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Der MSCI World ist in Wahrheit ein Etikettenschwindel. Ein harter Vorwurf, ich weiß. Doch wenn "World" draufsteht und tatsächlich lediglich Aktien aus 23 Industrienationen vertreten sind, ist der Vorwurf berechtigt.1 Schwellenländer werden beim angeblichen Welt-Index nämlich komplett ignoriert. Wer also glaubt, er würde die Weltwirtschaft mit einem MSCI-World-ETF abbilden, täuscht sich gewaltig, denn nicht nur der Nationenausschluss, sondern auch die Gewichtung der vertretenen Nationen weicht gewaltig von den Kräfteverhältnissen innerhalb der Weltwirtschaft ab, wie sie sich gerade darstellen:
Abb. 12 | Die größten Volkswirtschaften der Welt und ihre Gewichtung im MSCI World
Nation
Anteil an weltweitem BIP
Gewichtung im iShares Core MSCI-World-ETF
USA
24,4 %
67,4 %
China
17,9 %
0,0 %
Japan
5,4 %
5,8 %
Deutschland
4,5 %
2,0 %
Vereinigtes Königreich
3,3 %
4,4 %
Indien
3,1 %
Frankreich
2,9 %
Italien
2,3 %
(keine exakten Angaben)
Kanada
2,1 %
3,5 %
Südkorea
1,9 %
Quelle: iShares (2022) & Visual Capitalist (2022)
In der Tabelle sehen Sie die zehn größten Volkswirtschaften der Welt im Jahr 2021 und die jeweilige Gewichtung in einem herkömmlichen MSCI-World-ETF.2 Deutlich zu sehen ist die immense Übergewichtung amerikanischer Aktien im Vergleich zur eigentlichen Wirtschaftsleistung der Vereinigen Staaten. China hingegen zählt trotz seiner Größe immer noch als Entwicklungsland und ist demnach nicht Teil des MSCI World. Ein Großteil der Ökonomen ist jedoch der Meinung, dass die chinesische Wirtschaft in Zukunft die US-amerikanische Wirtschaft als Nummer 1 der Welt ablösen könnte. Zwar wurden die Prognosen nach der Coronapandemie und der signifikanten Wachstumsdelle der chinesischen Wirtschaft nach hinten verschoben, doch Goldman Sachs beispielsweise rechnet mit einer Wachablösung im Jahr 2035.3 Zwischen 1976 und 2022 wuchs die chinesische Wirtschaft in jedem Jahr schneller als die US-Wirtschaft. Ebenfalls nicht dabei sind Indien und Südkorea, die vom MSCI ebenfalls als Schwellenländer definiert werden.
Im Falle von Südkorea ist dieser Umstand jedoch bereits ein Politikum. Bereits seit 2015 versucht das Finanzministerium Südkoreas vergeblich, die heimische Börse KRX in den MSCI World zu boxen - bislang ohne Erfolg.4 Umso besser, dass MSCI einen weiteren Welt-Index in petto hat, der dieses Problem lösen soll: der MSCI All Country World Investable Market Index. Kurz: ACWI IMI. Mit über 9.200 Unternehmen aus 23 Industriestaaten und 24 Schwellenländern deckt dieser rund 99 Prozent des weltweiten Aktienmarktes ab.5 Doch auch hier lohnt sich wie immer ein genauerer Blick auf die Datenlage:
Abb. 13 | Die größten Volkswirtschaften der Welt und ihre Gewichtung im MSCI ACWI IMI
Gewichtung im SPDR MSCI ACWI IMI
60,3 %
3,0 %
3,9 %
1,6 %
2,6 %
0,6 %
3,2 %
Korea
1,4 %
Quelle: SPDR (2022) & Visual Capitalist (2022)
Denn auch beim ACWI IMI bleiben die USA mit einer Gewichtung von über 60 Prozent signifikant übergewichtet. Chinesische Aktien sind zwar vertreten, machen jedoch gerade einmal drei Prozent aus. Insgesamt kommen Schwellenländer-Investments im ACWI IMI Index auf einen Anteil von 11,2 Prozent. Die restlichen 88,8 Prozent sind in Industrienationen investiert. Das ist - gemessen am weltweiten Bruttoinlandsprodukt (BIP) - aber immer noch ein viel zu hoher Wert. Je nach Berechnungsgrundlage machen Schwellenländer aber mittlerweile bis zu 49 Prozent vom globalen BIP aus und waren zwischen 2011 und 2021 für 67 Prozent des weltweiten Wirtschaftswachstums verantwortlich.6
Doch neben der wirtschaftlichen Relevanz gibt es aus Anlegersicht noch zwei weitaus pragmatischere Gründe, weshalb Schwellenländer-Aktien in einem Weltportfolio Sinn machen. Zum einen aufgrund der sogenannten Political-Risk-Prämie. Diese besagt, dass Aktien, die einem hohen politischen Risiko ausgesetzt sind (also vor allem Schwellenländer-Aktien), langfristig eine höhere Rendite generieren als Aktien, für die das weniger der Fall ist.
Abb. 14 | Performance-Vergleich Emerging Markets vs. Industriestaaten seit 1988
MSCI Emerging Markets vs. MSCI Developed Markets
31. Dezember 1987 bis 30. Dezember 2022
Quelle: Longtermtrends7
Mit Blick auf die langfristige Wertentwicklung beider MSCI-Indizes scheint die Political-Risk-Prämie gegeben zu sein. Doch Vorsicht: Die Beimischung der Emerging Markets garantiert deshalb keine Überrendite per se über alle Zeiträume hinweg, vielmehr sind Faktorprämien wie die Political-Risk-Prämie zwar langfristig statistisch identifizierbare Treiber von Rendite und Risiko in einer Assetklasse, können aber durchaus kurz- und mittelfristig negative Ergebnisse generieren. Der eigentliche Witz an der Geschichte ist, dass sie das auch müssen. Denn würden diese Faktorprämien immer funktionieren, würde jeder Anleger auch nur danach handeln, wodurch der Effekt verschwinden würde. Aber dazu gleich mehr. In kürzeren Zeithorizonten wie beispielsweise seit 2010 schneiden Emerging Markets zum Beispiel nicht nur deutlich schlechter ab als Industrienationen, sondern konnten überhaupt keine positive Rendite erzielen:
Abb. 15 | Performance-Vergleich Emerging Markets vs. Industriestaaten seit 2010
31. Dezember 2009 bis 30. Dezember 2022
Quelle: Longtermtrends8
Der zweite Grund: Schwellenländer-Aktien sorgen für eine größere Diversifikation. Im Vergleich zu europäischen und amerikanischen Aktien weisen sie die geringste Korrelation auf (bei einer Korrelation von 1,00 laufen beide Assets identisch):
Abb. 16 | Historische Korrelation zwischen amerikanischen, europäischen und Schwellenländer-Aktien
Quelle: portfoliovisualizer.com
Durch eine Beimischung von Schwellenländer-Aktien...
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