3.2 Das "Wer?" - Mensch
Der Begriff der Teilnehmerorientierung ist ein zentraler Schlüsselbegriff des MeTeOr-Ansatzes. Teilnehmende an einem Projekt nach MeTeOr sind weitestgehend freiwillig dabei und weisen eine Diversität an Bildungshintergrund, Position und Tätigkeitsbereich auf. Die Tatsache, dass sie nicht als reine "Zuhörende", sondern als "aktive Mitgestaltende" betrachtet werden, macht die Teilnehmerorientierung aus Perspektive des MeTeOr-Consultants so wichtig. Der Begriff ist dabei definiert als "Berücksichtigung der Lerninteressen und Lernanforderungen, der Vorkenntnisse und Erfahrungen [.] der Teilnehmenden" (Nuissl & Siebert 2013, S. 72). Da die Teilnehmerorientierung existenziell wichtig für eine erfolgreiche Durchführung eines MeTeOr-Projekts sowie eine hohe Zufriedenheit des Kunden ist, wird ihm an dieser Stelle ein ganzes Kapitel gewidmet. Psychosoziale Faktoren werden hier berücksichtigt. Psychosozial meint derweil die Kombination aus psychischen, individuellen Gegebenheiten mit den sozialen Rahmenbedingungen. Beide Aspekte sind im Zuge von MeTeOr enorm wichtig und werden in diesem bzw. im folgenden Kapitel erläutert.
Abbildung 5: Das "Wer" im MeTeOr-Dreieck. Eigene Darstellung
Dabei erfordert der Schlüsselbegriff nach Tietgens (1980, zitiert nach Nuissl & Siebert 2013) gleichsam Antizipation wie auch Partizipation seitens der beteiligten MeTeOr-Consultants. Antizipation meint dabei, eine Informationsbasis im Vorfeld des eigentlichen Projekts zu schaffen. In diesem Kapitel 3.2 sowie den folgenden Kapiteln 3.3 und 4 wird eine Übersicht über Modelle, Theorien und Methoden gegeben, die genau darauf abzielen. So kann anhand der dargestellten Hintergrundinformationen eine erste Analyse der Organisation sowie der Teilnehmenden stattfinden, um Kenntnisse und Erfahrungskulissen herauszuarbeiten und an den Aufbau des Projekts zurückzubinden.
Eine weitere Facette der Teilnehmerorientierung im MeTeOr-Projekt ist die Partizipation der Teilnehmenden während der Durchführung. So ist es notwendig, dass die Durchführenden auf Wünsche, Anregungen und Bedürfnisse der Teilnehmenden eingehen. An dieser Stelle sind vor allem Flexibilität und theoretisches Wissen über gängige Modelle wichtig. Denn in der Arbeit mit Gruppen ist es elementar, Entwicklungsphasen, Dynamiken und individuellen Verhaltensweisen zu erkennen, um erfolgreich und Augenhöhe zusammenzuarbeiten. Relevante Modelle und Theorien finden sich in diesem Kapitel wieder. Auch wird der Einsatz kooperativer bzw. partizipativer Methoden gefordert, die ausführlich in den Kapiteln 4 und 5 vorgestellt werden.
Im folgenden Kapitel 3.2 wird nun - wie angekündigt - ein Überblick über gängige wissenschaftliche Modelle zu einerseits individuellen kognitiven Prozessen und andererseits zur Dynamik in Teams gegeben. Dies dient Ihnen als MeTeOr-Consultant als Grundstein für Ihre weitere Arbeit nach dem MeTeOr-Leitgedanken und sollte in der Konzeption bzw. Durchführung von Maßnahmen mit Kunden beachtet werden.
3.2.1 Digital Natives - Digital Immigrants
Bereits im Jahr 2001 prägte der amerikanische Autor, Lehrer und Manager Marc Prensky die Begriffe Digital Natives und Digital Immigrants (Prensky 2001). Zu dieser Zeit kam die erste Generation Studierender, die im digitalen Zeitalter aufgewachsen waren, an die Universitäten.
Die sogenannten Digital Natives - abgeleitet von "Native Speaker" = "Muttersprachler:in" - sind mit Computerspielen, E-Mail-Programmen, dem Internet, Handys sowie Instant Messaging groß geworden, sodass diese Instrumente als selbstverständliche Tools genutzt und nicht länger hinterfragt werden. Digital Natives weisen aufgrund der im Vergleich zu Vorgängergenerationen modifizierten Sozialisation mit neuen Technologien eine veränderte Informationsbearbeitung auf. Auch veränderte Denkprozesse sind zu beobachten, was auch auf den großen Stellenwert von Teamarbeit sowie eine wachsende Flexibilität im beruflichen und privaten Bereich zurückzuführen ist (Günther 2007). Günther (2007) verglich die neuen Lern- und Verhaltensweisen mit einer neuen Sprache, wobei "Sprache" einerseits auf die abstraktere Ebene der "Sprache neuer Technologien" übertragen werden kann. Andererseits kann "Sprache" auch auf wortwörtlicher Ebene betrachtet werden, da Dienste des Instant Messaging oder auch der E-Mail-Verkehr die Sprache stark veränderten bzw. dies immer noch tun.
Als Digital Immigrants werden derweil ältere Generationen beschrieben, die nicht mit neuen Technologien aufgewachsen sind (Prensky 2001). Vielmehr sind sie erst in einem späteren Lebensabschnitt mit digitalen Entwicklungen in Berührung gekommen, woraufhin sie diese später annahmen. Die Generationen der Digital Immigrants wurden vor dem digitalen Zeitalter sozialisiert, woraus eine Andersartigkeit im Umgang mit Technologien resultiert. Obwohl Digital Immigrants die "neue Sprache der Technologien" (Prensky 2001) zumindest in weiten Teilen erlernt haben, sind bei ihnen eigene Verhaltensweisen zu beobachten, die Prensky (2001) als "Akzent" bezeichnet. Gemeint ist damit, dass Digital Immigrants heutzutage selbstverständlich neue Programme erlernen und mit ihnen arbeiten, aber dennoch alte Verhaltensmuster erkennbar sind. Diese Muster können teilweise zu Unverständnis seitens der Digital Natives führen, jedoch differieren Arbeitsergebnisse und Kenntnisse nach Günther (2007) nicht stark, sondern lediglich die Herangehensweisen der Personengruppen unterscheiden sich.
Im Bildungskontext wie in einem MeTeOr-Projekt kann es zu Unstimmigkeiten zwischen Digital Natives und Digital Immigrants kommen, da "Muttersprachler:innen" mit "Nicht-Muttersprachler:innen" in Berührung kommen und Lehrarrangements nicht immer für beide Seiten optimal gestaltet sind (Prensky 2001). Während Digital Natives in parallel ablaufenden, vernetzten Prozessen lernen, in denen Multitasking und spielerisches Nebenbei-Lernen eine große Rolle spielen, sind es Digital Immigrants gewöhnt, strukturiert, ernsthaft und einem Schritt-für-Schritt-Prozess zu lernen.
Im Kontext von MeTeOr ist die Arbeit mit den Konzepten der Digital Natives und der Digital Immigrants elementar. Die relevanten Personengruppen werden sich - zumindest in den nächsten Jahren - auf unterschiedlichen Wissensstufen im Zusammenhang neuer Technologien befinden. Um individueller auf Bedürfnisse und Lernarrangements eingehen zu können, ist es unabdingbar, die Affinität sowie Sozialisation mit neuen Technologien zu untersuchen. Bei der Arbeit mit Digital Natives und Digital Immigrants sollte das Verständnis der gemeinsamen Sprache sichergestellt sein, damit keine der beiden Gruppen exkludiert bzw. übergangen wird. Dies lässt sich erreichen, indem Wissen über die Merkmale der jeweils anderen Personengruppe generiert wird und Methodiken und Inhalte angepasst werden. Auf diese Weise kann die Differenz der Lernprozesse in die Vorgehensweise der MeTeOr-Consultants einbezogen und auf Bedürfnisse beider Gruppen gleichwertig eingegangen werden.
Coachingfragen
- Inwiefern kann ich eine gemeinsame Sprache zwischen Immigrants und Natives herstellen?
- Kann ich einschätzen, in welche Gruppe die Teilnehmenden jeweils einzuordnen sind?
- Welche beobachtbaren Unterschiede und Gemeinsamkeiten weisen Mitglieder der beiden Gruppen auf?
Nutzen für den Consultant
Anpassung von Lernarrangements an die unterschiedlichen Bedürfnisse und Synchronisation der Lernprozesse
3.2.2 Die neurologischen Ebenen
Das Modell der sechs neurologischen Ebenen wurde in den 1980er-Jahren von Dilts und Bateson entwickelt. Es ist angesiedelt in der Coachingmethode des Neurolinguistischen Programmierens (NLP) und beschreibt die Beeinflussung des Handelns durch das Denken (Padberg 2010). Indem die Ebenen pyramidenartig aufeinander aufbauen, zeigt das Modell Veränderungen auf, indem Probleme und Ziele auf spezifischen Ebenen verortet sowie Ansatzpunkte für Veränderungsarbeit analysiert werden können (vgl. Abbildung 5). Angewandt werden die neurologischen Ebenen bei der Betrachtung der internen Struktur von Individuen, Gruppen und Organisationen. Der Anwendungsbereich kann demnach als sehr groß bezeichnet werden.
In der Hauptidee geht es konkret darum, dass höhere Ebenen die tieferen Ebenen maßgeblich beeinflussen und steuern. Umgekehrt können tiefere Ebenen auch die höheren verändern, dies ist jedoch nicht zwangsläufig der Fall. Alle Ebenen sind dabei nicht als zweidimensionale, sondern als vielschichtige Gebilde zu begreifen. Zudem sind die Ausprägungen der ersten drei Stufen nach außen hin sichtbar, während die Ebenen vier bis sechs erlebbar und kommunizierbar, jedoch nicht nach außen hin erkennbar sind.
Abbildung 6: Die neurologischen Ebenen. Eigene Darstellung in Anlehnung an Padberg 2010.
Die erste Ebene ist, wie in Abbildung 6 ersichtlich, gekennzeichnet durch den Kontext und das Umfeld (Frage: Wo? Wann?). An dieser Stelle sind Aufgaben und Visionen in einen vorgegebenen Rahmen eingepasst, die durch...