Schweitzer Fachinformationen
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Ein visionärer Roman über die Ursprünge und Zukunft der Künstlichen Intelligenz!
Er ist ein so bewundertes wie gefürchtetes Ausnahmetalent. Der Pionier der Künstlichen Intelligenz, der Vordenker des Personal Computers, der Erfinder der Spieltheorie und Geburtshelfer der Atombombe beim Manhattan-Projekt: John von Neumann. Sein Wirken umfasst das 20. Jahrhundert, seine Geschichte handelt von einem exzentrischen Geist, der alle Grenzen des Denkbaren sprengt und die Welt aus den Fugen hebt.Auf meisterhafte Art verknüpft MANIAC John von Neumanns Schicksal mit dem des gepeinigten Physikers Paul Ehrenfest, der im Deutschland der 1930er Jahre zunehmend panisch den Einzug des tyrannischen Irrationalen vorhersieht, und endet mit einem Zweikampf zwischen Mensch und Maschine: dem weltbesten koreanischen Go-Spieler Lee Sedol und der Künstlichen Intelligenz AlphaGo. In ihr kulminiert die Vision von Neumanns: eine autonome Maschine, eine Intelligenz, die sich gänzlich der menschlichen Kontrolle entzieht .
Welche Rolle werden die Maschinen unserer Spezies künftig zugestehen? Oder werden sie es überhaupt? Packend erzählt MANIAC von den dunklen Sphären des vergangenen Jahrhunderts und seinen brillantesten Denkern. In seinem neuen Roman konfrontiert uns der international gefeierte Benjamín Labatut mit einer der großen Fragen unserer Zeit.
"Das menschliche Unbehagen, das die Begegnung mit künstlicher Intelligenz auslöst, wenn ChatGPT wie von Geisterhand ganze Gedichte schreibt oder Dall-E fotorealistische Bilder in Sekundenschnelle erzeugt, fängt Labatut hervorragend ein."
"Wenn die künstliche Intelligenz in der Lage ist, solche Romane zu provozieren, darf sie gerne kommen ..."
Nur er war ganz und gar wach
Es gibt zwei Arten von Menschen auf der Welt: Jancsi von Neumann und wir anderen.
Er war in der Klasse unter mir, auf dem Budapester lutherischen Fasori Gimnázium, dem damals vielleicht strengsten Gymnasium der Welt, das im Rahmen eines exzellenten, speziell auf die Elite zugeschnittenen Bildungssystems nicht nur mehrere Wissenschaftler, Musiker, Künstler und Mathematiker von Rang hervorbrachte, sondern auch ein wahres Genie. Ich weiß noch genau, wie wir uns das erste Mal begegneten, denn er kam 1914 auf die Schule, in dem Jahr, als der Krieg ausbrach, und so ist beides - Jancsi und der Krieg - in meiner Erinnerung untrennbar miteinander verbunden. Der Junge traf uns wie das Licht eines Kometen, Vorbote von etwas Gewaltigem und Schrecklichem, wie diese himmlischen Gesandten, die in unserem Sonnensystem durch die Dunkelheit schweifen und von abergläubischen Menschen seit jeher mit großen Katastrophen in Verbindung gebracht werden, mit Seuchen oder gesellschaftlichen Umwälzungen. Als 1910 der Halleysche Komet an der Erde vorbeizog, so hell, dass wir ihn mit bloßem Auge erkennen konnten, verschloss meine Mutter, eine tiefreligiöse, in allem anderen aber höchst rationalistische Frau, in unserem Haus einige Türen (die Tür zum Keller und die Tür unseres ehemaligen Kinderzimmers, in dem mein Vater sein Arbeitszimmer eingerichtet hatte), und tagelang durfte niemand sie öffnen, auch weigerte sie sich, irgendetwas zu essen, was von draußen hereinkam, und nahm nur kleinste Schlückchen Wasser zu sich, bis der Komet wieder vom Himmel verschwunden war, da sie fürchtete, er würde giftige Gase auf die Erde niedergehen lassen. Sie war so fest davon überzeugt, dass sie meinen Vater löcherte, für uns alle Gasmasken zu kaufen, was der natürlich ablehnte. Schon seltsam, dass meine Mutter Jancsi nie sonderlich mochte, nicht einmal, als wir längst beste Freunde waren, und ich bin sicher, bis zu ihrem Tod war ihr nicht bewusst, dass unsere Freundschaft zumindest teilweise ihre Schuld war, denn sie selbst hatte mir zuerst von ihm erzählt: Einer meiner Lehrer, Gábor Szego, ein sehr bekannter und hochgeachteter ungarischer Mathematiker und guter Freund meiner Mutter, war von Jancsis Eltern (in der alten Heimat hieß Johnny noch János, für seine Freunde Jancsi) engagiert worden, um dem Jungen vor Beginn des Schuljahres Privatunterricht zu geben. Der Geschichte zufolge, die meine Mutter beim Abendessen erzählte (sie schaffte es einfach nicht, ihre Bewunderung für sich zu behalten, so wenig wie ihre Eifersucht auf Jancsis Mutter, die diesen erstaunlichen Knaben auf die Welt gebracht hatte), standen Szego die Tränen in den Augen, als er nach der Begegnung mit dem Jungen nach Hause kam; er ließ sich in den Sessel fallen und rief nach seiner Frau, und die sah ihn dort sitzen, weinend, in den Händen die zerknitterten Blätter, auf denen der Zehnjährige offenbar mühelos Aufgaben gelöst hatte, über denen Gábor monatelang gegrübelt hatte und die jedem kompetenten erwachsenen Mathematiker Kopfzerbrechen bereitet hätten, aber der Kleine hatte sie ohne ein Wimpernzucken angeschaut und jedes Symbol und jede Zahl genau studiert, als hätte sie jemand direkt aus der heiligsten aller Torarollen gerissen. Ich dachte immer, das sei bloß eine weitere Legende - so viele unglaubliche Geschichten erzählt man sich über Jancsi -, doch Jahre später hatte ich Gelegenheit, mit Szego zu sprechen, und er gestand mir ein wenig verlegen, dass er diese Blätter immer noch besitze, Jancsi hatte auf Briefpapier der Bank seines Vaters geschrieben. Schon damals, sagte er mir, habe er gewusst, dass der Junge die Welt verändern würde, auch wenn er sich noch nicht vorstellen konnte, auf welche Weise. Ich fragte ihn, was ihn auf diesen doch recht absonderlichen Gedanken gebracht habe, und er sagte, kaum habe er den imposanten Schädel meines Freundes zum ersten Mal gesehen, habe er sich gefühlt wie in der Gegenwart von etwas völlig Anderem.
Da war also ein Außerirdischer unter uns, ein wahres Wunderkind, in der Schule war immerzu die Rede von ihm. Schon mit zwei Jahren, hieß es, habe er lesen gelernt. Und er spreche fließend Latein, Altgriechisch, Deutsch, Englisch und Französisch, habe mit sechs Jahren zwei achtstellige Zahlen im Kopf dividieren können und sich eines Sommers, zur Strafe eingesperrt in der Bibliothek seines Vaters, weil er meinte, seinem Fechtlehrer die Haare anzünden zu müssen, vor lauter Langeweile selbst die Infinitesimalrechnung beigebracht und obendrein alle fünfundvierzig Bände von Wilhelm Onckens Allgemeiner Geschichte auswendig gelernt. Wie sich herausstellte, stimmte das alles, aber Sie können sich meine Enttäuschung vorstellen, als ich ihn dann auf dem Schulhof auf mich zuwatscheln sah, nicht annähernd so füllig, wie er später werden sollte, und dennoch bewegte er sich auf eine rundliche, so trödelige wie muntere Art, wie eine für ein opulentes Abendessen gemästete Ente; er ging mit kleinen Schritten voran, beschleunigte immer mal wieder, einfach so, und kam plötzlich vor mir zum Stehen, hoch konzentriert, konnte man meinen, auf ein kompliziertes Match mit Spielern, die außer ihm niemand sah. Wenn ich heute an ihn zurückdenke, kommt es mir fast vor, als hätte er bestmöglich nachzuahmen versucht, wie ein normaler Mensch geht, ohne jemals einen gesehen zu haben. Er stellte sich mir vor, überaus höflich, und sagte, Szego habe angeregt, wir sollten uns einmal treffen und miteinander reden, wir hätten gemeinsame Interessen, und auch wenn mein erster Reflex war, mich von ihm fernzuhalten - ich war ein Jahr älter, gerade elf geworden, und fürchtete die Ausgrenzung, wenn ich mit diesem seltsamen Jungen Freundschaft schloss -, musste ich ihn doch auf der Stelle gernhaben, denn seine Marotten und Verschrobenheiten, all die seltsamen Dinge, die ihn von den anderen Klassenkameraden unterschieden, machten ihn für mich ganz und gar liebenswert.
Etwas stimmte nicht mit Jancsi, das war auf der Stelle klar. Doch wie anders er tatsächlich war, das ahnte ich erst Jahrzehnte später, als sein Verstand sich aufzulösen begann und er Ideen verfolgte, die nicht nur völlig irrational waren, sondern höchst gefährlich. Ich bin mir nicht sicher, ob irgendjemand wirklich wusste, wer er war. Sein Vater und seine Mutter gewiss nicht. Mariette, seine erste Frau, liebte ihn, aber sie waren wie Cousin und Cousine, wirklich, mehr wie zwei Saufkumpane als wie Mann und Frau. Marina, ihre Tochter, war unglaublich begabt und genauso stur wie er, bis zum Schluss haben sich die beiden gefetzt. Irgendwie hat sie es geschafft, aus seinem Schatten herauszutreten, aber so groß sein Respekt vor ihr auch war, er vergönnte ihr nie einen Blick in sein Inneres, da bin ich mir sicher. Bleiben seine beiden Brüder, Michael, der nach ihm kam, der Ärmste, und Nicholas, der Jüngste, er liebte ihn wie einen Sohn. Und dann ist da natürlich Klari, diese schöne, im Kummer versinkende Klari, sie hatte sich vom Fleck weg in ihn verliebt, ihn geheiratet und dann bis zu ihrem letzten Tag dafür gebüßt. Die beiden haben sich auf so viele Weisen gequält, dass es für mich ein Wunder ist, dass sie so lange haben zusammenbleiben können. Johnny war ein schrecklicher Ehemann, das kann ich mit Bestimmtheit sagen, und obwohl Klari eine der klügsten, leidenschaftlichsten und betörendsten Frauen war, die ich je gekannt habe, war sie voller Schwermut und genauso geheimnisvoll, verschlossen und distanziert wie er. Ob ich wusste, was im Kopf von János von Neumann vor sich ging? Nein, das kann ich nicht sagen, ich weiß nur, dass ich von Anfang an eine seltsame Verwandtschaft gespürt habe, eine Verbundenheit, die auch nach seinem Tod noch fortbesteht. Schon in der Schule war ich sein einziger Freund. Jancsi war nie »einer der Buben«, sosehr er auch versuchte, dazuzugehören. Viele der anderen Kinder fühlten sich unbehaglich in seiner Nähe. Wer wollte es ihnen verübeln,...
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