Schweitzer Fachinformationen
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Als ich am Freitagmorgen erwachte, stachen mir die grellfarbigen Paperbacks in dem kleinen Regal am Kopfende meines Bettes in die Augen. Die Sonne schien durchs Fenster und ließ die roten und gelben Rücken der Bücher über Astrologie und Numerologie doppelt so hell aufleuchten. Es war nicht der erste Morgen, an dem ich aufwachte, sie dort sah und sie hasste, weil sie mich im Stich gelassen hatten. Ich hatte versucht, an die kleinen Mistviecher zu glauben, aber das Leben und die Wirklichkeit straften sie Lügen, und ziemlich bald war ich gezwungen zu begreifen, dass die Planeten sich einen Dreck um mich scherten und Zahlen bloß Zahlen waren, außerdem, bei Licht besehen, ziemlich öde. Es war fast so wie Selbstbestrafung, dass ich sie da liegen ließ, und als ob mein Körper wusste, wie er sich im Schlaf an den Bettrand drehen musste, damit mein Blick gleich auf sie fiel, wenn ich aufwachte, und ihre grellen Einbände mich anspringen konnten und mich daran erinnerten, dass ich Geld dafür ausgegeben hatte und irgendein beknackter Schreiberling die Honorare, die er dafür bekommen hatte und die zum Teil von mir stammten, für Bier und Frauen verschleuderte, während ich seine Bücher las und Tabellen zeichnete und rauszufinden versuchte, wie ich sie anwenden konnte, um das richtige Mädchen zu finden und die Geheimnisse des Universums offenbart zu kriegen.
Wenn ich schon dabei war, mich zu bestrafen, konnte ich mich auch gleich im Bett aufsetzen, damit ich sämtliche Buchrücken im Blickfeld hatte und mich so richtig mies fühlte. Da standen auch noch Bücher über fernöstliche Religionen, bei denen es hauptsächlich darum ging, den Daumen mit dem Zeigefinger zu berühren, sich ein Bein um den Hals zu wickeln und irgendwelche bescheuerten Gesänge zu jaulen. Es gab da sogar eins von diesen modernen Büchern, das mir weismachen wollte, ich glaubte bloß, ein Trottel zu sein, während ich in Wirklichkeit gar keiner war. Es liege bloß an den andern, und ich selber sei ein ziemlich helles Köpfchen. Das Buch hatte mir am besten gefallen, bis mir klar geworden war, dass auf diese Weise jeder, der sich ein Paperback kaufen konnte, ein ziemlich helles Köpfchen war. Das hatte mir irgendwie die Luft aus den Reifen gelassen.
Das einzige Buch, das nicht auf diesem Regal stand, war eins, in dem beschrieben wurde, wie man aus Hühncheninnereien die Zukunft lesen konnte, und wenn es das zu kaufen gegeben hätte, hätt's auch dort gestanden.
Ich konnte mir nicht erklären, warum ich dauernd auf dieses Zeug reinfiel. Ich war nicht unglücklich, aber die Vorstellung, dass alles reiner Zufall sein sollte, passte mir nicht, schien irgendwie nicht richtig zu sein. Und mir gefiel auch die Urknalltheorie nicht. Sie war 'ne Enttäuschung, erinnerte mich eher an ein missglücktes Laborexperiment, bei dem irgendwas Unerwartetes rausgekommen war. Ich wollte, dass die Dinge bewusst so gemacht worden waren, dass es irgendeine herrschende Macht gab, die einen Sinn für Ordnung hatte. Jemand oder etwas da oben, der oder das Aufzeichnungen machte und Akten anlegte.
Ich nahm an, dass ich das richtige Buch einfach noch nicht gefunden hatte. Ich stieg aus dem Bett, nahm einen Müllsack aus dem Schrank und fegte die ganzen Dinger vom Regal in den Sack. Ich ging runter und warf sie zum Müll im Waschraum, dann ging ich in die Küche. Mom war drin und jagte den Scheiß, den sie Frühstück nannte, durch den Mixer. Es roch wie nasse Hundehaare und verschimmelte Zeitungen.
»Möchtest du Eier und Schinken?«, fragte sie und lächelte.
Sie stand da in ihren Tennisklamotten, das lange blonde Haar zurückgekämmt und mit einem Gummiband zusammengebunden. Ich bin sicher, irgendein Hinterhofpsychologe wird daraus 'ne Ödipusgeschichte zimmern, aber darauf pfeif ich. Meine Mom sieht verdammt gut aus. Sie fing an, die übel riechende Plörre aus dem Mixer in ein Glas zu schütten.
»Also, das Zeug will ich jedenfalls nicht«, sagte ich. »Und wenn ich du wäre, würde ich mal nachschauen, ob letzte Nacht eine Kakerlake oder eine Ratte in diesem Mixer krepiert ist.«
Sie verzog das Gesicht. »Riecht übel, was?«
»Allerdings. Wie schmeckt es?«
»Wie Scheiße.«
Ich nahm ein paar Zimthörnchen aus dem Kühlschrank. »Nehmen wir doch die.«
Sie tätschelte ihren flachen Bauch. »Nee. Ich muss meine mädchenhafte Figur bewahren. Sonst sterbe ich beim Tennisspielen. Und es gehört sich nicht, auf dem Platz zu sterben.«
»Du würdest nicht mal ein Pfund zunehmen, wenn du Gummischuhe tragen würdest.«
»Dafür darfst du dir jetzt zwei Knochen stärkende, nahrhafte Zimthörnchen genehmigen, und obwohl ich diesen Müll normalerweise nicht essen, meinen Körper niemals mit diesen üblen Chemikalien und Zuckerstoffen verschmutzen würde, werde ich, aus gegebenem Anlass und da ich weiß, wie sehr du es hasst, alleine zu essen, eine Ausnahme machen.«
»Vorausgesetzt, du beendest jemals deine Rede.«
»Exakt.«
Sie setzte sich zu mir und aß vier Hörnchen und trank drei Tassen Kaffee. Als sie fertig war, schmatzte sie mit den Lippen. »O Gott, jede schreckliche Minute davon habe ich gehasst. Jeder Bissen war eine Qual, Säure auf meinen Lippen. Welche Opfer Mütter doch für ihre Kinder bringen.«
Dad kam runter. Er trug einen alten braunen Bademantel, den Mom hasste. Sie hatte mal versucht, ihn wegzuschmeißen, aber er hatte ihn auf dem Müll entdeckt und gerettet und war hochgeschlichen, den Bademantel auf dem Arm. Mom hatte hinter ihm her gelacht, und er hatte beleidigt zu ihr runtergeschaut.
Sie hatte ihn auch schon mal Goodwill gegeben, weil sie hoffte, die würden ihn zu den Lumpen tun, aber sie hatten ihn gewaschen und angeboten. Und Dad, auf der Suche nach gebrauchten Taschenbüchern, fand ihn, kaufte ihn und kam wütend nach Hause. Er sagte Mom, sie solle nie wieder behaupten, sein Mantel sei beim Waschen auseinandergefallen.
Dieser Bademantel war wirklich ein hässliches Ding, zerschlissen und abgetragen. Er hatte mindestens drei anständige oben im Schrank, aber soweit ich wusste, hatte er sie niemals auch nur anprobiert. In diesem alten braunen Ding, Hausschuhe an den Füßen und mit seinem dünner werdenden Haar auf dem Kopf erinnerte er mich immer an Bruder Tuck. Er schlurfte verschlafen rein, torkelte rüber zum Küchentresen und wurde schlagartig wach, als ihm der Geruch aus dem Mixer in die Nase stieg.
»Herrgott, Frau«, sagte er, »da liegt was Totes im Mixer.«
»Hab ich auch gerade gesagt, Dad.«
»Witzig«, sagte Mom. »Ist bloß dieser alte Morgenmantel, den ihr da riecht, Jungs.«
»Ah«, sagte Dad. »Die melodiöse Stimme des gehorsamen Weibes. Richte mir Schinken und Eier!«
»Im Namen des Volkes!«, sagte Mom. »Sie sind gerichtet und für schuldig befunden. Sonst noch Wünsche?«
»Nicht dass ich wüsste«, sagte Dad. Er nahm sich eine Schale und einen Löffel, Milch und Cornflakes, schob alles auf dem Tisch zusammen und zog sich einen Stuhl heran.
»Was ist mit Schinken und Eiern passiert, Euer Ehren?«, fragte Mom.
»Bin zu faul zum Selbermachen.«
»Und ich habe kein Mitleid mit dir, was, Maus?«
»Sieht fast so aus«, sagte Dad. Er schaute mich an und grinste. »Bist früh auf, was?«
»Freitag«, erwiderte ich.
»Ah ja. Keine Schule, und heut Abend ist der große Abend. Ein Abstecher zum Orbit mit den Jungs. Du solltest mal versuchen, mit Mädchen auszugehen. Macht viel mehr Spaß.«
»Mach ich doch«, sagte ich. »Es ist bloß - das Orbit ist was Besonderes . da geh ich lieber mit den Jungs hin.«
»Mir hat's immer Spaß gemacht, mit Mädchen ins Drive-In zu fahren.« Er sah Mom an. »Ein rein puritanisches Abenteuer, versteht sich.«
»Das hab ich anders in Erinnerung«, sagte Mom. »Bist du nicht spät dran heut Morgen, Mister Einflussreich?«
»Der Laden gehört mir, Liebes. Ich kann verdammt noch mal machen, was ich will. Zumindest außerhalb dieses Hauses.«
»Ha«, sagte Mom und ging zum Schrank. Dad gab ihr einen Klaps auf den Hintern. Sie wirbelte herum. »Harold . kannst du das noch mal machen?«
Ich lachte.
Dad stand auf, griff sie sich, bog sie nach hinten, wie sie's in den alten Filmen machen. »Frau, meine kleine Taube. Du bist die Liebe meines Lebens. Dich auf den Hintern zu hauen ist ein Vergnügen, dem kein Gold noch Video gleichkommen . Und vergiss nicht, gehorsames Weib, keine Menüs vom Fernsehkoch heut Abend, oder ich verkauf dich an die orientalischen Händler.« Er küsste sie.
»Danke, Harold. Jetzt hilf mir wieder hoch, mein Rücken tut weh.«
»Wenn es hart auf hart kommt, wenn es so aussieht, als ob wir's nicht schaffen, werde ich die letzten beiden Kugeln für uns aufheben.«
»Harold, du bist wahnsinnig. Jetzt zieh mich bitte hoch, ja? Mein Rücken tut weh.«
Er zog sie hoch. »Das passiert einem, wenn man älter wird. Rückenschmerzen. Und kein Sinn für Romantik.«
»Geh duschen, und rasier...
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