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Vegetarische Rezepte mit einem Twist: Polen trifft auf Fusionsküche
Das zweite Kochbuch von Michal Korkosz ist da: Nach seinen vegetarisch interpretierten polnischen Klassikern widmet er sich in »Frisch aus Polen« der zeitgemäßen Fusionsküche. 100 neue vegetarische Rezepte aus der polnischen Küche nehmen uns mit auf eine kulinarische Weltreise, die die typisch polnische Freude am Essen - Stichwort Comfort Food - weckt, zudem aber Croque Madame, Hummus, Apple Pie sowie Piroggen, Bigos und Kremówka mit internationalen Zutaten ergänzt.
Das Kochbuch für abwechslungsreiche und leckere vegetarische Ernährung
Die Einteilung des Kochbuchs legt das Augenmerk auf die Art der Zubereitung und deren Dauer: Wird gebraten, gedämpft oder im Ofen gebacken? All diese Kochmethoden wirken sich auf den Geschmack und die Textur der Lebensmittel sowie den Zeitaufwand aus und werden in »Frisch aus Polen« veranschaulicht. Mit praktischen Tipps gelingt die Zubereitung dann kinderleicht.
Grafisch gestaltete Mix-&-Match-Anleitungen helfen zudem dabei, ganz eigene Rezepte für Schmortöpfe und Pfannengerichte zu kreieren. Ambitionierte Köch:innen erhalten so neben den bereits enthaltenen Rezepten die Möglichkeit, ihre Kreativität auszuleben.
»Frisch aus Polen« verdeutlicht nicht nur die oft übersehene Vielfalt der polnischen Küche, sondern öffnet eine Tür für alle, die nach kreativen Wegen suchen, unglaublich lecker vegetarisch zu kochen und die vegetarische Ernährung abwechslungsreich zu gestalten.
Vor dem Essen wurde in meiner katholischen Grundschule immer gebetet. Als ich auf die Sekundarschule wechselte, wollte ich unbedingt auf eine »normale« Schule gehen, weil ich sie mir toleranter, voller gleichgesinnter Mitschüler:innen ausmalte. Leider war genau das Gegenteil der Fall. Es dauerte nicht lange, da wurde ich von Schlägertypen in Flurecken gedrängt und übel beschimpft. Vor allem mein Aussehen sorgte für reichlich Häme, denn mein moppeliges Gesicht verriet meine Liebe fürs Essen. Meine Rettung fand ich in der Küche, in der ich mich in meiner gesamten Freizeit verkroch, wo ich Trost suchte und meinen Kummer vergessen wollte. Sie war mein Heiligtum und Kochen mein Gebet. Ich merkte, dass man in der Küche volle Kontrolle und Handlungsfreiheit hat und beim Kochen sehr schnell Ergebnisse sieht. Von polnischen Gerichten hielt ich mich allerdings fern. Ich kochte gerne gesündere Sachen, um damit umzugehen, wie ich mich mit meinem Körper fühlte. Ich experimentierte mit unterschiedlichen Zubereitungsarten wie Dämpfen und wurde ein großer Fan von gedünstetem Brokkoli mit Tahinisauce und Chiliflocken. Beim Braten und Backen mochte ich das sanfte Knistern der Zucchinischeiben unter geriebenem Parmesan und Thymian. Auf der Suche nach neuen Geschmacksrichtungen jenseits der polnischen Küche, die mich geprägt hatte, schmökerte ich mit Begeisterung in Kochbüchern wie denen von Yotam Ottolenghi und las Food-Blogs und Zeitschriften wie den »Saveur«. Ich wollte weg von den typischen polnischen Gerichten meiner Kindheit, weg von Bigos mit Wurst, gebratenen Piroggen oder zurek, einer Suppe, die so sauer ist, dass die Geschmacksnerven einen Schock bekommen. Für mich bestand zwischen diesen Gerichten und den Schulschlägern, die sich »Nationalisten« nannten, eine schmerzhafte Verbindung. Sie vertraten die fremdenfeindliche Auffassung, die Nation gegen Einwanderer verteidigen zu müssen, die ihrer Meinung nach die polnische Kultur zerstören wollten. Alles, was ihrem Verständnis vom »reinem Polnischsein« entsprach, lobten sie in den höchsten Tönen - und dazu gehörte auch unser Essen.
Also verleugnete ich lange mein »Polnischsein«, weil ich mich dafür schämte. Aus mir wurde ein guter Koch, der sich jedoch von polnischem Essen und seinen typischen Aromen fernhielt. So konnte ich monatelang an einem Rezept für das perfekte Pad Thai tüfteln und mich wochenlang mit der Zubereitung des besten Käsekuchens beschäftigen. Doch dabei nahm ich bewusst nur Frischkäse, Ricotta oder Mascarpone, denn der herbe, leicht bittere Geschmack des polnischen Twaróg war mir zuwider, erinnerte er mich doch an die »geheiligten Lebensmittel« der Typen, die mich gemobbt hatten.
Ich weiß nicht mehr, wann genau sich das änderte, aber als ich mein erstes Kochbuch schreiben durfte, war mir sein Thema sofort klar: Ich wollte der Welt zeigen, dass die polnische Küche nicht so fleischlastig wie ihr Klischee sein muss, denn zu ihr gehören seit jeher viele vegetarische Köstlichkeiten. Das Buch »Polen vegetarisch« war für mich ein Heilungsprozess und ein Befreiungsschlag, eine Art Bekenntnis zu meiner kulinarischen Herkunft. Ich besann mich auf die Erinnerungen meiner Kindheit - auf die Aromen, die ich früher so sehr gemocht hatte. Ich schaute meiner Oma stundenlang beim Kochen zu und besprach mit ihr die Rezepte. Ich übersetzte ihre ungefähren Angaben (»mehr oder weniger«, »der Teig soll schön aussehen«) in konkrete Maßangaben, um das Nachmachen zu erleichtern und für echtes Gelingen zu sorgen. Ich verfeinerte und überarbeitete alte Rezepte, indem ich beispielsweise Zitronenabrieb an die leniwe (»faulen« Quarkklößchen) gab, damit sie leichter und lockerer werden. Damals beschränkte ich mich sowohl bei der Auswahl der Gerichte als auch bei den Zutaten und den Aromen auf das Althergebrachte und hielt mich strikt an die klassischen »polnischen« Rezepte.
Doch heute glaube ich, da ist mehr.
Mir war seinerzeit nämlich entgangen, dass die polnische Küche schon immer - und weiterhin - Einflüsse verschiedener Kulturen enthalten hat und enthält.
Viele polnische Profiköche, Gastrokritiker und Historiker sind der Ansicht, dass es die »ursprüngliche« polnische Küche gar nicht gibt, weil sie ohnehin ein buntes Sammelsurium an Rezepten aus verschiedenen Regionen sei. Das, was wir als Nationalgerichte bezeichnen, hat seinen Ursprung fast immer in anderen Esskulturen oder ist von ihnen beeinflusst. Das heißgeliebte Schweineschnitzel (kotlet schabowy) ist ein Nachfahre des Wiener Schnitzels, das erstmals während der Teilungen Polens im neunzehnten Jahrhundert mit den Österreichern zu uns kam. Das beliebte Nationalgericht Piroggen stammt aus Rotruthenien, einem ukrainischen Gebiet, das vor langer Zeit einmal Teil Polens war. Und vor den historischen Umwälzungen, die ab 1795 zu Polens 123 Jahre währendem Verschwinden von der europäischen Landkarte führten, war das Land ein Vielvölkerstaat. Deshalb finden sich in der polnischen Küche unter anderem deutliche orientalische, türkische, ruthenische, deutsche, französische, italienische und jüdische Einflüsse.
Das spiegelt sich auch in der gastronomischen Landschaft wider. Es ist schwer, gute Restaurants zu finden, die das servieren, was als typisch polnische Küche gilt. Verglichen mit anderen europäischen Hauptstädten wie Paris, Madrid oder Rom ist Warschau ein kultureller Schmelztiegel, in dem man Aromen aus der ganzen Welt probieren kann. Trotz ihrer erklärten Vorliebe für einheimische Gerichte entdecken die Polen gerne neue Geschmacksrichtungen und reagieren sensibel auf die Probleme der Gegenwart, etwa den Klimawandel. Auf meinen Reisen rund um den Globus war ich noch in keiner anderen Stadt, in der die vegetarische Küche so stark im Vordergrund steht wie in Warschau. Auf Happy Cow, einer Internetplattform für veganes, vegetarisches und gesundes Essen, wird Warschau sogar als eine der veganerfreundlichsten Städte genannt. Der Klimawandel, Tierrechte und unsere eigene Gesundheit spielen für uns Polen eine große Rolle, weshalb bei uns immer häufiger Gemüse und Getreide anstelle von Fleisch auf den Tellern liegen. Das hat die Art verändert, wie wir heute kochen und essen.
Wo es mir in meinem Buch »Polen vegetarisch« um die traditionelle polnische Küche ging, gehe ich jetzt einen Schritt weiter und zeige die polnische Küche in ihrem aktuellen Gewand - das sie eigentlich schon seit jeher trägt. Das sind einerseits zeitgemäße vegetarische Rezepte, die sich an altbewährten polnischen Gerichten orientieren, andererseits aber auch Aromen und Zutaten, die durch Zuwanderung und Globalisierung im Laufe der Geschichte nach Polen kamen. Manche mögen das als Fusionsküche bezeichnen, ich dagegen würde es eher als die im Verlauf der Zeiten normale Aufnahme internationaler Aromen und Zutaten in die polnische Küche nennen. Dazu gehören kopytka, polnische Kartoffelklöße mit Mohn-furikake, einer japanischen Gewürzmischung mit polnischem Einschlag. Oder parowance, polnische Dampfnudeln, die ich mit gebratenen Austernpilzen und Favabohnen fülle und mit dem nahöstlichen Klassiker Tahinisauce serviere. Du wirst auch viele Rezepte entdecken, die sich für mich wie ein Stück Heimat anfühlen, etwa die Butterkekse mit Lavendel und Vanille, die ich meiner Oma abgeguckt habe.
Und das geht nicht nur mir so. Wenn ich meine Freund:innen nach ihrem aktuellen Speiseplan frage, kommen die unterschiedlichsten Antworten, von gebratenem Gemüse über verschiedene Suppen und Eintöpfe bis hin zu Nudeln und Teigtaschen aller Art. Es wird mit Aromen und Zutaten aus der ganzen Welt, vor allem der italienischen, arabischen und asiatischen Küche, experimentiert, und nur selten sind Gerichte völlig frei von internationalen Einflüssen. Doch auch in meinem Freundeskreis dürfen die heimatlichen polnischen Aromen, Gewürze und Komponenten nicht fehlen. Twaróg, der quarkähnliche Hüttenkäse, ist ein Dauerbrenner, und Gewürzmischungen wie dukkah oder za'atar werden mit heimischen Kräutern wie Majoran und Schwarzkümmel abgewandelt. Und je mehr wir Aromen und Zutaten aus anderen Kulturen einfließen lassen, desto mehr stärken wir den multikulturellen Charakter der polnischen Küche.
Kochen ist nichts anderes als eine Einladung an die eigene Vorstellungskraft, sich nicht von Vorgaben einschränken zu lassen. Die treibende Kraft hinter Veränderungen ist die Fantasie, sowohl bei mir selbst als auch beim Kochen an sich. Ich will mich nicht mehr vor mir selbst verstecken. In diesem Kochbuch geht es um meine polnische Herkunft, der ich mich auf meine eigene Art, nämlich kulinarisch, nähern möchte. Die Rezepte und Aromen in diesem Buch stehen stellvertretend für mich als junge polnische Person und sie illustrieren, was in meinen Augen die moderne polnische Küche ausmacht, mit Zubereitungsmethoden, Aromen und Zutaten, die sowohl für meine Heimat als auch die...
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