Schweitzer Fachinformationen
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Der Morgen war noch jung. Fast zu jung für mich! Die Sonne streifte sanft die umliegenden Dächer. Während ich das Fenster zum Lüften öffnete, tauchte ich für einen ganz kurzen Moment in eine Welt voller Zufriedenheit und Ausgeglichenheit ab. Aber wie gesagt nur kurz. Der Wecker an meinem Bett zeigte sieben Uhr und drei Minuten an. Bevor ich unter die Dusche springen konnte, brauchte ich einen Wachmacher. Mmh .? Was nehme ich heute? Espresso, doppelten Espresso, Cappuccino oder doch nur einen normalen Café Crema?
Ich entschied mich für den Dark Roasted Coffee. Glück gehabt! Es waren noch genug Kaffeebohnen im Behälter. Einen Moment musste ich warten, bis der Powerknopf grün aufleuchtete und der Vollautomat die Energie hatte, um die Bohnen zu zermahlen. Noch schnell ein paar Tropfen Milch, einen Löffel Zucker; schon hatte ich meinen Kick am frühen Morgen. Jetzt aber duschen, sonst komme ich wirklich noch zu spät!
Mein Badezimmer hüllte sich in dichten Nebel und ich genoss das heiße Wasser, das mir auf den Körper prasselte. Doch dann passierte es. Nick erschien vor meinem inneren Auge. Nicht wieder diese Erinnerungen, bitte nicht! Zu spät! Meine Gedanken drifteten ab. Ganz anders als geplant. Eigentlich hatte ich mir für heute vorgenommen, mich über alles zu freuen. Das Leben positiv zu sehen. Aber es ging einfach nicht. Es war zu früh. Die negativen Gefühle gaben mir eine Befriedigung, die ich noch brauchte. Vielleicht war es eine Art Selbstbestrafung.
Warum hat er mir das angetan? Diese Frage beschäftigte mich seit Wochen. Doch ich hatte keine Antwort darauf. Die Zeit heilt alle Wunden, so heißt es. Meine Wunden verschwanden aber nicht. Sie wogen noch genauso schwer wie auf den Tag genau vor fünf Monaten.
Bevor mich weitere Gedanken aus dem Gleichgewicht bringen konnten, stellte ich den Wasserhahn auf rechts. Innerhalb weniger Sekunden erstarrte mein Körper von dem kalten Strahl, der mich überschwemmte.
Das reicht! Abtrocknen, anziehen, los geht's! Der Arbeitstag wartete bereits auf mich.
Auf der Straße herrschte reges Treiben. Die Hauptstraße zu überqueren ohne die Ampel zu benutzen, schien unrealistisch. Es gab keine Abkürzung. Notgedrungen schlängelte ich mich durch die Masse an Leuten, die meinen Weg kreuzten. Als ich an der Ampel stand, fiel mir ein, dass ich den Kaffee nur zur Hälfte getrunken hatte. Kein Wunder, dass ich nicht in die Gänge kam. Ich brauchte unbedingt noch einen starken Coffee to go. Daher entschloss ich mich zu einem kurzen Abstecher zur Bäckerei um die Ecke.
Mit einem neuen Kaffeebecher in der Hand näherte ich mich wenig später dem Eingang von »Global Control«, der Firma, für die ich als IT-Experte tätig bin. Eigentlich liebe ich meinen Job, aber ich fühlte mich einfach nur leer und ausgebrannt. Jeder Tag war eine neue Herausforderung für mich. Am liebsten wollte ich nur noch im Bett liegen bleiben, mir die Decke über den Kopf ziehen und dabei alles um mich herum vergessen.
Ronald, der gut aussehende, charmante Empfangsmitarbeiter begrüßte mich wie jeden Morgen herzlich. Die Kollegen fragten sich, ob er schwul oder einfach nur ein Vorzeigeschwiegersohn sei. Keine Ahnung! Ganz ehrlich, es interessierte mich auch nicht wirklich.
Mein kleines Büro liegt auf der dritten Etage eines fünfzehn Stockwerke hohen Hauses, mit Blick auf den Frankfurter Finanzbezirk. Vom Schreibtisch aus kann ich durch die Spiegeltür das Geschehen im Großraumbüro betrachten. Es gibt einige Kollegen, die sich stets unbeobachtet fühlen. Statt ihrer Arbeit nachzugehen, überprüfen sie lieber ihren Facebook- oder Twitter-Account.
Zehn neue E-Mails erwarteten mich und leuchteten bereits kurz nach dem Einschalten des Rechners auf. Na klasse, dachte ich mir. Genauso stellte ich mir einen entspannten Arbeitstag vor. Mein Chef hatte ein Meeting für zehn Uhr angesetzt. Wahrscheinlich sollte es um das neue Projekt für eine große Hotelkette gehen. Des Weiteren waren diverse Fehlermeldungen von Kunden bei mir gelandet. Diese hatten absolute Priorität.
Das Handy vibrierte in meiner Hosentasche.
Hi Mikey, wie wäre es mit einem spontanen Urlaub? Ein Nein akzeptiere ich nicht.
Es war Kathey, meine beste Freundin, die seit fünf Monaten alles daransetzte, mich zum Lachen zu bringen. Jeden Tag ließ sie sich etwas Neues einfallen, was mich aus meinem tiefen schwarzen Loch herausholen sollte. Sie war das perfekte Beispiel für Ausgeglichenheit und Frohsinn.
Eigentlich heißt sie Katharina, aber der Name gefällt ihr nicht sonderlich. Sie findet Kathey schöner. Wie oft hatte ich ihr in der Vergangenheit gesagt, sie solle sich besser mit anderen Leuten amüsieren, sich nicht von mir herunterziehen lassen. Aber keine Chance! Kathey ließ einfach nicht locker. Sie hatte mir noch einen Anhang mitgeschickt. Sicherheitshalber schaute ich auf mein aktiviertes WLAN-Symbol, um nicht unnötiges Datenvolumen zu verbrauchen. Als sich die Grafik öffnete, stach mir ein traumhaft schöner Puderzuckerstrand am türkisfarbenen Meer entgegen. Für einen Moment ließ ich mich von dem Bild blenden und vergaß alles um mich herum.
Ich bemerkte zu spät, dass mein Teamleiter plötzlich vor mir stand. »Mike, sind Sie einsatzfähig oder soll ich später wiederkommen, wenn Sie Ihre Privatangelegenheiten erledigt haben?« Seine Stimme klang wie immer unfreundlich, monoton und leicht aufbrausend.
»Entschuldigen Sie, Tade«, gab ich kleinlaut zurück.
»Ich brauche dringend Ihre Entwürfe für das bevorstehende Meeting.«
»Ja klar, warten Sie kurz. Wo habe ich sie doch gleich? Ah hier, in der Schublade.«
»Sehr gut, danke Ihnen. Vergessen Sie nicht die Besprechung, Mike!«
Wie sollte ich das Meeting vergessen? Schließlich wurde ich automatisch von Outlook an den bevorstehenden Termin erinnert. Spinner! Meine Träumerei würde warten müssen, ich hatte Arbeit vor mir!
Die Konferenz ging länger als geplant. Mein Magen verkrampfte sich schon vor Hunger. Bereits während wir gemeinsam am Tisch saßen, knurrte er ununterbrochen. Nun war es ein Uhr und ich hatte mir eine kleine Mittagspause wirklich verdient. Nur noch ausloggen und es konnte losgehen.
Mein Smartphone vibrierte erneut. »Was ist nun schon wieder?«, raunte ich mir selbst zu. Da war aber jemand hartnäckig. Den Puderzuckerstrand hatte ich schon vergessen gehabt, aber in diesem Moment fiel er mir wieder ein. Ich hatte keine Lust mir das Bild erneut anzuschauen. Der Hunger war größer und ich würde nur dreißig Minuten Zeit haben, um ihn zu stillen. Burger, chinesisch oder doch nur einen Salat?
»Mike«, rief es hinter mir. Ich drehte mich um und sah Kathey lächelnd mit zwei Sandwiches und Heißgetränken ausgestattet auf mich zukommen.
»Was machst du denn hier?«, fragte ich leicht irritiert.
»Warum werde ich wohl meinen freien Tag opfern und dir deine Mittagspause versüßen?« Geduld ist keine von Katheys Stärken. Sie wollte diesen Urlaub unbedingt und war der Meinung, dass es für mich die einzige Möglichkeit wäre, mich effektiv abzulenken. Vielleicht hatte sie recht.
Kathey zeigte mir Aufnahmen einer Fünf-Sterne-Anlage in der Dominikanischen Republik. Das Resort sah traumhaft aus. Wieder schweiften meine Gedanken ab. Ich fühlte bereits das lauwarme Wasser an meinen Füßen plätschern, hörte das Rascheln der Kokospalmen und die Klänge der karibischen Musik in meinen Ohren.
»Mikey, was ist nun?«, fragte sie aufgeregt.
»Wann soll die Reise denn losgehen?«, erwiderte ich.
»Na gleich am Sonntag! Deshalb ist es ja so eilig. Ich habe bereits das letzte freie Zimmer im Hotel reserviert«, verriet sie mir voller Vorfreude.
Das war typisch Kathey! Sie packte jede Gelegenheit direkt beim Schopfe. Genau das faszinierte mich an ihr. Sie nahm alles, wie es kam, ohne sich den Kopf darüber zu zerbrechen. Ich wünschte mir, auch solch ein Selbstbewusstsein und diese enorme Willensstärke zu haben. »Dir ist schon klar, dass ich erst meinen Chef fragen muss? Ich glaube, er wird von der Idee, mich spontan in den Urlaub zu schicken, nicht sehr begeistert sein. Allein schon wegen des Projekts, das wir gerade bearbeiten«, sagte ich zweifelnd.
»Du kriegst das hin. Überleg mal, wie lange dein letzter Urlaub schon her ist. Wenn nicht, dann knöpfe ich mir deinen Boss persönlich vor.« Sie lachte auf.
Kathey hatte recht. Mein letzter Urlaub lag in der Tat schon zwei Jahre zurück. Damals hatte ich mit meinem Freund, nein Ex-Freund, Korsika bereist. Es war wunderschön gewesen.
Die Erinnerungen überrannten mich. Es schmerzte sehr, an die vergangene Zeit mit ihm zu denken. Alles hatte damals perfekt geschienen. Wir waren verliebt wie Teenager gewesen. Doch dann war alles plötzlich kaputtgegangen.
»Mike! Hör auf zu träumen!«
Erschrocken schaute ich Kathey an. Sie begriff wahrscheinlich sofort, woran ich dachte. »Die Pause ist gleich um. Ich muss zurück ins Büro. Ich werde gleich mit meinem Boss sprechen. Nur erwarte nicht zu viel!« Hastig trank ich einen letzten Schluck des mittlerweile erkalteten Milchkaffees. Sie gab mir...
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