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Krankheiten und Seuchen begleiteten die Menschen im Mittelalter tagtäglich. Von der daraus resultierenden Frömmigkeit zeugt ein Spaziergang rund um den Stephansdom.
Die Menschen im Mittelalter lebten stark jenseitsbezogen. Die schwere Arbeit, Kriege, schlechte hygienische Verhältnisse, Hunger oder auch Krankheiten machten den Tod quasi zu einem täglichen Begleiter, mit dem man sich letztlich auch theologisch auseinandersetzte.
Man "arrangierte" sich meist mit dem eigenen Schicksal auf Erden, bereitete sich auf den eigenen Tod vor, der dann ein schöneres, entbehrungsfreies Leben beziehungsweise Dasein für die Seele im Jenseits versprach. Somit spielte auch der religiöse Alltag eine wesentliche Rolle. Seelenheil und Trost erhielten die Menschen im Glauben und in der Kirche. An die Bedeutung von Eigenverantwortung, auch hinsichtlich der eigenen Gesundheit, dachte kaum jemand. Heilung versprach man sich vom Kirchgang und Gebeten, Ärzte im heutigen Sinn gab es kaum und waren nur für die Wohlhabenden leistbar - genauso wie die Arzneien aus den Apotheken.
Wie stark die Macht der Kirche in den Köpfen der Menschen im Mittelalter präsent gewesen sein musste, lässt sich auch an der Architektur festmachen: Oft waren die Kirchen die einzigen Gebäude aus Stein, die die Menschen während ihres ganzen Lebens betraten.
Auch die Fenster aus buntem Glas mussten entsprechenden Eindruck gemacht haben, denn die meisten Menschen der damaligen Zeit verfügten lediglich über kleine Öffnungen in ihren Hütten, die sie bei Kälte mit Stroh ausstopften. Selbst Burgen oder die Häuser der Patrizier wiesen zwar verzierte Fenster auf, aber nur in den wichtigsten Räumlichkeiten waren diese auch verglast.
Die Anbetung der Heiligen schafft Linderung bei Leid und Krankheit.
"Ich bin die Tür der Schafe; wer durch mich hineingeht, wird ein- und ausgehen und Weide finden." - Es ist der Locus classicus aus dem Johannesevangelium, die Schrifta¨tiologie für jede christologisch gedeutete Tür schlechthin.
"Jesus als die Tür - durch Jesus hineingehen: Damit erhält die Tür zur Kirche eine zentrale heilsvermittelnde Bedeutung." So beschrieb einmal der evangelische Kirchenhistoriker Martin Walraff die Bedeutung von Kirchenportalen. Was im Evangelium abstrakte Metapher war, wurde im Mittelalter konkret architektonisch umgesetzt. Aus christlicher Sicht wurde damit "eine neue Stufe der theologischen Sinnverdichtung" erreicht.
Dieses Konzept lässt sich tatsächlich an den meisten Kirchen des Mittelalters erkennen - der Stephansdom macht da keine Ausnahme. Die Baumeister dieses wohl prominentesten Wahrzeichens von Wien wussten sehr genau, was auf die Menschen Eindruck machte. Keine Heiligenfigur, kein Fabelwesen, keine Ornamentik wurde zufällig platziert. Und vieles hatte mit dem Versprechen zu tun, durch den Übertritt ins Innere Erleichterung zu finden - bei körperlichen wie auch bei seelischen Qualen.
Im mittelalterlichen Verständnis war der Mensch nur ein kleines Sandkorn im Dasein. Man wollte und konnte Gott Vater nicht mit seinen Alltagssorgen, zum Beispiel Krankheit und Schmerzen, belästigen. Aber es gab Vermittler: die Heiligen. Allein im Stephansdom befinden sind insgesamt 107 Heiligenfiguren - genügend Möglichkeiten also für die Gläubigen, um für ihr Seelenheil zu beten (siehe auch Die 14 Nothelfer).
Heute betreten Gläubige und Besucher den Dom meist durch das zentrale Riesentor - der Name hat übrigens nichts mit dessen imposanter Größe zu tun, sondern bezieht sich auf die Trichterform des nach innen tief und schräg abfallenden Portals (mittelhochdeutsch "risen", was so viel bedeutet wie "sinken", "fallen"). Die Gläubigen des Mittelalters jedoch betraten den Dom meist von der Seite aus, zum Beispiel durch das Bischofstor. Die prunkvolle Pforte in der nördlichen Langhauswand wurde erst zwischen 1365 und 1373 fertiggestellt. Dort, direkt über der Schwelle des Tors, befindet sich noch immer der sogenannte "Kolomani-Stein".
Viel ist über den irischen Heiligen, der um die vorvorige Jahrtausendwende lebte und während einer Pilgerfahrt ins Heilige Land als vermeintlicher Spion bei Stockerau gefangen und hingerichtet wurde, nicht bekannt. Als sein Leichnam nicht verweste und sich an seiner Grabstätte Wundertaten ereigneten, sah man darin göttliche Fügung und verbrachte den Leichnam nach Melk in die damalige Residenz der Babenberger. Obwohl die angestrebte Heiligsprechung nie erfolgte, hatte Koloman für die Menschen des Mittelalters und der beginnenden Neuzeit hierzulande große Bedeutung, schützte er doch vor Krankheiten jeglicher Art.
Den Stein ließ Herzog Rudolf IV. im Zuge der Erweiterung der Kirche am 3. Mai 1361 einmauern. Der Überlieferung nach soll über dem Stein das Blut des Heiligen geflossen sein, was den Herzog dazu bewog, dort eine Reihe von Heiligenreliquien zu platzieren.
Die Verbundenheit des Herzogs mit dem Heiligen belegt auch der Umstand, dass sich Rudolf IV. im Gewände unmittelbar oberhalb des Kolomani-Steins in Stein abbilden ließ. Koloman war der erste Landespatron Österreichs und spielte damit auch politisch eine wichtige Rolle, indem er die noch junge Landesherrschaft festigen und wohl auch die Loslösung vom Bistum Passau zugunsten eines eigenen neuen Bistums forcieren sollte. In der Hand hält Rudolf IV. ein Modell seiner Kirche auf einem Tuch - was ihn als Kirchenstifter ausweist. Belege seiner weltlichen Macht sind Zepter und Bindenschild auf der Gürtelschnalle.
Rudolf IV. war der einflussreichste Habsburger des 14. Jahrhunderts. Trotz seiner kurzen Lebenszeit von knapp 26 Jahren prägte er in politischer und kultureller Hinsicht sein Herrschaftsgebiet nachhaltig, nicht nur mit dem Ausbau des Stephansdoms, sondern auch mit der Gründung der Wiener Universität, der "Alma Mater Rudolphina", im Jahr 1365. Seit damals gibt es auch die Wiener Medizinische Fakultät (siehe auch Churhaus).
Es lohnt, im Inneren des Doms zur Kanzel zu gehen, deren Aufgang mit Kröten, Salamandern und Schlangen versehen ist. Sie sind ein Sinnbild für den täglichen Kampf im Menschen zwischen Gut und Böse.
Im Mittelalter waren Kröten eine wichtige Medizin: Hildegard von Bingen berichtete 1150 in ihrem "Tier- und Atznayenbuch" von der "credda" (= Kröte), die durch das Bebrüten eines Schlangen- oder Hühnereies einen jungen Basilisken zeugt, der dann in der Erde heranwächst. Sie beschreibt daher die Kröte als Teufelskreatur, die dem Schlechten gleichzusetzen sei. Andererseits empfiehlt sie das Tier aber auch als Arznei gegen Geschwülste, da es mit großer Bitterkeit ausgestattet ist.
Ein sehr populäres Mittel gegen Krankheiten war auch das Aufbinden lebender Kröten auf schwer heilbare Geschwüre. War die Kröte dann verendet, hatte sie die Krankheit aufgesogen und man konnte den toten Körper entsorgen. Bereits der gallische Arzt Marcellus Empiricus beschreibt im 5. Jahrhundert die Kröte als Arznei. Die Kröte sei ein giftig anziehendes Tier, das ein wirksames Fiebermittel binden kann. Im Mittelalter betrachtete die Klostermedizin die Kröte als Arzneilieferant und empfahl deren Leber gegen "Skrofeln" (Gelbsucht, Drüsenentzündung).
Erd- und Wechselkröten galten lange Zeit auch als Heilmittel gegen die Pest, weiters gegen Gicht und Rheuma. Die Volksmedizin empfahl bis ins 19. Jahrhundert Kröten und Froschpräparate bei Karzinomen, Warzen, Milzbrand und Hämorrhoiden. Frösche setzte man vor allem bei Hals-, Haut- und Augenkrankheiten ein. Die heute noch gebräuchliche Redensart "einen Frosch im Hals haben" dürfte auf diese Praktik zurückzuführen sein.
Im Mittelalter ging man bei Zahnschmerzen zum "Zahnbrecher", der mit verschiedenen Haken und Zangen die Zähne im Mund des Patienten bearbeitete. Damit dieser vor Angst und Schmerzen bei der Zahnbehandlung nicht davonlief, band der Bader den Kopf des Patienten mit Lederriemen fest. Der Zahn wurde mit Gewalt und ohne Betäubung herausgerissen. Reiche Wiener konnten sich zwar Zahnprothesen leisten, doch die hielten nicht lange und waren beim Essen zudem keine wirkliche Hilfe.
Es verwundert nicht sehr, dass viele Menschen der Tortur durch den Bader aus dem Weg gingen und lieber auf Hilfe "von oben" hofften. Die Darstellung von Christus als Schmerzensmann mit Wundmalen und Dornenkrone zierte viele Kirchen des ausgehenden Mittelalters. Auch am Stephansdom befindet sich eine solche Schmerzensmanndarstellung, und zwar an der östlichen Außenseite hinter dem Chor. Seinen Namen als "Zahnwehherrgott" verdankt er einer Sage. Als Studenten in der Nacht den Stephansfriedhof überquerten, verspotteten sie den Schmerzensmann. Früher war es üblich, Christusdarstellungen mit Blumen zu schmücken. Bei besagtem Halbrelief waren die Blumen mit einem Tuch über dem Kopf befestigt - was die jungen Zecher flugs als Zahnschmerzen beim Herrgott deuteten. Noch in derselben Nacht bekamen die drei aber selbst fürchterliche Zahnschmerzen, die erst wieder nachließen, als sie am darauffolgenden Tag zum Dom zurückkehrten und sich entschuldigten. Seither besuchten zahlreiche Wienerinnen und Wiener den "Zahnwehherrgott", um so von ihren Leiden geheilt zu werden.
Wie oft dies von Erfolg gekrönt war, ist leider nicht überliefert. Aber es gab Alternativen, so zum Beispiel die...
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