Schweitzer Fachinformationen
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1. KAPITEL
Gegenwart Dienstag, 11. Oktober Fort Lauderdale, Florida
Nur wenige Menschen wussten von der Privatstraße durch die Sümpfe im Süden Floridas, und noch weniger hatten sie jemals befahren. Mehrere Schilder mit drastisch formulierten Warnungen drohten unerwünschten Besuchern mit ernster Bestrafung, wenn sie erwischt würden. Nicht von der Polizei oder durch ein Gericht, sondern durch die Landbesitzer selbst.
In den Everglades nannte man das Dschungeljustiz.
Es war die übliche Art, mit so etwas umzugehen.
Der langhaarige Motorradfahrer ignorierte die Warnschilder und bog von der Landstraße ab. Er brannte darauf, die Vorteile des glatten Asphaltstreifens vor ihm zu nutzen. Sobald sein Hinterrad die Teerdecke erreichte, drehte er den Gashebel seiner getunten Harley und hielt ihn fest. Sein Motor röhrte zustimmend; er schoss mit schwindelerregender Geschwindigkeit voran und lachte, als die Bäume an ihm vorbeizischten. Moskitos, so groß wie kleine Vögel, und Eidechsen, groß wie Schoßhündchen, brachten sich vor ihm in Sicherheit, um nicht überfahren zu werden.
Es hätte ihm nicht viel ausgemacht.
Im Laufe der Jahre hatte er so manches getötet.
Und meistens schnell.
Genau darauf war er trainiert.
Am Ende der Straße drosselte er das Tempo und hielt schließlich vor dem massiven Stahltor an, das das dahinterliegende Grundstück sicherte. Er kannte den Eingang, weil er früher schon ein paar Mal hindurchgefahren war, doch plötzlich wurde ihm klar, dass er das Tor nie selbst geöffnet hatte. Er war immer in Begleitung anderer gewesen, die es für ihn getan hatten. Er stoppte die Harley mitten auf der Straße, stieg ab und ging zu der merkwürdig aussehenden Schalttafel.
Seltsamerweise gab es dort keine Knöpfe zum Drücken. Auch kein Zahlenpad und keine Schalter. Das Einzige, was er sah, war ein flacher rechteckiger Touchscreen, der auf einen futuristisch aussehenden Metallständer montiert war. Mehr konnte er nicht entdecken. Weil das Ding sehr modern aussah und er von Technik keine Ahnung hatte, hätte es sich genauso gut um einen biometrischen Sensor handeln können, der seine Gedanken lesen konnte.
Genau wie die Fee, die in seinem iPhone hauste.
Josh McNutt wusste nicht recht, wie er sich verhalten sollte, und wischte mit der Hand über die Oberfläche. Er hoffte, dass es ein einfacher Bewegungsmelder war, wie an diesen schicken modernen Wasserhähnen. Danach drückte er die Fingerspitzen auf den Screen, weil er dachte, das Gerät würde vielleicht wie in der Waffenkammer von Fort Bragg funktionieren, seine Fingerabdrücke scannen und ihn dann hereinlassen. Als auch das keinen Erfolg brachte, versuchte er es mit beiden Handflächen, eine nach der anderen.
Doch nichts geschah.
McNutt rieb sich den Dreitagebart und überlegte, was er noch versuchen könnte. »Hallo«, sagte er zu dem Gerät. »Ist da jemand? Haaalllloooo.«
Irgendwann klopfte er sogar darauf, als wäre es die Eingangstür.
Noch immer keine Reaktion.
»Blöder Roboter«, murmelte er leise. »Warte nur, bis ich hereinkomme. Dann suche ich deinen Stecker und beschneide dich mit einem Jagdmesser.«
McNutt war genervt, ging zum Stahltor und streckte schon die Arme aus, um daran zu rütteln. Einen Sekundenbruchteil, bevor er es berührte, riss er die Arme zurück, als hätten sich die Stahlgitter plötzlich in Giftschlangen verwandelt. In Wahrheit wurde seine Reaktion durch etwas weitaus Tödlicheres hervorgerufen. Er hatte schon oft gehört, dass das Tor nur die erste einer Reihe von Schutzeinrichtungen war, die das gesamte Grundstück umgaben. Es war zusätzlich durch einen Hochspannungs-Drahtgitterzaun gesichert, der tödliche Stromstöße austeilen konnte. In letzter Sekunde fragte er sich, ob das Stahltor womöglich mit derselben Hochspannung versehen war.
Ein äußerst geladenes »Verpiss dich«, das allen galt, die hier nichts zu suchen hatten.
Bei näherem Nachdenken wollte er es lieber nicht darauf ankommen lassen.
*
»Verdammt! Ich dachte wirklich, dass er es tut!«, rief Hector Garcia hinter seinem Computermonitor. Er hatte McNutt bereits über eine Vielzahl verborgener Überwachungskameras beobachtet, seit der von der Landstraße abgebogen war. Ein Erschütterungsmelder unter der Fahrbahn hatte einen Alarm ausgelöst und die Anwesenden informiert, dass sich jemand näherte.
»Wer macht was?«, fragte Jack Cobb. Als Teamchef hatte er wichtigere Probleme, als die Videoüberwachung im Auge zu behalten. Dafür war Garcia zuständig. Außerdem hatte er die Aufgabe, Cobb zu informieren, wenn sich ihnen jemand näherte.
»McNutt«, antwortete Garcia. »Er versucht seit ein paar Minuten, durch das Tor zu kommen. Bis jetzt ohne Erfolg.«
»Kannst du ihn auf den großen Schirm holen?«, fragte Cobb.
»Aber sicher.«
Nach einigen Klicks und Tastatureingaben waren sämtliche Bilder der Überwachungskameras als Gittermuster auf dem 90-Zoll-Monitor zu sehen, der über dem Kamin hing. Cobb sah, wie McNutt einen Schritt von der Steuertafel des Tors zurücktrat und dann das Gesicht ganz nah an die Oberfläche brachte. Cobb deutete auf Bild Nummer drei - es waren die Bilder der Kamera unter dem Touchscreen. Ein paar Klicks später füllten McNutts blutunterlaufene Augen den ganzen Bildschirm aus.
»Was treibt der Hinterwäldler denn da?«, fragte Sarah Ellis, die nicht weit von ihnen auf einer Couch saß. Sie war von der CIA ausgebildet worden, kannte sich bestens mit Sicherheitssystemen aus und konnte über die Versuche ihres Kollegen, das Tor zu öffnen, nur den Kopf schütteln. »Was sieht er sich da so genau an?«
»Nichts«, meinte Garcia. »Ich glaube, er denkt, das Pad ist ein Retina-Scanner. Er versucht, sein Auge auf das Glas zu drücken.«
Sarah platzte fast vor Lachen. »Oh . mein . Gott. Er ist noch dümmer, als ich ihn in Erinnerung hatte. Und das will was heißen, denn ich hatte Briefbeschwerer, die mehr Grips hatten wie er.«
»Als er«, verbesserte Jasmine Park, die das Zimmer betrat. Als einzige Akademikerin der Gruppe war sie auch die Einzige, die Sarahs fehlerhafte Grammatik bemerkte. »Wenn du dich schon über seine Intelligenz lustig machst, solltest du Grammatikfehler vermeiden.«
»Sagt das Mädchen aus Korea.«
»Ich bin in Amerika geboren.«
»Dann solltest du wissen, dass es unhöflich ist, andere zu verbessern, wenn ihre Grammatik nicht in Ordnung ist - insbesondere Leute, die so viel draufhaben wie ich. Pass bloß auf, dass du beim Schlafen die Augen weit auflässt. Das heißt, falls eine Asiatin das überhaupt kann.«
Jasmine verzog das Gesicht. »Wie kannst du so etwas sagen?«
»Tut mir leid, ich wollte sagen: asiatischstämmige Amerikanerin.«
»Das war es nicht, womit du mich beleidigt hast.«
Sarah zuckte mit den Schultern. »Was soll's? Jetzt sind wir beide beleidigt. Dann sind wir quitt.«
Jasmine atmete tief durch und sah zur Videowand. McNutt war inzwischen nur noch von hinten zu sehen. Er war auf dem Rückweg zu seinem Motorrad. »Fährt er wieder weg?«
»Das hoffe ich«, sagte Sarah optimistisch. »Ich habe darüber nachgedacht, und ich habe eine perfekte Kandidatin, die ihn ersetzen könnte. Sie kennt sich nicht nur fantastisch mit Waffen und Sprengstoff aus, sondern sie ist auch schlau genug, um Eis zu machen. Und das sage ich nicht nur so. McNutt hat mich mal gefragt, ob Eiswürfel aus Alaska kommen.«
Garcia an seinem Computer wandte sich um. »Wann hat er das gefragt?«
»Als wir in Alaska waren. Er wollte ein paar als Souvenirs mitnehmen. Er war schon drauf und dran, sie sich in den Koffer zu packen.«
Garcia starrte sie an. Er war nicht sicher, ob sie nur scherzte. »Ehrlich?«
Sarah zuckte mit den Schultern. Ihr Gesichtsausdruck verriet nichts.
Jasmine deutete auf den Monitor. »Aber mal ganz im Ernst - haut Josh jetzt ab?«
Garcia blickte zum Monitor hoch und stellte fest, dass McNutt nicht mehr zu sehen war. Er schaltete auf einen größeren Winkel um, diesmal von einer Kamera, die oben auf dem Tor befestigt war. Nun konnte man sehen, dass McNutt zu seinem Motorrad zurückging. Dort knöpfte er einen großen Golfsack auf, der am hinteren Sitzbügel festgeschnallt war.
Sarah sprang auf. »Was macht er jetzt?«
»Ich habe keine Ahnung«, antwortete Jasmine.
»Ich schon«, sagte Cobb mit einem Anflug von Entsetzen. »Zoom ran.«
Garcia tat, wie ihm geheißen, und die Gruppe beobachtete ebenso fasziniert wie erschrocken, wie McNutt den Deckel des Golfsacks zur Seite klappte.
Anstatt mit Schlägern war er mit seinem privaten Waffenarsenal gefüllt.
McNutt suchte etwas aus und zog es aus dem Sack. Die Waffe - ein russischer Raketenwerfer, der unter dem Namen Vampir bekannt ist - war dafür gedacht, Panzerfahrzeuge aufzuhalten. Das Tor war widerstandsfähig, aber nicht dafür ausgelegt, einem solchen Angriff standzuhalten. Der Besitzer des Grundstücks hatte bei der Planung nicht an Raketenbeschuss gedacht.
McNutt grinste mit kindlichem Vergnügen und zielte mit dem Abschussrohr auf seiner Schulter auf das Fundament des Tors. In diesem Moment sprintete Cobb durchs Zimmer und aktivierte die Gegensprechanlage.
»Gefechtsbereitschaft aufheben, Soldat!«, schrie er.
Auf dem Screen war zu sehen, dass McNutt sofort verharrte.
»Wer spricht da?«, wollte er wissen und zielte mit dem Abschussrohr auf das Touchpad.
»Runter mit der Panzerfaust!«, befahl Cobb. »Wir öffnen das Tor.«
»Major, bist du das?«, fragte McNutt, senkte die Waffe und näherte sich zögernd der Gegensprechanlage. »Bist du da drin?«
»Ja,...
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