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Auszug aus Renates Tagebüchern
10.06.1994: Liebes Tagebuch, Norbert hängt schon wieder eine halbe Stunde am Telefon, ich möchte echt gerne wissen, was er und Malte immer zu sabbeln haben, die sind ja schlimmer als so manche Weiber!
15.06.1994: Liebes Tagebuch, Norbert ist wegen morgen sowas von aufgeregt, dass er wieder Durchfall hat, ich würde ja am liebsten die Geburtstagsfeier absagen, aber Paul soll hier in meinem Aufenthaltsraum mal sämtliche Spinnweben (auch meine) entfernen und das geht nicht, wenn der Kleine da ist!
Im Jahr 1994 fiel mein 21. Geburtstag für mich so unglücklich, dass er nicht während des Gifhorner Schützenfestes war. Deshalb gab es in jenem Jahr keinen Biergarten auf dem Fest, sondern nur den eigenen Garten, aber natürlich auch mit Bier!
Ich wohnte damals noch zu Hause, da ich es nicht einsah, irgendwo in der Fremde Miete zu zahlen, während in meinem Elternhaus zeitgleich eine Wohnung im Obergeschoss leer stehen würde. Ich musste meinen Eltern nur die Unkosten zahlen und habe das Haus - mittlerweile mein Eigentum - bis zum heutigen Tag nicht verlassen. Mein Opa sagte einmal, dass er nur in einer Holzkiste zum Friedhof umziehen würde; es geschah so und genauso halte ich es auch! Außerdem war meine Arbeitsstätte nur vierzehn Kilometer von meinem Wohnort entfernt und mit meinem Auto sehr gut über die Bundesstraße 188 zu erreichen.
So saßen mein Kindergartenfreund Torben, Tim, unser ehemaliger gemeinsamer Klassenkamerad und ebenfalls großer Depeche-Mode-Fan, meine Freundin Josy und meine Wenigkeit an einem Samstag bei mir zu Hause unter dem Überdach und tranken schon das ein oder andere Bier.
Gespannt warteten wir nicht nur auf das Eintreffen von Norbert, sondern auch auf das Abmischen unserer Spezial-Bowle. In diese Bowle, in dieses Meisterwerk der Party-Mixgetränke, kamen alle Sorten Erfrischungsgetränke, Anisschnaps, ein Orangenlikör und ein leichter Weißwein. Das Mischverhältnis war jedes Mal anders, da wir immer nach Lust und Laune panschten. Einzig der Schädel am nächsten Tag war immer gleichbleibend! Verheerend an dieser Bowle war, dass man am Anfang keinen Alkohol schmeckte, aber bei Ebbe in der großen Schale leichten bis ganz starken Kreisverkehr bekam. Alles in Butter halt, da halb betrunken ja rausgeschmissenes Geld ist, nicht wahr!
Plötzlich klappten Autotüren und ich ging nach vorne, wo auch schon ein leicht zitternder Norbert mit seinem Vater am Gartenzaun stand. Nach einer kurzen Begrüßung sowie einem Glückwunsch von beiden fragte Paul nach meinem alten Herrn! Hallo?
Da mein Vater nach seinem Parteiaustritt und dem damit verbundenen Rücktritt von der politischen Bühne gerade sein >Rote Socke<-Parteibuch in die Mülltonne hinter der Garage warf, kam er zur kurzen Begrüßung an den Zaun. Während unsere Väter sich kennenlernten und ein paar Worte austauschten, gingen wir nach hinten, um eine neue Zeitrechnung zu starten, die Zeitrechnung mit unserem neuen Cliquenmitglied Norbert.
»Darf ich vorstellen, das ist Norbert!«, rief ich hocherfreut.
Der Tisch bebte durch das Klopfen und Jubeln, alle Augen waren auf ihn gerichtet und er wirkte im ersten Moment, als würde er am liebsten im Boden neben mir versinken wollen. Als wäre ein Vorhang gefallen und er stünde vor tausend Leuten ohne Hose da und alle starrten nur auf seinen Piepmatz!
»Tag auch, i... ich bin Norbert«, stotterte er etwas schüchtern und stellte sich mit seiner ganzen Masse direkt vor Tims lange Nase, von uns oft provokant Windsegel genannt, doch von diesem ertönte nur ein trockenes »Hallo«. So war unser stets schwarz gekleideter Tim halt; wortkarg, defensiv, wohl seiner Grufti-Gesinnung wegen, aber trotzdem ein klasse Typ als Kumpel.
»Ja, und ich bin der Torben und das ist mein Bier und das ist dein Bier... hier!« witzelte Torben, mein langjährigster Freund und Klassenkamerad, auf seine gewohnt lockere Art und drückte Norbert ein Bier in die Hand.
Im Bruchteil einer Sekunde war bei Norbert, wohl dank Torben und des Bieres, das Eis gebrochen. Seine Gesichtszüge entkrampften sich sichtlich und man spürte nach kurzer Zeit schon eine weitere Freundschaft gerade ihren Anfang nehmen.
»Es gab noch nicht einmal Kuchen und ihr habt schon eine Flasche Bier am Hals, kann ja wohl nicht wahr sein!«, frotzelte mein Vater, bevor er erzählte, dass Norberts Chef darum gebeten hatte, dass man seinen Sprössling am späten Abend nicht wegen Trunkenheit ins Auto tragen müsse.
»Kein Problem, das bekommen wir auch eher hin!«, meinte ich, worauf mein Vater nur scherzend meinte, dass ich gerne mal an seiner Faust riechen dürfe. Norbert bekam sage und schreibe zwei Bier von uns, da wir alle ja ohnehin die ganze Zeit die Bowle genossen.
Am Abend schmissen wir den Grill an und ich probierte dabei gleich Norberts Geschenk aus. Es war, passenderweise, ein schönes Grillset, das aus einer Grillzange, einer Grillgabel sowie einer Grillschürze mit einem Bild der Familie Simpson bestand, der mittlerweile weltberühmten Comic-Familie aus Springfield, deren Zeichentrickserie seit 1991 in Deutschland ausgestrahlt wird. Ich war über dieses Geschenk sehr erfreut, da sich Norbert offenbar gemerkt hatte, dass ich diese Serie mochte und auch generell ein leidenschaftlicher Sammler von Merchandise-Artikeln rund um Film und Fernsehen war.
Nach seiner fünften (!) Bratwurst und dem vierten (!) Steak fragte Norbert später doch tatsächlich, wo denn der Nachtisch sei! Wir anderen schauten uns wegen dieser Gefräßigkeit im ersten Moment ziemlich baff an, dann meinte er ganz locker: »Tja, Leute, von nichts kommt nichts!« und strich sich über seine erkennbar dicke Wampe.
»Dein Nachtisch sitzt am Teichrand und quakt, fang dir einen!«, gab ich mit dem Finger zu unserem großen Gartenteich zeigend, zum Besten.
»Wenn ich beim Fangen in den Teich falle, dann ist kein Wasser mehr drin! Das ist dir doch bewusst, Malte?«, lachte Norbert.
16.06.1994: Liebes Tagebuch, Paul hat Norbert zu Malte gebracht und installiert gerade eine neue Telefonanlage, mit der wir hausintern telefonieren können, mal sehen, ob der liebesfaule Paule heute noch den richtigen Stecker in die richtige Dose bekommt. Mensch, ich bin aber auch gerade wieder scharf!
Später gesellte sich noch Stau-Udo, ein ehemaliger Berufsschulkollege von mir und Torben, zu unserer Runde. Udo war auch so ein Vogel, immer, wenn er Langeweile verspürte, machte er sich auf die Suche nach einem Stau, da er dort jedes Mal mit irgendjemandem ins Gespräch kam! Er hörte sich vorher im Radio die Staumeldungen an und fuhr umgehend dorthin. Ich behaupte einfach mal, dass er im Umkreis von mindestens zweihundert Kilometern schon auf jeder Autobahn oder Bundesstraße aus reiner Langeweile im Stau gestanden hatte!
»Du, Udo, ich habe gerade einen Stau, fährst du da jetzt auch hin?«, meinte Torben provozierend, als er Udo an diesem Abend das erste Mal sah.
»Torben, du altes Ferkel, vergiss es und fang nicht an, zu stänkern!«, fauchte Udo zurück. Norbert konnte sich vor Lachen kaum halten. Mit seinem Dauerlachen, wie ich es selten zuvor bei einem Menschen erlebt hatte, steckte er uns alle dermaßen an, dass es doch glatt zu Bauchkrämpfen kam.
Norbert erzählte an diesem Abend von den Baueskapaden seines Ollen, der vieles im neuen Haus selbst gemacht hatte, zum Beispiel das Fliesenlegen im Bad, wobei er leider erst hinterher bemerkte, dass man ja vorher die Kabel für die Steckdosen hätte verlegen müssen. Paul musste einen Teil der Fliesen wieder abschlagen, die es dann natürlich nicht mehr in derselben Farbe zu kaufen gab - und die Restfliesen hatte er zuvor stolz entsorgt!
»Tja, so ist das, wenn man immer die günstigen Restposten kauft!«, meinte Norbert trocken. Ebenso hatte Paul insgesamt dreimal den Neubau geflutet, zweimal im Untergeschoss und zum krönenden Abschluss noch einmal in der oberen Etage, da er die Fußbodenheizung nicht richtig zusammengesteckt hatte. Als er im Obergeschoss Druck auf die Leitung gab, lenkte ihn just in diesem Moment eine nette Nachbarin von gegenüber ab und es kam, was kommen musste. Während Paul ihr Playboylike etwas aus dem Kofferraum hob, wurde die Treppe im Haus zu einem schönen Wunderlich-Wasserfall.
»Deswegen heißt Paul jetzt bis zum nächsten Fiasko Niagara«, kicherte Norbert.
Später fingen Norbert und Torben an, sich über unterschiedliche Arten von Blähungen zu unterhalten, worauf Norbert richtig angestachelt meinte, dass durch das reichliche Essen schon etwas Bestimmtes beinahe rausdrücken würde und er dazu auf dem dann nicht mehr stillen Örtchen die deutsche Nationalhymne in unterschiedlichen Furztönen zum Besten geben könne.
»Wisst ihr was? Richtig peinlich wird ein Furz erst, wenn andere Leute davon Wind bekommen!«, meinte Norbert, bevor er uns für seinen musikalischen Vortrag auf dem Klo verließ.
Die Nationalhymne wurde es zwar nicht, aber er sprengte mit seinem Erdbebenpupser die Kloschüssel...
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