gibt es Beige, Weiß, Hellgrün in unzähligen Schattierungen.
Hat man sich eingesehen, fallen auch die dunkleren Grüntöne auf. Es sind die Wälder Sibiriens, des Amazonas, des Kongobeckens. Noch gibt es da Meere aus Grün auf hunderten von Quadratkilometern. Aber auch sie zerfallen, je kürzer die Distanz zum Auge ist, in große und kleine und kleinste Strukturen. Wenn man nah genug zoomt, sieht man gar einzelne Kronen. Manchmal sind die Wälder nur mehr Inseln, die von Bändern aus Äckern und Straßen umwoben und durchzogen sind. Auch über Deutschland fällt ein dunkleres Grün auf. Diese großen und kleinen Flecken sind unsere Wälder. Sie tragen berühmte Namen und prägen das Bild. Immer noch, selbst nach Jahrtausenden unseres Tuns. Das ist ebenso erfreulich wie wenig selbstverständlich.
Satelliten erfassen heute die Qualitäten eines Waldes ziemlich gut. Das reicht von der Menge an Holz in einem Stück Wald bis hin zu dessen Gesundheit. Sind die Kronen licht? Oder die Blätter verfärbt? Sensoren registrieren längst Waldbrände auf der ganzen Welt in Echtzeit. Nie waren wir so gut über den Zustand des Waldes auch in der letzten Ecke des Planeten informiert. Um den Wald ist es nicht zum Besten bestellt. Er schwindet vielerorts und mit ihm seine Rolle für den Erhalt einer intakten Natur und einen nachwachsenden Klimaschutz.
Feuer ist dabei ein Faktor. 2022 zeichnete das Europäische Waldbrand-Informationssystem allein in der Europäischen Union 837.212 Hektar verbrannten Waldes auf. Im Frühjahr 2023 standen wieder hunderttausende Hektar in Kanada, Chile, Russland, Spanien in Flammen. Letztlich sind im Jahr 2023 allein in Kanada über 17 Millionen Hektar Wald verbrannt. Dazu kommt unser Landhunger, der immer größere Löcher in die verbliebenen Regenwälder frisst. All das ist von oben zu sehen. Aber so ein göttlicher Blick taugt nur bedingt, wenn man dem Wald und seinen Leistungen auf die Spur kommen will.
Am besten nähern wir uns dem Wald eben nicht vom Schreibtisch oder vom Sofa aus. Wer Wald spüren möchte, muss hinaus, den Schritt vor die Tür wagen. Sich darauf einlassen, nicht das Größte zu sein, nicht das Älteste, nicht einmal das Komplizierteste. Wir Menschen sind im Wald klein. Deswegen ist es dort leicht, sich von der Natur umfassen zu lassen. Die Erkenntnis, warum Arten- und Klimaschutz und Wald untrennbar zusammengehören, ergibt sich dann fast von selbst.
(K)ein Planet der Wälder
Obwohl Bäume solch erfolgreiche Organismen sind, gibt es sie nicht überall. Wasser und Licht sind die limitierenden Faktoren. In Wüsten gedeihen mitunter einzelne Bäume, wenn sie wenigstens etwas Wasser bekommen. Bäume in der Arktis sind zum Zwergenwuchs verurteilt. Daneben erlauben auch andere Faktoren nicht, dass Bäume und Wälder gedeihen; Salzwüsten oder unsere Städte, die Bäumen mit Abgasen und Wassermangel zusetzen. Dennoch: Vier Milliarden Hektar Wald bedecken unsere Erde. Das hört sich viel an, ursprünglich waren es wohl doppelt so viel. Mehr als die Hälfte der heutigen Wälder finden sich in nur fünf Staaten: Russland, Brasilien, Kanada, den Vereinigten Staaten und China. Für jeden Menschen bleibt eine Fläche von 0,6 Hektar Wald.
Ein Waldspaziergang bietet, im Unterschied zu dem Blick aus dem All, Reize für alle Sinne. Wald spricht Nase, Fingerspitzen, Ohren, Zunge und natürlich die Augen gleichermaßen an. Folgen Sie mir und machen Sie die Augen auf: Wir treten zwischen die hohen Stämme der Buchen, Fichten, Eichen, Kiefern, um nur ein paar Arten zu nennen. Schnell ist klar: Das ist etwas anderes, als zwischen Bäumen eines Parks oder Gartens unterwegs zu sein. Im Wald geht der einzelne Baum in der Masse unter. Er ist wie eine Zelle eines großen Ganzen, eines riesigen Organismus.
Beim Spaziergang durch den Wald sehen wir nicht nur die Vielfalt an Lebensräumen. Wir sehen einen natürlichen Klimaschutz, denn jeder Baum bindet Kohlendioxid, indem er den Kohlenstoff daraus aufnimmt und den Sauerstoff wieder in die Luft entlässt. Freiwillig.
Noch etwas fällt dabei auf: Grün. Die Zahl der Grüntöne ist schier unübersehbar. Hellgrün, Dunkelgrün, Lindengrün, Zitronengrün, Moosgrün . Das ganze Spektrum aus Blau und Gelb. Wer mag, kann spaßeshalber mit dem Zählen beginnen und sich die Nuancen zwischen einem jungen Buchenblatt und einem alten einprägen.
Das mit dem Sehen war einfach, nicht?
Jetzt das Fühlen. Auch hier gibt es die Möglichkeit, sich zu steigern. Rinde anfassen ist für den Einstieg gut geeignet. Wir spüren, wo der Unterschied zwischen einer Buche und einer Eiche ist, folgen den feinen Rissen an der Oberfläche einer Esche oder der papiernen Haptik einer Moorbirke. Fortgeschrittene laufen barfuß auf dem Waldboden. Wobei es den Waldboden gar nicht gibt. Die Blätter in einem Buchenwald fühlen sich anders an als der Teppich aus vermodernden Nadeln unter Fichten. Mitunter ist der Untergrund hart wie ein Pflaster, mal wippt er regelrecht mit jedem Schritt nach.
Wer Boden spürt, kann auch gleich mit dem Riechen weitermachen. Wie riecht ein Wald? Schnell fallen einem »würzig« ein, »frisch«. Aber was heißt das? Es ist dieser Mix aus den Ausdünstungen der Bäume, des Bodens, des Lebens ganz allgemein. Mit ein bisschen Übung verrät die Nase sogar, welchen Wald man vor sich hat. Zu guter Letzt steht Schmecken auf der Liste. Klassisch ist das Aroma einer Walderdbeere, einer Brombeere oder Himbeere. Ungewöhnlicher ist eine Buchecker, ein Aufstrich aus jungen Fichtennadeln. Sie sind ein Echo aus dem Wald, wie auch der Geschmack von Reh oder Wildschwein.
Der Wald lässt sich mit allen Sinnen erfahren. Jeder kann bei jedem noch so kleinen Waldspaziergang sehen, fühlen, schmecken, welche großartige Rolle prinzipiell jeder Wald für den Erhalt der biologischen Vielfalt und den Klimaschutz spielt; nicht zuletzt auch für uns Menschen. Studien zeigen, dass im Wald zu sein das bei Gefahr und Belastung aktive sympathische Nervensystem herunterfährt und das für Entspannung zuständige parasympathische Nervensystem in Schwung bringt. Der Körper schüttet weniger Stresshormone wie Cortisol aus. Das wiederum hilft unserer Konzentration und Kreativität. Was jeder ahnt, hat die Wissenschaft bestätigt: Wald macht gesund und schlau.
Wenn wir so gestärkt durch den Wald gehen, ist praktisch überall noch etwas zu sehen. Mal ist es ein Haufen Stämme, mal ein Baumstumpf, eine Fahrspur oder auch eine Markierung an einem Stamm. Vielleicht ist in der Ferne eine Motorsäge zu vernehmen. Das gehört auch zu den meisten Wäldern in Deutschland. Denn selbst wenn Wald so natürlich daherkommt, ist sein Aussehen unserem Tun geschuldet. Holz zu ernten ist ein wichtiger Zweck des Waldes. Das mag einem nicht gefallen, wenn man an einem Holzpolter vorbeigeht und die Jahrringe einer Eiche zählt. Vielleicht war sie schon da, als Napoleon über den Rhein marschiert ist. Hat Stürme und Menschen überlebt. Und jetzt liegt sie da. Schade, oder doch nicht?
Der Wald zeigt jedem, der es sehen will, welche Leistungen er erbringt. Die ganze Gesellschaft sollte dem Rechnung tragen. Das dazugehörige Konzept lautet in Deutschland integrative Forstwirtschaft. Es meint nicht mehr als einen großen Kompromiss. Der Wald soll so wachsen, dass er in seiner Vielfalt erhalten bleibt. Zugleich soll er uns Menschen offenstehen und schließlich auch noch Holz liefern. Ein Wald ist multifunktional. Das geht schon, sorgt aber immer wieder für Streit. Die einen wollen am liebsten gar keine Nutzung im Wald. Alle Bäume, Pflanzen, Pilze und Tiere im freien Spiel der Kräfte in Ruhe lassen. Andere wünschen sich nicht mehr vom Wald, als dass er ihre Freizeitkulisse sein soll. Gut für ein Picknick im Grünen oder ein Selfie für Instagram und Tiktok.
Die Funktion des Waldes als Kulisse in den sozialen Medien knüpft direkt an unsere Sehnsüchte an, die lange schon mit dem Lebensraum verbunden sind. Der Wald ist reich an magischen Momenten. Hier werden Märchen oder Fantasy-Geschichten real. Wenn Nebel sich in den Kronen alter Eichen verfängt, sind der Witcher, Rotkäppchen, der Kohlenmunk-Peter, Hänsel und Gretel nicht weit. Wo Wurzelteller das Erdreich nach oben holen, könnte der Eingang zu einer Höhle mit einem Zwergenschatz liegen.
Nicht umsonst ist der verwunschene Wald Standardrepertoire in solchen Geschichten, und nicht die Kleingartenanlage oder Einkaufspassage. Wald bringt uns zum Schwärmen und, wenn wir Sport treiben, zum Kalorien-Abarbeiten. Wald gilt manchem als Ort der puren Naturkraft. Die heiligen Haine der Germanen sind da nur einen gedanklichen Steinwurf entfernt. Und damit auch die gelegentliche Überhöhung des »deutschen Waldes«. Er gilt insbesondere hierzulande als Schicksalslebensraum.
Der Wald ist für uns Menschen ein zentraler Ort. Wald ist Lieferant von Rohstoffen, Luft und Wasser. Er nimmt eine Schlüsselrolle beim Erhalt der Biodiversität ein, und für den Schutz des Klimas. Wald ist unser bester Verbündeter, wenn wir die Krisen meistern wollen,...
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