Schweitzer Fachinformationen
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Aus: H-Soz-Kult - Nils Freytag - 13.04.2022 [.] Auch wenn dem schlanken Büchlein ein modernes, für universitäre Lehr- und Studienbücher mittlerweile übliches Layout fehlt [.], ist Patrick Kuppers Einführung in die Umweltgeschichte für Studienanfänger:innen insgesamt lesens- und empfehlenswert, nicht zuletzt weil es abwägend und differenziert argumentiert, kenntnisreich und auch anschaulich geschrieben ist. [.]
Aus: sehepunkte - Anselm Tiggemann - 22 (2022), Nr. 6 [.] Kupper beleuchtet die Begriffsgeschichte von "Natur" und "Umwelt" sowie den "materialistischen" und "kulturalistischen" Zugang zur Umweltgeschichte. An "Umwelthistorischen Zeiten" sowie "Umwelthistorischen Räumen" erklärt er wesentliche umwelthistorische Konzepte wie das "solare" und "fossile" Zeitalter oder das "Anthropozän" [.] eine konzessive, kompakte und stringente Einführung zur modernen europäischen Umweltgeschichte [.]
Aus: Technikgeschichte - Georg Stöger - Bd. 89 (2022) H. 2 [.] Insgesamt bietet das Buch einen interessanten und exzellenten state-of-the-art Überblick zu Ansätzen und Literatur der rezenten Umweltgeschichte, bei dem kaum etwas Relevantes fehlt. Obwohl die Informationsdichte außergewöhnlich hoch ist, bleibt die Argumentation stets nachvollziehbar, Un- und Missverständlichkeiten werden durchgängig vermieden. [.]
Aus: ekz-Infodienst - Oliver Mitesser - November 2021 Professor P. Kupper (Universität Innsbruck) präsentiert die Umweltgeschichte Europas für Studierende und Lehrende in sozial-, ingenieur- und naturwissenschaftlichen Fächern mit einem Schwerpunkt auf den ökologischen Gesichtspunkten von Industrialisierung und Urbanisierung. Dabei gelingt es ihm, die aktuelle wissenschaftliche Primärliteratur zum wechselseitigen Wirkgefüge von Natur und Gesellschaft griffig zu klassifizieren und daneben einen Überblick über die Methodik des Fachs zu geben. [.]
Umweltgeschichte untersucht den Wandel sozionaturaler Verhältnisse. Sie fragt, wie in der Vergangenheit gesellschaftliche mit ökologischen Prozessen interagierten und wie sich Menschen zum Rest der Natur ins Verhältnis setzten. Wie ist dies zu verstehen? Mit der Wortschöpfung "sozionatural" wird festgehalten, dass das Soziale und das Naturale nicht voneinander zu scheiden sind, aber auch nicht ineinanderfallen und daher Interaktionen zwischen gesellschaftlichen und ökologischen Prozessen beobachtet und interpretiert werden können. Mit der Einfügung des unscheinbaren Wortes "Rest" wird ein Hinweis in dieselbe Richtung gesetzt.1 Die gewählte Formulierung impliziert, dass die Beziehungen zwischen Mensch und Natur dialektisch zu fassen sind: Menschen müssen zugleich als Teil der Natur und als von der Natur geschieden verstanden werden. Als biologische Wesen sind sie Bestandteil der Natur, als kulturelle und soziale Wesen heben sie sich von ihr ab. Darin ist die Dialektik der Einheit von Natur und Kultur bei einer gleichzeitigen Unterscheidung zwischen Natur und Kultur begründet.
In diesem einleitenden konzeptuellen Kapitel geht es um die Frage, welche spezifischen Perspektiven die Umweltgeschichte auf die Geschichte eröffnet. Bereits klar geworden sein dürfte, dass sich die Umweltgeschichte über den Einbezug von Natur in die historische Untersuchung charakterisiert und dass die Wechselwirkungen zwischen Umwelt und Gesellschaft in der Vergangenheit sowie deren historischer Wandel im Zentrum des fachlichen Interesses stehen. Ebenso dürfte deutlich geworden sein, dass der Einbezug von Natur in die historische Untersuchung komplexe erkenntnistheoretische Fragen aufwirft. Für eine theoretisch und methodisch reflektierte umwelthistorische Beschäftigung ist es unerlässlich, sich mit diesen grundsätzlichen Problemstellungen auseinanderzusetzen. Umwelthistoriker und -historikerinnen haben dies in den letzten Jahrzehnten denn auch ausführlich getan und das Fach auf eine solide theoretische und methodische Grundlage gestellt.2
Diese Grundlage soll im Folgenden systematisch diskutiert werden. In einem ersten Schritt wird es darum gehen, sich über zentrale Konzepte und Begrifflichkeiten Klarheit zu verschaffen. Dazu gehören insbesondere Natur, Umwelt, Kultur und Gesellschaft. Darauf aufbauend wenden sich die folgenden Abschnitte der umwelt-historischen Modellierung von Interaktionen zwischen Natur und Kultur sowie den umwelthistorischen Zugängen zu und erörtern, welche Qualitäten der Natur in der Umweltgeschichte zugeschrieben werden, unter anderem wie wandlungsfähig, eigendynamisch und handlungsmächtig Natur zu konzipieren ist. Im abschließenden Teil folgen einige Anmerkungen zur methodischen Vielfalt des Faches, die wesentlich auch seiner hohen Interdisziplinarität geschuldet ist. Zeitliche und räumliche Aspekte, die sich mit einer so verstandenen Umweltgeschichte auftun, werden in den beiden folgenden Kapiteln erörtert.
Die Dialektik der Natur ist ein komplexes Gedankengebäude und dazu angetan, philosophisch weniger geübte Geister zu verwirren; und damit wohl die große Mehrheit. Dies umso mehr, als sich diese Dialektik sowohl materialistisch als auch idealistisch entwickeln lässt. So kann schlüssig argumentiert werden, dass sich die Einheit von Natur und Kultur im menschlichen Körper manifestiert. Ebenso lässt sich aber die Trennung zwischen Natur und Kultur oder auch dem Biologischen und Gesellschaftlichen im menschlichen Körper lokalisieren, etwa als biologisches und soziales Geschlecht, als sex and gender, wobei diese Trennung wiederum hinterfragt worden ist. Im Körper und mit ihm lassen sich Einheit und Unterschied von Natur und Kultur mitunter materiell begründen. Auch sind Menschen für ihr biologisches Überleben zweifellos von der Natur abhängig, sowohl individuell als auch kollektiv im Rahmen sozialer Gemeinschaften. Die basalen Grundlagen menschlichen Lebens ebenso wie die Ausgangsstoffe jeder materiellen Produktion entstanden und entstehen in Naturprozessen. Mit dem Studium dieser Naturprozesse und ihrer evolutiven Veränderungen über sehr ausgedehnte, sich teilweise über Jahrmillionen erstreckende Zeiträume, aber auch in kürzeren und gegenwartsnahen Zeitspannen, beschäftigt sich die Naturgeschichte, die in den Naturwissenschaften eine lange, zumindest bis ins 18. Jahrhundert zurückreichende Tradition hat und heute in mehreren Disziplinen weitergeführt wird, etwa in der Geologie, der Biologie und der Ökologie.3 Welche Bedeutung diesen Naturprozessen in der von Menschen mitgestalteten Geschichte, der sozionaturalen Geschichte, zukam, damit beschäftigt sich die Umweltgeschichte.4
Natur ist, so kann aus dem Gesagten geschlossen werden, eine essenzielle Größe einer jeden menschlichen Gemeinschaft. Zugleich ist Natur aber sozial konstruiert. Was unter Natur zu verstehen ist und wie Natur zu verstehen ist, ist eine kulturelle Frage. Ebenso ist die Unterscheidung in Natur und Kultur eine kulturelle, welche gesellschaftlich ausgehandelt, validiert und tradiert wird. Wie diese Unterscheidung getroffen wird, variiert von Kultur zu Kultur und wandelt sich zudem über die Zeit. Jede Form dieser Unterscheidung ist folglich kulturell und historisch spezifisch. Davon ist auch jene Variante nicht ausgeschlossen, die sich in modernen westlichen Gesellschaften entwickelte, die stark auf wissenschaftliches Wissen rekurriert und zumeist klar zwischen Natur und Kultur trennt. Dieses spezifisch moderne Natur-Kultur-Verständnis hat seinerseits die Wissenschaften geprägt und zu ihrer Spaltung in naturwissenschaftliche und kulturwissenschaftliche Disziplinen geführt, eine Spaltung, die bis heute fortwirkt.5 Die Spezifität und Relativität der jeweiligen oder auch der eigenen Kultur-Natur-Unterscheidung lassen sich zum einen im synchronen interkulturellen Vergleich erfassen, wie er insbesondere von der Ethnologie betrieben wird.6 Zum anderen zeigen sich die Variabilität und zusätzlich die Wandelbarkeit in der diachron angelegten historischen Analyse, wozu wiederum die Umweltgeschichte berufen ist.
Wie ist in den Geschichtswissenschaften mit den Begriffen Natur und Umwelt umzugehen? Hierfür ist es nützlich, sich kurz mit der Begriffsgeschichte zu befassen. Von den beiden Begriffen ist der Naturbegriff der deutlich ältere. Er taucht bereits im alten Griechenland auf, unter anderem, aber nicht erst in den Schriften von Platon und Aristoteles. Mit Rückbezügen auf die antike Philosophie wird er im europäischen Mittelalter und der europäischen Neuzeit weitergedacht. Angesichts der Vielfalt der Bedeutungen, welche der Begriff Natur über die Jahrhunderte ansammelte, schlug der Philosoph Rudolf zur Lippe vor, den Begriff am besten gleich zu stornieren: Er sei ein "Sack für unverarbeitete Geschichte". Des Philosophen Leid ist des Historikers Freud, eröffnet ihm ein solcher Sack doch ein reiches Betätigungsfeld.7
Der Begriff Umwelt verbreitet sich erst in der Moderne. Das deutsche "Umwelt" wie auch das englische "Environment" finden sich im 19. Jahrhundert sporadisch und vorwiegend in literarischen Texten, im 20. Jahrhundert dann auch zunehmend in wissenschaftlichen Abhandlungen. Seine herausragende gesellschaftliche Bedeutung gewinnt der Umweltbegriff jedoch erst um 1970. Erst in dieser Zeit findet er Eingang in die Alltagssprache und steigt zugleich im Kontext einer global geführten Umweltschutzdebatte zum politischen Leitbegriff auf. Auch das vorrangig ökologische Verständnis von Umwelt (als natürliche Umwelt) ergibt sich erst im Zuge dieser Begriffsverbreitung.8 Tauchen die Begriffe Natur und Umwelt in historischen Dokumenten auf, so gilt es, wie bei allen Quellenbegriffen, deren zeitgenössischen Bedeutungen in der Quelleninterpretation zu berücksichtigen. Bei der eigenen Verwendung der Begriffe als beschreibende oder analytische Begriffe sollte man sich der wandelnden Bedeutung der Begriffe bewusst sein, was auch bedeutet, dass die eigene Verwendung von jener der untersuchten Texte und Akteure abweicht oder, in Bezug auf die Umwelt, dieser Begriff den Akteuren selbst allenfalls nicht zur Verfügung stand.
Wenn wir uns nun den heute gängigen Begriffsbedeutungen von Natur und Umwelt zuwenden, ist Umwelt der enger gefasste Begriff. Im Gegensatz zu Natur ist Umwelt an den Menschen gebunden. Der Begriff Umwelt macht nur in Kombination mit dem Begriff Gesellschaft Sinn. So gilt nicht nur: ohne Umwelt keine Gesellschaft, sondern ebenso: ohne Gesellschaft keine Umwelt. Natur hingegen lässt sich ohne weiteres ohne Mensch oder Gesellschaft denken. Daraus folgt weiter auch, dass Umweltprobleme zwangsläufig immer Gesellschaftsprobleme sind, während der Begriff Naturprobleme keinen Sinn ergibt. Auch die Bewertung von Umweltproblemen oder der Umweltqualität ist letztlich stets eine gesellschaftliche. Ob ein Geräusch als wohlklingende Musik oder als störender Lärm empfunden und ob es als künstlich oder natürlich wertgeschätzt oder abgewertet wird, hängt von gesellschaftlichen Prägungen ab, die durchaus individuell oder sozial ausdifferenziert sein können und sich mit der Zeit verändern. In den Diskussionen, ob...
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