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"Nur durch Sprache können wir uns als geschichtliche Wesen erfassen", meint der Schriftsteller und Essayist Karl-Markus Gauß. Im Mittelalter waren das heutige Österreich und der Süden Deutschlands die Regionen, in denen die namhaftesten Sprachzeugnisse auf Alt- und Mittelhochdeutsch verfasst wurden.
Die oberdeutsche Schriftsprache des Klerus war durch süddeutsche und bairisch-österreichische dialektale Eigenheiten geprägt. Zwischen dem 16. und der Mitte des 18. Jahrhunderts sah es zeitweise so aus, als würde sich diese im mehrheitlich katholischen Bayern und in den habsburgischen Erbländern auch als Amts- und Literatursprache durchsetzen, was zu einer Sprachteilung des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation geführt hätte. Denn in den protestantischen Landstrichen bevorzugte man nach der Reformation das sogenannte kursächsische Lutherdeutsch, das aus der sächsischen Kanzleisprache hervorgegangen war und deshalb auch als Meißnisch bezeichnet wurde.
Mit der Einführung der Schulpflicht in Österreich im Jahre 1774 und der Notwendigkeit einer einheitlichen Verwaltungssprache entschied sich das habsburgische Kaiserhaus unter Maria Theresia und ihrem Sohn Joseph II. letztendlich für die Einführung der Meißnischen Varietät. Dies hatte auch die pragmatischen Gründe, dass man den Einfluss auf nördlichere Landstriche nicht verlieren wollte und in Sachen Bildungspolitik einiges aufzuholen hatte. Ausschlaggebend für diese Entscheidung war v. a. der österreichisch-mährische Gelehrte Joseph von Sonnenfels. Doch identisch mit jenem im Norden war das geschriebene Deutsch - das gesprochene natürlich noch viel weniger - auf österreichischem Terrain trotzdem nie.
Anfang des 19. Jahrhunderts schlugen mehrere Versuche fehl, die gesamtdeutsche Sprache zu standardisieren, bis 1866 der Deutsche Bund aufgelöst wurde und es in Folge zur Neuformierung der Doppelmonarchie Österreich-Ungarn auf der einen und dem Deutschen Reich auf der anderen Seite kam.
Ab jetzt waren zwei - nicht selten miteinander konkurrierende - deutschsprachige Staaten geboren, die beide unabhängig voneinander ihre schriftsprachlichen Gewohnheiten als Regeln kodifizierten und damit einen Grundstein für den plurizentrischen Charakter der deutschen Sprache legten. Diese Entwicklung hat sich mehr oder weniger ausgeprägt bis zur Gegenwart fortgesetzt.
Nach dem Zusammenbruch der Habsburger Monarchie im Jahr 1918 wollte man die "deutschösterreichische Republik" ausrufen, was die alliierten Siegermächte jedoch im Friedensvertrag von St. Germain unterbanden. Das Land war aufgrund der eigenen Bezeichnungen ("Deutschösterreich" von 1918-1919 bzw. "Ostmark" nach dem Anschluss an Hitlerdeutschland) nach Kriegsende nicht nur auf Verdrängungskurs der politischen Geschehnisse und Verantwortlichkeit, sondern auch auf sprachlicher Identitätssuche. Der Wunsch nach kultureller Abgrenzung zu Deutschland führte u. a. dazu, dass bis Mitte der 1950er-Jahre des 20. Jh. in Schulzeugnissen nicht von "Deutsch", sondern lediglich von "Unterrichtssprache" die Rede war. Nicht zufällig fällt auch in diese Zeit die Erstausgabe des oben erwähnten Österreichischen Wörterbuchs. Komplett aufgegeben wurde das oberdeutsche Wortgut übrigens nicht, und so finden sich in der modernen Sprache immer noch Relikte daraus, wie Bub, Hafner, Leintuch, Kutteln, Rechen, schlecken, Stecken oder Zins.
Äxgüsi, liebe westliche Alpennachbarn: In weiterer Folge werden wir den typisch österreichischen Begriffen aus platztechnischen Gründen nur bundesdeutsche Entsprechungen gegenüberstellen und hoffen, dass diese auch von Schweizer Leserinnen und Lesern verstanden werden.
Eine Vielzahl rechts- und verwaltungstechnischer Begriffe geht übrigens noch heute auf das österreichische, maßgeblich von Joseph von Sonnenfels geprägte Amtsdeutsch im Habsburgerreich zurück, so z. B. Ausdrücke wie approbieren (zulassen), die Causa (Fall, nicht Rechtsgrund), dirimieren (entscheiden), die Krida (Konkurs), das Legat (Vermächtnis), das/die Servitut (Dienstbarkeit), skartieren (Akten vernichten) oder urgieren (auf eine Entscheidung drängen). In manchen Fällen sind in Österreich noch ältere Begriffe zu hören, wie das bis ins 19. Jahrhundert auch in Deutschland übliche Jänner (statt Januar).
Gänzlich anders verhält es sich mit ausländischen Lehnwörtern. Während Anfang des 20. Jahrhunderts Deutschland mehrheitlich deutschsprachig war, gaben zur gleichen Zeit nicht einmal 25 % der Einwohner Österreich-Ungarns Deutsch als ihre Muttersprache an, und so erstaunt es nicht, dass bis heute zahlreiche Entlehnungen aus slawischen Sprachen oder dem Ungarischen zu finden sind:
der Brimsen
der Frischkäse aus Schafmilch; slowakisch: bryndza
der Fogosch (im Burgenland)
der Zander; ungarisch: fogas
die Jause
die (kalte) Zwischenmahlzeit; slowenisch: júzina
der Kren
der Meerrettich; kroat./serb.: hren, poln.: chrzan, slowak.: chren, tschech.: kren
der Kukuruz
der Mais; serbokroat.: kukuruz
die Maschekseite (ostösterr.)
die Rückseite, Hinterseite; ungarisch: másik (= der/die andere)
der Mulatschak
das (ausgelassene) Fest, die Party; ungarisch: mulatság
der Powidl
das Pflaumenmus; tschech.: povidla
Besonders in Ostösterreich und speziell in Wien hat das Tschechische viele Wörter rund ums Essen geprägt (bürgerliche Wiener Haushalte hatten traditionell böhmische Köchinnen), aber auch auf die Alltagssprache Einfluss genommen. So gehören Ausdrücke wie auf Lepschi gehen (sich herumtreiben, von tschech. lepsí "besser"), petschiert sein (ruiniert sein, von tschech. pece "Siegel") oder pomali (langsam, mit Gemach von tschech. pomalu "langsam") zum lokalen Wortbestand.
Ebenso finden sich gerade in der Wiener Umgangssprache Überbleibsel des Jiddischen, wie beispielsweise: der Haberer (Freund, Kumpan), ein Masel (a Masn) haben (Glück haben), mauscheln (undeutlich sprechen - ursprünglich antisemitisch gemeint, also mit jiddischem Akzent sprechen), die Mischpoche (Familie, Sippe), der Schmattes (Trinkgeld), Tacheles reden (Klartext reden), der Tinnef (Blödsinn, billiges Zeug) oder vermasseln (verderben, verhindern).
Fragt ein Deutscher einen österreichischen Bekannten: "Sag, was ist diese Mischpoche, über die ihr immer redet? Ist das was zum Essen?" Antwortet ihm darauf der Österreicher: "Nein, zum Speiben (Kotzen)!"
Geradezu massiv wurde das österreichische Deutsch auch durch das Französische geprägt, war es doch wie in vielen anderen Ländern Europas die Sprache des Hofes.
Im Gegensatz zum Bundesdeutschen (wo oft auch beides möglich ist) wurde die Originalschreibung beibehalten, z. B. das Bouquet (sprich [bukeeh] statt Bukett), das Buffet (sprich...
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