Schweitzer Fachinformationen
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Annette Becker
1 Durch Ausbildung zur Handlungskompetenz und Performanz
2 (Un)Bewusst mittendrin
2.1 Ausgangslage Ausbildung an Schulen für Physiotherapie
2.2 An der Schule oder Hochschule ausgebildet
2.3 Kompetenzorientierte oder fachorientierte Ausbildung
2.3.1 Berufliche Handlungskompetenz
2.3.2 Kompetenzen
2.3.3 Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten
2.4 Ausbildung in Gesundheitseinrichtungen
3 Wandelnde Anforderungen an die Ausbildung
3.1 Wandel im beruflichen Handlungsfeld
3.2 Wandelnde Kompetenzen
3.3 Wandelndes Selbstverständnis
Literatur
Abstract
Die Ausbildung von Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten unterlag in den letzten Jahren einem großen Wandel. Es entwickelte sich z. B. eine fach- oder kompetenzorientierte Ausbildung an Schulen für Physiotherapie sowie das Studium der Physiotherapie an Hochschulen. Nun steht die Novellierung des fachorientierten, nicht mehr zeitgemäßen Berufsgesetzes bevor. Dazu bedingen die zukünftigen Anforderungen an Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten im Berufsfeld eine neue Ausrichtung der Ausbildung. Neben passenden Inhalten und adäquater Ausbildungsstruktur ist die Entwicklung einer umfassenden Handlungskompetenz und eines zeitgemäßen Selbstverständnisses bei Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten bedeutend. Dieses Spannungsfeld der Ausbildung wird im Folgenden erläutert.
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Die Aufgabe von Ausbildung ist es, die angehenden Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten auf das bevorstehende berufliche Handlungsfeld und den sich wandelnden Gesundheitsmarkt vorzubereiten. Der Gesundheitsmarkt zeichnet sich sowohl durch eine umfassende Gesundheitsversorgung als auch durch die Entwicklung neuer Behandlungs- und Untersuchungsmethoden, innovativer Hightech-Produkte in der Medizintechnik sowie Arzneimittel aus.23 Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten werden voraussichtlich zukünftig auch in diesem Markt mehr gefordert werden.
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Das Ziel der Ausbildung muss es sein, dass Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten bei jeglichem beruflichen Handeln verantwortungsvoll ihre physiotherapeutische Kernkompetenz einbringen können und dies auch tun. Erst das adäquat präsentierte Verhalten in den verschiedenen beruflichen Situationen bzw. die angemessene manifest erbrachte Leistung - die Performanz - stellt die umfassenden Handlungskompetenz der Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten sowie ihre Expertise heraus. So ist es bedeutend, dass Therapeutinnen und Therapeuten über vielfältige spezifische Kompetenzen verfügen, um ein eigen-aktives, zielgerichtetes und flexibles berufliches Handeln - auf allen beruflichen Ebenen - leben zu können,
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Es darf somit in der Ausbildung nicht nur ausschließlich darum gehen, isoliert die physiotherapeutische Kernkompetenz zu entwickeln. Die Fähigkeiten der Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten zur Weiterentwicklung des eigenen täglichen Handelns sowie des physiotherapeutischen Berufes selbst müssen gezielt in den Blickpunkt der Ausbildung gerückt werden. Dazu bedarf es der Entfaltung eines umfassenden Bewusstseins für das tägliche Handeln auf den verschiedenen Ebenen des vielfältigen zukünftigen Gesundheitsmarktes. Entsprechend ist der Anspruch an die Ausbildung von Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten hoch.
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In den letzten Jahren haben sich in Deutschland - neben dem gesellschaftlichen Wandel - auch die Rahmenbedingungen der Ausbildung zur Physiotherapeutin und zum Physiotherapeuten verändert sowie die individuelle Gestaltung der Ausbildung selbst, dass unterschiedliche Spannungsfelder entstanden sind, die im Folgenden näher erläutert werden.
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Die Ausbildung in der Physiotherapie befindet sich momentan absolut "mittendrin", in der Gemengelage
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Die Entwicklungen der vergangenen Jahre sowie die Zukunftsperspektiven bedingen diese Gemengelage. Es stellt sich die Frage, welchen Personen, an welchen berufs-, gesundheits- und bildungspolitischen Stellen, diese unzureichende Situation der Ausbildung (noch nicht) bewusst ist. Diese Gemengelage gilt es zukünftig zu entwirren.
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Um diese aktuelle Problemlage besser nachvollziehen zu können, wird im Folgenden die momentane Situation der Ausbildung in der Physiotherapie sowie der Wandel im Gesundheitswesen entsprechend der oben aufgeführten Punkte näher erläutert.
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Die Ausbildung und die Prüfung für die Berufe des Physiotherapeuten sowie des Masseurs und medizinischen Bademeisters regelt das Masseur- und Physiotherapeutengesetz (MPhG) vom 26. Mai 1994.24 Die beinhaltete Ausbildungs- und Prüfungsverordnung (Physth-APrV) schreibt den Stundenumfang sowie die Fachinhalte der Ausbildung von Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten vor. Die insgesamt zu unterrichtenden 4.500 Stunden teilen sich in 2.900 Stunden Unterricht in der Schule und 1.600 Stunden Ausbildung am Patienten in Gesundheitseinrichtungen auf. Die Unterrichtsstunden sind auf die jeweils zu unterrichtenden theoretischen und praktischen Fächer (z. B. Trainingslehre, physiotherapeutische Befundaufnahme und Untersuchungstechniken, spezielle Krankheitslehre) sowie praktischen Fachgebiete (Chirurgie, Innere Medizin, Orthopädie, Neurologie, Pädiatrie, Psychiatrie und Gynäkologie) aufgeteilt. In Krankenhäusern oder anderen geeigneten medizinischen Einrichtungen werden die Ausbildungsphasen im Patientenkontakt durchgeführt. Begrenzt kann die praktische Ausbildung in sonstigen Einrichtungen bzw. im Rahmen von Exkursionen stattfinden.
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Alle physiotherapeutischen Ausbildungen der bundesweit 258 Schulen für Physiotherapie, müssen den bundesgesetzlichen Vorgaben entsprechen. Dennoch sind curriculare und organisatorische Spielräume in der Ausgestaltung vorhanden, z. B. hinsichtlich der Details der Unterrichtsinhalte, Semesterplanung oder Prüfungsverfahren. Im Schuljahrgang 2017/2018 wurden 21.220 Schülerinnen und Schüler verzeichnet. Davon schlossen 5.589 Personen im Jahr 2017 ihre Physiotherapieausbildung ab.25
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Bezüglich der fachlichen und pädagogischen Qualifikation der Lehrenden an Schulen für Physiotherapie (Schulleitung, Lehrkraft, Fachdozent, Honorarkraft etc.) bestehen keine einheitlich verpflichtenden Regelungen. Einerseits reicht das Vorweisen bestimmter Berufs- und Lehrjahre, einer pädagogischen Weiterbildung und fachspezifischen Expertise, andererseits ist ein pädagogisches Hochschulstudium erforderlich.26
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Innerhalb dieser Rahmenbedingungen ist der Verband der Leitenden Lehrkräfte an Schulen für Physiotherapie Deutschland e. V. (VLL) seit vielen Jahren bestrebt, die physiotherapeutische Ausbildung und deren Ausbildungsstrukturen hinsichtlich der Qualität und Zukunftsorientierung so optimal wie möglich zu gestalten und weiterzuentwickeln. Da jedoch nach Meinung der Schulleiterinnen und Schulleiter mittlerweile die aktuellen Rahmenbedingungen der Ausbildung in der Physiotherapie immer weniger den gestiegenen Anforderungen im Gesundheitswesen gerecht werden und die Ausbildung selbst nicht mehr den Anforderungen einer an Qualitätsstandards orientierten Ausbildung entspricht, fordern sie eine umfangreiche Anpassung der bestehenden Ausbildung von Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten u. a. an europäische bzw. internationale Standards.27
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Im Jahr 2009 sind Regelungen in Kraft getreten, welche den Bundesländern unter bestimmten Bedingungen eine akademische Erstausbildung im Beruf des Physiotherapeuten erlaubt.28 Die Regelungen sind befristet und treten am 31. Dezember 2021 außer Kraft. So erweitern Hochschulen bereits seit einigen Jahren das Ausbildungsangebot durch primärqualifizierende...
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