Schweitzer Fachinformationen
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Hans-Ulrich Küpper beschäftigt sich mit der Frage, welchen Einfluss Wissen und Glauben auf das Entscheiden und Handeln haben. Dabei spannt er einen weiten Bogen durch Wissenschaft, Philosophie, Erkenntnistheorie und Theologie. Er geht davon aus, dass ein zentrales Merkmal der Betriebswirtschaftslehre die Überprüfbarkeit wissenschaftlicher Aussagen und die hohe Zuverlässigkeit von Wissen ist.
Darüber hinaus stellt der Autor die Frage, inwieweit eine anwendungsorientierte Wissenschaft auch normative und moralische Fragestellungen einbeziehen sollte. Denn die Handlungen und Entscheidungen von Menschen, die in Organisationen tätig sind, werden stets von persönlichen Wertvorstellungen, empirischem Wissen und nicht zuletzt vom eigenen 'Glauben' beeinflusst.
Die Analyse spannt einen weiten historischen Bogen, der auch philosophische, metaphysische sowie transzendente und religiöse Konzepte umfasst. Damit schafft der Autor eine wertvolle Basis, um Entscheidungen und Handlungen im persönlichen wie im unternehmerischen Kontext kritisch zu reflektieren.
Prof. Dr. Dr. h.c. Hans-Ulrich Küpper, Institut für Produktionswirtschaft und Controlling, Ludwig-Maximilians-Universität München und akademischer Leiter bei der Bayerischen Elite-Akademie.
Bereits Aristoteles unterschied mehrere Disziplinen der Wissenschaft38. Mit dem Entstehen von Universitäten in Europa bildeten sich als maßgebliche Disziplinen Theologie und Philosophie, Jura und Medizin heraus39. Heute kennen wir ein breites Spektrum an Disziplinen der Natur-, Geistes-, Sozial- und anderen Wissenschaften, die sich jeweils mit spezifischen Untersuchungsgegenständen befassen und vielfach eigene Methoden zur Gewinnung sowie Prüfung von Erkenntnissen über diese entwickelt haben. Dennoch zeigen sich zahlreiche grundlegende Übereinstimmungen in den Erkenntnisformen.
Im Hinblick auf die intersubjektive Überprüfbarkeit als einem zentralen Merkmal von Wissen erscheint es zweckmäßig, an den Aussagen, in denen wissenschaftliche Erkenntnisse formuliert sind, und ihrer Überprüfbarkeit anzusetzen. Vorteile eines solchen Vorgehens liegen darin, dass Ergebnisse wissenschaftlicher Arbeit meist in Aussagen ausgedrückt werden und sich deren Charakter entweder unmittelbar erkennen oder über eine Analyse des Sprachzusammenhangs herausfinden lässt.
Im Hinblick auf die Ergebnisse wissenschaftlicher Arbeit kann man drei zentrale Aussagearten unterscheiden, logische, empirische und normative40 Aussagen. Für mich hat sich diese Klassifikation als grundlegend und äußerst leistungsfähig erwiesen. Deshalb wundere ich mich, dass sie nicht generell als Basis wissenschaftlicher Arbeit und Lehre verbreitet ist. Während die Differenzierung zwischen logischen Schlüssen und empirischen Einzelaussagen sowie empirischen Hypothesen41 vielfach zu finden und weithin anerkannt ist, scheinen die Unterschiede im Hinblick auf die Prüfbarkeit, Überprüfung und Zuverlässigkeit bzw. Objektivität von normativen Wertungen und deren Bedeutung oft nicht genügend klar aufgezeigt zu sein. Das ist jedoch wichtig, weil sich die Überprüfbarkeit normativer Aussagen und dadurch ihre Gültig- bzw. Zuverlässigkeit42 deutlich von den beiden anderen Aussagearten unterscheidet. Daraus folgt, dass bei ihnen einerseits das wissenschaftlich fundierte Wissen anders als bei logischen sowie empirischen Aussagen und andererseits der Bezug zum Glauben wesentlich enger ist, weil für sie Werte eine wichtige Rolle spielen.
Aussageart
logisch
empirisch
normativ
Kennzeichnung
Deduktion
Aussage über Wirklichkeit
Wertung, Empfehlung
Prüfinstanz
Jeweilige Axiome der Logik
Realität
Individuum, Gruppe, Gesellschaft
Prüfung
Beweis
Test an Empirie
Angabe von Gründen
Geltung
allgemein, verifizierbar
allgemein, falsifizierbar
individuell, sozial, offen
Tab. 1: Grundlegende Aussagearten und deren Überprüfbarkeit
Die in Tabelle 1 wiedergegebene und in den folgenden Abschnitten näher erläuterte Einteilung in diese drei grundlegenden Aussagearten wirkt einfach und ist ähnlich »zu der in der Antike üblichen Unterteilung der philosophischen Disziplinen in Physik, Ethik und Logik«.43 An ihr wird u.?a. kritisiert, auch wenn sie nur einen Überblick geben wolle, scheine sie ». zu stark zu vereinfachen«.44 Dieser Einwand kann nicht überzeugen. So sind z.?B. sprachliche Festlegungen keine wissenschaftlichen Aussagen, sondern individuelle Festlegungen oder soziale Konventionen ohne Wahrheitsanspruch. In der wissenschaftlichen Arbeit bilden sie einen Ausgangspunkt und nicht das Ergebnis der Erkenntnisgewinnung.45
Logische Aussagen stellen entsprechend Tabelle 1 deduktive Schlussfolgerungen dar. In ihnen wird aus einer Reihe von Prämissen eine Folgerung gezogen, deren Geltung anhand der zugrunde gelegten Logik bewiesen werden kann. Die klassische Logik ist zweiwertig; in ihr kann jede Aussage nur einen von zwei Werten, wahr oder falsch, annehmen. Daneben gibt es mehrwertige Logiken; Lukasiewicz46 führt in seiner dreiwertigen Logik neben »wahr« und »falsch« noch ein »möglich« für die Fälle ein, die weder bewiesen noch widerlegt sind. Bei der Fuzzy- oder Unschärfelogik47 wird jeder Ausprägung beispielsweise des Körpergewichts über eine Zugehörigkeitsfunktion ein Wert aus einem Intervall wie der Wahrscheinlichkeit zwischen 0 und 1 zugeordnet. Wichtige Teilgebiete der formalen klassischen Logik bilden die Aussagen- und die Prädikatenlogik48, in denen die Zusammensetzung von Aussagen bzw. die innere Struktur von Sätzen untersucht werden, die nicht weiter zerlegbar sind.
Logische Schlüsse ziehen wir auch in vielen Bereichen der Umgangs- und der Fachsprache, ohne sie zu formalisieren. Die hierbei verwendeten Begriffe sind meist in ihrer Bedeutung (Intension) und ihrem Umfang (Extensionnicht vollständig sowie eindeutig gekennzeichnet. Zudem sind die Regeln der Sprache nicht in derart klaren und eindeutigen Axiomen wie in der Mathematik festgelegt. Deshalb lassen sich rein verbal formulierte sachlogische Schlussfolgerungen in der Regel nicht so klar nachvollziehen und überprüfen wie formallogische. In vielen Fällen bleibt bei ihnen ein gewisser Interpretationsspielraum offen.
Der Unterschied zwischen einer strengen formallogischen und einer weniger strengen sachlogischen Beziehung lässt sich beispielhaft durch den Vergleich zwischen definitionslogisch aufgebauten Kennzahlensystemen und der Umsetzung des Grundprinzips der Humanität in dem Manifest für ein »Globales Wirtschaftsethos« veranschaulichen49. Zu den bekanntesten wirtschaftlichen Kennzahlensystemen gehört das in Abbildung 1 wiedergegebene DuPont-System50.
An dessen Spitze steht die Kapitalrentabilität G/V (Gewinn G: investiertes Kapital bzw. Vermögen V). Über eine mathematische Erweiterung durch den Umsatz U gelangt man zu der Gleichung:
G/V = G/U × U/V
Damit wird die Kapitalrentabilität G/V auf die beiden bekannten Kennzahlen Umsatzrentabilität G/U und Kapitalumschlag U/V zurückgeführt. In entsprechender Weise wird das System über die Nutzung definitionslogischer Beziehungen z.?B. für den Gewinn als Differenz zwischen Deckungsbeitrag und Fixkosten in weitere Größen »zerlegt«. Die systematisch aufgebaute Hierarchie von Kennzahlen beruht durchweg auf mathematischen und definitionslogischen Beziehungen. Daher kann sie keine empirischen Beziehungen wiedergeben, weil zum Beispiel nicht gesagt ist, dass eine Erhöhung des Gewinns ohne gleichzeitige Erhöhung des (z.?B. Umlauf-)Vermögens erreichbar ist. Die klare Struktur eines solchen logischen Systems wird mit dem Verzicht auf Informationen über empirische Beziehungen erkauft.
Bei dem in Abbildung 2 wiedergegebenen Ausschnitt aus dem Wertesystem für ein Globales Weltethos52 wird Humanität unter anderem durch Werte wie Gewaltlosigkeit und Achtung vor dem Leben konkretisiert. Als »Themen« zur Erreichung dieser beiden Werte werden Recht auf Leben und Entfaltung sowie Nachhaltigkeit natürlicher Ressourcen angeführt. Hinter dem Aufbau dieses Systems stehen sachlogische Beziehungen, die man für jede seiner Ebenen anführen kann. Jedoch sind die jeweils auf einer unteren Ebene stehenden Werte nicht unmittelbar über Definitionen mit der darüberliegenden Ebene verknüpft. Diese »Offenheit« ist durch Informationen über empirische Beziehungen auszufüllen.
Logische Wahrheit53 besagt, dass eine Aussage in allen denkbaren Situationen wahr ist. Bei deduktiven Schlussfolgerungen ist dieser Anspruch erfüllt, wenn sich die Konklusion in...
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