Aktiv gegen Osteoporose - Gesundheitsratgeber mit Übungen und Tipps zu Prävention, Bewegung, Ernährung, Muskelaufbau und Schmerztherapie

Was ist mit meinen Knochen los?

Wie ein Dieb in der Nacht nagt die Krankheit still an der Knochenmasse. Zum Glück ist Osteoporose gut behandelbar.

Kleine Preisfrage: Kennen Sie das härteste Gewebe in unserem Körper? Wenn Sie auf Zähne und den Zahnschmelz tippen, liegen Sie völlig richtig. Gleich dahinter kommen aber schon unsere Knochen. Sie halten den Körper zusammen. Ohne sie wären wir nur eine formlose Masse, wir würden schwerfällig über den Boden kriechen und nicht aufrecht gehen können. Wenn ein solcher fester Knochen aus heiterem Himmel bricht, ist das natürlich ein Schock. Womöglich waren Sie in Ihrem Leben ganz selten krank oder hatten kaum Beschwerden. Und jetzt trifft Sie die Diagnose. Keine schöne Nachricht. Aber auch wenn Osteoporose nicht heilbar ist, ist sie nicht das Ende aller persönlichen und beruflichen Perspektiven. Jede Osteoporose verläuft anders. Falls Sie bisher kaum Beschwerden haben, dürfen Sie darauf hoffen, dass es weiterhin so bliebt. Und selbst wenn Sie schwerer betroffen sind, haben Sie viele Möglichkeiten, der Erkrankung entgegenzuwirken und an Lebensqualität zu gewinnen. Generell gilt: Osteoporose ist heutzutage sehr gut behandelbar. Sie können eine Menge tun, um lange Zeit aktiv zu bleiben. Dieses Buch wird Ihnen helfen, Ihre Erkrankung besser zu verstehen und Ihr Leben neu in Schwung zu bringen.

Das Tückische an einer Osteoporose ist, dass sie anfangs still und unbemerkt voranschreiten kann. Vielen Menschen fällt dann irgendwann auf, dass etwas mit ihren Knochen nicht stimmt. Warum habe ich plötzlich Schmerzen im Rücken? Ich habe doch nur die Blumenkübel umgestellt. Warum tut mir mein Fuß weh? Ich war doch nur wandern. In den frühen Stadien der Osteoporose treten in der Regel keine Schmerzen auf. Erst wenn es zu einem Knochenbruch kommt, macht sich die Erkrankung sehr deutlich bemerkbar. Typisch für Osteoporose ist, dass meist ohne schweren Sturz zum Beispiel der Oberschenkelhals oder das Handgelenk bricht. Wirbelkörper können sogar ganz unbemerkt brechen. Erst später kommt es dann zu stärkeren Rückenschmerzen, da sich die Statik der Wirbelsäule entscheidend verändert hat. Solche Brüche werden als Spontanfrakturen oder Fragilitätsfrakturen bezeichnet und spielen bei den sogenannten Risikofaktoren eine erhebliche Rolle (mehr dazu ab Seite 9). Besonders Männer denken, dass Osteoporose eine seltene Erkrankung ist. Ein Trugschluss, denn aktuell sind gut 6 Millionen Menschen in Deutschland betroffen. Nach dem 50. Lebensalter nimmt das Risiko erheblich zu. Ungefähr 30 Prozent aller Frauen nach den Wechseljahren erkranken, ab dem 70. Lebensjahr leidet nahezu jede zweite Frau daran. Und immerhin 20 Prozent aller Männer erkranken an Osteoporose.

TENDENZ STEIGEND. Wegen des demografischen Wandels wird die Zahl aller Osteoporose-Erkrankten in Deutschland bis 2030 um etwa ein Viertel auf ungefähr 7,5 Millionen steigen. Weltweit gesehen erwarten Experten bis 2050 im Vergleich zu heute viermal so viele Knochenbrüche im Zusammenhang mit Osteoporose.

Oft wird die Diagnose Osteoporose nach einem Knochenbruch gestellt. Es gibt aber auch weniger auffällige Anzeichen. Achten Sie besonders auf charakteristische Anzeichen für Osteoporose, zum Beispiel auf eine Art Schwächegefühl im Rücken oder natürlich auch auf ständige Rückenschmerzen. Ein sicheres Warnsignal sind sie aber nicht, weil auch viele Menschen ohne Osteoporose "Rücken haben". Bedenklich ist ein Größenverlust um mehr als fünf Zentimeter im Vergleich zur Passgröße innerhalb eines Jahres. Die Ursache liegt in der veränderten Körperform, da sich der Rippen-Becken-Abstand verkürzt hat. Man bekommt einen Rundrücken und ein sogenanntes Osteoporose-Bäuchlein (vorgewölbter Unterbauch). Ein bisschen hat man den Eindruck, als ob sich der Oberkörper verkürzt hätte. Der Körper macht ein Hohlkreuz, um den Oberkörper, der sich nach vorn neigt, auszubalancieren. Anhaltende, tiefe Rückenschmerzen sind oft die Folge. Mit fortschreitender Zeit fühlen Sie sich unsicher beim Gehen, was wiederum das Sturzrisiko erhöht. Gut nachvollziehbar, dass Sie jetzt Ihrem Körper nicht mehr so wie früher vertrauen. Vor allem dann, wenn Sie die Beschwerden erst nach einem Bruch bemerkt haben. Es ist wichtig, dass Sie diese Angst genauso behandeln wie die körperliche Erkrankung.

Wunderwerk Knochen und Skelett

Jetzt kommt eine kleine Wissenseinheit über Knochen. Versprochen, es wird nicht sehr lang. Aber eigentlich ist es spannend, etwas über den Aufbau unseres "Gerüsts" zu erfahren. Der Körper hat 206 Knochen, die durch Bänder zusammengehalten werden. Mit den Muskeln sind sie durch Sehnen verbunden. Die Knochen schützen bestimmte Organe des Körpers, wie das Gehirn, die Lunge und das Herz. Vielleicht denken Sie bei dem Wort Knochen an Tod und Verwesung. Aber weit gefehlt, hier tobt das Leben. Knochen sind, wie Mediziner sagen, stoffwechselaktiv, es werden Stoffe transportiert und umgewandelt. Im optimalen Fall herrscht ein Gleichgewicht zwischen den Zellen, die für den Aufbau neuer Zellen sorgen, und solchen, die für den Abbau verbrauchter Zellen zuständig sind.

Das Skelett gibt dem Körper die Form und rahmt ihn ein. Über die Sehnen ist das Skelett mit den Muskeln verbunden. Das Skelett bestimmt nicht nur die Körperform, es trägt wesentlich dazu bei, dass wir uns bewegen können. Aufrecht gehen ist zum Beispiel vor allem möglich, weil die Wirbelsäule mit ihren 30 Knochen doppelt S-förmig gebogen ist. Diese Form zusammen mit den Bandscheiben und Bändern federt die Stöße ab, sodass wir schmerzfrei gehen können. Aber Knochen ist nicht gleich Knochen. Es gibt lange Knochen wie die Röhrenknochen, die in ihrer Mitte einen Schaft und zwei Enden haben, die das Gelenk bilden. Im Schädel und im Brustkorb findet man sogenannte platte Knochen. Außerdem gibt es noch kurze Knochen wie die Fuß- und Handwurzelknochen. Meist haben Knochen in der Mitte eine Röhre, in deren innerem Hohlraum sich das Knochenmark verbirgt. Einige Knochen, zum Beispiel das Brustbein, die Rippen oder die Wirbelkörper, können mit ihrem roten Knochenmark neue Blutzellen bilden. Bei Erwachsenen wird es durch gelbes Knochenmark ersetzt, nur in einigen Teilen der Rippenknochen und der Wirbelsäule findet sich noch rotes Knochenmark. Außen ist der Knochen von einer Haut umgeben, die von vielen Blutgefäße und Nerven durchzogen ist. Bei manchen Knochen ist diese Haut sehr dünn und daher ziemlich schmerzempfindlich. Paradebeispiel ist der Schienbeinknochen - der Grund, warum Fußballspieler Schienbeinschoner tragen. Die nötige Härte bekommt der Knochen von den Mineralstoffen Kalzium und Phosphor; vor allem Kalziumkristalle sorgen für die Festigkeit. Der Knochen dient daher als Kalziumspeicher, in dem Salz eingelagert und entnommen wird.

Bauen und klauen

Es ist eine Knochenarbeit. Unser ganzes Leben lang steuern spezielle Zellen den Auf- und Abbau der Knochen. Die Aufbauzellen heißen Osteoblasten. Das b im Namen können Sie sich als Eselsbrücke für das Wort "Bauen" merken. Die Abbauzellen werden als Osteoklasten bezeichnet, das k im Namen ist die Eselsbrücke für "Klauen". Das neue Knochenmaterial lagern die Osteoblasten auf der Knochenoberfläche ab, während die Osteoklasten die Knochen "zerfressen" und Höhlen und Tunnel hineingraben. Alle diese Prozesse sind wichtig, denn ohne sie könnte sich der Körper nicht an Veränderungen anpassen, zum Beispiel an ein anderes Körpergewicht oder an neue Sportarten. Erst das Zusammenspiel von Osteoblasten und Osteoklasten macht es möglich, dass Ihre Knochen selbstständig heilen können.

LEICHT UND STABIL. Zwischen 25 und 35 sind unsere Knochen am stabilsten. Bis zu diesem Lebensabschnitt überwiegen die Aufbauvorgänge und die Knochenmasse nimmt stetig zu. Danach reduziert sich die Knochenmasse jährlich um etwa 1,5 Prozent. Insgesamt machen die Knochen nur zwölf Prozent unseres Körpergewichts aus.

Ungefähr bis zum 35. Lebensjahr bleibt die Knochendichte einigermaßen stabil, danach nimmt sie langsam ab. Bei manchen Menschen geschieht dies jedoch schneller als bei anderen. Wenn Sie an einer Osteoporose leiden, dann sind Ihre knochenabbauenden Osteoklasten deutlich aktiver als die knochenaufbauenden Zellen, die Osteoblasten. Der Abbau geht zu schnell, der Knochen baut sich mehr ab als auf und wird langsam porös. Dieses Ungleichgewicht müssen Sie aber keinesfalls schicksalsergeben hinnehmen. Es gibt wirksame Therapien, die den Abbau stoppen.

Eine besondere Rolle bei einer Osteoporose spielen die Röhrenknochen mit ihrer starken äußeren Rindenschicht, die für die Stabilität des Schaftes sorgt. In den Knochenenden liegen schwammartig angeordnete Knochenbälkchen. Diese sogenannte Spongiosa findet sich auch in den Röhrenknochen. Der spezielle Aufbau stützt den Knochen in besonderem...