Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Der Autor war sicher: "Dafür gibt es keine Therapie." Er hatte versucht, acht Frauen mit einem Brenneisen Geschwulste an den Brüsten zu entfernen - keine überlebte.
Der Wundarzt, der uns von diesem Heilversuch an offensichtlich an Brustkrebs erkrankten Patientinnen berichtet, lebte vor etwa 4500 Jahren in Ägypten. Seine Erfahrungen als medizinischer Praktiker, der immerhin schon Knochenbrüche einzurichten wusste, schrieb er in einer Art Anleitungsbuch nieder. Im sogenannten Papyrus Edwin Smith, 1862 vom namensgebenden Forscher bei einem Händler in Luxor entdeckt, blieben sie erhalten.
Krebs begleitet die Menschheit seit ihrem Bestehen, sogar die Vormenschen waren schon davon befallen, wie 2016 ein Fund in der südafrikanischen Swartkrans-Höhle bewies. Die Forscher diagnostizierten an einer etwa 1,7 Millionen Jahre alten Zehe eine bösartige Geschwulst des Knochens - ein Osteosarkom.
Portugiesische Paläopathologen entdeckten bei einer viertausend Jahre alten ägyptischen Mumie mithilfe einer Computertomografie mehrere runde und dichte Tumoren an den Hüftwirbeln, in den Oberschenkel- und Oberarmknochen - typische Metastasen eines damals natürlich nicht behandelbaren Prostatakarzinoms. Der unglückliche Patient hatte ohne Zweifel eine lange und schmerzhafte Krankheitsgeschichte hinter sich, als er mit ungefähr 55 Jahren starb.
An der Universität Cambridge wurden 2024 an rund 4000 Jahre alten Schädeln aus ägyptischen Gräbern Spuren von Gewebswucherungen gefunden - offenbar Metastasen einer Krebserkrankung. Bei genauerer Analyse stellten die Forscher Schnittspuren an den Schädelknochen fest. Heiler oder Priester hatten offenbar versucht, diese Wucherungen operativ zu entfernen.
In der kasachischen Steppe unweit der Grenze zu China entdeckten Archäologen eine im eisigen Boden gefrorene Mumie einer jungen Frau. Sie lebte wahrscheinlich in einem nomadischen Stamm, der die Altai-Region durchstreifte. Der vor etwa 2600 Jahren bestatteten Frau waren alle Organe entnommen worden, gestorben war sie an Brustkrebs, wie Paläomediziner feststellten. In ihrem Gewebe fanden sich auch Spuren von Marihuana, das sie offenbar zur Schmerzbekämpfung verwendet hatte.
So eindrucksvoll diese Beispiele aus der Archäologie auch sind - in Tausenden Analysen von menschlichen Knochen und Mumien wurden dennoch nur 176 Fälle von malignen Veränderungen entdeckt. Ist Krebs also tatsächlich ein Leiden, das erst mit der Industrialisierung, mit der Exposition von Schadstoffen in Luft und Nahrung und der "westlichen Lebensweise" so weite Verbreitung fand? Haben Überernährung und Fettleibigkeit, Bewegungsmangel, übermäßiger Alkoholkonsum und Tabakrauchen Krebs zu einer "Volkskrankheit" gemacht?
Diese Faktoren haben sicher zur Steigerung der Krebsinzidenz beigetragen, aber die geringe Zahl von entsprechenden archäologischen Befunden täuscht. Denn erst in den letzten Jahrzehnten werden menschliche Relikte und mumifizierte Körper mit modernsten Geräten analysiert. Drei bis vier Millimeter große Tumoren werden erst seit 2005 durch hochentwickelte Computertomografen (CT) sichtbar gemacht. Winzige Knochenmetastasen, wie bei der ägyptischen Mumie mit der Todesursache Prostatakarzinom, hätten die Paläopathologen früher gar nicht entdeckt.
Außerdem ist Krebs eine Krankheit, die in zwei Dritteln der Fälle Menschen jenseits von 65 befällt - ein Alter, das früher nur sehr selten erreicht wurde, weil Infektionskrankheiten wie Tuberkulose, Malaria, Pest, Pocken, Cholera, simpler Durchfall oder einfach Hunger und Kälte die Menschen schon weit früher dahinrafften.
Im Alten Ägypten starben die Armen mit durchschnittlich 30 Jahren, Wohlhabende wurden im Schnitt zwischen 40 und 50 Jahre alt. Außerdem gab es eine hohe Kindersterblichkeit.
In Europa starb im Mittelalter die Hälfte der Kinder vor dem fünften Geburtstag. Eine Londoner Sterbestatistik aus dem Jahr 1632 weist Tausende Todesfälle im Kindbett oder wegen "Fiebers", Auszehrung, Pocken, Masern und Durchfall aus - aber nur zehn Menschen starben in diesem Jahr in London laut Aufzeichnung der Stadt an der Krankheit Krebs.
In Deutschland überlebte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein Viertel der Neugeborenen nicht einmal das erste Jahr. Die Sterberate junger Frauen nach der Entbindung lag zwischen 300 und 500 je 100.000 Geburten.
In den Staaten mit dem geringsten Einkommen und der schlechtesten medizinischen Versorgung rangiert Krebs deshalb auch bis heute nicht unter den zehn häufigsten Todesarten. Im Tschad etwa werden Männer im Durchschnitt bloß 51, Frauen leben drei Jahre länger. Das "typische Krebsalter" wird in den ärmsten Entwicklungsländern, also in großen Teilen Afrikas, gar nicht erreicht.
Auch die Menschen in grauer Vorzeit waren Karzinogenen ausgesetzt. Hunderttausende Jahre lang brieten sie ihre Nahrung auf offenem Feuer - oft bis das Fleisch schwarz war. Feuer sorgte in den Verschlägen und Höhlen für Licht und Wärme. Es sorgte aber auch für Rauch und Ruß, in dem überdies noch Fleisch konserviert und damit auch krebserregend gemacht wurde.
Ihren Namen bekam die Krankheit, gegen diese offenbar kein Kraut gewachsen war, vom berühmten griechischen Arzt Hippokrates (460-375 vor unserer Zeitrechnung), der den größten Teil seines Lebens auf der Insel Kos verbrachte, aber zur Fortbildung auch Vorderasien bereiste.
Hippokrates von Kos: Er gab dieser geheimnisvollen Krankheit einen Namen - "Karkinos", das griechische Wort für Krebs.
Er beobachtete an seinen Patienten geschwürformende Tumoren und solche, die keine Geschwüre bildeten. Weil sie sich seiner Meinung nach von der Geschwulst wie Krabbenbeine ausbreiteten, gab er dem Leiden den Namen "karkinos", das griechische Wort für Krebs.
Hippokrates konnte nur Karzinome an der Körperoberfläche beschreiben, Leichenöffnungen zu wissenschaftlichen Zwecken gab es erst ab dem 16. Jahrhundert. Bis dahin waren sie sowohl bei den Christen als auch bei Juden und Moslems verpönt oder gar verboten. Den Grund für diese "karkinoma", wie er sie auch nannte, sah Hippokrates in einem Ungleichgewicht der vier Körpersäfte gelbe Galle, schwarze Galle, Blut und Schleim. Dieses "Ungleichgewicht" wurde bis ins 19. Jahrhundert als Ursache von Erkrankungen angesehen. Hippokrates behauptete, ein Übermaß an schwarzer Galle führe zu Krebs. Mit Diäten, Aderlässen und Abführmitteln versuchte er, dieses Übel und das vermutete Ungleichgewicht zu beseitigen.
Die "Viersäftelehre" des Hippokrates wurde vom griechischen, in Rom lebenden Arzt Galenus (130-200 v. Chr.) präzisiert. Für den Krebs prägte er einen neuen Begriff: onkos, das griechische Wort für Geschwulst, das später die einschlägige medizinische Fachrichtung beschreiben sollte. Galenus stimmte Hippokrates zu, dass ein Übermaß an schwarzer Galle Krebs verursache, weil sich diese an einem Ort sammle und in der Folge zu einer festen Masse gerinne. Ein Zuviel an gelber Galle sei hingegen ein Zeichen für heilbare Tumoren, so Galenus. Er versuchte, sie mit einer Wundsalbe aus Opium, Rizinusöl und Schwefel zu behandeln.
Das Mittelalter und die frühe Neuzeit mit all ihren Wirren - Völkerwanderung, Seuchen, Kriege, Hungersnöte - waren kein Zeitalter des medizinischen Fortschritts. Aberglauben siegte meist über Erkenntnis: Frauen und Männer, die versuchten, Kräutermischungen und Destillate zu Heilzwecken herzustellen, wurden nicht selten der Hexerei und des Paktierens mit dem Teufel bezichtigt. Zwischen 1550 und 1750 wurden in Europa rund 60.000 Menschen als Hexen und Hexer verurteilt und bei lebendigem Leib verbrannt, oft auch ertränkt, gevierteilt oder zu Tode gefoltert. Zwei Drittel der Opfer waren Frauen, die Hälfte dieser von der Kirche gebilligten Morde fand in Deutschland statt, in Österreich gab es rund tausend Opfer der Hexenverfolgungen.
Auch die 70-jährige Mutter des Astronomen Johannes Kepler wurde 1615 in Heilbronn als "Hexe" festgenommen, eineinhalb Jahre lang in einem tiefen Kerker angekettet und unter der Androhung schwerer Folter ständig verhört. Nach einer Brandrede ihres Sohns wurde sie freigelassen, starb aber wenig später an den Folgen der Haft.
Keplers Mutter hatte einige Frauen mit Heilkräutern behandelt. Eine Schwerkranke behauptete, die alte Kepler habe ihr "vergifteten Wein" gereicht, worauf sie furchtbare Schmerzen bekommen habe. 24 weitere Zeuginnen schlossen sich dieser Behauptung an, einige fügten hinzu, sie hätten Frau Kepler durch die Wand gehen gesehen - ein damals als "Beweis" für Hexerei vorgebrachter Vorwurf.
Pünktlich zu Beginn der Neuzeit trat der gebürtige Schweizer Theophrastus Bombastus von Hohenheim (1493-1541), bekannt unter dem "Künstlernamen" Paracelsus, auf den Plan. Paracelsus verwarf nach mehr als tausend Jahren als Erster die "Viersäftelehre" von Hippokrates und Galenus. Allerdings ersetzte er sie bloß durch die Theorie von den drei "Lebenssubstanzen" Quecksilber, Schwefel und Salz.
Richtungsweisender war da schon seine Ansicht, Arzneimittel müssten durch chemische Separation von Pflanzen, Mineralien oder tierischen...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.