Schweitzer Fachinformationen
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»Meine Geschwister waren enorm wichtig für meine Entwicklung! In den ersten Jahren war es vor allem meine Schwester, die eine große Rolle gespielt hat. Sie war Spielkameradin, Erzieherin, Vorbild und Gesprächspartner. . Meine Schwester war auch oft meine engste Vertraute. Wir haben über Probleme in der Schule, mit den Eltern, mit Freundinnen und später dann auch über Jungs und den Glauben gesprochen.«
Leonie (20 Jahre), jüngste Schwester von fünf Geschwistern
»Meine Schwester war maßgeblich an meiner Prägung im Kindes- und Jugendalter beteiligt. Im Jugendalter hingegen änderte sich unser Verhältnis. Auch wenn es hin und wieder zu Auseinandersetzungen kam, intensivierte sich unser Kontakt ab dem 12. Lebensalter. In dieser Phase war meine Schwester für meine Erziehung und Sozialisation bedeutender als meine Eltern und erster Ansprechpartner, auch hinsichtlich persönlicher Belange, was wiederum auf Wechselseitigkeit beruhte. Ab dem 14. Lebensjahr ging ich auch primär mit meiner Schwester und ihren Freunden weg, wodurch ich zunächst ihre deutlich älteren Freunde kennen lernte. Es baute sich eine immer engere Bindung und ein gemeinsamer Freundeskreis auf. Auch heute unternehme ich viel mit meiner Schwester und wir besitzen einen sich in großen Teilen überschneidenden Freundeskreis.«
Jannis (20 Jahre), jüngerer Bruder einer Schwester
»Geschwister kennen sich inniger als Freunde oder Eltern, vorausgesetzt der Altersunterschied ist nicht zu groß. Auch ein räumliches Zusammensein (gleiches Zuhause) spielen hierbei eine Rolle. . Vor allem in der Pubertät wurden Freunde für mich zusehends wichtiger. Da meine Geschwister 5 bzw. 8 Jahre jünger sind als ich, fehlt diesen in einem gewissen Alter die Mitsprachemöglichkeit. .
Heutzutage kommt meine jüngere Schwester häufig hier her, um mich zu besuchen. Bei gemeinsamen Unternehmungen sind oftmals Freunde von mir dabei, mit diesen versteht sie sich gut . Speziell das Problem des Altersunterschieds bedingt im Jugendalter, dass Jugendliche sich bevorzugt mit Gleichaltrigen austauschen.«
Jörg (21 Jahre), ältester Bruder von vier Geschwistern
Geschwister sind für diejenigen, die Geschwister haben, aus ihrem Leben nicht wegzudenken. Sie beeinflussen sich wechselseitig, wie Leonie, Jannis und Jörg dies in den einführenden Zitaten deutlich unterstreichen. Geschwister sind gegeben, aussuchen kann man sie sich nicht. Sie sind neben den Eltern die ersten Bezugspersonen im Leben eines Kindes. Sie sind für die persönliche Entwicklung von größter Bedeutung - egal ob im Negativen oder wie in den Narrationen mehrheitlich im Positiven. Geschwisterbindungen entstehen und sind intime wie auch öffentliche Beziehungen zwischen zwei oder mehr Geschwistern. Sie sind von zentraler Bedeutung und damit eine nicht zu vernachlässigende Einflussgröße in ihrem Leben.
In diesem Buch stehen die Jugendlichen und ihre Geschwister (beziehungen) im Zentrum des Interesses. In einem Forschungsprojekt konnten durch eine qualitative Interviewstudie von Studierenden an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg Narrationen erhoben werden, die als Grundlage dienen. Bei den Narrationen der Studierenden handelt es sich um Äußerungen junger Menschen, die in der Phase des jungen Erwachsenenalters, dem emering adulthood, angekommen sind. Es sind junge Erwachsene, die sich meist noch selbst als »Jugendliche« (ca. 80 %) bezeichnen. Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen haben im rekonstruktiven Verfahren der Narrationen (vgl. Bohnsack 2008) ihre Jugend und ihre Beziehungen zu ihren Geschwistern beschrieben. Dabei erklären sie vielfach und vielfältig, dass Geschwister weder austauschbar noch ersetzbar sind, wie beispielsweise Freunde. Für die meisten jungen Menschen waren und sind ihre Geschwister unersetzlich. Ihre Beziehungen gestalten sich bunt - jeweils beeinflusst durch das gemeinsame Aufwachsen und die Förderung der Beziehung durch die Eltern.
So wendet sich das erste Kapitel ( Kap. 1) der Familie, dem äußeren Rahmen der Geschwister, zu. Die Grundlage jeder Geschwisterbeziehung ist das gemeinsame Aufwachsen. Es entsteht eine lebenslang miteinander verbundene Geschichte, die mit der Wendung der Familie von der Triade hin zur Polyade beginnt. Dies bedeutet, dass die Familie bereits existiert und weiterwächst, wenn ein zweites oder drittes oder weiteres Kind hinzutritt. Das gemeinsame Aufwachsen der Geschwister in einem Haushalt ist in der Regel bindungsfördernd und es ermöglicht einen lebenslangen Austausch an Erfahrungen und Erinnerungen. Dies findet bei einem positiven, aktiv durch die verschiedenen Elternteile geförderten Kontakt auch bei Adoptiv- und Halbgeschwistern, oder in weitere entstehenden Familienformen und -strukturen statt. Verantwortlich hierfür sind vor allem die Eltern - was in den Narrationen immer wieder betont wird.
Innerhalb des intimen Rahmens der Familie können Kinder und Jugendliche ihre Fähigkeit zur Interaktion erproben und entwickeln. Diese Entwicklung wiederum nimmt Einfluss darauf, wie sich die Geschwisterbeziehung selbst gestaltet. Heute gestaltet sich diese Entwicklung zunehmend schwieriger, da die Anzahl von Geschwistern in Familien abnimmt und die meisten Jugendlichen nur noch mit einem Geschwister aufwachsen (Sohni 2004, World Vision 2010), oder aber eine neue Form von Geschwisterlichkeit in Patchworkfamilien entsteht, in der sowohl biologische als auch soziale Geschwister in Verbindung zueinander treten (Papastefanou 2002). Geschwister gehen quantitativ in ihrer Anzahl in einer Familie zunehmend zurück und oftmals gibt es nur noch Paargeschwister, welche oft nicht mehr gemeinsam, sondern in verschiedenen Räumen aufwachsen. Hierbei sind neben unterschiedlichen Zimmern in der elterlichen Wohnung oder im elterlichen Haus auch nicht geteilte Umwelten gemeint - wie beispielsweise unterschiedliche Kindergärten oder verschiedene schulische Einrichtungen.
Im zweiten Kapitel ( Kap. 2) werden die »Definitionen und Formen von Geschwisterlichkeit« sowie die verschiedenen Möglichkeiten von Geschwisterlichkeit diskutiert. Wer zählt als Geschwister und welche »Voraussetzungen« müssen erfüllt sein? So zählen neben den Vollgeschwistern, die gemeinsam oder getrennt voneinander aufwachsen können, ebenso Halb-, Stief- oder Adoptivgeschwister dazu. Im Kapitel werden die jeweils unterschiedlichen Beziehungskonstellationen aufgegriffen und in ihrer eigenen Dynamik dargestellt.
Im dritten Kapitel ( Kap. 3) »Geschwister als Umgebungsfaktoren - Positionen und Konstellationen in der Forschung« werden die bisherigen Forschungsergebnisse näher betrachtet. Dazu wird näher auf die Ursprünge der Geschwisterforschung bei Alfred Adler und Walter Toman eingegangen. Insbesondere Toman hat sich mit den »Familienkonstellationen« (1965/2020) auseinandergesetzt, welche in Bezug auf die Haupttypen der Brüder und Schwestern kursorisch vorgestellt werden. Weiter rücken zwei wesentliche Aspekte in den Vordergrund, die bisher meist nicht untersucht worden sind: die häuslichen Verpflichtungen sowie der Betreuungsgedanke - »care giving«. Diese Art der geschwisterlichen Solidarität äußert sich in den Narrationen überwiegend durch gegenseitige Verpflichtungen, Verantwortung, Hilfsbereitschaft und Hilfeleistung, meist vom älteren dem jüngeren Geschwister gegenüber, oftmals ab einem gewissen Alter - oder gerade in der gemeinsam erlebten Adoleszenz, wechselseitig.
Die Besonderheiten der Geschwisterbeziehung im Jugendalter werden in Kapitel vier ( Kap. 4) thematisiert. Es werden verschiedene Typologien vorgestellt, welche in der Forschung herausgearbeitet worden sind. Zudem treten verschiedene Aspekte der Geschwisterbeziehung wie der Position oder die Konstellation sowie die Fragen nach den Genen und der Umwelt in den Vordergrund. Das Bedingungsgefüge von Jugend, die besonderen Aspekte der Geschwisterbeziehungen und die Bindung unter den Geschwistern, treten in besonderer Art und Weise hervor.
In Kapitel fünf ( Kap. 5) rückt die »Jugend als Lebensphase« sowie deren Erforschung in den Mittelpunkt. Hier wird die Dynamik der Jugend beleuchtet sowie der Frage nachgegangen, inwiefern diese Lebensphase sich von der vorherigen Kindheit und dem nachfolgenden Erwachsenenalter abgrenzen lässt. Es wird auch der Frage: Jugendforschung - Grundlage für die Geschwisterforschung? nachgegangen. Hier findet eine Verbindung zwischen den beiden Forschungsschwerpunkten statt. Weiter werden die Phasen der Jugend in der psychoanalytischen Entwicklungspsychologie näher vorgestellt, die sich in die Prä- und Frühadoleszenz sowie die Spät- und Postadoleszenz unterteilen lassen.
Im nachfolgenden, sechsten Kapitel ( Kap. 6)...
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