Schweitzer Fachinformationen
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Im biblischen Buch Genesis, in der Einleitung zur Entstehung der Sintflut, wird ein "Reuebekenntnis" Gottes benannt: "Der HERR sah, dass auf der Erde die Bosheit der Menschen zunahm und dass alles Sinnen und Trachten seines Herzens immer nur böse war. Da reute es den HERRN, auf der Erde den Menschen gemacht zu haben, und es tat seinem Herzen weh." (Gen 6,5-6) Ja, im Blick darauf, dass die Welt noch immer schwer taumelt, kann man schon auf die Idee kommen, dass sich der Herrgott, wenn er auf seine Schöpfung blickt, täglich die Haare rauft .
Misstrauen, das immer wieder in neuem Gewande daherkommt, begleitet die Menschheit seit jeher. Doch die enorme Vertrauenskrise, welche die Gesellschaft zurzeit durchrüttelt, hat mehrere Facetten.
Zum einen wurde sie durch die weltweite Informationsexplosion, die das Internet bewusst gemacht hat, verursacht. Viele Menschen sind tiefgreifend verunsichert, weil sie mit dieser Flut an Neuigkeiten nicht zurechtkommen. Die Kant'sche Formel von der selbstverschuldeten Unmündigkeit der Menschen scheint mir hier nicht anwendbar. Nein, es ist eine neue Überforderung, die quasi aus einer anonymen Richtung kommt und die so komplex ist, dass man sie aus eigener Kraft nicht aufzuheben im Stande ist. Der Verursacher ist nicht greifbar. Daher kann es auch keine "Maschinenstürmerei" geben.
Zum anderen sind es wohl parallele Bedrohungen unseres bisherigen "Way of Life". Migrationsdruck, Corona, Klimawandel, Krieg in der Ukraine, um nur einige zu nennen, zerfressen die Zuversicht und produzieren Angst. Das Allermeiste muss im Nebel der Unsicherheit entschieden werden, weil es Entwicklungen gibt, die nicht durchschaubar sind. Das ängstigt. Die Angst vor unumkehrbare, negative Entwicklungen, etwa durch genetische Veränderungen in Lebensmitteln, durch schwer nachvollziehbare Erfindungen oder Strategien von Pharmakonzernen, erfasst viele hundert Millionen Menschen weltweit. So wie es zum Beispiel bei vielen Menschen eine panische Angst vor Impfungen zu geben scheint. Wie soll man damit umgehen? Wer nimmt darauf Rücksicht? Es gibt wenig Chancen auf Differenzierung und Einsicht, wenn die eigentlich notwendige "ruhige Hand" des politischen Handelns fehlt.
Zudem wird die Vertrauenskrise sichtlich durch eine neue Form des Freiheitsverständnisses gespeist. Formen des "Alles-selber-besser-Wissens" oder der Widerstand gegen Entscheidungen "von oben" gehören dazu.
Jedenfalls, die Zahl der Menschen, die jenen vertrauen, die besondere Verantwortung tragen, nimmt eher ab als zu. Darin ist die Angst vieler Menschen vor einer schädlichen Herrschaft ihrer "Eliten" über sie verborgen - eine Angst mit gewaltiger Sprengkraft: weil es Menschen(-gruppen) gibt, die mehr Wissen, mehr Möglichkeiten und mehr Reichtum haben, um mit Gegenwart und Zukunft zurechtzukommen, als andere. Sie könnten die Einfacheren, die auf dem "flachen Land" leben, die Ärmeren, die im Süden . an die Wand drücken. Viele Teile der "Eliten unserer Zeit" verhalten sich als herrschende Schicht so, wie es früher den Adeligen zugeschrieben wurde. Das können prominente politische Scharlatane, Fußballer, Popstars oder Unternehmer à la Elon Musk sein. Aber Eliten finden sich natürlich auch in jedem Dorf. Und immer sind sie die heimlichen Vorbilder und Reibebäume - im Positiven wie im Negativen. Deswegen braucht es ständig neu aufgefrischten Verantwortungs- und Moralzuwachs. Nicht nur bei den anderen. Nein. Bei uns allen.
Eine besondere Variante der Vertrauenskrise betrifft unser Menschenbild. Erstaunlich viele Menschen meinen, dass sie mehr Recht auf ein gehobenes Menschsein hätten als ihre Nachbarn. Woran erkennt man das? Der Philosoph Peter Strasser1 etwa weist darauf hin, dass "Verachtung und Demütigungslust bei uns massenhaft auf der Lauer" lägen. "Oftmals wollen wir bloß, dass sich die Leute, die uns verdächtig und fremd sind, ducken." Das trifft viele, Zugereiste und Einheimische. Lebensfähigkeit hat aber mit Zuspruch zu tun: "Man muss auf das, was man ist und tut, auch stolz sein können", so Strasser, egal ob als Maurer, Polizistin oder Lehrerin. In diesem Sinne deutet ein Wort von Papst Paul VI., das mich immer schon stark beeindruckt hat, einen anderen Weg an, der weltweite Tragfähigkeit hat: "Gerechtigkeit ist das neue Wort für Frieden." Dies schließt mit ein, soziale und mitmenschliche Verwerfungen auch als solche wahrzunehmen und möglichst zurückzudrängen.
Die Vertrauenskrise zu durchbrechen und Vertrauensaufbau gelingen zu lassen, ist eine Aufgabe, die nicht an andere delegierbar ist. Das geht mich selbst an und stellt Fragen: Wer vertraut mir? Wer misstraut mir? Warum? Wann vertraue ich? Wie muss ich mich "benehmen", damit andere mir vertrauen können?
Ein Misstrauensproblem besonderer Art provozieren Religionsgemeinschaften und ihre Gläubigen. Im Übereifer ihrer Überzeugungen, in der Fehlinterpretation von Glaubensgrundsätzen und in der irrigen Ansicht, dass ihr Glaube der einzige wahre sei, handeln sie mitunter in einer Weise, die abschreckend wirkt: Wenn sie ihre Wertvorstellungen der Gesellschaft einzuhämmern versuchen, anstatt sie im argumentativen Disput zu benennen, engen sie Lebensweisen ein und unterdrücken Lebensfreude. Das führt bis zu den ganz dramatischen Bildern: Kindesmissbrauch, Beschneidung von Mädchen, Stützen von Diktaturen, "Waffensegnung", Terrorismus . - mit der Gefahr der stillen Duldung durch die Mitglieder der eigenen Religionsgruppe. Es entsteht der Eindruck, die Gläubigkeit von Menschen sei Ausgangspunkt oder Irrweg einer Kraft, die entsetzliche Folgen mit sich bringen kann. Deswegen steigen viele Menschen aus Religionsgemeinschaften aus und lehnen Religion ab, um Unheil aus der Welt zu schaffen. Jede Religionsgemeinschaft ist stark gefordert, Reformen und Weiterentwicklung von Gläubigkeit so anzulegen, dass sie auch für "Nichtgläubige" unmissverständlich als Segen verstanden werden kann.
Es braucht einen säkularen Blick auf große gesellschaftliche Verwerfungen. Ein bloß religiös konnotierter Blick - auch von "Nichtgläubigen" - vertuscht Zusammenhänge und Problemursachen. Ich beziehe mich hier auf Karim El-Gawhary, den ORF-Korrespondenten für den Nahen Osten. In einem Interview in der Tiroler Kirchenzeitung erinnert er daran, dass viele Dramen in "muslimischen" Ländern keine Religionsdramen sind, sondern durch soziale, politische und kulturelle Entsetzlichkeiten ausgelöst werden. Diese können daher auch nicht religiös, sondern müssen politisch bewältigt werden.2 Das bedeutet wohl einen Perspektivenwechsel in unserem Blick auf schwierige Zustände in anderen Ländern. All die Konflikte können nicht mit der Waffe in der Hand gelöst werden, sondern nur mit intelligenter Gewaltlosigkeit und durch einen möglichst klugen Umgang mit der Unvollkommenheit, die auch jeder religiösen Überzeugung innewohnt.
Es wäre sehr hilfreich, wenn quer über die Welt prinzipiell zwischen den Aufgaben des Staates und denen der Religionsgemeinschaften unterschieden würde. Die Herrschaft einer Religion über Glaubensvorstellungen und staatliche Aufgaben vernebelt, dass insuffiziente politische, ökonomische und soziale Zustände zunächst durch Handlungsunfähigkeiten politischer Instanzen entstehen. Dazu braucht es allerdings in der Gesellschaft insgesamt ein Gleichgewicht von Staat, Wirtschaft, Kultur, Religionsgemeinschaften und Zivilgesellschaft. Keiner dieser Gesellschaftsbausteine soll den jeweils anderen dominieren können.
Das Böse ist immer und überall. Aber mit Feber 2022 ist es durch den brutalen Überfall Russlands auf die Ukraine auch in Mitteleuropa wieder nachdrücklich bewusst geworden. Dass Menschen andere Menschen töten, zertreten, martern, ist unbegreiflich. Wie kommen Zwanzigjährige dazu, selbst Gott zu spielen? Wie kommen Kommandeure dazu, anderen zu befehlen, Waffen zu verwenden, Tod und Elend zurückzulassen - zur teuflisch höheren Ehre von sogenannten Staatsmännern? Krieg wird ewig von der gleichen Leier begleitet: Machtstreben, angetrieben von Ehrgeiz, Eigensucht und dem Spiel mit der Furcht. Die Zahl der Kriegsverursacher, die sich um das Leid der Opfer und die Zukunft der Menschen, die von ihnen niedergemetzelt wurden, kümmern wollen, geht allerdings gegen null. Zu meiner Caritaszeit war ich mit etwa zwanzig Kriegen und deren Opfern konfrontiert, rund um die Welt: Bosnien, Kroatien, Kosovo, Georgien, Kongo, Angola, Irak, Syrien, Sudan, Äthiopien . Es brauchte und braucht Mithilfe bei der Versorgung von Flüchtlingen, Waisenkindern und Verletzten sowie Unterstützung der kriegsgeschädigten Bevölkerung bei Wasserversorgung, Bildung und Wohnraumbeschaffung. Die Not ist immer größer als die...
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