Schweitzer Fachinformationen
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WG Casting in Freiburg. Meine Freundin Lena und ich verabschieden eine gemeinsame Mitbewohnerin und machen uns einen Spaß daraus, aus Hunderten von Interessentinnen die Eine zu finden, die zukünftig in unsere WG passen soll. Aufgrund der vielen Anfragen haben wir den Luxus, Leute wegen Kleinigkeiten auszuschließen - nur die spannendsten Menschen werden persönlich eingeladen. Unter vielen anderen auch ein Mädchen, dessen Namen ich heute nicht mehr weiß. Aber dass ihre Geschichte mich fasziniert hat, daran erinnere ich mich noch. An ihre Anekdoten aus dem Ausland. An den Charme einer Abenteurerin, der in jedem ihrer Worte mitschwingt. An ihre Geschichten vom Leben in der Fremde und der Arbeit auf einer Wasserbüffelfarm. Ich hänge an ihren Lippen, und was ich am Ende des Tages aus diesem Casting mitnehme, ist: Ich will auf eine Wasserbüffelfarm!
Ich will das, wovon sie erzählt hat! Kurz entschlossen mache ich mich auf die Suche und habe nach raschem E-Mail-Wechsel den Platz sicher, auf einer Wasserbüffelfarm auf Vancouver Island, Kanada.
Drei Jahre Biologiestudium liegen hinter mir. Die letzten Monate, in denen ich im Rahmen meiner Bachelorarbeit täglich, bei jedem Wetter, über 20 Ameisenkolonien aufgesucht und näher untersucht habe, haben meinen Entdeckergeist nur noch mehr angekurbelt. Durch viele Arbeitsstunden, die ich nach meinem Studium in einer Pizzeria, einer Klinik und einem Restaurant geleistet habe, komme ich schnell zu den nötigen Finanzen für den ersten Flug. Kurz nach meinem 23. Geburtstag verabschiede ich mich von Freunden und Familie, denn es geht los.
Ich reduziere meinen zukünftigen Besitz auf einen 13-Kilo-Rucksack und lege 6300 Kilometer Luftliniendistanz mit dem Flugzeug zurück. Dann bin ich angekommen. In Kanada.
Es ist einer der kältesten Winter, die Nordamerikas Osten je erlebt haben soll. Einige Staaten der USA erreichen einen Temperaturrekord, in Toronto lassen eisige Böen die Temperatur auf gefühlte -35 Grad sinken. Trotz Thermounterwäsche, mehrerer Textilschichten und winddichter Überkleidung ist die Kälte noch deutlich spürbar. Sie zieht mir direkt in die Knochen. Mein Gesicht brennt und der aufsteigende Dampf des Atems verfängt sich in meinen Wimpern, wo er sofort zu winzigen Eiskristallen gefriert. Es ist so kalt, dass sogar die weltbekannten Niagarafälle teilweise gefroren sind. Eis- und Schneekaskaden von 30 Metern Höhe haben sich gebildet und lassen die Fälle wie ein weißes Kunstwerk erscheinen.
Mit dem Bus reise ich von Toronto im Osten bis nach Vancouver im Westen Kanadas. Innerhalb kürzester Zeit durchziehe ich vier Zeitzonen und mache einen Temperaturanstieg von 45 Grad durch, bis ich vor den Toren der Wasserbüffelfarm stehe. Vor der Farm, die mein Anreiz gewesen war, mich auf etwas Neues ein- und alles andere hinter mir zu lassen. Einfach mal das Gewohnte zurückzulassen. Das Gewöhnliche. Die deutsche Art, überall mit- und vieles schlechtzureden. Ich wollte daraus ausbrechen, um zwischen all den Eindrücken und Meinungen, die täglich auf mich einströmen, meine eigene Sichtweise zu finden. In mein Tagebuch schreibe ich an diesem Tag:
Warum eigentlich Kanada? Kanada, Land der unglaublichen Weite, voll von unberührter Natur, tiefgrünen Wäldern, eisigen Seen und gigantischen Bergen! Ein Land, welches solch eine Reinheit und Stille ausstrahlt, dass es in meiner Vorstellung keine menschliche Seele unberührt lassen könnte. Genau das will ich: Fernab von allem, das ich kenne und das mich ablenkt - einfach nur mit mir selbst allein sein und mich von der Faszination dieser Natur berühren lassen. Deshalb Kanada.
Ich erinnere mich noch, wie ich zum ersten Mal den Hof der Wasserbüffelfarm betrete und mir vorkomme wie in einem Bilderbuch. Noch bevor ich das knorrige Tor passiere, strahlt mir das schnuckelige, weiße Holzhaus mit den weinroten Fensterrahmen entgegen: das Bed and Breakfast, in dem ich die ersten Monate auf der Farm wohnen und mithelfen darf. Lilian und ihr Mann Matt empfangen mich herzlich, während ihre kleinen Söhne im Hof mit dem Hund spielen. Vor zwei Jahren haben die beiden ihre Jobs in der Stadt aufgegeben, um Vollzeit auf der Farm zu arbeiten. Liebevoll haben sie auch das Bed and Breakfast aufgebaut und gepflegt. Ich möchte ihnen dabei helfen, wo ich nur kann. Die ersten Wochen putzen Lilian und ich nach einer langen Winterpause das Bed and Breakfast und befreien es gründlich von Spinnweben und Staub, die sich hier mit Vorliebe absetzen. Immer mal wieder springe ich auch als Babysitter für die zwei Kleinen ein, wobei ich meine Geduld und Durchsetzungsfähigkeit trainieren kann. Zeitgleich bekomme ich Einblicke in die Aufgaben auf dem Hof. Vom Bed and Breakfast aus führt ein festgetretener Pfad an den großen Ställen vorbei bis zu einem riesigen Misthaufen. An vereinzelten Stellen des Pfades zweigen kleinere Wege ab, die zu den Weiden führen, auf denen die Wasserbüffel im Sommer grasen werden. Jetzt sind die Weiden noch feucht. Sie müssen erst trocknen und abgemäht werden, um so Heu als Futter für den nächsten Winter sicherzustellen. Aber bald ist es so weit, dann können die Büffel aus den Ställen. Ich helfe dabei, die neugeborenen Kälber mit der Flasche und den älteren Büffeln Heu zu füttern und jede Menge Mist aus den Ställen hinunter zum Misthaufen zu karren.
Langsam beginnt die Saison und erste Gäste besuchen die Farm. Im Bed and Breakfast putze ich die Zimmer vor und nach jeder Belegung. Ich halte den Essbereich sauber und komme dabei mit dem ein oder anderen Gast ins Gespräch. Als sich Langzeitgäste ankündigen, die das komplette Bed and Breakfast gebucht haben, ziehe ich vom Haupthaus in eine Hütte am Rande des Grundstücks. Es gibt kein Internet hier, sodass man leicht das Leben vergessen und gleichzeitig gut darüber nachdenken kann. Es gibt auch keine Heizungen hier, aber es wird nachts noch immer frostig. Jeden Abend mache ich mir daher ein Feuer im Holzofen an. Das ist ziemlich mühsam, da das auch bedeutet, dass ich jeden Abend Holz holen und spalten muss. Und dann noch der Akt des Feuermachens an sich. Oft überlege ich, dass es viel bequemer und zeitsparender wäre, einfach mehr Decken zu besorgen und mich nachts damit einzupacken. Aber letztlich siegt immer mein Ehrgeiz über die Bequemlichkeit, sodass ich mit der Zeit meine eigene Strategie beim Feuermachen entwickle, die mir später noch sehr nützlich werden wird.
Als die Langzeitgäste fort sind und sich für einige Zeit keine Gäste im Bed and Breakfast angekündigt haben, ziehe ich los, um elf Tage lang Vancouver Island zu erkunden.
Mein erstes Ziel ist Newcastle Island, eine kleine, naturbelassene Insel östlich von Vancouver Island, die etwa zehn Minuten mit der Fähre vom Festland entfernt liegt. Die Fähre ist klein und bietet Platz für maximal zehn Leute. Bei der Hinfahrt bin ich die einzige Passagierin, sodass ich Gelegenheit habe, mich mit dem Kapitän zu unterhalten, der mich freundlich daran erinnert, dass die letzte Fähre zurück in nur wenigen Stunden ablegen wird. Ich solle bloß pünktlich sein, da es an diesem Tag sonst keine andere Möglichkeit gäbe, die Insel zu verlassen. Dennoch möchte ich die komplette Insel (knapp 8 Kilometer Wegstrecke) umrunden und dabei nichts ungesehen lassen. Die gesamte Insel ist ein einziger moosüberzogener Regenwald. Außer einem älteren Pärchen treffe ich dort keine anderen Menschen. Immer wieder weiche ich vom Pfad ab, um zu einem der vielen Sümpfe zu gelangen oder tiefer in den Regenwald vorzudringen. Als ich am Strand wilde Waschbären entdecke, bin ich so fasziniert, dass ich alles um mich herum vergesse. Ganz erschreckt springe ich auf, als ich feststelle, dass die letzte Fähre bald ablegen wird. So schnell ich kann, renne ich los. Ich bin viel weiter vom Fährenhafen entfernt, als ich dachte, und sehe mich vor meinem inneren Auge bereits auf der Insel übernachten. Völlig verschwitzt und außer Atem komme ich mit Verspätung am Bootsanleger an, wo der Kapitän schon winkend auf mich wartet. Da wir uns auf der Hinfahrt so nett unterhalten hatten, hatte er sich daran erinnert, dass er mich noch nicht wieder zurück zur Hauptinsel gefahren hatte. Also wartete er auf mich. Was für ein Segen. Danke, Captain!
Die nächste Station auf meinem Kurztrip ist Tofino, ein Surferdorf, in dem viele junge Leute leben. Während meiner Zeit auf der Insel habe ich an einer Reiseform besonders Gefallen gefunden: dem Couchsurfen. Als Couchsurfer bezeichnet man Menschen, die ihre Couch oder ein Gästebett auf Anfrage für Reisende umsonst zur Verfügung stellen, und ebenso diejenigen, die auf den fremden Couches übernachten. Es ist eine Gemeinschaft des Gebens und Nehmens. Über eine Internetseite können sich Gast und Gastgeber miteinander in Verbindung setzen. Jeder besitzt ein persönliches Profil, auf dem man Informationen, wie Hobbys und Interessen über sein Gegenüber einsehen kann. Oft verbindet einen sofortdie gemeinsame Freude am Reisen und das Kennenlernen neuer Kulturen und Menschen. Durch die Anfrage hat man meistens schon vorher Kontakt und kommt sich beim ersten Treffen gar nicht mehr so fremd vor. Couchsurfen ist daher eine ideale Möglichkeit, alleine zu reisen und trotzdem in ständigem Kontakt mit Menschen zu sein.
In Tofino komme ich bei einer Couchsurferin unter. Als wir nach einem langen Abend im Pub mit dem Ruderboot zu ihrem Hausboot fahren, werden wir von einem neugierigen Seelöwen begleitet. Dort, wo unser Ruder das Wasser aufwirbelt, blitzen Tausende kleiner Lumineszenzpartikel auf und lassen das Wasser ringsherum leuchten. An diesem...
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