Schweitzer Fachinformationen
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Das komplexe Thema der Lern- und Gehirnforschung auf nur wenigen Seiten zu vermitteln, kann seinem Anspruch nicht gerecht werden und dieses vielschichtige Thema nur ankratzen. Da ich aus meinen Seminaren aber weiß, dass sich viele Sprachenlerner mit dieser Materie noch gar nicht beschäftigt haben, will ich dennoch den Versuch unternehmen, einige wichtige neurobiologische Vorgänge, die gerade für das Vokabellernen und das Verständnis der Wirkmechanismen der Schlüsselwortmethode von Bedeutung sind, etwas vereinfacht darzustellen. Zudem hilft ein wenig Hintergrundwissen, beim Vokabellernen nicht wieder in alte Büffelgewohnheiten zurückzufallen. (Pauken oder Büffeln bezeichnet hier und im Folgenden das permanent wiederholende Durchlesen, bis man den Lernstoff auswendig gelernt hat.) Es macht verständlich, warum „Pauken“ die am wenigsten geeignetste Lernmethode ist und unterm Strich mehr Zeit und Mühe kostet als das zunächst geistig anstrengendere kreative Lernen. Für weitere Grundlagen rund um unseren Biocomputer verweise ich den interessierten Leser auf die große Auswahl an aktueller (!) Fachliteratur.
Das haben Sie sich sicher auch schon oft gefragt: Wo ist nur die Vokabel geblieben, die eben noch da war? Und warum weiß ich diese suahelische Vokabel Scheck – hundi auch Tage später noch, obwohl mich Suaheli eigentlich gar nicht interessiert?
Das Langzeitgedächtnis ist kein geheimnisvoller Speicherbehälter, sondern ein fortwährender Prozess, eine sich ständig verändernde Struktur, eine Art Dauerbaustelle. Die Vokabel, wie auch sonstiges Wissen, ist in unserer Großhirnrinde in Form von Verbindungsstärken zwischen den Nervenzellen (Neuronen) gespeichert. Genauer gesagt zwischen den Enden der Nervenzellenverästelungen, den Synapsen.
Diese sind einem ständigen Prozess von Stärkung und Schwächung unterworfen – je nachdem, ob sie gebraucht werden oder nicht. Das bedeutet, wenn wir eine neue Vokabel lernen, erscheint sie als elektrischer Reiz, der von einer Synapse zur nächsten durch Nervenbotenstoffe (Neurotransmitter) über den Spalt geleitet wird. Je nachdem, wie Sie die Vokabel gelernt haben, bricht nach einiger Zeit der Reiz wieder ab. Das war’s. Die Vokabel ist vergessen und die nächste Suchanfrage läuft ins Leere.
Welchen Einfluss hat die Art und Weise unseres Vokabellernens auf die Gedächtnisleistung? Werfen wir einen Blick in die Verarbeitungszentrale.
Ja und nein. Das sogenannte Hemisphären-Modell ist ein in den letzten fünf Jahrzehnten oft verwendetes, mittlerweile von Fachleuten kontrovers diskutiertes Modell zur Arbeitsweise und Aufgabenverteilung unseres Gehirns und zum Verständnis schlechter oder weltmeisterlicher Gedächtnisleistung. Es basiert auf den Split-Brain-Forschungen des amerikanischen Neurologen Roger W. Sperry. Eine daraus abgeleitete Annahme ist die, dass beide Großhirnhälften unterschiedlich spezialisiert sind: Während die linke Hirnhälfte (Hemisphäre) seriell arbeitet, die logische, rationale, verbale, analytische Seite ist, arbeitet die rechte Hemisphäre eher kreativ, emotional, intuitiv, räumlich, sinnlich und vor allem bildhaft.
Die daraus gefolgerte These, dass die meisten Menschen beim Lernen und Arbeiten die linke Hirnhälfte benutzen, während die rechte quasi untätig sei (Folge: schlechte Gedächtnisleistung), sowie die Annahme der strengen Rechts-links-Aufteilung in exklusive Zuständigkeiten gelten mittlerweile als überholt.
Gehirnforscher haben in den letzten Jahrzehnten Erkenntnisse zum Teil bestätigt, widerlegt und geradezu auf den Kopf gestellt. Nach derzeitigem Forschungsstand geht man davon aus, dass die Hirnhälften spezialisiert sind und Information schwerpunktmäßig unterschiedlich ähnlich der Abbildung oben verarbeiten. Es findet jedoch ein reger Datenaustausch beider Hirnhälften über den Verbindungsbalken, das Corpus Callosum, statt, sodass praktisch nie eine alleine arbeitet.
Durch bildgebende Verfahren (Kernspintomografen) kann man dem Gehirn heute quasi beim Denken zuschauen. Bedeutend für das Verständnis von „Lernen“ ist dabei die Beobachtung, dass je nach Denkoder Verarbeitungsaufgabe (z. B. planen, Tastempfindungen verarbeiten, sehen usw.) immer ein paar bis mehrere Dutzend Zentren im Gehirn gleichzeitig aktiv sind und interagieren. Indem wir mit mentalen Bildern und Sinneswahrnehmungen arbeiten, setzen wir Verarbeitungsschwerpunkte in Zentren, die vorher nur leicht oder gar nicht aktiv waren. Wir können also durch die Art und Weise des Lernens Zentren der rechten oder linken Hemisphäre bewusst aktivieren und verstärken. Für uns bzw. die Schlüsselwortmethode ist jedoch gar nicht so wichtig, wo diese Arbeitsprozesse stattfinden. Vielmehr ist wichtig, dass wir nicht nur die logisch-analytischen Verarbeitungszentren ansprechen, sondern besonders die visuell-kreativen Verarbeitungsprozesse aktivieren.
Allein das Bildersehen, also die Abbildung eines Hauses mit der Überschriftm a i s o n – H a u s,bewirkt bei Vokabeln kaum eine bessere Merkleistung, sonst hätten wir ruck, zuck ein visuelles Wörterbuch im Kopf. Wir haben höchstens alle Bilder nicht bewusst abrufbar im Kopf, denn der Mensch hat tatsächlich ein hervorragendes Bildergedächtnis, was durch Tests mit 2500 Bildern nachgewiesen wurde, die der französische Neurologe Dr. B. Croisile beschreibt. Was bei dem Haus-Bild jedoch fehlt, ist das entscheidende Abspeichern des dazugehörigen Fremdworts. Bilder alleine können der ausschlaggebende Faktor als Merkturbo also nicht sein.
Je mehr Gehirnaktivität, umso besser also ist die Speicherung. Beim intensiven Beschäftigen mit einer eingehenden Information (Vokabel) unter verschiedenen Aspekten wird sie von vielen verschiedenen Gehirnarealen im Arbeitsgedächtnis zugleich erfasst und interaktiv verarbeitet. Dadurch laufen mehr Impulse über die Verbindungsstellen, die Synapsen. Diese wiederum verändern sich daraufhin und werden stärker und größer. Stärkere Verbindungen wiederum bedeuten stärkeres Speichern, besseres Lernen.
Lernen wir kreativ und mit allen Sinnen, kurbelt das auch das Wachstum neuer Nervenästchen und Synapsen an, an denen wieder andere Verbindungen entstehen können. Das ist Lernen. Das Netzwerk wächst, die Anzahl der Nervenverbindungen nimmt zu, der Geist wird fitter, das Lernen und Erinnern leichter. Diese Entwicklung, das Wachstum der Nervenverbindungen, geschieht übrigens genauso auch im Alter.
Die Rechnung für jeden lautet also:
mehr Verarbeitungstiefe = bessere Gedächtnisleistung.
Anders herum bedeutet dies aber auch: Je oberflächlicher die Verarbeitung, desto weniger Synapsen werden im Gehirn aktiviert, umso weniger wird abgespeichert, gemerkt, gelernt. Betrachten wir die beiden Lernmethoden.
Verarbeitungstiefe ergibt sich verständlicherweise kaum beim bloßen Durchlesen von Vokabeln. Dies ist nur ein oberflächliches Verarbeiten von Information, da nur sehr kurz bei einer Information (Vokabel) verweilt wird, der Lerninhalt einseitig aufgenommen und immer auf dieselbe Art wiedergekäut wird. Der Kopf wird nicht sehr gefordert, darum beteiligen sich auch nicht viele Bereiche an der Speicherung. Die Folge: Es wird schlechter gelernt, schlechter gespeichert. Diese Erkenntnis können Sie im Grunde auf das Lernen jeglichen (Wissens-)Stoffs übertragen, seien es Vokabeln, Prüfungsstoff oder eine Rede.
Um dem folglich raschen Vergessen entgegenzuwirken, muss man wiederholen und wiederholen und wiederholen …, damit der Reiz stärker und die Verbindung stabiler wird. Diese Methode kennen wir alle: Pauken und Büffeln. Das ist aufwendig, nicht gerade spannend und oft auch nicht sehr erfolgreich, nämlich dann nicht, wenn man mit der nächsten Wiederholung ein bisschen zu lange gewartet hat. Pauken hilft also … etwas. Zum Glück gibt es bessere Methoden der Speicherung bzw. des Lernens.
Die Schlüsselwortmethode schiebt ganz andere Prozesse im Gehirn an. Viele Areale werden zur Verarbeitung der Vokabel aktiviert, denn mit Fremdwort, Schlüsselwort, Bedeutung und mentalem Assoziationsbild modelliert und bearbeitet sie die Vokabel nach allen Regeln der Kunst. Das Drehen und Wenden, Vergleichen, Verändern, Verknüpfen, das Über-die-Vokabel-Nachdenken und geistige Hantieren mit ihrer Bedeutung kurbelt ein Umbilden und Vernetzen der Synapsen an und legt damit breite,...
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