Schweitzer Fachinformationen
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Stumm, mit Tränen in den Augen und wie erstarrt stehen die Kriminalbeamten am Heiligen Abend 1966 vor der geschändeten Leiche der siebenjährigen Hannelore E., die unter Laubblättern verdeckt war. Der 39-jährige Mörder Erich D. hat die Beamten an den Ort des Verbrechens im Stuttgarter Dachswald geführt. Mit den Worten »Ich habe heute ein kleines Mädchen umgebracht« hat er eine Stunde zuvor die Kriminalwache in der Dorotheenstraße betreten. Aber das Entsetzen über die grausame Tat erfährt noch eine furchtbare Steigerung: Erich D. ist auch der Mörder der am 20. Mai 1964 in der Stuttgarter Altstadt entführten fünfjährigen Sybille F., an der sich der hemmungslose Verbrecher ebenso vergangen hatte. Wie wird ein Mensch zu einem rasenden Triebtäter, der als unauffälliger und nicht für voll genommener Einzelgänger auf ein freudloses Leben zurückblickt?
20. Mai 1964: Der letzte Tag im Leben der Sybille F. Für die fünfjährige Sybille beginnt der Tag um 7 Uhr. Nachdem sie aufgestanden und in die Küche zu ihrer Mutter gehuscht ist, ist das Brot mit ihrer Lieblingsmarmelade bereits gerichtet, eine Tasse Caba mit viel Milch steht ebenfalls für die Kleine bereit. Nach dem gemeinsamen Frühstück geht es ins Badezimmer und danach zieht die Mutter sie an. Bis gegen halb zehn bleibt das Mädchen in der Wohnung, dann drängt sie nach draußen, um mit ihrem Bruder auf der Weberstraße zu spielen. Mit einem blauen Faltenrock, einer rosafarbenen Bluse, weißen Söckchen und schwarzen Lackschuhen, darüber noch eine dunkelrote, wollene Strickjacke, verlässt Sybille die elterliche Wohnung. Sie hat von ihrer Mutter noch zwölf Pfennige mitbekommen, um sich eine Brezel kaufen zu können. Gegen zehn fängt es zu regnen an und die Mutter ruft aus dem Fenster zur Straße die Kinder zurück in die Wohnung. Bis zum Mittagessen bleiben die Kinder nun in der Wohnung. Nach einem Teller Nudelsuppe drängt die fröhliche und unternehmungslustige Sybille wieder auf die Straße zu ihren Spielkameraden.
Sybille ist im Viertel bekannt. Sowohl beim Bäcker als auch beim Metzger gibt es immer wieder mal 10 Pfennig, die dann sofort in Süßigkeiten umgesetzt werden. Die hellblonde Sybille mit ihrem kurzen Bubikopf ist zutraulich und unkompliziert und obwohl ihre Mutter ihr immer wieder eingeschärft hat, nicht mit fremden Männern mitzugehen, unterhält sich die Kleine mit allen Menschen, die ihr im Viertel begegnen.
Um 15 Uhr kommt Sybille in die Wohnung zurück und bittet ihre Mutter um 10 Pfennig, da sie sich ein Eis kaufen möchte. Nach langem Hin und Her lässt sich die Mutter erweichen und gibt ihrem Sonnenschein, wie sie ihre Tochter nennt, das gewünschte Geldstück. Aus dem Fenster sieht die Mutter noch, wie ihre Tochter in die nah gelegene Bäckerei geht und dort ein Eis kauft. Um 16 Uhr kehrt Sybille wieder zurück und die Mutter gibt ihr nochmals 12 Pfennig mit dem Auftrag, sich eine Brezel zu kaufen. Um 17 Uhr kommt Sybille dann weinend in die Wohnung, mit einem Stück Brezel in der Hand, und teilt ihrer Mutter mit, dass sie von einem Nachbarskind geschlagen worden sei. Nachdem sich die Kleine wieder beruhigt und einen kräftigen Schluck Sprudel getrunken hat, will sie unbedingt wieder auf die Straße runter. »Bis 18 Uhr, aber dann bist zurück!«, ruft ihr die Mutter im Hinunterspringen noch hinterher.
Keine Spur von der kleinen Sybille Um 21 Uhr kommt der 35-jährige Werner F. auf die Kriminalwache im Hotel Silber und erstattet Vermisstenanzeige. Er wohnt mit seiner Familie lediglich ein paar Hundert Meter entfernt in der Stuttgarter Altstadt. Werner F. gibt an, dass seine Tochter, die fünfjährige Sybille, heute Nachmittag bis gegen 17 Uhr auf der Straße gespielt hätte, wo sie auch von ihrer Mutter letztmals am Haus auf dem Gehsteig gesehen worden sei. Sie hätte spätestens um 18 Uhr zu Hause sein müssen, aber alles Absuchen und Befragen bei allen möglichen Freunden, Bekannten und Nachbarn sei bislang erfolglos verlaufen. Auch ihr Wohnhaus hätten sie schon vom Keller bis zum Dachboden durchsucht, aber nirgends habe man die Kleine angetroffen. Sybille sei ein äußerst beliebtes und bekanntes Kind im Viertel, da sie den ganzen Tag meistens auf der Straße mit ihren Freundinnen spiele, auch in den Lebensmittelgeschäften sei sie öfters unterwegs, um sich Eis, Süßigkeiten oder eine Brezel zu kaufen. Das lebhafte Mädchen sei nicht auf den Mund gefallen und für ihre fünf Jahre schon erstaunlich weit. Die Familie mache sich nun große Sorgen, da man befürchte, dem Kind könnte etwas zugestoßen sein.
Noch in der Nacht läuft die Fahndungsmaschinerie der Polizei an. Mit Fernschreiben werden alle Polizeireviere mit der Personenbeschreibung des Mädchens zur Mitfahndung einbezogen. Über das LKA wird die Fahndung landesweit an alle Polizeidienststellen gesteuert. Die Bahnpolizei, Militärpolizei, Taxizentrale und Dienststelle für Prostitution werden unterrichtet. Die ganze Nacht wird fieberhaft nach dem Mädchen gesucht. Noch in der Nacht wurden die Stuttgarter Zeitungen informiert, die bereits am nächsten Morgen eine Vermisstenfahndung veröffentlichen.
Die vermisste Sybille F.
21. Mai 1964: Sonderkommission Sybille Nachdem die Fahndungsmaßnahmen bis zum Morgen erfolglos blieben, werden die Eltern intensiv betreut und befragt, ebenso wird von den Beamten ersten Zeugenhinweisen aufgrund der Zeitungsveröffentlichungen nachgegangen. Aber alle Maßnahmen am Vormittag des 21. Mai bringen keine Hinweise auf den Aufenthalt der kleinen Sybille. Ermittlungen beim Roten Kreuz, bei Feuerwehr, Kinderkliniken, Kinderheimen und Verkehrsunfallbereitschaft verlaufen ergebnislos - das Kind ist wie vom Erdboden verschwunden.
Da bis zur Mittagszeit immer noch völlig unklar ist, was mit Sybille passiert ist, entscheidet Kriminalrat Frey als Leiter Kriminalinspektion 1 und stellvertretender Kripochef, eine Sonderkommission mit 25 Beamten und Beamtinnen unter Hinzuziehung der Weiblichen Kriminalpolizei (WKP), des Fahndungsdienstes, des Jugendschutztrupps und des Sonderkommandos P (Prostitution) zentral im Dienstgebäude Dorotheenstraße 10 einzurichten.
22. bis 24. Mai 1964: Eine Stadt in Aufruhr Im Laufe der nächsten drei Tage werden fast die gesamte Kripo sowie große Kräfte der Schutzpolizei in den Einsatz zur Suche nach dem Mädchen gebracht. Tag und Nacht, unterbrochen von ein paar Stunden Schlaf, unternimmt man alles Erdenkliche, um das vermisste Kind zu finden:
Sämtliche Häuser in der Umgebung der Wohnung des Mädchens werden vom Keller bis zum Dach durchsucht. Kein Haus, keine Garage, kein Spielplatz, Schuppen, Hof oder Lagerraum, keine Bauhütte, keine Unterkunft, kein Wohnwagen werden übersehen.
Im gesamten Altstadtbereich zwischen Hauptstätter Straße, Wilhelmsplatz, Katharinenstraße, Charlottenstraße und Holzstraße überprüft die Polizei sämtliche Lokale, Geschäfte und öffentlichen Einrichtungen.
Ermittlungen in der Familie sowie im gesamten Umfeld des Mädchens und der Eltern, bei Spielgefährten, an Kiosken, Parkplätzen . Alles Mögliche wird aufgeboten auf der verzweifelten Suche nach der kleinen Sybille. Immer wieder fährt ein Lautsprecherwagen mit der Suchbotschaft durch das gesamte Viertel, an den Fenstern des Fahrzeugs hängen große Plakate mit dem Bild des vermissten Kindes.
Da man eine Entführung des Mädchens nicht ausschließen kann, beschließt man, den Postverkehr der Familie zu überwachen. Rund um die Uhr wird die Wohnung mit Kriminalbeamten besetzt und das Gebäude mit zivilen Funkstreifenwagen observiert.
Großlichtbilder des vermissten Kindes mit Texttafeln werden zur Ausstellung an alle Kaufhäuser in Stuttgart gefahren. Für die Stuttgarter Kinos wurden Diapositive gefertigt, die im Vorspann gezeigt werden.
2.300 Handzettel mit Fahndungshinweisen für Polizeidienststellen und alle erdenklichen Ämter, Reisebüros, Taxistandstellen, Straßenbahnhaltestellen, Postämter, Förster und Hundevereine, Beherbergungsbetriebe sowie Nachtwach- und Schließdienst werden in den ersten zwei Tagen verteilt.
Die Fahndungstrupps der Schutz- und Kriminalpolizei stellen praktisch die ganze Stadt auf den Kopf. In der Innenstadt, in Bad Cannstatt und in den Außenbezirken durchsuchen sie Campingplätze, Sammelunterkünfte, Streunerlager und Barackenlager, jedoch Sybille F. bleibt verschwunden.
22. Mai 1964: Ermittlungen bis zur totalen Er-schöpfung Nun folgen ganztägige Durchsuchungsaktionen durch die Schutzpolizei mit 29 Polizeihunden und bis zu 120 Beamten in der Bopseranlage, im Fangelsbachfriedhof, bei der Villa Berg, im Rosenstein- und im Killesberg-Park. Praktisch alle Grünflächen der Stadt sind nun abgestreift und überprüft.
Auch die Aktionen vom Vortag werden unvermindert fortgesetzt. Der Radius um den Wohnort von Sybille wird permanent erweitert. Nach wie vor finden ununterbrochen Befragungen in unmittelbarer Nähe des Wohnbereichs statt. Nach ersten Aussagen von Spielkameraden und Bewohnern, die das Mädchen kurz vor ihrem Verschwinden gesehen hatten, wird immer wahrscheinlicher, dass das Mädchen entführt worden ist. Die Soko versucht, den möglichen Entführungsweg zu rekonstruieren.
Eine erste Täterbeschreibung und ein entscheidender Hinweis? An diesem Freitag, dem 22. Mai, erscheint...
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