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Geehrte und gelehrte Herren der Royal Society! Sie haben mich, ganz im Stil Ihrer altehrwürdigen Institution, um »Annotationen« zu Charles Darwin gebeten. Sicherlich geschah dies in der Erwartung, ich könne das umstrittene, mittlerweile freilich auch vielfach gepriesene Werk aus meiner Erinnerung heraus begleiten mit ergänzenden Ausführungen zur Genese. Oder erwarten Sie eher eine (weitere) Begründung dafür, dass ich seine Hauptthese nicht akzeptieren kann aufgrund der Naturstudien, die ich nach dem halben Jahrzehnt auf HMS Beagle, nach den Amtsjahren in Neufundland konsequent fortgeführt habe? Ich werde hier indes nicht, wie ich das bereits im Druck dokumentierte, mit Argumenten aufwarten, ich beschränke mich vielmehr darauf, zu erzählen, und dies wahrheitsgemäß, was Darwin in späteren Jahren zu berichten und zu erörtern unterlassen hat, was wir in der gemeinsamen Kajüte jedoch ausführlich besprochen und diskutiert hatten, auf der Grundlage weithin gemeinsamer Beobachtungen.
Ich darf hiermit den Wahlspruch Ihrer Society übernehmen: Nullius in verba, Take nobody's word for it - nimm also auch nicht einfach nur Darwin beim Wort, geh aus von eigenen Beobachtungen, Erkenntnissen. Angesichts der nahenden Grenze meines Lebens kann ich freilich nur mit aller Knappheit, ja letztlich bloß fragmentarisch -
[Anmerkung des Herausgebers: Ob Robert Fitz-Roy, vormals Kapitän des Dreimasters Beagle, den Brief nur ansatzweise entworfen oder ob Nachkommen, konfrontiert mit fortschreitendem Konsens der Naturwissenschaft, das stellenweise als heikel oder unpassend empfundene Schreiben fragmentiert haben, lässt sich kaum noch eruieren.
Während der gesamten Weltumrundung hat Fitz-Roy (nur vier Jahre älter als Darwin) die Kapitänskajüte mit dem jungen Mediziner geteilt. Jeder andere Kapitän hätte den mitreisenden Naturforscher in dem Raum untergebracht, den sich gewöhnlich die beiden Schiffsoffiziere (jeweils im Rang eines Leutnants) teilten; in der dritten Koje zumeist der Schiffsarzt; die vierte Koje hätte denn ein mitreisender Naturforscher beziehen können - falls er nicht mit einer Hängematte über dem gemeinsamen Tisch vorlieb nehmen musste.
Soweit der seemännische Brauch, doch auf der Beagle war das anders: Kapitän und Forscher teilten sich die Kajüte achtern. So dürfte Robert Fitz-Roy Dutzende, wenn nicht Hunderte von Gesprächen mit Charles Darwin geführt haben, an langen Abenden, an Tagen der Windstille.
Darwin hatte Medizin in Edinburgh, Theologie in Cambridge studiert - dies mit dem Abschluss des Bakkalaureats, und so lässt sich davon ausgehen, dass er sich während der Weltumseglung entschieden anders äußerte als in den Schriften, die sich im Verlauf der späteren Jahrzehnte entwickelten.
Und nun wird der Anker gehievt: 27. Dezember 1831, Devonport, Plymouth. Mit an Bord der 22-jährige Charles Darwin.]
. geschrieben, nun schreibt der Kapitän! Der Darwins Freund war, sein Vertrauter - schließlich ist Charles nicht mit dem Fliegenden Holländer über die Weltmeere gefahren, geschwebt, also lassen sich Koordinaten auch in übertragenem Sinne exakt bestimmen.
Auf der Fahrt zu den Kapverdischen Inseln und weiter nach Rio de Janeiro: präludierende Gespräche, zuweilen auch über Affen. Trotz seiner vorherigen Naturstudien (vor allem und speziell über Schmetterlinge, Käfer, Meerestiere): Affen in freier Wildbahn hatte Charles noch nicht beobachten können, er gab nur wieder, was er, unter anderem, bei einem Forscher namens Rengger gelesen hatte.
Wenn man in Afrika oder auf Ceylon Affen fangen will, so stellt man eine Schale oder Schüssel Starkbier auf, das lockt die an, das saufen die weg und wissen dann nicht mehr, wie ihnen geschieht. Dies schon gar nicht, wenn sie auch noch ein paar Schluck Branntwein zu sich nehmen. Da lassen sie sich fast willenlos festsetzen. Haben am nächsten Morgen offenbar Kopfschmerzen, pressen die Handflächen an die Schläfen. Wenn man ihnen nun wieder Bier anbietet, wenden sie sich ab, trinken höchstens Zitronensaft. Zeigen ansonsten eine rege Vorliebe für Tee und Kaffee. Rauchen auch gern mal eine Zigarre, ein Pfeifchen. Können allerdings auch leiden wie Menschen, unter gleichen Krankheiten: Schnupfen, ja Katarrh . Bauchfellentzündung . ältere Affen mit grauem Star. Was lässt sich aus diesen Ähnlichkeiten schließen? fragte er, während HMS Beagle auf Südamerika zusteuerte, doch es blieb bei dieser Frage, er insistierte nicht.
»Wir hatten völlige Windstille, die See war mit roten, zwei Zoll langen Heuschrecken bedeckt, von welchen eine Menge aufgefischt wurde. Unser Naturforscher behauptete, sie kämen aus Afrika; wahrscheinlich durch Sturm von der Küste fortgetrieben, finden sie in der See ihr Grab; da wir uns an einem Punkte befanden, der 600 Seemeilen von Afrika entfernt ist, dürfte ein so weiter Flug nicht vorauszusetzen sein.«
[Anm.d.Hrsg.: Der kleine, von Fitz-Roy (oder FitzRoy) hinterlassene Faszikel ist offensichtlich durch mehrere Hände gegangen, es fanden Ergänzungen statt. So auch durch obiges Zitat. Dass es von Fitz-Roy stammt, konnte bislang nicht nachgewiesen werden. Mit Sicherheit liegt (auch) hier die Notiz eines Kapitäns vor. Phillip Parker King? Otto von Kotzebue? Hier müsste verifiziert werden.
Bezeugt ist hingegen, dass sich Fitz-Roy eingehend mit Schriften von Johann Kaspar Lavater beschäftigt und so den Blick für Physiognomik und überhaupt für Phänotypisches geschärft hat.]
Ein guter Bekannter, ausgewiesener Ornithologe, Verfasser gelegentlicher Beiträge für die Biology Letters der Royal Society, erzählte mir reichlich Irritierendes über den Glanzkuckuck.
In Kuckucksmanier legt der sein Ei in das Nest eines Singvogels, der es gefälligst ausbrüten und das Küken anschließend auch aufziehen soll. Das Ei, das der Glanzkuckuck in das Nest eines dienstverpflichteten Singvogels legt, es gleicht in Farbe und Musterung genau den Eiern, die der Singvogel selber legt. Und ich fragte mich, fragte an einem der ruhigen Kajütenabende meinen Gast und Begleiter: Wie gelangen Farbe und Musterung auf die Eierschale?
Ich spare noch das entscheidende Stichwort aus, das Darwin erst nach einigen Jahren der Weltumsegelung aussprach, halblaut, ich erwähne stattdessen gleich das nächste, höchst überraschende, mir vom Ornithologen vermittelte Faktum: Im Dunkel des Eies nimmt das Küken des Glanzkuckucks das Aussehen der jeweiligen Singvogelküken an, in Form, Flaum, Farbe. Und der Wirtsvogel, obwohl genau hinschauend und Verdächtiges sofort aussortierend, er lässt sich täuschen vom Fremdling, der eigener Brut zum Verwechseln ähnlich ist, hat sich nach einigen Tagen denn auch völlig an ihn gewöhnt - bis zum Zeitpunkt, an dem der kleine Glanzkuckuck -
[Anm.d.Hrsg.: Hier bricht der Text ab. Offenbar versuchte der Kapitän im Ruhestand, der vormalige Gouverneur von Neufundland, der weiterforschende Privatier, einzustimmen auf das Leitthema seines Briefes an die Royal Society, London, Somerset House. Der unter Depressionen leidende Fitz-Roy fühlte sich allerdings nicht (mehr) in der Lage, einen umfassenden Bericht zu erstatten, er ging lediglich einem Aspekt gemeinsamer Erkundungen nach, bevor er mit einem Rasiermesser seinem Leben ein Ende setzte.
Offenbar hat ein späterer Leser des Brief-Faszikels die ohnehin fragmentarische Darstellung weiter reduziert. Wie zum Ausgleich wurden Erweiterungen eingefügt aus einem Reisebericht - dieses oder eines anderen Kapitäns?]
»Während der Nacht waren 25 fliegende Fische aufs Verdeck gefallen; zum Mittag erschienen sie als äußerst wohlschmeckende und seltene Speise auf unserer Tafel. Diese Fische verirrten sich öfter auf Schiffe, die nicht höher aus dem Wasser herausragen als deren Flugbögen auf der Flucht vor Feinden; bisweilen prallen sie in vollem Schwung gegen den Schiffsrumpf und fallen betäubt ins Wasser zurück.«
. begleitete ihn ja auch bei diversen Landexkursionen, beginnend im Hinterland von Rio de Janeiro. Mein seemännisch scharfes Auge war dabei oft hilfreich für ihn; dieses und jenes Detail, das sich später als relevant herausstellte, wäre ihm sonst entgangen. Kurzum, ich kann mich rühmen, manches entdeckt zu haben, das er sonst übersehen hätte. Diese Entdeckungen haben, so sehe ich das über die Zeitdistanz hinweg, eine gewisse Gemeinsamkeit. Sind damit Vorspiele zum großen Kajütengespräch über zwei auf der Tischplatte liegende Schmetterlinge, die sich in jedem Detail glichen und die doch nicht aus der gleichen Familie stammten .!
Alles fing an mit einem Stein wahrhaftig des Anstoßes - jedoch nicht zur Empörung, sondern zur Reflexion. Ein Stein, der in Größe, Form, Farbe aussah wie andere Steine der unmittelbaren Umgebung. Ich hätte ihn glatt übersehen, wäre ich nicht mit der Schuhspitze gegen ihn gestoßen und er hätte weich nachgegeben. Also organische, nicht mineralogische Substanz! Ein Lebewesen, das als Stein getarnt war und dies perfekt - sogar Steinmaserung war originalgetreu wiedergegeben. Wir standen, wortwörtlich, vor einem Rätsel. Darwin enthielt sich jeden Kommentars, löste stumm den Stein, der kein Stein war, vom Boden, wir nahmen das Fundstück mit an Bord. Und sprachen vorerst nicht weiter von diesem Schein-Stein.
[A.d.Hrsg.: Es handelte sich offenbar um ein Exemplar der Lithops, der Lebenden Steine, eines Mittagsblumengewächses.]
»Kurz vor Sonnenuntergang bestraften wir einen Pelikan für seine...
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