Schweitzer Fachinformationen
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In den rauen Wäldern Nordschwedens finden zwei Frauen die Wege ihres Glücks 1938, Nordschweden: Die siebzehnjährige Siv wird in die tief verschneiten Wälder geschickt, um als Köchin eine Gruppe von zehn Waldarbeitern zu versorgen. Ein entbehrungsreiches Leben ohne Strom und Komfort erwartet sie - und doch ist es genau dort, mitten in der rauen Natur, wo Siv zum ersten Mal echte Freiheit spürt. Und Liebe. In der Abgeschiedenheit begegnet sie Nila, einem jungen Sámi - und erlebt eine zarte Liebe, die stärker ist als alle Konventionen. Doch als der Sommer endet, bleibt nur ein Geheimnis, das nie ans Licht kommen darf.
2022: Eva kehrt als PR-Beraterin für ein Forstunternehmen in das Dorf ihrer Kindheit zurück. Sie soll den Widerstand gegen ein umstrittenes Abholzungsprojekt beruhigen. Doch die scheinbar klare Aufgabe wird schnell zur Reise in die eigene Vergangenheit. Stück für Stück entblättert sich eine Geschichte, die tief in den schwedischen Wäldern wurzelt. Und bald steht Eva vor der Frage: Welche Wahrheit liegt wirklich im Schatten der Moltebeeren verborgen?
Ein berührender Roman über ein lang gehütetes Familiengeheimnis, verbotene Liebe und das Echo der Vergangenheit - der fesselnde Auftakt der Norrland-Saga!
Die hinreißende Schweden-Saga geht weiter:
Band 1: Wo die Moltebeeren leuchten, Juli 2025
Band 2: Wo das Feuerkraut blüht, Mai 2026
Band 3: Wo das Herz des Waldes ruht, Oktober 2026
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»Ich möchte, dass du hinfährst, Eva.«
Ein dumpfes Gewicht sinkt in ihrem Körper hinab und bleibt schwer im Magen liegen, während sie Örjan ansieht und an seinem Gesicht abzulesen versucht, ob ihr noch ein Ausweg oder eine Hintertür offensteht.
Die Haare auf seinem Scheitel beginnen sich zu lichten, sodass man seine Kopfhaut erahnen kann. Die Brille schiebt er abwechselnd in die Stirn und wieder auf die Nase. Im Augenblick sitzt sie ganz unten auf seiner Nasenspitze, und er blickt Eva über den Brillenrand hinweg an.
»Aha«, sagt sie tonlos.
Sie räuspert sich und sieht aus dem Fenster über den Norr Mälarstrand. Durch den grauen Dunst kann sie jenseits der Wasserfläche schemenhaft die Häuser auf Södermalm erkennen.
»Ist es wirklich nötig, dass wir vor Ort sind? Können wir das nicht von hier aus regeln?«
»Nein. Da gerät gerade alles völlig außer Kontrolle. Das ist eine Aufgabe für dich, und deswegen musst du hinfahren.«
In der nun folgenden Pause klickt er mit seinem Kugelschreiber und kratzt sich dann damit am Kinn. Sie hört, wie die Bartstoppeln über die Plastikoberfläche raspeln.
»Du könntest doch bei der Gelegenheit gleich ein paar Verwandte besuchen?«
Eva weicht seinem Blick aus. Offenbar fragt er sich, warum sie nicht sofort zusagt. Warum sie nicht wie sonst unverzüglich seine Anweisung befolgt. Sie will nicht zu denen gehören, die sich querstellen.
»Eigentlich habe ich dort keine nahen Verwandten mehr«, sagt sie achselzuckend.
Er schweigt einen Moment, dann schiebt er die Brille zur Nasenwurzel hoch und wirft einen Blick auf seinen Bildschirm.
»Wie auch immer, jedenfalls möchte ich, dass du dich darum kümmerst. Ich habe dich beim Medientraining beobachtet, du bist ein Naturtalent. Und keiner von uns hat dorthin irgendwelche Beziehungen. Wir von der Unternehmensleitung legen Wert darauf, dass du fährst. Gunnar und die anderen dort oben sind mit so einer Situation überfordert. Du hast den Beitrag im Lokalfernsehen gesehen. Er hat sich gründlich blamiert.«
Er klickt mit der Computermaus und dreht den Bildschirm zu ihr, damit sie die Karte des Waldgrundstücks sehen kann, unterteilt in einzelne Parzellen.
»Der Waldbesitzer ist ein großer und wichtiger Kunde. Er möchte nicht namentlich in Erscheinung treten, darum ist es wichtig, dass wir das professionell handhaben. Außerdem ist das die perfekte Gelegenheit, um zu beweisen, dass uns lokale Anliegen wichtig sind und wir Verantwortung übernehmen. Wir sind nicht nur irgendein großes, gesichtsloses Unternehmen«, sagt er und fixiert sie mit seinem Blick.
Eva spürt, wie die Armstützen des Kunstlederstuhls an ihren Unterarmen zu kleben beginnen. Die ganze Angelegenheit interessiert sie nicht im Mindesten. Was aus dem Wald wird, ist ihr völlig einerlei, solange sie nicht hinfahren muss.
Sie beugt sich vor und tut so, als schaue sie sich interessiert Örjans Karte an.
»Tja, dann buche ich wohl mal die Reise.«
»Was hast du denn in Djupsele zu suchen?«
»Die Presse veranstaltet einen Riesenwirbel wegen einer Abholzung, und ich soll das wieder in Ordnung bringen«, seufzt Eva.
Sie ist dankbar, dass Jenny immer ein offenes Ohr für sie hat und sie sich alles von der Seele reden kann. Und das, obwohl sie noch mitten im Kleinkind-Chaos steckt und just in diesem Moment mit einem Einkaufswagen und zwei übermüdeten Kindern im Ica Maxi steht.
»Dabei ist das reine Zeitverschwendung. Die Aktivisten wollen doch gar keine Lösung. Sie hocken da nur, um ein Statement abzugeben und Aufmerksamkeit zu bekommen«, sagt Eva, während sie einen klebrigen Joghurtbecher und einen Haufen Krümel ins Spülbecken fegt, um Platz für das Schneidebrett und die Zwiebeln zu schaffen, die sie hacken will. Das Handy hat sie zwischen Schulter und Ohr geklemmt, den Kopf unbequem zur Seite geneigt. Ihr Headset ist wieder einmal unauffindbar.
Aus dem Augenwinkel sieht sie, wie ihr Teenager Vilgot in die Küche kommt und sich mit verschränkten Armen auf einem der gelb gestrichenen Küchenstühle niederlässt. Diese Pose nimmt er in letzter Zeit häufig ein, wenn er sie mustert, aber sie ignoriert ihn und beginnt stattdessen die Zwiebeln zu häuten.
»Ehrlich gesagt sind die Leute vom Sameby - der dortigen Gemeinschaft der samischen Rentierhalter - auch nicht anders, die haben kein Interesse an einem Kompromiss. Und dann kreuze ich dort auf und soll das Ganze pragmatisch angehen. Eine sehr undankbare Aufgabe. Die Medien wollen sowieso bloß Idealismus und Opfer präsentieren. Simple Geschäftslogik interessiert die nicht für zwei Cent.«
»Ach, das klappt schon, Eva. Du schaffst das.«
Plötzlich schreit im Hintergrund ein Kind.
»Sorry, Eva, aber ich muss Schluss machen. Kommst du übrigens morgen zum Yoga?«
»Mal sehen«, sagt sie ausweichend und wünschte sich, sie könnte dieselbe Begeisterung dafür aufbringen wie Jenny, aber das geht beim besten Willen nicht. Yoga ist einfach sterbenslangweilig.
Nachdem Eva aufgelegt hat, kann sie die bohrenden Blicke nicht länger ignorieren, die Vilgot ihr vom Küchentisch aus zuwirft.
»Hörst du dir überhaupt selbst zu? Seit wann bist du so zynisch?«, fragt er.
Eva, die mit den Zwiebeln fertig ist und gerade nach einer Möhre greift, lässt das Messer sinken.
»Ich weiß, dass du die Welt sehr schwarz-weiß siehst, aber so funktioniert das nicht, wenn man erwachsen ist. Irgendwann muss man verstehen, dass alles Grautöne sind.«
»Für mich klingt es eher so, als wäre deine Welt schwarz-weiß«, sagt er mürrisch und steht auf, nimmt sich ein Glas und schenkt sich Hafermilch aus dem Kühlschrank ein. Dann verlässt er die Küche, ohne sie noch eines Blickes zu würdigen.
»Hast du mein Headset genommen?«, ruft sie ihm hinterher, erhält jedoch keine Antwort, lediglich ein Türknallen, gefolgt von lauter Musik, die aus seinem Zimmer dröhnt. Sie seufzt und lehnt ihre Stirn an den Küchenschrank. Ob er bei Ola zu Hause auch so pampig und abweisend ist, oder nur bei ihr?
Ihr Blick geht aus dem Fenster, wo sich zwischen den Wohnblöcken der Fluss Fyrisån erahnen lässt. Nasse Schneeflocken wirbeln durch die Luft. Auf dem Heimweg von Stockholm hatte starker Schneefall eingesetzt, und als sie in Uppsala aus dem Zug stieg, drang ihr der eisige Wind durch die Knochen. Wie kalt mochte es erst in Djupsele sein? Sie betrachtet das Gemüse auf dem Schneidebrett und spürt, wie ihre Augen feucht werden. Ob das an den Zwiebeln liegt oder an etwas anderem, weiß sie nicht genau.
Der Busfahrer telefoniert über sein Headset und spielt traurige arabische Musik über die Lautsprecher. Er sieht Eva freundlich an, als sie ihm ihr Ziel nennt und ihre Fahrkarte bezahlt.
Sie setzt sich ganz hinten in den Bus und sieht aus dem Fenster, wo ihr verschwommenes Spiegelbild zurückschaut. Ihre rötlichen Haare unter der Mütze sind zerzaust, unter ihren Augen liegen dunkle Schatten. In Nachtzügen konnte sie noch nie gut schlafen. Vor lauter Müdigkeit ist ihr schwindelig, und die Welt dreht sich auch jetzt noch um sie, obwohl der Bus noch nicht losgefahren ist. Doch sie stellt fest, dass ihr Spiegelbild barmherzig unscharf ist. Weder ihre grauen Haare noch Falten sind zu erkennen, und sie kann fast so tun, als sähe sie ihr jüngeres Ich, das schon so oft in diesem Bus gesessen hat.
Wie lange ist es eigentlich her, dass sie diese Strecke gefahren ist? Als ihr Großvater beerdigt wurde, sind Ola und sie zusammen im Auto hier hochgefahren, daran erinnert sie sich noch genau. Daran, wie sie ihn die ganze Zeit aus dem Augenwinkel beobachtet hat. Sie wollte sehen, wie er - der noch nie weiter nördlich gewesen war als Åre - reagierte, als sie die E4 verließen und tiefer ins Landesinnere hineinfuhren. Es war das erste und einzige Mal, dass er mitfuhr, vor achtzehn Jahren. Bevor sie Vilgot bekamen, bevor das Erwachsenensein richtig an Fahrt aufnahm. Sie hatte gerade ihr Studium der Forstwissenschaft abgeschlossen, hatte ihr Leben und ihre Karriere noch vor sich. Sie war überzeugt, dass das Kapitel Djupsele für sie mit der Beerdigung ihres Großvaters und der anschließenden Erstellung des Nachlassverzeichnisses zu Ende sein würde. Alles, was noch blieb, war der Wald, den sie geerbt hatte, den sie jedoch mithilfe örtlicher Holzeinkäufer aus der Ferne verwaltete.
Als auf einmal der Motor anspringt und der Fahrer auf das Gaspedal drückt, zuckt sie zusammen. Es fühlt sich haargenau an wie damals. Wie in all den Schulferien, als sie den Zug nahm, um sich danach allein oder mit der Unterstützung eines hilfsbereiten Erwachsenen zum Bus durchzufragen und sich mit ihrer kleinen Reisetasche hineinzusetzen. Sie biegen vom Bahnhofsvorplatz auf die Straße ein, und Eva denkt, dass das eine Heimreise ist, und gleichzeitig auch wieder nicht: Der Bus fährt zwar vorwärts, scheint sich aber rückwärts zu bewegen. Rückwärts durch die Zeit.
Als sie Umeå hinter sich gelassen haben, beginnt der Wald, still und schneebedeckt, der bis an den Straßenrand reicht. Der Himmel leuchtet rosa, und ein blasser Mond hängt über der sanft gewellten Landschaft, die sich von einer kleinen Anhöhe vor ihnen ausdehnt. Der Wald erstreckt sich bis zum Horizont und darüber hinaus. Die tief stehende Wintersonne taucht die Fichten an einem der Berghänge in ein sanftes Sahnegelb. Sie fahren um eine Kurve, als unversehens der Fluss neben dem Bus in Sicht kommt. Ihr Herz zieht sich zusammen, und das Atmen fällt ihr schwer. Sie hatte ganz vergessen, wie wunderschön es hier ist.
Der Bus fährt an...
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