Fig. 3. Eine Fermentationsscheune des Herrn Herschel in Amersfoort.
In Wageningen hat man die Erfahrung gemacht, dass Tabak aus der Veluwe wohl, der aus der Betuwe nicht diese Insekten bei der Gährung zeigt.
Ein Haufen bleibt ungefähr 3 oder 4 Monate in Gährung, doch wird während dieser Zeit meistens 3 mal umgesetzt, wodurch die äusseren Teile, welche frei an die Luft grenzen, sich auch an der Brühung beteiligen können.
Eine bestimmte Regel ist hierfür nicht anzugeben, die Erfahrung ist die beste Lehrerin. Ein Haufen von 20000 Pfund Bestgut von der Veluwe, von einem mit Schafsmist gedüngten Acker, wird, nachdem er 4 Wochen gestanden hat, umgesetzt. Dieses Umsetzen, womit 5 Personen 2 bis 3 Tage beschäftigt sind, geschieht meisten 3-mal. Erd- und Sandgut aus der Betuwe (Valburg 60000 kg. Kuhmist per ha., ± 200 Gulden an Wert) wird gleichfalls 3-mal umgesetzt. Doch braucht man 4 Monate, um die Gährung zum erwünschten Ziel zu bringen.
Gemischte Haufen, das sind Haufen, welche Tabak von verschiedenen Gegenden, Sandgut, Erdgut, Bestgut oder Geizen enthalten, brauchen eine nicht zu bestimmende Gährungszeit, die Erfahrung muss dies entscheiden. Einige Male geschieht es wohl, dass Tabak schwer oder gar nicht zum Gähren kommt (Erd- und Sandgut von 94 und 96); dies werde ich sofort erklären.
Zu gleicher Zeit glaube ich unsern Tabakspflanzern und Händlern eine Mitteilung machen zu müssen, die vielleicht Veranlassung zu einem Versuche geben könnte. Die Vermutung liegt nämlich nahe, dass ein hoher Stickstoffgehalt des Tabaks die Gährung zwar nicht bedingt aber doch stark dazu beiträgt. Durch das Hineinbringen von gewöhnlichem Klee (Trifolium pratense) zwischen die Haufen sollte sie zu erreichen sein. Man weiss, dass die Leguminosen stickstoffreich sind.
Wenn die Gährung beendigt ist, werden die Büschel zu schmalen Reihen angehäuft. Hierdurch beugt man der Nachgährung soviel wie nur möglich vor.
Bei einer Gelegenheit, wo ein Haufen zum zweiten Male umgesetzt wurde, nahm ich auf ungefähr 60 cm. Tiefe eine Temperatur von 56° C. wahr. Der Wassergehalt der Blätter war etwa von 25-35 %, welcher natürlicherweise wechselt mit dem kürzeren oder längeren Stand des Haufens. Im Algemeinen kann festgestellt werden, dass Tabak, welcher im Dezember oder Januar gekauft wurde, nach der Brühung 6 % an Gewicht verloren hat. Bei der Fermentation findet also Verlust an Gewicht statt.
Beim Umsetzen des Haufens zeigte sich deutlich ein honigsüsser, etwas prickelnder Geruch, zugleicherzeit stieg ein feuchter Dunst empor, der als Dampf sichtbar war.
Lackmuspapier, rotes und blaues, und ebenso Curcumapapier zeigten, nachdem sie eine halbe Stunde zwischen den feuchten Blättern auf gut 1/2 m. Tiefe gelegen hatten, keine Reaktion, sodass man als sicher annehmen darf, dass dieser Haufen im Augenblicke der Gährung neutral reagierte. Dies ist jedoch nicht immer der Fall. Tabak aus der Betuwe entwickelt kein oder sehr wenig Ammoniak, der von der Veluwe hingegen liefert als Zersetzungsprodukt Ammoniak. Später werden wir sehen, dass auch hier Bakterien Ursache davon sind, und dass dies durch künstliche Impfung entsteht. Es gelang mir, einige dieser Ammoniakbilder zu isolieren. Nach diesen wenigen vorhandenen Angaben, ist die Vermutung berechtigt, dass in unsern überseeischen Besitzungen sich Mikroben finden werden, die ihre eigenen Zersetzungsprodukte bilden; wir sahen ja in dem Augusthefte der Monatsschrift »de Natuur«, dass Hansen »Gährungszellen« gefunden hat, die in kleinen Entfernungen von Baumschule zu Baumschule übersiedeln konnten, und auf der Oberfläche süsser, saftiger Früchte lebten und Umsetzungen vollzogen[D].
Bei einigen Tabakgährungen wird angegeben, dass Kohlensäure entsteht, aber es ist mir nicht gelungen, in den gährenden Haufen oder im Raume der Scheunen einen höheren CO2-Gehalt der Luft darzuthun als in der umgebenden Aussenluft. Auch die Versuche in den V-förmigen Gährungsröhren gaben dies zu erkennen. Glaubwürdige Mitteilungen, dass bisweilen CO2 entsteht, würden einen Beweis mehr liefern: dass Tabaksarten von bestimmten Gegenden von bestimmten Bakterien beeinflusst werden und ungleiche Zersetzungsprodukte abgeben.
Mutmasslich jedoch wird zu einer bestimmten Zeit im Haufen CO2 entstehen können. Wenn sich zugleicherzeit NH3 bildet, so werden beide im Status nascens ein Salz liefern. Das Gas hat also keine Gelegenheit zu entweichen. Bei einem gährenden Haufen haben wir es wahrscheinlich mit Anaëroben zu thun, es sei fakultativen oder obligaten, oder mit obligaten Aëroben.
Was den chemischen Teil betrifft, so finden wir einen grossen Unterschied in der Zusammensetzung des Tabaks beim Anfange und beim Ende der Gährung. Allen stattfindenden Zersetzungen nachzuforschen ist unmöglich bei dem gegenwärtigen Stand der analytischen Chemie; wir haben es nicht nur mit Lebensprozessen zu thun, sondern auch mit den Umsetzungen der Stoffe, welche vom Leben herstammen. Von einer Tabaksart fand ich die folgende Analyse, welche gemacht war vor und nach der Fermentation (Behrens).
V = trockne, sandfreie Blätter vor und N = die Blätter nach der Fermentation.
V. N. Totaler Stickstoffgehalt 3.09 % 3.24 % Eiweissstickstoff 1.30 1.36 Nicotin 1.464 1.075 Ätherextract 9.41 8.34 Darin anwesende Säure, als Milchsäure berechnet 0.446 0.450 Organische, nicht flüchtige Säure, als Apfelsäure berechnet 16.81 14.45 Mit Wasserdampf flüchtige Säuren, als Buttersäure berechnet 0.124 0.299 Reduzierender Zucker, nach Klärung mit Bleiessig 1.26 0. Salpetersäure (N2 O_5) 0.201 0. Schwefelsäure (SO_{3}) 2.147 2.201 Sandfreie Asche 19.83 21.01
Unter dem Einflusse verschiedener Düngerarten und verschiedener Mikroben, die bei der Gährung wirksam sind, variiert die Analyse. Nach den Personen, welche sich bei uns mit der Fermentation beschäftigen, sollte der Veluwer Tabak durch die Düngung mit Schafsmist nicht selten viel NH3 entwickeln, was natürlich den Stickstoffgehalt beeinflusst. Nach obiger Analyse sinkt der Nicotingehalt, jedoch nicht durch Verflüchtigung des Alcaloids, da der totale Stickstoffgehalt ungefähr konstant bleibt. Nicht unwahrscheinlich werden bestimmte Mikroorganismen sich daran beteiligen.
Dass das Nicotin auf niedrige Organismen bisweilen nicht als Gift wirkt, lehrt die Botrytis cinereae, welche lebt und sich vermehrt in einem Nahrungsboden, welcher dieses Alcaloid enthält.
Die Versuche, welche ich mit den Reinkulturen der NH3-Bildner nahm, deuten darauf hin, dass höchstwahrscheinlich das N von dem Eiweiss (Protoplasma) herstammt. Es ist mir jedoch später gelungen, die Nitrate, Asparagin und Ammoniumsalze derartig zu ändern, dass NH3 als Zersetzungsprodukt auftrat. Das Asparagin, die Amido-Apfelsäure, ist nach der Fermentation des Tabaks nicht mehr zu finden und hat sich also auch an den Zersetzungsprozessen beteiligt.
Aus diesen Betrachtungen erhellt, welche tief eingreifende Veränderungen bei der Gährung stattfinden. Muss man jetzt noch daran zweifeln, dass durch die Gährung neu gebildete aromatische flüchtige und nicht flüchtige Körper entstehen, welche dem Tabaksblatte eine gute oder weniger gute Qualität verleihen? Die Gährung nimmt ihren Verlauf, abhängig von den anwesenden Mikroorganismen. Sie werden einen biologischen Prozess hervorrufen, abhängig von dem Boden, der ihnen zur Nahrung dient. Dort, wo beide, oder eins von beiden, verschieden sind, muss auch das Endprodukt der Wirkung verschieden sein.
Ich zweifle nicht daran, dass die Reinkulturen, welche von edeln Tabaksarten gezogen werden, unsern einheimischen Tabak verbessern, wenn sie auf denselben geimpft werden. Im folgenden bakteriologischen Teil werde ich den experimentellen Beweis liefern, dass Mikroorganismen, die Bakterien, die bedeutendste Funktion bei der Gährung erfüllen.
Bakteriologische Untersuchungen.
Inhaltsverzeichnis Die Untersuchungen der Fermentation und besonders das Suchen nach den Bakterien, die hierbei funktionieren, sind Untersuchungen, die viel Zeit kosten. Wenn wir bedenken, dass das Tabaksblatt nach der Entfaltung der Knospe der Luft ausgesetzt ist und immer die Einflüsse der Witterungszustände erfährt, wobei die an Bakterien reiche Luft dieselben oder die Sporen der Mikroorganismen auf dessen Oberfläche deponiert, wenn wir bedenken, dass der Staub in den Scheunen sehr reich ist an Mikroben, dann brauchen wir uns nicht mehr zu fragen, wie es kommt, dass beim Anlegen der bakteriologischen Kulturen so viele Arten von Organismen gefunden werden. Um zu einem Resultate zu gelangen, sind Hunderte von Kulturschälchen von mir angelegt worden und eben so viele Teilungs- oder Trennungskulturen um zu entscheiden, ob die Reinkulturen auch »rein« seien. Zuallererst suchte ich nach Hefen, doch diese Untersuchungen erwiesen sich bald als fruchtlos. Weder die sofort...