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Ist die Angst vor AfD-Politikern gerechtfertigt? Oder reden sie am Ende doch nur? Nein, tun sie nicht. Der Hass und die latenten Aggressionen treten früher oder später an die Oberfläche. So häufen sich die Fälle, in denen AfD-Mitglieder gewalttätig werden und nicht mehr nur ausschließlich verbal die Stimmung anheizen. Sie greifen an, mit einem Messer, mit Reizgas, mit Fäusten oder gar mit einem Auto, sie treten, schlagen, schubsen, beißen. AfD-Politiker und -Mitglieder standen inzwischen mehrfach vor deutschen Strafgerichten, wegen gefährlicher Körperverletzung, Erpressung, Nötigung, Entführung.[195]
Die Gewalt entzündet sich in vielen Fällen, wenn sich betroffene AfD-Politiker mit Kritik konfrontiert sehen. So hat der AfD-Kreistagsabgeordnete und Umzugsunternehmer Sven Ebert aus dem Saale-Kreis eine Frau im Mai 2021 mit Reizgas besprüht, ihr ins Gesicht geschlagen und in den Bauch getreten, da er annahm, die Frau könnte ein AfD-Plakat beschmiert haben. Ebert wurde zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Das Landgericht Halle hat das Urteil bestätigt.[196] Schon zuvor hatte er Studierende an der Universität Halle ebenfalls mit Reizgas angegriffen.[197] Zwei Jahre zuvor war der damalige AfD-Stadtrat Dubravko Mandic, im Hauptberuf Rechtsanwalt, aus Freiburg in einer ähnlichen Situation ausgerastet. Zwei Personen, die der AfD-Mann beschuldigte, AfD-Plakate zerstört zu haben, hielt er fest. Einem Radfahrer, der helfen wollte, sprühte er Reizgas ins Gesicht. Das Urteil ist rechtskräftig: sieben Monate auf Bewährung wegen gefährlicher Körperverletzung.[198] Mandic hatte schon zuvor an einem anderen Tag einer Journalistin ihr Telefon aus der Hand gerissen, um darauf Fotos und Videos zu löschen. Die Frau hatte den AfDler gefilmt, als er ein Treffen des «Flügels» in bayerischer Tracht verlassen hatte. Die Teilnehmer hatten dort zuvor die erste Strophe des Deutschlandliedes gesungen.[199] Ein zweiter Kommunalpolitiker der AfD aus Freiburg, Robert Hagerman, griff im Juni 2021 zwei Jugendliche mit Pfefferspray an, die ihn als «Fascho» bezeichnet hatten. Als ein Ehepaar den beiden zur Hilfe kam, stach der AfDler den Mann mit einem Messer in die Brust. Das Amtsgericht Freiburg verurteilte Hagerman wegen gefährlicher Körperverletzung zu 1200 Euro Geldstrafe.[200]
Gerade rund um AfD-Events kommt es immer wieder zu ähnlichen Gewalttaten. So aus einer Höcke-Veranstaltung heraus: Der Kreistagsabgeordnete Mirko Fischer, damals in der AfD, griff im September 2021 die Lokalpolitikerin Martina Schu von den Linken in Paderborn an, die gegen den Auftritt Höckes demonstriert hatte. Fischer schlug der Bundestagskandidatin gegen den Kopf.[201] Die erlitt ein Schleudertrauma, der AfD-Mann wurde später zu einer Geldstrafe verurteilt. Er musste unter anderem 2000 Euro Strafe zahlen.
Die Opfer wurden alle ohne Vorwarnung angegriffen, oder aus einer Situation heraus, in der den AfD-Politikern nichts passieren konnte, weil sie in der stärkeren Position waren und ihre Opfer überraschten. Mithin: Die Angriffe waren feige. Einige Male nutzten AfDler sogar Autos, um Demonstranten anzugreifen. Der Burschenschaftler und Vorsitzende der JA in Nordrhein-Westfalen, Felix Alexander Cassel, stellt sich auf seiner Facebook-Seite als «Team #Remigration» vor. Er nahm 2019 an einem «AfD-Bürgerdialog» in Köln-Kalk teil. Kalk ist ein migrantisch geprägter Stadtteil, mehrere hundert Demonstranten forderten am Rande der Veranstaltung: «Kalk bleibt bunt!»[202] Im Anschluss fuhr der JA-Vorsitzende Cassel in einem silbernen Ford einen Mann auf der Straße um, der zu einer Gruppe von Gegendemonstranten gehörte. Erinnerungen an die Demonstration von Charlottesville in den USA 2017 wurden wach, als ein rechter Aktivist allerdings mit höherer Geschwindigkeit in eine Menge gerast war, mehrere Demonstranten schwer verletzt und die 32-jährige Heather Heyer getötet hatte. Der Fall in Köln beschäftigte über Jahre hinweg mehrere Instanzen. Das Kölner Landgericht bestätigte schließlich Anfang 2024 die Strafe für Cassel, selbst gelernter Jurist - sieben Monate auf Bewährung wegen gefährlicher Körperverletzung und Unfallflucht. Auch im Jahr 2020, bei einer Veranstaltung der AfD in Hamburg, raste ein Auto, in dem Sicherheitspersonal der Partei gesessen haben soll, mit hoher Geschwindigkeit los, obwohl es von Polizisten und Demonstranten umringt war.[203] In Henstedt-Ulzburg fuhr 2020 ein damals 19-Jähriges Mitglied der AfD mit seinem zwei Tonnen schweren Pick-up von VW nach einem Vortrag Jörg Meuthens in eine Menge von Gegendemonstranten, die auf dem Gehweg standen - er verletzte vier Menschen.[204] Die Front des Pick-ups war verbeult, ein Rückspiegel abgebrochen, so heftig war der Aufprall. Obwohl Polizisten anschließend in der unübersichtlichen Lage einen Warnschuss abgaben, hieß es zunächst offiziell seitens der Polizei, dass es sich um einen Unfall gehandelt habe. Vor Gericht war davon nicht mehr die Rede. Der Angeklagte gehörte zur rechten Szene der Gegend, beobachtete Antifa-Demos, interessierte sich für die «Identitäre Bewegung» und tauschte Bildchen von Hakenkreuzen aus.[205] Das Gericht sah trotzdem keinen politischen Hintergrund, aber urteilte: «Dem Angeklagten war seine Tat bewusst. Er ist ein intelligenter junger Mann, der auch das Auto schon häufiger gefahren ist.»[206] Eine Tötungsabsicht sah das Gericht allerdings nicht. Der junge Mann wurde nach Jugendstrafrecht zu drei Jahren Haft verurteilt. Dass ein Mitglied oder Anhänger der AfD zu einer Haftstrafe ohne Bewährung verurteilt wird, blieb bislang jedoch die Ausnahme, egal wie aufsehenerregend ein Fall war.
Das galt auch für die Tat des Berliner AfD-Bezirksverordneten Kai Borrmann. Der biss im August 2021 die schwarze Musikjournalistin Steph Karl, nachdem er sie zuvor schon rassistisch beleidigt und geschlagen hatte.[207] Er hatte sich in einem französischen Café in Berlin in Karls Gespräch mit einer Freundin eingemischt, die sich darüber unterhalten hatten, was ihre Identität ausmache. Borrmann gab sich als AfD-Mitglied zu erkennen und erklärte Karl, sie sei gar nicht schwarz, um dann darauf zu bestehen, sie «N***» zu nennen.[208] «Er hat dann auch das N-Wort gegendert. Das fand er besonders witzig, und er hat einfach nicht aufgehört», erzählte Karl später in einem Video.[209] Er habe sich dann immer mehr in Rage geredet, sei den Frauen auf die Straße gefolgt. Karl: «Ich habe einfach vor Wut so geweint, weil ich es nicht glauben konnte, dass das passiert . und er ist uns immer weiter hinterher.» Borrmann sagt dann: «N****! Heult doch, ihr N****!»[210] Er benutzte durchgehend das N-Wort, «der hat das richtig genossen, uns so zu beleidigen», so Karl. Irgendwann dachte sie: «Nein, Mann, nicht mit mir! Auf gar keinen Fall, irgendwann reicht es auch einfach und ich habe ihm gesagt: , woraufhin er mir ins Gesicht geschlagen hat.» Karl wehrte sich nun. Borrmanns Sommerhut fiel zu Boden. Schließlich, so stellte das Gericht fest, nahm der AfD-Politiker sie in den Schwitzkasten und biss ihr in den Unterarm.[211] Karl: «Er dachte, dass er das alles machen kann und dass ich mich nicht wehre. Aber ich habe mich gewehrt, und wir wurden dann letztendlich auch getrennt.» Die Polizei kam, und «es war sehr, sehr schlimm, es war sehr traumatisierend für sowohl meine beste Freundin als auch für mich», sagte Karl später. Zunächst zeigte der AfD-Mann sie an, ließ dann aber die Anzeige fallen. Borrmann, Islamwissenschaftler, Mitte 50, war nicht nur Bezirksverordneter in Berlin Mitte, sondern hatte für einen AfD-Abgeordneten in Berlin gearbeitet. Er musste 10.800 Euro Strafe zahlen. Steph Karl hat der Angriff nachhaltig verstört. Einer ihrer Freunde, der Rapper Kool Savas aus Berlin, besuchte die Gerichtsverhandlung und schrieb später: «Ich komm' jetzt gerade von Stephs Prozess [.] und dieser Herr Borrmann [.] ist jetzt mit einer...
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