Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Die Einleitung zu diesem Buch möchte ich mit einem kleinen Experiment starten. Schauen Sie sich die Abbildung V.1 an und versuchen Sie, den abgebildeten Text zu verstehen.
Haben Sie sich dabei verwundert, frustriert, verärgert oder sogar veräppelt gefühlt? Haben Sie das Buch vielleicht weiter vom Gesicht entfernt gehalten oder gedreht? Herzlichen Glückwunsch, Sie haben soeben eine der möglichen Barrieren im Alltag und im Web erlebt. Auf der Abbildung ist eine Schriftart von Daniel Britton1 dargestellt, die das Leseerlebnis einer Person mit Dyslexie simuliert. Der Text lautet: »Man hilft den Menschen nicht, wenn man für sie tut, was sie selbst tun können.« Das ist ein Zitat von Abraham Lincoln. Etwa 40% jedes Buchstabens wurden entfernt, was sie fast unleserlich macht. Dadurch kann man den Text meistens nur so schnell lesen, wie eine typische dyslektische Person es tun würde. Vor vielen Jahren, als ich mich zum ersten Mal mit dem Thema Barrierefreiheit im Web beschäftigte, fand ich im Internet zahlreiche allgemeine Erklärungen darüber, was Barrierefreiheit bedeutet und warum sie für die ganze Menschheit von Bedeutung ist. So informativ diese Einblicke auch waren, waren sie für mich als Entwicklerin weniger nützlich. Ich brauchte spezifische Informationen über konkrete Anforderungen und deren technische Umsetzung im Webkontext. Ich wollte die Grundlagen verstehen und nicht nur den allbekannten, aber leider unvollständigen Empfehlungen folgen, wie »sorgen Sie für ausreichend Farbkontrast« oder »fügen Sie Bildbeschreibung im alt-Attribut ein«. Wie es oft der Fall ist, entschied ich mich aus diesem Bedürfnis heraus, selbst ein Buch zu schreiben. Es soll genau das bieten, was ich damals vermisste: eine sachliche, praxisorientierte und technische Auseinandersetzung mit der Barrierefreiheit im Web.
Die Inhalte dieses Buches basieren auf den umfangreichen Erfahrungen, die ich bei der Durchführung von Workshops zum Thema Barrierefreiheit im Web sammeln konnte. In diesen Workshops wollte ich nie lediglich trockene Inhalte zur technischen Implementierung vermitteln. Vielmehr lag und liegt mir die Sensibilisierung für das Thema am Herzen. Ich möchte Sie nicht nur informieren, sondern auch inspirieren und motivieren, selbst barrierefreie Lösungen zu entwickeln, denn nur so kann das Web nachhaltig barrierefrei werden. Diese Motivation spiegelt sich im Buch wider und liegt der Gliederung zugrunde.
Der rote Faden für die Inhalte dieses Buches lautet: fühlen + wissen + machen + sein. Ich wünsche mir, dass Sie nach der Buchlektüre in der Lage sind, die ersten Schritte zur barrierefreien Implementierung vorzunehmen. Deswegen kommt nach der kurzen Einführung in die internationalen und europäischen Richtlinien und Gesetze im ersten Kapitel die Darstellung von möglichen Barrieren im Web. So lernen Sie im zweiten Kapitel, sie zu fühlen. Mithilfe von Gedankenexperimenten und Metaphern werden Sie am eigenen Leibe erfahren, wie es ist, auf eine Barriere im Web zu stoßen (wie gerade zu Beginn der Einleitung). Kennt man die Barrieren, die auf Menschen im Web lauern, will man sie beheben. Dafür müsste man zuerst wissen, wie es geht. Deswegen vermittelt dieses Buch das Wissen zu Best Practices, Hintergründen und Ansätzen der barrierefreien Webentwicklung. Den Werkzeugkasten dazu bekommen Sie in Kapitel 3. Danach können Sie ins Machen kommen. Deswegen geht es im vierten Kapitel konkreter und detaillierter um die Implementierung. Das ist mir aber noch nicht genug. Ich will, dass das Wissen und die Motivation, die hoffentlich nach der Lektüre entstanden sind, im Team weitergelebt werden. Deswegen stelle ich im letzten Kapitel einige Tools zur automatisierten Überprüfung der Website oder des Quellcodes vor, die die Integration der Barrierefreiheit in die Entwicklungsprozesse ermöglichen.
Die Kapitel haben einen fachlichen Schnitt und behandeln alle Technologien, die zu diesem Thema gehören (HTML, JavaScript, CSS). Das entspricht meiner Meinung nach dem Programmieralltag: Man schreibt selten zuerst den gesamten HTML-Code einer Seite, um ihn später mit CSS zu versehen und mit JavaScript anzureichern. Ich habe mich bewusst für diesen Schnitt entschieden, da man dadurch die Erläuterungen besser verstehen und sich besser merken kann, da sie aus der Problemstellung abgeleitet wurden. Auch die weltweit anerkannten Richtlinien zur Barrierefreiheit im Web - Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) - sind ähnlich strukturiert (siehe Erfolgskriterien und dazugehörige Techniken). Diese Richtlinien stelle ich später im Buch detaillierter vor. Darüber hinaus basiert die gesamte Struktur des Buches auf dem Lehrplan, der von der Web Accessibility Initiative (WAI)2 empfohlen wird.
Eine weitere Besonderheit dieses Buches bzw. des Programmieralltags ist die Schnelllebigkeit des relevanten Codes. Die Lösungen, die gestern noch funktioniert haben, gehen heute plötzlich nicht mehr. Screenreader, Browser, Betriebssysteme und andere Tools entwickeln sich weiter. In diesem Buch habe ich mich auf grundlegende Prinzipien fokussiert, bei denen ich davon ausgehe, dass sie mehrere Software-Releases überstehen werden. Die Stellen, an denen es um aktuelle Browser-Unterstützung o. Ä. geht, weisen explizit darauf hin. Dafür gilt der »Stand der Technik« von Frühjahr 2025. Wenn die Umsetzung zu spezifisch für das Buch ist, verweise ich lieber auf externe Ressourcen. Ich hoffe nämlich, dass Sie nach der Lektüre von diesem Buch eigenständig in der Lage sind, existierende Lösungen im Internet zu finden, zu bewerten und anzuwenden.
Dieses Buch richtet sich an eine breite Zielgruppe, deren Mitglieder alle eines gemeinsam haben: das Interesse und die Bereitschaft, barrierefreie Weblösungen zu entwickeln und zu fördern. Dabei sind grundlegende Kenntnisse in HTML, CSS und JavaScript von großem Vorteil, um den technischen Anforderungen gerecht zu werden. Zusätzlich können Erfahrungen mit modernen Testwerkzeugen wie Cypress und Jest sowie DevOps-Vorkenntnisse hilfreich sein, sind aber für das Verständnis von diesem Buch kein Muss. ExpertInnen aus folgenden Bereichen können von den Inhalten dieses Buches profitieren.
Umsetzung: Wenn Sie aktiv in der Webentwicklung tätig sind und direkt am Code arbeiten, werden Sie in diesem Buch eine wertvolle Ressource finden. Die detaillierten Anleitungen und praktischen Beispiele bieten Ihnen das notwendige Wissen und die Werkzeuge, um barrierefreie Webanwendungen zu erstellen.
Tech Leads: Als technische LeiterInnen tragen Sie die Verantwortung für die Qualität und Zugänglichkeit der von Ihrem Team entwickelten Produkte. Dieses Buch liefert Ihnen nicht nur technische Einblicke, sondern auch strategische Ansätze zur Implementierung von Barrierefreiheit in Ihre Entwicklungsprozesse. Sie lernen, wie Sie Best Practices etablieren und die Wichtigkeit von Barrierefreiheit innerhalb Ihres Teams und Unternehmens vermitteln können.
Projektleitung und Produktentwicklung: Auch wenn Sie nicht tief in die technischen Details eintauchen, ist dieses Buch in Teilen für Sie von großer Bedeutung. Es hilft Ihnen, die grundlegenden Konzepte und rechtlichen Anforderungen der barrierefreien Webentwicklung zu verstehen, sodass Sie Projekte entsprechend planen und steuern können.
DevOps: Die Integration von Barrierefreiheit in den gesamten Entwicklungs- und Bereitstellungsprozess ist entscheidend. Dieses Buch bietet Ihnen wertvolle Einblicke und Tools zur Automatisierung von Barrierefreiheitschecks, die Ihnen helfen, kontinuierlich barrierefreie Lösungen zu gewährleisten.
Egal, welche Rolle Sie in der Webentwicklung einnehmen, dieses Buch möchte Sie nicht nur informieren, sondern auch inspirieren und motivieren, barrierefreie Weblösungen zu entwickeln. Nur so können wir gemeinsam ein inklusiveres Web gestalten, das allen Menschen offensteht.
So sehr ich auch über alle Aspekte der Barrierefreiheit im Web schreiben möchte, muss ich doch eine Grenze ziehen. Ich habe mich entschieden, mich auf die Webentwicklung im Unternehmenskontext zu konzentrieren. Daher werde ich die Anforderungen an die Inhalte der Webseiten, wie PDF-Dateien, Bilder, Videos usw., größtenteils ausklammern. Ich gehe davon aus, dass sie oft von der Marketingabteilung geliefert werden und das Entwicklungsteam selten Einfluss darauf hat. Die Barrierefreiheit von Dokumenten ist ein sehr umfangreiches Thema, für das es bereits zahlreiche Tools und Richtlinien gibt und das ein eigenes Buch verdient, z. B. »Barrierefreie PDF-Dokumente erstellen«3. Ebenso ausgeschlossen sind die Anforderungen an die leichte Sprache, da diese nicht Teil des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG)4 sind und weil sie ebenfalls zu den inhaltlichen Elementen einer Website zählen.
Auch auf die Behandlung von Designaspekten muss ich größtenteils...
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