Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Es werden geboren: NBC Radio, die Sprühdose, Lufthansa, Schrödingers Äquivalenz von Wellen- und Matrizenmechanik, der Freischwinger, die Gebührenordnung für Psychoanalyse, Winnie-the-Pooh, Paul Bocuse und Michel Foucault.
Es sterben: Karl von Weizsäcker, Antoni Gaudí und Rainer Maria Rilke.
Das Schiff gleitet ins Wasser. Es sinkt fast zu tief hinein. Für einen Moment scheint es mit seinem Spiegelbild zu verschmelzen, in ihm zu verschwinden. Es nähert sich auf der Achse der Oberfläche gefährlich sich selbst an. Der Bauch ist verschwunden, Segel und Decks stehen gespiegelt aufeinander wie die Figuren auf einer Spielkarte. Dann taucht es wieder auf, mit Leichtigkeit. Es schaukelt, pendelt, wippt rüber und nüber.
Rüber und nüber, das sagt man so in Hannahs Heimat. Dabei gibt es dort keine großen Gewässer, und man weiß wenig über die Seefahrt. Im Thüringer Wald gibt es zwar gutes Wasser, weiches Wasser, god aha, aber keine Gewässer.
Irgendwann hat das Schiff sich ausgependelt und treibt auf der Stelle. Denn es ist jeden Tag windstill im Sommer in Paris. Es geht kein Lüftchen. Es hilft nur Nachhelfen. Und der Junge lehnt am Rand des Brunnens und pustet und prustet, damit die kleinen Segel Wind aufnehmen, er prustet mit dem ganzen Körper. Dann kippt das Boot auf einmal - nach links. Nach nüber. Der Schiffsbauch schwimmt oben und glänzt nass. Von einem Moment auf den anderen liegt das Schiff falsch herum auf dem Wasser, schwimmt weiter, bedauernswert. Der Junge kippelt, trippelt unruhig mit den Füßen. Lehnt sich über den Beckenrand des Brunnens. Heult vielleicht oder flucht. Kippelt ein Stück zu weit. Und kippt in den Brunnen; vornüber, die Beine zeigen gen Himmel. Der Kopf und die Schultern tauchen ruckzuck unter Wasser. Er zappelt. Die Beine rotieren in der Luft. Die Beine, die in kurzen Hosen stecken und in langen Kniestrümpfen und in kleinen Lederschuhen.
Aber auch im Jardin du Luxembourg gibt es keine Gewässer. Nur Wässerchen. Nur Bassins, in denen auch Elementarschüler noch stehen können. Der Junge taucht gleich wieder auf. Jault wie ein Hundewelpe. Die schwarzen Locken hängen an seinem Kopf herab. Seine leicht abstehenden Ohren sind zu sehen. Er stoppt kurz, er guckt sich um, ob jemand ihn weinen sieht. Als er sieht, dass immer noch keiner guckt, heult er wieder los.
Aber Hannah und Til sind schon weitergegangen, weil sie nicht wollten, dass alle es sehen, wie sie sich das Lachen verbeißen. Jetzt gehen sie den Parkweg hinab, gesäumt von Palmen.
Als sie weit genug weg sind, lachen sie doch noch lauthals los. Als würden sie nicht hier sein, sondern da, wo der Lustgarten lustiger ist und die Welt eine andere.
Liebes Hähnchen,
wir sehen uns also schon bald, steige nur rechtzeitig in den Nachtzug von Berlin, und dann holen wir Dich am Bahnhof ab und beginnen gleich morgens mit einem schönen Frühstück. Does will einen Haufen Mensch sehen, aber ich habe gesagt, wir wollen auch manchen Tag einfach Spaß unter uns dreien haben.
Kuss und Freude,
Deine Petro-Nelly
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bringen sie statt der katze lieber einige bilder mit, wir reisen durch die pulspunkte des europäischen kunstmarktes, hannah.
does
Ein paar Meter weiter spielen alte Männer Schach. Sie sitzen an den Schachbrettern, die hier immer stehen, auf Klappstühlen, die sie sich mitgebracht haben. Hannah und Til gehen zwischen ihnen hindurch wie durch eine Ausstellung. Schach ist ein schweigsamer Sport. Die Männer sitzen da, rauchen und sagen wenig. Ganz am Ende der Reihe steht gerade einer von ihnen auf.
Er deutet in Richtung Parkausgang, er verabschiedet sich von seinem Gegenüber, dann schaut er hoch und sieht die beiden Frauen.
Er bietet ihnen seinen Klappstuhl an. Hannah will non, merci sagen, aber da sitzt Til schon. Breitbeinig sitzt sie. Krempelt die Ärmel ihres Hemdes hoch. Nickt dem Mann gegenüber zu.
- Ça va?
Es kann eigentlich nicht sein, denkt Hannah, dass ein Mensch so viele Sprachen spricht. Der Mann gegenüber schweigt, taxiert sie. Schaut kurz zum stehenden Mann. Der dann zum gehenden Mann wird. Der nach Hause geht. Der noch einmal über die Schulter geguckt hat. Und einen Witz gemacht. Den Hannah nicht verstanden hat. Und seinen Klappstuhl dalässt. Der sitzende Mann blinzelt noch zweimal. Er kratzt sich tief in seinem Bart. Mustert seine Gegnerin. Aber schließlich nickt er. Er stellt mit Til die Figuren auf für ein neues Spiel. Der Mann nimmt Weiß, Til Schwarz. Die Bauern treten vor, kratzen leise über das Holz. Ein wenig Stoff dazwischen würde helfen, dass sie besser gleiten, denkt Hannah. Die beiden reden in Hauptsätzen. Hannah versteht, dass Til sagt:
- Ich bin Schriftsteller, un auteur.
- Une auteure, sagt er, und sie sagt,
- oui, un auteur.
- Et vouz?
Der Mann sieht auf. Sieht Hannah ganz direkt an. Seine Augen sind blau und seine Augenbrauen grau. Ein Springer geht vor, ein Turm zieht dagegen, steht bald gegenüber dem Königspaar. Hannah weiß nicht, was sie ihm antworten soll. Zum Glück sagt Til dann schon:
- Un artist.
- Une peinture?, fragt der Mann und macht Striche mit einem unsichtbaren Pinsel in der Hand.
- Nein, nicht so, meistens mit der Schere, sagt Hannah und formt mit den Händen verschämt zwei Fingerscheren wie beim Schattenspiel:
- Avec les -, sie schnipst, Schnipp Schnapp?
- Les - Qua? Was? Schnípp Schnápp?!, fragt der Mann und grinst durch seinen Bart.
Til grinst kein bisschen, schaut Hannah lau von der Seite an, Hannah selbst schaut auf das Brett, sieht den Korridor, der sich langsam bildet, sichelförmig, Zug für Zug, um die Ecke gedacht.
- Hannah schneidet aus, und dann klebt sie die Dinge neu zusammen. Und so entstehen Bilder.
- Was hat das Ausschneiden, was haben Klebebilder denn mit Kunst zu tun?, fragt der Mann skeptisch.
- Jedenfalls mehr, als Schach mit Sport zu tun hat, sagt Til.
Tils Königin durchschreitet die Schneise, die ihre Spielerin ihr unbemerkt geschlagen hat, gleitet über die Fliesen, kratzt nicht, sondern schwebt, denn Til hebt sie sachte an, kaum einen Millimeter zwischen Figur und Brettboden. Bevor die schwarze und die weiße Königin aneinanderstoßen, flicht Til ihren langen Mittelfinger mit den kugeligen Knöcheln zwischen den Figuren durch, dreht sie kurz über dem Brett in der Luft und stellt die schwarze Königin aufrecht ab, legt die weiße flach auf das Brett nieder. Lang und weiß liegt sie da. Der Mann hat zugesehen. Schaut auf die Königinnen, schaut zu Til und Hannah, sucht nach der richtigen Frage oder der richtigen Antwort. Til streicht sich mit der Schachhand durch die Locken, steht auf und sagt zu Hannah:
- Na komm, on y va.
Hausmann weiß nicht, dass Sie uns besuchen.[1]
So hatte Kurt vier Jahre zuvor seinen Brief an dich beendet. Die Worte in der Einladung, die den Weg freiräumten für Sommerfrischen an der Seite, nein inmitten von ihnen allen. Und plötzlich war alles leichter. Du lerntest, wie gut es sein konnte, mit Freundespaaren unterwegs zu sein. Wie gern du die Dritte warst. Ob es mit Kurt und Helma war, mit Arp und Sophie oder Does und Nelly. Zwischen ihnen war immer Platz für dich, und auf deinem Kohlenkasten hieltst du Woche um Woche fest, Strand um Strand, Düne um Düne, Sand um Sand:
Does, geschwungene Nase und hohe Stirn, ein Frottee, das ihm von der Schulter gleitet und die Brust frei macht, sein Lächeln der Sonne entgegen, mit dem Schattenwurf seiner kantigen Gesichtszüge
Nelly, Häkchennase, Heiligenschein aus Stroh um den Kopf, ein Hut, der selbstgeknüpft war, ein Frottee, das ihr von der Schulter gleitet und ihre Brust frei macht, ihr Gesicht der Sonne zugewandt, noch immer vom Echo eines Schmunzelns umgeben
im Sand, vornübergebeugt, wie immer zu enthusiastisch: Kurt und von ihm angesteckt Sophie, die mit bloßen Händen eine Grube ausheben für den kleinen, schon vor Schulbeginn todernsten Ernstl Schwitters, während ihre jeweiligen Geliebten, Helma und Arp, sich vermutlich gerade auf der anderen Seite der Linse in der Sonne aalen und gemeinsam drüber lachen, wen sie da jeweils geheiratet haben.
Die Sonne knallte auf euch herab in Sellin, das Salz kroch zwischen die Zehen, deine Knie und Schultern und Brustwarzen kitzelten wie geküsst von der Hitze. Warum war es dir so lange schwergefallen, Dinge auf eigene Faust zu machen? Warum hattest du erst diese Einladung gebraucht, diese Versicherung, dass es ihnen wirklich um dich ging und nicht um ein Paar, zu dem du nicht mehr gehörtest? Dass sie deine Gesellschaft schätzten, warum glaubtest du das so lange nicht?
Wir freuen uns auch sehr auf Dein Kommen, Helmas Briefe waren die wärmsten, aber ist Dir denn auch klar geworden, dass, wenn du erst am 10. Juli kommst, wir nur noch 5 Tage in Holland sind? Am 15. Juli fahren wir nach Belgien, fährst du dort mit hin oder bleibst Du noch in Holland?[2]
Das Schönste an diesen Reisen war, dass du irgendwann gar nicht mehr planen musstest. Du musstest nur dem Wink deiner Freunde folgen, konntest abwarten, wohin es sie verschlug, und dich der Bande anschließen, die dir am besten gefiel. Noch...
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